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Grundbuchberichtigung ohne Erbschein bei Testament: Erbschein nötig bei Zweifeln

Ein Erbe forderte die Grundbuchberichtigung ohne Erbschein bei Testament und legte dafür notarielle Ausschlagungen der Miterben vor. Doch das Grundbuchamt lehnte ab, weil ein späteres Dokument und die stillschweigende Annahme der Erbschaft Zweifel an der Wirksamkeit aufwarfen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 W 59/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken
  • Datum: 16.09.2025
  • Aktenzeichen: 5 W 59/25
  • Verfahren: Grundbuchbeschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Grundbuchrecht

  • Das Problem: Ein Miterbe wollte alleiniger Eigentümer im Grundbuch werden, nachdem seine Geschwister die Erbschaft notariell ausgeschlagen hatten. Das Grundbuchamt forderte trotz der notariellen Urkunden die Vorlage eines Erbscheins.
  • Die Rechtsfrage: Können Erben das Grundbuch ohne Erbschein berichtigen lassen, wenn neben dem notariellen Testament noch ein späteres privates Testament und die Wirksamkeit der Erbausschlagungen unklar sind?
  • Die Antwort: Nein, die Beschwerde wurde zurückgewiesen. Ein Erbschein ist zwingend erforderlich, da die Erbfolge wegen eines späteren privatschriftlichen Testaments und offener Fragen zur Annahme der Erbschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde.
  • Die Bedeutung: Das Grundbuchamt ist nicht befugt, komplexe Tatsachenfragen wie die Wirksamkeit von Erbausschlagungen oder die Bedeutung konkurrierender Testamente abschließend zu klären. Diese Klärung ist Aufgabe des Nachlassgerichts und muss durch einen amtlichen Erbschein erfolgen.

Grundbuchberichtigung ohne Erbschein: Warum reichten ein notarielles Testament und zwei Erbausschlagungen nicht aus?

Ein Sohn, ein notarielles Testament und zwei offizielle Erbausschlagungen seiner Geschwister – auf den ersten Blick schien der Weg zum Alleineigentum am mütterlichen Grundstück frei. Alle Dokumente waren notariell beurkundet, die Erbfolge wirkte klar. Doch das Grundbuchamt legte sein Veto ein und forderte einen Erbschein. Der Fall landete vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken, das in seinem Beschluss vom 16. September 2025 (Az.: 5 W 59/25) eine entscheidende Frage klären musste: Wann ist die Kette der Nachweise so lückenlos, dass das Grundbuchamt auf den amtlichen Erbschein verzichten kann, und wann schleichen sich Zweifel ein, die eine tiefere Prüfung durch das Nachlassgericht unumgänglich machen? Die Entscheidung zeigt eindrücklich die Grenzen der Prüfkompetenz des Grundbuchamts und die juristischen Stolpersteine, die selbst in scheinbar klaren Erbfällen lauern können.

Was war der Ausgangspunkt des Streits?

Ein formaler Sachbearbeiter vergleicht notariell versiegelte Dokumente prüfend mit einem dünnen, ungehefteten handschriftlichen Schriftstück.
Grundbuchberichtigung scheiterte: Notarielles Testament und Ausschlagungen ersetzen keinen Erbschein. | Symbolbild: KI

Nach dem Tod ihrer Mutter am 14. April 2024 standen ihre drei Kinder zunächst als gemeinsame Erben da. Grundlage war ein notarielles Testament aus dem Jahr 2002, in dem die Mutter ihre drei Kinder zu je einem Drittel als Erben eingesetzt hatte. Auf dieser Basis wurden die drei Geschwister zunächst als Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen.

Kurze Zeit später änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Zwei der drei Kinder – eine Tochter und ein weiterer Sohn – erklärten im Juni 2024 notariell beurkundet die Ausschlagung der Erbschaft. Der Sohn schlug dabei die Erbschaft zugleich für seine beiden eigenen Kinder aus. Damit verblieb nur noch der dritte Sohn, der die Erbschaft angenommen hatte. Er beantragte folgerichtig beim Grundbuchamt, das Grundbuch zu berichtigen und ihn als alleinigen Eigentümer des mütterlichen Grundstücks einzutragen. Als Nachweis legte er das notarielle Testament und die notariellen Urkunden über die Erbausschlagungen seiner Geschwister vor. Er war der Überzeugung, damit sei seine Alleinerbenstellung lückenlos bewiesen.

Das Grundbuchamt sah dies anders. Es erließ eine sogenannte Zwischenverfügung – eine formelle Mitteilung, dass für die beantragte Eintragung noch ein Hindernis besteht – und forderte die Vorlage eines Erbscheins. Zur Begründung führte es zwei wesentliche Punkte an: Erstens existierte neben dem notariellen Testament von 2002 noch ein späteres, handschriftliches Testament der Mutter von 2011. Zweitens könne das Grundbuchamt nicht mit letzter Sicherheit prüfen, ob die Erbausschlagungen der Geschwister wirksam seien. Gegen diese Verfügung legte der Sohn Beschwerde ein, die jedoch vom Amtsgericht Saarbrücken zurückgewiesen wurde. So kam der Fall vor das Oberlandesgericht.

Welche Regeln gelten für den Nachweis der Erbfolge im Grundbuch?

Um die Position des Grundbuchamts zu verstehen, müssen Sie das grundlegende Prinzip der Grundbuchberichtigung kennen. Stirbt ein eingetragener Eigentümer, wird das Grundbuch „unrichtig“, weil nun die Erben die neuen Eigentümer sind. Um dies zu korrigieren, müssen die Erben ihre Rechtsnachfolge nachweisen.

Der Standardnachweis dafür ist der Erbschein, wie es § 35 Abs. 1 Satz 1 der Grundbuchordnung (GBO) vorschreibt. Ein Erbschein ist eine vom Nachlassgericht ausgestellte amtliche Urkunde, die bescheinigt, wer Erbe geworden ist und wie groß sein Erbteil ist.

Das Gesetz sieht jedoch eine wichtige Ausnahme vor, um das Verfahren zu vereinfachen und Kosten zu sparen. Beruht die Erbfolge auf einer öffentlichen letztwilligen Verfügung – also einem notariellen Testament oder einem Erbvertrag –, kann dieser Nachweis auch durch die Vorlage dieser Urkunde zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts geführt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GBO).

Dieser vereinfachte Weg steht dem Grundbuchamt aber nur offen, wenn sich die Erbfolge eindeutig und ohne begründete Zweifel aus den vorgelegten öffentlichen Urkunden ergibt. Sobald das Grundbuchamt auf Tatsachen stößt, die eine weitere Ermittlung erfordern würden – Ermittlungen, die in die Zuständigkeit des Nachlassgerichts fallen –, muss es auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.

Warum sah das Gericht hier „begründete Zweifel“?

Das Oberlandesgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamts und wies die Beschwerde des Sohnes zurück. Die Richter arbeiteten akribisch heraus, warum die vorgelegten notariellen Urkunden eben nicht die für eine Eintragung ohne Erbschein erforderliche lückenlose Gewissheit schufen. Die Zweifel des Gerichts gründeten sich auf zwei voneinander unabhängige, aber im Ergebnis zusammenspielende Problemfelder.

Das zweite, handschriftliche Testament: Ein Störfaktor für die klare Erbfolge

Der erste Stolperstein war die Existenz eines zweiten, späteren Testaments der Erblasserin aus dem Jahr 2011. Dieses war zwar nur privatschriftlich, also handschriftlich, verfasst, aber dennoch potenziell gültig. In diesem Testament hatte die Mutter die Regelungen zur Ersatzerbfolge für die Abkömmlinge ihrer Tochter modifiziert.

Für das Grundbuchamt entstand dadurch eine komplexe Situation. Es lag nicht mehr nur die klare Anordnung aus dem notariellen Testament von 2002 vor. Vielmehr musste nun das Verhältnis beider Testamente zueinander geklärt werden. Hat das spätere handschriftliche Testament das frühere notarielle teilweise widerrufen oder ergänzt? Ist das handschriftliche Testament überhaupt wirksam? All dies sind Fragen der Testamentsauslegung, die eine umfassende rechtliche und tatsächliche Würdigung erfordern. Das Grundbuchamt ist jedoch keine Ermittlungsbehörde und kein Gericht, das Zeugen vernehmen oder komplexe juristische Auslegungsfragen entscheiden darf. Allein die Tatsache, dass ein weiteres Testament existiert, das die Erbfolge beeinflussen könnte, genügte laut OLG, um die Eindeutigkeit der Erbfolge infrage zu stellen. Damit war die Ausnahme des § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht mehr anwendbar.

Die unsichere Wirksamkeit der Erbausschlagungen: Die Falle der „stillen Annahme“

Der zweite, noch gewichtigere Grund für die richterliche Entscheidung lag in der Unsicherheit über die Wirksamkeit der Erbausschlagungen. Eine Erbschaft kann nur ausgeschlagen werden, wenn sie nicht zuvor angenommen wurde (§ 1943 BGB). Die Annahme muss dabei nicht ausdrücklich erklärt werden. Sie kann auch „konkludent“, also durch schlüssiges Verhalten, erfolgen. Wer sich beispielsweise nach dem Tod des Erblassers wie ein Erbe geriert, indem er Nachlassgegenstände in Besitz nimmt, Rechnungen aus dem Nachlass begleicht oder Verträge kündigt, kann die Erbschaft stillschweigend angenommen haben. Eine spätere Ausschlagung wäre dann unwirksam.

Das Grundbuchamt stand nun vor dem Problem, dass es zwar die notariell beurkundeten Ausschlagungserklärungen vorliegen hatte, aber nicht prüfen konnte, ob die beiden Geschwister die Erbschaft nicht vielleicht schon vor diesem Zeitpunkt stillschweigend angenommen hatten. Zwischen der Testamentseröffnung Ende April und den Ausschlagungen Mitte Juni 2024 lag ein Zeitraum von rund sechs Wochen. Ob in dieser Zeit Handlungen vorgenommen wurden, die als Annahme zu werten sind, ist eine reine Tatfrage. Die Klärung solcher Fragen obliegt aber ausschließlich dem Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren. Das OLG betonte, dass das Grundbuchamt nicht befugt ist, hierzu eigene Ermittlungen anzustellen. Die bloße Möglichkeit einer vorangegangenen, konkludenten Annahme begründet bereits einen jener Zweifel, die die Vorlage eines Erbscheins erzwingen.

Die begrenzten Prüfkompetenzen des Grundbuchamts

Im Kern beider Argumentationsstränge steht ein zentrales Prinzip des Grundbuchrechts: Das Grundbuchamt arbeitet nach dem Formalbeweisprinzip. Es prüft die formelle Korrektheit der vorgelegten Urkunden, nicht aber die materiellen Sachverhalte, die dahinterstehen. Es kann und darf nicht ermitteln, ob ein handschriftliches Testament gültig ist oder ob ein Erbe durch sein Verhalten eine Erbschaft angenommen hat. Diese umfassende Prüfung von Tatsachen und Rechtsfragen ist dem streitigen Verfahren vor dem Nachlassgericht vorbehalten, dessen Ergebnis der Erbschein ist. Der Sohn hatte zwar argumentiert, die Rechtslage sei klar. Das Gericht widersprach dem: Die Urkundenlage war zwar klar, die dahinterliegende materielle Rechtslage jedoch nicht. Und genau zur Klärung dieser verborgenen Unsicherheiten ist der Erbschein da.

Welche Lehren lassen sich aus dieser Entscheidung ziehen?

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Saarbrücken ist mehr als eine Einzelfallentscheidung. Er verdeutlicht grundlegende Prinzipien, die für jeden relevant sind, der mit der Abwicklung eines Erbfalls und einer Grundbuchberichtigung zu tun hat.

Die erste zentrale Lehre ist, dass selbst notarielle Urkunden keinen Freifahrtschein für eine schnelle Grundbuchberichtigung ohne Erbschein darstellen. Die gesetzliche Ausnahme greift nur dann, wenn die gesamte Erbfolge von Anfang bis Ende lückenlos und zweifelsfrei durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist. Sobald Faktoren wie weitere Testamente, unklare Formulierungen oder – wie hier – potenziell unwirksame Ausschlagungen ins Spiel kommen, ist die Kette des Nachweises unterbrochen. Diese Unterbrechung schließt die Tür zur vereinfachten Berichtigung und öffnet die zum regulären Erbscheinsverfahren.

Zweitens macht das Urteil die strikte Arbeitsteilung zwischen dem Grundbuchamt und dem Nachlassgericht greifbar. Das Grundbuchamt ist ein Registergericht mit einer begrenzten Prüfungsbefugnis. Seine Aufgabe ist es, auf Basis eindeutiger Urkunden für Rechtssicherheit im Grundbuch zu sorgen. Es ist keine Untersuchungsinstanz. Sobald eine Rechtsfrage nicht mehr allein durch die Auslegung von Urkunden, sondern nur durch die Ermittlung von Tatsachen geklärt werden kann, endet seine Zuständigkeit. Der Erbschein dient dann als Brücke, die die vom Nachlassgericht geklärten Fakten rechtssicher in das Grundbuchverfahren transportiert.

Schließlich zeigt der Fall, dass die Komplexität einer Erbfolge oft im Detail liegt. Die Existenz eines zusätzlichen handschriftlichen Testaments oder ein zeitlicher Abstand zwischen dem Erbfall und einer Ausschlagung sind keine Nebensächlichkeiten. Sie sind juristisch relevante Tatsachen, die Zweifel an einer auf den ersten Blick klaren Erbfolge begründen können. Wer also eine schnelle und reibungslose Grundbuchberichtigung anstrebt, muss sicherstellen, dass die vorgelegten Dokumente nicht nur formal korrekt sind, sondern auch inhaltlich ein vollständiges und widerspruchsfreies Bild der Erbfolge zeichnen. Andernfalls ist der Weg über das Erbscheinsverfahren oft unvermeidlich.

Die Urteilslogik

Der vereinfachte Nachweis der Erbfolge scheitert, sobald die materielle Rechtslage hinter den notariellen Urkunden verborgene Zweifel aufwirft.

  • [Lückenlose Beweiskette ist zwingend]: Die gesetzliche Ausnahme von der Erbscheinspflicht greift ausschließlich, wenn öffentliche Urkunden die Erbfolge von Anfang bis Ende absolut lückenlos und zweifelsfrei belegen.
  • [Prüfkompetenz endet bei Tatsachenfragen]: Das Grundbuchamt muss die Vorlage eines Erbscheins verlangen, sobald die Erbfolge von der Klärung tatsächlicher Umstände abhängt, die es nicht ermitteln darf (wie die stillschweigende Annahme einer Erbschaft).
  • [Spätere Verfügung erzwingt Ermittlung]: Existiert neben einem notariellen Testament ein späteres, handschriftliches Testament, ist die Eindeutigkeit der Erbfolge zerstört, da die Auslegung und Wirksamkeit des privatschriftlichen Dokuments dem Nachlassgericht obliegt.

Die Komplexität verborgener Tatsachen oder widersprüchlicher letztwilliger Verfügungen macht die umfassende Klärung durch das Nachlassgericht zwingend erforderlich.


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Verlangt Ihr Grundbuchamt trotz notarieller Urkunden einen Erbschein? Kontaktieren Sie uns, um eine fundierte Einschätzung Ihrer Sachlage zu erhalten.


Experten Kommentar

Wer glaubt, mit notariell beurkundeten Ausschlagungen sei der Weg ins Grundbuch automatisch frei, übersieht eine Kernanforderung: Die Kette des Erbnachweises muss absolut lückenlos sein. Die Existenz eines späteren handschriftlichen Testaments oder ein kleiner zeitlicher Abstand, in dem Erben stillschweigend handeln konnten, reichen dem Grundbuchamt als begründete Zweifel. Das Gericht zieht damit eine klare rote Linie: Sobald der Sachverhalt nicht mehr nur formal, sondern durch Tatsachenermittlung geklärt werden muss, endet die Zuständigkeit des Grundbuchamts, und der teure Erbschein wird unumgänglich. Dieses Urteil ist eine deutliche Ansage, dass die materiell-rechtliche Klarheit wichtiger ist als die bloße Form der Dokumente.


Das Bild zeigt auf der linken Seite einen großen Text mit "ERBRECHT FAQ Häufig gestellte Fragen" vor einem roten Hintergrund. Auf der rechten Seite sind eine Waage, eine Schriftrolle mit dem Wort "Testament", ein Buch mit der Aufschrift "BGB", eine Taschenuhr und eine Perlenkette zu sehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann brauche ich einen Erbschein trotz notariellem Testament und Erbausschlagungen?

Der Ärger ist verständlich: Sie haben alle Dokumente notariell beurkunden lassen und werden dennoch vom Grundbuchamt mit einer Zwischenverfügung gestoppt. Sie benötigen den Erbschein, sobald auch nur ein begründeter Zweifel an der lückenlosen und eindeutigen Erbfolge besteht. Dies tritt typischerweise ein, wenn die Wirksamkeit einer Erbausschlagung durch eine mögliche „stille Annahme“ infrage steht. Selbst notarielle Urkunden ersetzen den Erbschein nicht, wenn die Erbfolge juristisch nicht zweifelsfrei ist.

Das Problem liegt in der begrenzten Prüfkompetenz des Grundbuchamts. Dieses arbeitet streng nach dem Formalbeweisprinzip und darf keine komplexen Tatsachenermittlungen durchführen. Wenn neben dem notariellen Testament beispielsweise ein späteres, handschriftliches Dokument existiert, muss dessen Gültigkeit und Verhältnis zum ersten Testament juristisch ausgelegt werden. Diese umfassende Auslegung ist allein die Aufgabe des zuständigen Nachlassgerichts.

Darüber hinaus kann das Grundbuchamt die materielle Wirksamkeit einer Erbausschlagung nicht überprüfen. Die Ausschlagung ist unwirksam, wenn die Erbschaft zuvor stillschweigend (konkludent) angenommen wurde. Wer Rechnungen aus dem Nachlass begleicht oder aktiv Verträge kündigt, gilt eventuell bereits als Erbe. Die bloße Möglichkeit einer solchen Annahme begründet bereits Zweifel, die die Vorlage des Erbscheins erforderlich machen.

Verschwenden Sie keine Zeit mit der formaljuristischen Beschwerde gegen die Zwischenverfügung, sondern beantragen Sie sofort den Erbschein beim Nachlassgericht.


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Ist meine Erbausschlagung unwirksam, wenn ich die Erbschaft stillschweigend angenommen habe?

Ja, eine Erbausschlagung ist unwirksam, wenn Sie die Erbschaft zuvor bereits stillschweigend angenommen haben. Das Gesetz verlangt keine ausdrückliche Erklärung der Annahme. Sie kann bereits durch schlüssiges Verhalten erfolgen, das Ihre Absicht zeigt, sich wie der neue Erbe zu verhalten. Diese konkludente Annahme ist ein häufiger juristischer Stolperstein und macht die spätere Ausschlagung ungültig.

Die Erbschaft ist nach der Annahme, selbst wenn diese nur stillschweigend erfolgte, unwiderruflich gemäß § 1943 BGB. Haben Sie eine solche Handlung vorgenommen, gilt die Frist zur Ausschlagung von sechs Wochen als abgelaufen. Eine notarielle Ausschlagungserklärung ist dann nachträglich nicht mehr möglich. Gerichte bewerten jede Handlung kritisch, die über reine Notsicherungsmaßnahmen hinausgeht und den Nachlass aktiv verwaltet oder nutzt.

Konkret: Wer die Mietverträge des Erblassers kündigt, eine größere Rechnung aus dem Nachlassvermögen begleicht oder wertvolle Nachlassgegenstände in Besitz nimmt, agiert bereits wie ein Erbe. Nur zwingend notwendige Sicherungsmaßnahmen, wie das Begleichen von Bestattungskosten oder die Notsicherung eines undichten Daches, sind in der Ausschlagungsfrist gestattet. Ob eine konkludente Annahme vorliegt, ist eine reine Tatfrage. Nur das Nachlassgericht kann diese komplexe Frage im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens abschließend klären.

Um Ihre juristische Position zu sichern, erstellen Sie sofort eine lückenlose Chronologie aller Handlungen, die zwischen dem Todestag und der Ausschlagung bezüglich des Nachlasses vorgenommen wurden.


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Was muss ich tun, wenn das Grundbuchamt meinen Antrag auf Grundbuchberichtigung ablehnt?

Das Grundbuchamt lehnt einen Antrag auf Berichtigung in der Regel nicht sofort ab, sondern erteilt zunächst eine Zwischenverfügung. Diese formelle Mitteilung benennt präzise das Hindernis, welches der Eintragung aktuell im Wege steht und setzt eine Frist zur Beseitigung. Wenn die genannten Zweifel tiefgehende Tatsachenfragen betreffen, ist die sofortige Beantragung eines Erbscheins meist der strategisch klügere Weg, um schnellstmöglich ans Ziel zu gelangen.

Analysieren Sie zunächst exakt, welches Hindernis das Grundbuchamt sieht. Geht es um fehlende Dokumente, legen Sie diese einfach nach. Werden jedoch komplexe Rechts- oder Tatsachenfragen angesprochen – etwa die Wirksamkeit einer Erbausschlagung wegen einer möglichen stillschweigenden Annahme – endet die Prüfkompetenz des Grundbuchamts. Das Registergericht arbeitet streng nach dem Formalbeweisprinzip und darf keine eigenen Ermittlungen anstellen oder Testamente komplex auslegen.

Eine Beschwerde gegen die Zwischenverfügung führt in diesen Fällen oft nur zu unnötigen Verzögerungen. Das Oberlandesgericht (OLG) wird die fehlende Ermittlungskompetenz des Grundbuchamtes aller Voraussicht nach bestätigen. Nutzen Sie stattdessen die Zuständigkeit des Nachlassgerichts. Der amtlich ausgestellte Erbschein klärt alle strittigen Fakten lückenlos und dient dem Grundbuchamt als juristisch wasserdichte Brücke für die beantragte Berichtigung.

Legen Sie die Zwischenverfügung unbedingt einem Notar oder Fachanwalt vor, um verbindlich einschätzen zu lassen, ob Sie die benannten Zweifel ohne ein aufwendiges Erbscheinsverfahren beseitigen können.


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Welche Nachweise akzeptiert das Grundbuchamt anstelle des Erbscheins wirklich?

Das Grundbuchamt akzeptiert als Ersatz für den Erbschein nur sehr spezifische Dokumente. Sie müssen eine öffentliche letztwillige Verfügung vorlegen, also entweder ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag. Diese Dokumente sind nur ausreichend, wenn die Erbfolge daraus absolut eindeutig und widerspruchsfrei hervorgeht. Zusätzlich benötigt das Grundbuchamt das offizielle Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts.

Grundlage dieser strengen Regelung ist § 35 Abs. 1 Satz 2 der Grundbuchordnung (GBO). Das Grundbuchamt arbeitet nach dem Prinzip des Formalbeweises und darf keine komplexen Tatsachenermittlungen vornehmen. Deshalb sind nur Urkunden zulässig, die von einem Notar oder einem Gericht erstellt wurden. Private Dokumente, wie handschriftliche Testamente, fallen generell aus dieser Ausnahme heraus. Selbst wenn ein privates Testament juristisch gültig ist, reicht es dem Grundbuchamt nicht für die notwendige Rechtsklarheit.

Selbst die Vorlage eines notariellen Testaments führt nicht automatisch zum Erfolg. Sobald Tatsachen existieren, die Zweifel an der Klarheit der Erbfolge wecken, wird das Grundbuchamt den Erbschein fordern. Dies geschieht beispielsweise, wenn im Nachlass ein späteres handschriftliches Testament auftaucht oder wenn die Wirksamkeit einer Erbausschlagung wegen einer möglichen stillschweigenden Annahme unsicher ist. Das Amt darf diese Unsicherheiten nicht selbst durch komplexe Auslegung klären.

Um Kosten zu sparen, prüfen Sie im Vorfeld genau, ob Ihre notariellen Dokumente eine lückenlose und unbedingte Erbeinsetzung enthalten.


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Wie weise ich die Erbfolge nach, wenn es mehrere handschriftliche Testamente gibt?

Haben Sie mehrere handschriftliche Testamente gefunden, benötigen Sie zur Klärung der Erbfolge zwingend einen Erbschein. Diese privatschriftlichen Dokumente begründen eine komplexe juristische Situation, die der Klärung durch das Nachlassgericht bedarf. Das Grundbuchamt kann und darf die widersprüchliche Dokumentenlage nicht selbst auflösen, da seine Prüfkompetenz stark begrenzt ist.

Die Existenz mehrerer Verfügungen löst eine obligatorische Testamentsauslegung aus. Das Nachlassgericht muss prüfen, ob das zeitlich spätere Testament das frühere ersetzt, ergänzt oder vollständig widerruft. Handschriftliche Testamente sind zudem keine öffentlichen Urkunden nach § 35 GBO. Deswegen können sie den Erbschein ohnehin nicht ersetzen, selbst wenn sie einzeln betrachtet eindeutig wären. Die Klärung dieser materiellen Rechtsfragen obliegt ausschließlich dem Nachlassgericht.

Für das Grundbuchamt reicht die bloße Kenntnis eines zweiten handschriftlichen Testaments aus, um begründete Zweifel an der Eindeutigkeit der Erbfolge zu haben. Diese Zweifel zwingen die Behörde, den Erbschein zu verlangen. Konkret: Sie dürfen das frühere Testament nicht weglassen, selbst wenn Sie es für unwirksam halten. Sie sind verpflichtet, dem Nachlassgericht alle bekannten letztwilligen Verfügungen einzureichen, damit eine umfassende Würdigung erfolgen kann.

Reichen Sie umgehend alle handschriftlichen Dokumente beim zuständigen Nachlassgericht ein und beantragen Sie dort die Erteilung des Erbscheins, der die rechtlich korrekte Erbfolge feststellt.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Ein Erbrecht Glossar Buch mit Waage, Taschenuhr und Testament auf einem Schreibtisch.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbschein

Ein Erbschein ist eine amtliche Urkunde des Nachlassgerichts, die rechtsverbindlich bescheinigt, wer Erbe geworden ist und wie groß der Erbteil ist. Diese Urkunde dient dazu, die Erbenstellung im Rechtsverkehr, insbesondere gegenüber Banken oder dem Grundbuchamt, unzweifelhaft nachzuweisen. Das Gesetz schafft damit Klarheit, nachdem das Gericht alle komplexen Rechts- und Tatsachenfragen geprüft hat.

Beispiel: Obwohl der Sohn ein notarielles Testament vorlegte, forderte das Grundbuchamt wegen der bestehenden Zweifel an der Wirksamkeit der Erbausschlagungen die Vorlage eines offiziellen Erbscheins.

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Formalbeweisprinzip

Das Formalbeweisprinzip beschreibt die strenge Regel, dass das Grundbuchamt seine Entscheidungen ausschließlich auf die formelle Korrektheit und Eindeutigkeit öffentlicher Urkunden stützt. Juristen wenden dieses Prinzip an, weil das Grundbuchamt ein Registergericht mit begrenzter Prüfkompetenz ist; es darf keine eigenen, umfassenden Tatsachenermittlungen durchführen oder Zeugen vernehmen.

Beispiel: Das Oberlandesgericht bestätigte, dass das Grundbuchamt streng dem Formalbeweisprinzip folgen musste und deshalb die komplexe Frage der Testamentsauslegung nicht selbst klären konnte.

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Grundbuchberichtigung

Die Grundbuchberichtigung ist das gerichtliche Verfahren, das notwendig wird, um das Grundbuch an die tatsächliche Rechtslage anzupassen, nachdem der eingetragene Eigentümer gestorben ist. Diese Korrektur ist essenziell, weil das Grundbuch öffentlichen Glauben genießt und die Öffentlichkeit darauf vertrauen können muss, dass die eingetragenen Eigentumsverhältnisse korrekt sind.

Beispiel: Der überlebende Sohn beantragte die Grundbuchberichtigung, um sich nach den Erbausschlagungen seiner Geschwister als alleiniger Eigentümer des mütterlichen Grundstücks eintragen zu lassen.

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Konkludente Annahme

Eine konkludente Annahme liegt vor, wenn ein Erbe die Erbschaft nicht ausdrücklich erklärt, sondern durch ein schlüssiges Verhalten zu erkennen gibt, dass er die Erbenstellung akzeptiert. Diese Regelung in § 1943 BGB sorgt für Rechtssicherheit: Wer sich aktiv wie ein Erbe verhält – etwa Rechnungen begleicht –, soll nicht nachträglich die Erbschaft ausschlagen und seine Meinung ändern können.

Beispiel: Hatten die Geschwister die Mietverträge der Mutter gekündigt, bevor sie die Erbschaft ausschlagen ließen, wäre dies als eine konkludente Annahme zu werten gewesen.

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Öffentliche letztwillige Verfügung

Eine Öffentliche letztwillige Verfügung ist ein Testament oder Erbvertrag, das formell korrekt vor einem Notar errichtet oder bei Gericht amtlich verwahrt wurde. Solche öffentlichen Urkunden gelten als besonders beweiskräftig und können gemäß § 35 GBO unter bestimmten Umständen den teureren Erbschein im Grundbuchverfahren ersetzen.

Beispiel: Das notarielle Testament von 2002 war eine öffentliche letztwillige Verfügung, die aber wegen des später aufgetauchten handschriftlichen Testaments ihre alleinige Beweiskraft für die Erbfolge verlor.

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Zwischenverfügung

Eine Zwischenverfügung ist eine formelle Mitteilung des Grundbuchamts, dass einem Antrag auf Eintragung aktuell ein behebbares Hindernis im Wege steht. Das Verfahren dient dazu, dem Antragsteller eine Frist einzuräumen, um das fehlende Dokument – wie etwa den geforderten Erbschein – nachzureichen, bevor der Antrag endgültig abgelehnt wird.

Beispiel: Das Grundbuchamt erließ eine Zwischenverfügung, um dem Sohn mitzuteilen, dass er entweder den Erbschein beibringen oder die bestehenden Zweifel an der Wirksamkeit der Erbausschlagungen auf andere Weise ausräumen müsse.

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Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 59/25 – Beschluss vom 16.09.2025


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