Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Gemeinschaftliches Testament: Gerichtsurteil beleuchtet wichtige Erbfragen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Folgen hat das gemeinsame Verfassen von Nachträgen zu einem gemeinschaftlichen Testament?
- Wer muss bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments mit Nachträgen informiert werden?
- Wann gelten Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament als untrennbar verbunden?
- Welche Rolle spielt das Nachlassgericht bei der Eröffnung von gemeinschaftlichen Testamenten und deren Nachträgen?
- Wie können Erben sicherstellen, dass alle relevanten Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament berücksichtigt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Augsburg
- Datum: 26.01.2021
- Aktenzeichen: 11 VI 7041/20
- Verfahrensart: Beschlussverfahren zur Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Familienrecht
Beteiligte Parteien:
- Erblasser (verstorben): Erstellte ein Gemeinschaftliches Testament zusammen mit seiner Ehefrau. Der Erblasser hinterließ auch zwei Söhne, die zu den gesetzlichen oder gewillkürten Erben zählen.
- Ehefrau des Erblassers (noch lebend): Beteiligte am gemeinschaftlichen Testament und betroffene Partei im Verfahren.
- Gesetzliche und Gewillkürte Erben (Söhne des Erblassers): Zwei Söhne des Erblassers sind betroffene Parteien, da sie zu den Erben zählen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: In einem gemeinschaftlichen Testament, das am 23.03.2011 erstellt und durch zwei Nachträge vom 24.03.2011 und 23.11.2016 ergänzt wurde, gab es Untrennbare Verfügungen von Todes wegen. Der Erblasser und seine Ehefrau verwendeten in den Nachträgen die Formulierung „Wir“, was die Untrennbarkeit verdeutlicht.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die gesamten Verfügungen von Todes wegen zusammen mit den Nachträgen eröffnet werden müssen, da die maßgeblichen Formulierungen untrennbar und gemeinschaftlich sind.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Eröffnungen der Verfügungen von Todes wegen des Erblassers, einschließlich der Nachträge, sind vollständig vorzunehmen.
- Begründung: Aufgrund der Nutzung des gemeinschaftlichen „Wir“ in den Nachträgen gelten diese als untrennbare Verfügungen von Todes wegen, und daher müssen sie mit den anderen Verfügungen insgesamt eröffnet werden, um alle materiell Beteiligten darüber zu informieren.
- Folgen: Die gesetzlichen Erben, die gewillkürten Erben und der Testamentsvollstrecker sowie andere materiell Beteiligte sind über den gesamten Inhalt der Verfügungen zu benachrichtigen. Dies stellt sicher, dass alle Beteiligten vollständig über den Nachlass des Erblassers informiert sind.
Gemeinschaftliches Testament: Gerichtsurteil beleuchtet wichtige Erbfragen
Ein gemeinschaftliches Testament ermöglicht es Ehepartnern oder Lebenspartnern, ihre letzten Willensbekundungen gemeinsam zu regeln. Diese Form des Testaments ist eine praktische Lösung, um die Erbfolge im Fall des Ablebens eines Partners zu klären und die gewünschten Regelungen für den verbleibenden Partner festzulegen. Besonders wichtig ist, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament die verfügbaren Vermögenswerte und Verpflichtungen untrennbar miteinander verbunden sind, was bedeutet, dass Änderungen oder Widerrufe durch einen Partner nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sind.
In vielen Fällen können solche testamentarischen Vereinbarungen auch Nachträge enthalten, die weitere Bedingungen oder Anweisungen für die Erbfolge festlegen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die häufigste Problematik bei der Auslegung dieser Testamente werden in der Rechtsprechung intensiv behandelt. Ein jüngstes Gerichtsurteil wirft dabei ein Licht auf die häufigsten Stolpersteine und Herausforderungen, die bei gemeinschaftlichen Testamenten mit untrennbaren Verfügungen auftreten können.
Der Fall vor Gericht
Testamentsnachträge bei gemeinschaftlichem Testament vollständig zu eröffnen
Das Amtsgericht Augsburg hat in einem bedeutsamen erbrechtlichen Verfahren entschieden, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament die Nachträge beider Ehegatten gemeinsam eröffnet werden müssen, wenn diese untrennbar miteinander verbunden sind. Im konkreten Fall ging es um zwei Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament, die das Ehepaar in den Jahren 2011 und 2016 verfasst hatte.
Gemeinsame Verfügungen erfordern vollständige Eröffnung
Das Gericht stellte fest, dass sowohl der erste Nachtrag vom 24. März 2011 als auch der zweite Nachtrag vom 23. November 2016 zum gemeinschaftlichen Testament vom 23. März 2011 untrennbare Verfügungen darstellen. Diese Untrennbarkeit ergab sich insbesondere aus der durchgängigen Verwendung der Formulierung „Wir“ in den Nachträgen, wie das Gericht unter Verweis auf die juristische Fachliteratur (Keidel, 19. Auflage) betonte.
Umfassende Informationspflicht gegenüber allen Beteiligten
Ein weiterer zentraler Aspekt der Entscheidung betrifft die Benachrichtigungspflichten. Das Gericht ordnete an, dass sämtliche materiell Beteiligten über den gesamten Inhalt der Verfügungen von Todes wegen zu informieren sind. Zu diesem Personenkreis gehören die gesetzlichen Erben, die gewillkürten Erben und für den ganzen Nachlass eingesetzte Testamentsvollstrecker. Im vorliegenden Fall war dies besonders relevant, da der Erblasser neben seiner Ehefrau zwei Söhne hinterlassen hat, die zu den gesetzlichen beziehungsweise gewillkürten Erben zählen.
Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Das Amtsgericht stützte seine Entscheidung auf § 349 Abs. 1 FamFG, wonach bei untrennbaren Verfügungen eine gemeinsame Eröffnung erforderlich ist. Dabei bezog sich das Gericht auch auf einen Beschluss des Kammergerichts vom 19. Dezember 1978 (Az.: 1 W 3085/78), der die Notwendigkeit einer umfassenden Information aller materiell Beteiligten unterstreicht. Die Richter ordneten daher die vollständige Eröffnung aller testamentarischen Verfügungen des Erblassers an, einschließlich der Nachträge aus den Jahren 2011 und 2016.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament, die mit „Wir“ formuliert sind, als untrennbare Verfügungen behandelt werden müssen. Diese müssen zusammen mit den Verfügungen des noch lebenden Ehegatten eröffnet werden. Alle materiell Beteiligten – also gesetzliche und eingesetzte Erben sowie Testamentsvollstrecker – haben das Recht, über den gesamten Inhalt aller zusammenhängenden Verfügungen informiert zu werden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie Erbe sind und einer Ihrer Elternteile verstorben ist, haben Sie das Recht, nicht nur das ursprüngliche Testament, sondern auch alle späteren Nachträge vollständig einzusehen – auch wenn der andere Elternteil noch lebt. Dies gilt besonders, wenn die Nachträge von beiden Eltern gemeinsam verfasst wurden. Das Nachlassgericht muss Sie als Erben über den kompletten Inhalt aller zusammengehörigen Testamentsdokumente informieren. Sie müssen also nicht befürchten, dass Ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden.
Klarheit im Erbrecht
Die Eröffnung eines Testaments und die damit verbundenen Rechte und Pflichten können im Erbfall schnell zu Unsicherheiten führen. Gerade bei gemeinschaftlichen Testamenten mit Nachträgen ist es wichtig, die rechtlichen Feinheiten zu kennen, um Ihre Interessen als Erbe zu wahren. Wir unterstützen Sie dabei, den Überblick zu behalten und Ihre Ansprüche durchzusetzen. Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zu Ihrem individuellen Fall haben oder Hilfe bei der Durchsetzung Ihrer Rechte benötigen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Folgen hat das gemeinsame Verfassen von Nachträgen zu einem gemeinschaftlichen Testament?
Ein Nachtrag zu einem gemeinschaftlichen Testament stellt eine eigenständige letztwillige Verfügung dar, die bestimmten Formvorschriften unterliegt und weitreichende rechtliche Konsequenzen haben kann.
Formelle Anforderungen
Nachträge müssen wie das ursprüngliche Testament den gesetzlichen Formvorschriften entsprechen. Sie müssen eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Bei einem gesonderten Schriftstück sollte der Nachtrag einen eindeutigen Bezug auf die vorherige Verfügung nehmen.
Bindungswirkung der Nachträge
Die in einem Nachtrag getroffenen Verfügungen sind nicht automatisch wechselbezüglich, auch wenn sie sich auf ein gemeinschaftliches Testament beziehen. Für eine Wechselbezüglichkeit muss der ausdrückliche Wille der Ehegatten erkennbar sein, dass die Verfügungen voneinander abhängig sein sollen.
Änderungsmöglichkeiten
Die bloße Bezeichnung als „Nachtrag“ reicht nicht aus, um eine Wechselbezüglichkeit zu begründen. Es muss zusätzlich zum Ausdruck kommen, dass die frühere Verfügung durch die spätere im Sinne einer Wechselbezüglichkeit modifiziert werden soll.
Wirksamkeitsvoraussetzungen
Ein fehlerhafter Nachtrag kann schwerwiegende Folgen haben. Er ist nicht nur selbst nichtig, sondern kann nach § 2085 BGB auch zur Nichtigkeit des ursprünglich wirksam errichteten Testaments führen. Wenn der Nachtrag allerdings formwirksam ist, können die Eheleute darin auch neue Regelungen treffen, die von den ursprünglichen Verfügungen abweichen.
Die Bindungswirkung des ursprünglichen Testaments bleibt bestehen, wenn die Verfügungen im Nachtrag die wechselbezüglichen Regelungen des ersten Testaments nicht berühren. Wenn etwa im ursprünglichen Testament eine gegenseitige Erbeinsetzung wechselbezüglich getroffen wurde, kann diese durch einen späteren Nachtrag nicht einseitig aufgehoben werden.
Wer muss bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments mit Nachträgen informiert werden?
Das Nachlassgericht informiert alle vom Testament betroffenen Personen schriftlich über die Testamentseröffnung. Bei einem gemeinschaftlichen Testament werden zunächst nur die Verfügungen des verstorbenen Ehegatten eröffnet, während die Verfügungen des überlebenden Partners grundsätzlich verschlossen bleiben.
Zu informierende Personengruppen
Pflichtmäßig zu benachrichtigen sind:
- Die eingesetzten Erben und Miterben
- Enterbte gesetzliche Erben
- Testamentsvollstrecker
- Nachlassverwalter
- Pflichtteilsberechtigte
Besonderheiten bei gemeinschaftlichen Testamenten
Bei gemeinschaftlichen Testamenten mit Nachträgen gilt eine wichtige Einschränkung: Die Verfügungen des überlebenden Ehegatten dürfen nur dann bekannt gegeben werden, wenn sie sich nicht von den Verfügungen des Verstorbenen trennen lassen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Eheleute ihr Testament in der „Wir-Form“ verfasst haben oder wenn vom Überlebenden bzw. Längerlebenden die Rede ist.
Verfahren der Benachrichtigung
Der Rechtspfleger des Nachlassgerichts hat zwei Möglichkeiten der Testamentseröffnung:
Schriftliche Benachrichtigung: Die Beteiligten erhalten eine Kopie des Testaments und das Eröffnungsprotokoll per Post.
Eröffnungstermin: Das Gericht kann alternativ einen förmlichen Eröffnungstermin ansetzen und alle Beteiligten dazu einladen. Die Teilnahme an diesem Termin ist jedoch freiwillig.
Wann gelten Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament als untrennbar verbunden?
Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament gelten als untrennbar verbunden, wenn die Verfügungen der Ehegatten inhaltlich voneinander abhängen und nach dem Willen der Testierenden eine Verfügung mit der anderen „stehen und fallen“ soll.
Voraussetzungen für die Untrennbarkeit
Zwei zentrale Kriterien müssen für die Untrennbarkeit von Nachträgen erfüllt sein:
- Die Ehegatten müssen ausdrücklich den Willen äußern, dass die Testamente zusammengefasst werden sollen, etwa durch die Bezeichnung als Nachtrag.
- Die früheren und späteren Verfügungen müssen inhaltlich voneinander abhängig sein.
Beurteilung der Untrennbarkeit
Die bloße Bezeichnung als „Nachtrag“ reicht für die Feststellung der Untrennbarkeit nicht aus. Wenn Sie einen Nachtrag zu Ihrem gemeinschaftlichen Testament erstellen, muss dieser klar erkennen lassen, dass die ursprüngliche Verfügung durch die spätere Verfügung im Sinne einer Wechselbezüglichkeit modifiziert werden soll.
Praktische Auswirkungen
Die Untrennbarkeit hat weitreichende Folgen: Sind Verfügungen untrennbar verbunden, führt die Nichtigkeit oder der Widerruf einer Verfügung automatisch zur Unwirksamkeit der anderen. Wenn Sie beispielsweise in einem Nachtrag gemeinsam neue Schlusserben bestimmen, kann diese Regelung nur dann als untrennbar gelten, wenn beide Ehegatten diese Verfügung eindeutig von der jeweils anderen abhängig gemacht haben.
Formelle Anforderungen
Für die Wirksamkeit eines Nachtrags gelten strenge Formvorschriften:
Der Nachtrag muss entweder vom Erblasser gesondert eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden oder sich in den Gesamttext der Testamentsurkunde einfügen. Wenn Sie einen separaten Nachtrag erstellen, sollten Sie einen eindeutigen Bezug zum vorherigen Testament herstellen.
Welche Rolle spielt das Nachlassgericht bei der Eröffnung von gemeinschaftlichen Testamenten und deren Nachträgen?
Das Nachlassgericht eröffnet nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten regelmäßig alle Verfügungen, die die Eheleute in der „Wir-Form“ formuliert haben. Dies gilt auch für spätere Nachträge zum gemeinschaftlichen Testament.
Eröffnungsverfahren
Die Testamentseröffnung erfolgt in der Regel als stille Eröffnung ohne persönliche Anwesenheit der Erben. Das Nachlassgericht erstellt ein Eröffnungsprotokoll und versendet Abschriften des Testaments sowie die Niederschrift an die im Testament begünstigten Personen und die gesetzlichen Erben.
Umfang der Eröffnung
Wenn Eheleute ihre Verfügungen in der „Wir-Form“ formuliert haben, müssen diese vollständig eröffnet werden – auch gegen den ausdrücklichen Willen des überlebenden Ehegatten. Dies betrifft nicht nur die Regelungen für den ersten Erbfall, sondern auch die Bestimmungen für den zweiten Erbfall.
Besonderheiten bei Nachträgen
Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament werden ebenfalls vollständig eröffnet, wenn sie untrennbare Verfügungen von Todes wegen darstellen. Stellen die Nachträge sprachlich eine Einheit dar, etwa durch die Verwendung der „Wir-Form“, müssen sie zusammen mit den Verfügungen des noch lebenden Ehegatten eröffnet werden.
Benachrichtigung der Beteiligten
Das Nachlassgericht muss alle materiell Beteiligten vom gesamten Inhalt der Verfügungen in Kenntnis setzen. Dies umfasst:
- Gesetzliche Erben
- Gewillkürte Erben
- Testamentsvollstrecker für den gesamten Nachlass
- Sonstige materiell Beteiligte
Die Eröffnung des Testaments kostet pauschal 100 Euro.
Wie können Erben sicherstellen, dass alle relevanten Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament berücksichtigt werden?
Erben sollten zunächst das zentrale Testament sowie sämtliche Nachträge beim zuständigen Nachlassgericht einreichen. Die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen muss für jeden Nachtrag separat geprüft werden.
Prüfung der Nachträge
Bei der Prüfung von Nachträgen zu einem gemeinschaftlichen Testament sind zwei zentrale Aspekte zu beachten: Die formelle Wirksamkeit und die inhaltliche Bindungswirkung. Ein Nachtrag muss die gleichen Formvorschriften erfüllen wie das ursprüngliche Testament.
Bindungswirkung der Nachträge
Wenn Sie als Erbe mit einem Nachtrag konfrontiert werden, müssen Sie die Bindungswirkung sorgfältig prüfen. Ein späterer Nachtrag ist nur dann bindend, wenn die Testierenden ausdrücklich den Willen geäußert haben, dass die Testamente zusammengefasst werden sollen. Die bloße Bezeichnung als „Nachtrag“ reicht dafür nicht aus.
Zeitliche Reihenfolge beachten
Die chronologische Abfolge der Verfügungen spielt eine wichtige Rolle. Wenn Verfügungen in zwei zeitlich nacheinander errichteten gemeinschaftlichen Testamenten vorliegen, können diese nur dann als wechselbezüglich gelten, wenn qualifizierte Voraussetzungen erfüllt sind.
Auslegung der Verfügungen
Bei der Auslegung der Nachträge kommt es auf den übereinstimmenden Willen beider Testierenden zum Zeitpunkt der Errichtung an. Wenn Sie einen Nachtrag vorfinden, prüfen Sie besonders genau, ob die Verfügungen sachlich voneinander abhängig sind oder ob sie sich lediglich ergänzen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Gemeinschaftliches Testament
Ein Testament, das Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner gemeinsam errichten können. Es enthält die letztwilligen Verfügungen beider Partner und ist durch besondere Bindungswirkung gekennzeichnet. Die Partner können darin festlegen, wie ihr Vermögen nach dem Tod vererbt werden soll. Rechtlich geregelt ist dies in § 2265 ff. BGB. Im Gegensatz zum Einzeltestament können die getroffenen Verfügungen nach dem Tod eines Partners vom Überlebenden meist nicht mehr geändert werden. Beispiel: Ein Ehepaar legt fest, dass nach dem Tod des Erstversterbenden der überlebende Partner alles erbt und nach dessen Tod das Vermögen an die gemeinsamen Kinder fällt.
Untrennbare Verfügungen
Testamentarische Bestimmungen in einem gemeinschaftlichen Testament, die inhaltlich so eng miteinander verbunden sind, dass sie nur gemeinsam gelten können und nicht voneinander getrennt werden dürfen. Dies ist meist der Fall, wenn die Verfügungen wechselseitig voneinander abhängig sind oder einen gemeinsamen Willen ausdrücken. Geregelt in § 2270 BGB. Beispiel: Wenn Eheleute sich in einem Testament gegenseitig zu Erben einsetzen und festlegen, dass nach dem Tod des Längstlebenden die gemeinsamen Kinder erben sollen.
Benachrichtigungspflicht
Die gesetzliche Verpflichtung des Nachlassgerichts, alle am Erbe beteiligten Personen über den Inhalt eines Testaments zu informieren. Diese Pflicht basiert auf § 348 FamFG und soll sicherstellen, dass alle Berechtigten ihre Rechte wahrnehmen können. Die Information muss vollständig sein und alle relevanten Dokumente umfassen. Beispiel: Nach dem Tod des Erblassers müssen sowohl die im Testament genannten Erben als auch die gesetzlichen Erben, die durch das Testament ausgeschlossen wurden, informiert werden.
Gewillkürte Erben
Personen, die durch Testament oder Erbvertrag als Erben eingesetzt wurden, im Gegensatz zu den gesetzlichen Erben, die kraft Gesetz erben würden. Die Bezeichnung leitet sich vom „gewillkürten“ (gewollten) Erbrecht ab, das auf §§ 1937 ff. BGB basiert. Ein gewillkürter Erbe hat Vorrang vor den gesetzlichen Erben, außer das Testament ist unwirksam. Beispiel: Wenn jemand in seinem Testament seinen besten Freund statt seiner gesetzlichen Erben als Alleinerben einsetzt.
Testamentsvollstrecker
Eine vom Erblasser eingesetzte Person, die den Nachlass nach seinen Vorstellungen verwaltet und verteilt. Der Testamentsvollstrecker wird gemäß §§ 2197 ff. BGB tätig und hat die Aufgabe, den letzten Willen des Verstorbenen umzusetzen. Er verwaltet den Nachlass, erfüllt Vermächtnisse und regelt die Erbteilung. Beispiel: Ein Erblasser setzt einen Rechtsanwalt als Testamentsvollstrecker ein, der das Erbe unter den Kindern aufteilen und Streitigkeiten vermeiden soll.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 349 Abs. 1 FamFG (Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen):
Dieser Paragraph regelt die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen, die den Nachlass betreffen. Insbesondere ist vorgesehen, dass untrennbare Verfügungen von Todes wegen zusammen mit den Verfügungen des noch lebenden Ehegatten eröffnet werden müssen. Dies dient der umfassenden Information aller materiell Beteiligten, um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Im vorliegenden Fall ist relevant, dass die Nachträge zum gemeinschaftlichen Testament als untrennbar angesehen werden, da sie im Plural („Wir“) formuliert wurden. Somit ist eine vollständige Eröffnung notwendig, um den gesamten Nachlass transparent zu machen. - § 348 FamFG (Benachrichtigung der Beteiligten):
Dieser Paragraph sieht vor, dass gesetzliche und gewillkürte Erben sowie Testamentsvollstrecker und andere materiell Beteiligte über den gesamten Inhalt der Verfügungen von Todes wegen benachrichtigt werden müssen. Dies stellt sicher, dass alle Beteiligten ihre Rechte und Pflichten umfassend kennen und wahrnehmen können.
Im Fall des Erblassers bedeutet dies, dass die Ehefrau, die als Miterbin gilt, sowie die beiden Söhne als gesetzliche oder gewillkürte Erben über den gesamten Inhalt des Testaments und der Nachträge informiert werden müssen. - § 2267 BGB (Gemeinschaftliches Testament):
Dieser Paragraph regelt die rechtliche Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments von Ehegatten, bei dem diese gemeinsam Verfügungen von Todes wegen treffen können. Solche Testamente können bindend sein, insbesondere wenn die Verfügungen untrennbar sind.
Der Zusammenhang im Fall liegt darin, dass das gemeinschaftliche Testament und die Nachträge eine einheitliche Verfügung darstellen, die in ihrer Gesamtheit zu eröffnen ist, da sie aufeinander abgestimmt wurden. - § 1924 BGB (Gesetzliche Erbfolge):
Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer in Abwesenheit oder ergänzend zu einem Testament erbt. Kinder des Erblassers gehören zur ersten Ordnung und sind somit vorrangig erbberechtigt.
Im konkreten Fall ist relevant, dass die beiden Söhne des Erblassers aufgrund ihrer gesetzlichen Erbenstellung über die Inhalte des Testaments und der Nachträge vollständig informiert werden müssen, da diese ihre Rechte beeinflussen könnten. - Grundsatz der Testierfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit §§ 1937, 2270 BGB):
Die Testierfreiheit erlaubt es dem Erblasser, seine Verfügungen von Todes wegen frei zu gestalten, jedoch unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Dies umfasst auch die Möglichkeit, Nachträge zu einem gemeinschaftlichen Testament vorzunehmen.
Im Fall ergibt sich der Zusammenhang daraus, dass der Erblasser durch die Nachträge Änderungen oder Ergänzungen am gemeinschaftlichen Testament vorgenommen hat, die im Rahmen der Testierfreiheit zulässig sind, jedoch nach dem FamFG in ihrem gesamten Zusammenhang eröffnet werden müssen.
Das vorliegende Urteil
AG Augsburg – Az.: 11 VI 7041/20 – Beschluss vom 26.01.2021
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