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Gutachteneinholung zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments

OLG Bamberg – Az.: 1 W 4/19 – Beschluss vom 25.02.2019

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Forchheim vom 03.12.2018, Az. VI 871/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5) haben die Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6) gesamtschuldnerisch zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Beschwerdewert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Am 29.7.2018 verstarb der Erblasser J.. Seine Ehefrau R. ist vorverstorben. Der Erblasser hinterließ 6 volljährige Kinder, die Beteiligten zu 1) bis 6).

1.

Aufgrund eines handschriftlichen Testaments vom 15.06.2016, in dem sie als alleinige Erbin einsetzt ist, beantragte die Beteiligte zu 5) am 08.10.2018 einen entsprechenden Erbschein. Hinsichtlich des Inhalts des Testaments vom 15.06.2016 wird auf das in der Akte befindliche Original (Blatt 10 der Akte) Bezug genommen. Am 15.10.2018 beantragten die Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6) die Erteilung eines Erbscheins nach dem Erblasser dahingehend, dass dieser von den Beteiligten zu 1) bis 6 ) jeweils zu 1/6 beerbt wird. Sie führten aus, dass das handschriftliche Testament vom 15.06.2016 nicht eigenhändig vom Erblasser verfasst worden sei. Aus dem Schriftbild des Testaments ergebe sich, dass dieses nicht vom Erblasser herrühren könne. Dieser habe aufgrund einer Parkinson-Erkrankung einen Tremor am rechten Arm und an der rechten Hand aufgewiesen. Dieses sei aus vergleichenden Schriftproben ersichtlich. Diese Charakteristika würden im Testament fehlen. Auch habe der Erblasser noch zu Lebzeiten erklärt, dass er kein Testament zugunsten der Beteiligten zu 5) verfasst habe.

2.

Ohne weitere Beweisaufnahme hat das Amtsgericht Forchheim mit Beschluss vom 03.12.2018 die zur Begründung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins der Beteiligten zu 5) vom 08.10.2018 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins der weiteren Beteiligten vom 15.10.2018 hat es abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich aus dem handschriftlichen Testament vom 15.06.2016 das Erbrecht der Beteiligten zu 5) ergebe. Es bestünden keine Zweifel an der Eigenhändigkeit und Echtheit des Testaments. Aus den vorgelegten Schriftproben des Erblassers ergebe sich eine eindeutige Übereinstimmung mit Inhalt und Unterschrift des Testaments. Das Vorliegen einer Parkinson-Erkrankung könne dahinstehen, da in jedem Fall eine Übereinstimmung der Handschriften festgestellt werden könne. Die von den Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6) geäußerten weiteren Vermutungen würden durch konkrete Tatsachen nicht gestützt. Selbst wenn der Erblasser gegenüber anderen Personen die Existenz eines Testaments zu Gunsten der Beteiligten zu 5) geleugnet haben sollte, könne hieraus nichts hergeleitet werden. Da das Gericht keine Zweifel an der Echtheit des Testaments habe, bedürfe es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

3.

Gegen die ihnen am 06.12.2018 zugestellte Entscheidung haben die Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6) mit taggleich eingegangenem Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.12.2018 Beschwerde eingelegt. Mit Schreiben vom 14.01.2019 wurde die Beschwerde nochmals begründet. Auf die Schriftsätze wird Bezug genommen.

Das Amtsgericht Forchheim hat der Beschwerde mit Beschluss vom 16.01.2019 unter Bezugnahme auf die Gründe des Beschlusses vom 03.12.2018 nicht abgeholfen.

Die Beteiligte zu 5) hat mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.02.2019 die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6), mit der sie sich gegen den Feststellungsbeschluss des Amtsgerichts Forchheim vom 3.12.2018 wenden, ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 352 Abs. 1 und 2 FamFG zulässig. Die Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführer ergibt sich daraus, dass sie geltend machen, dass ihre erbrechtliche Stellung in dem Erbschein nicht oder nicht richtig ausgewiesen werde.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet und daher zurückzuweisen. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht das Erbrecht der Beteiligten zu 5) feststellte, ohne durch Sachverständigengutachten oder Zeugenvernehmung Beweis über die Echtheit des Testaments vom 15.06.2016 zu erheben.

1.

Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen eine eigenhändige Errichtung eines privatschriftlichen Testaments sprechen, genügt es, wenn der Tatrichter selbst die Schriftzüge des ihm vorliegenden Testaments mit anderen Schriftproben vergleicht und das Ergebnis würdigt. Die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist nur in Zweifelsfällen geboten (BayObLG, Beschluss v. 20.07.1994, Az. 1Z BR 108/93; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.07.2013, Az. I-3 Wx 105/13). Einen derartigen Zweifelsfall vermag der Senat trotz der durch die Beschwerdeführer erhobenen Einwände nicht zu erkennen.

2.

Aus dem Schriftbild selbst lassen sich keine Zweifel gegen die eigenhändige Fertigung des Testaments durch den Erblasser herleiten. Die einzelnen Buchstaben weisen zahlreiche Charakteristika auf, die sich auch aus dem umfangreichen (wenngleich nur in Kopie vorliegenden) Vergleichsmaterial ergeben. Dieses betrifft beispielsweise den sehr individuell gestalteten Buchstaben „e“, der zudem in seinen konkreten Ausformungen immer wieder kleinste Abweichungen aufweist. Die Fertigung mittels einer Schablone erscheint daher ausgeschlossen. Auch die Schreibweise des Buchstaben „u“ ist auffällig und setzt sich aus zwei getrennten Schreibbewegungen zusammen. Dieses entspricht der Schreibweise im Vergleichsmaterial, soweit dort Druckschrift verwendet wurde. Bezüglich dieses Buchstabens vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass eine besonders weit hinaus gezogene Schreibweise im Wort „M.“ darauf hinweist, dass das Testament nicht vom Erblasser persönlich gefertigt wurde. Einerseits ist die Schreibweise des Buchstaben „u“ im gesamten Testament sehr ähnlich und liegt auch unter Berücksichtigung des Vergleichsmaterials in der Bandbreite der habituellen Abweichung. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass das Testament in relativ großen Druckbuchstaben und in dem ersichtlichen Bemühen um ein ordentliches und gut lesbares Schriftbild verfasst ist.

Die konkrete Ausformung des Buchstabens „I“ zu Beginn des Testaments im Wort „Ich“ findet sich anders als mit der Beschwerde vorgetragen auch im Vergleichsmaterial (vgl. Blatt 53 Mitte Name „I.“).

3.

Entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht stellt die Verwendung der großen Druckschrift auch keinen Zweifel an der Echtheit des Testaments begründenden Umstand dar. Es kann dahinstehen, ob unter einer Parkinson-Erkrankung leidende Personen dazu neigen, in kleinerer Schrift zu schreiben. Jedenfalls bei der nicht alltäglichen Abfassung eines Testaments ist es bei lebensnaher Betrachtungsweise sehr wahrscheinlich, dass auch Personen mit einer Schreibbehinderung um eine deutliche Abfassung bemüht sind und sich beispielsweise hierfür wesentlich mehr Zeit nehmen. Insbesondere bei der Verwendung von Druckschriften, bei der jeder einzelne Buchstabe neu angesetzt wird, kann hierdurch ein besseres Schriftbild erzielt werden. Daher spricht es für die Echtheit des Testaments, dass die Unterschrift als einziger in Schreibschrift verfasster Teil eine etwas geringere Schriftgröße aufweist und beispielsweise bei den Buchstaben „h“ und „t“ des Vornamens „R.“ eine unruhigere Stiftführung.

4.

Ersichtlich steht eine mögliche Parkinson-Erkrankung des Erblassers nicht der Annahme der Eigenhändigkeit des Testaments entgegen. Zwar weist eine Vielzahl ärztlicher Berichte die Diagnose Parkinsonismus auf. Lediglich in einem Bericht vom 17.02.2014 der Klinik F. (Blatt 71 der Akte) findet sich zudem der Untersuchungsbefund eines feinschlägigen Tremors armbetont rechts. Für eine Behandlung eines Parkinson-Leidens gibt es hingegen keine Anhaltspunkte. Insbesondere ist aber zu berücksichtigen, dass der Erblasser auch bei Unterstellung einer Parkinsonschen-Erkrankung wie aus dem Vergleichsmaterial ersichtlich in der Lage war, ein sauberes Schriftbild zu fertigen. Insoweit kann auf eine offenbar aus in dem Jahr 2013 herrührende Zusammenstellung des Erblassers (Bl. 52 d.A.) verwiesen werden, die bei genauer Betrachtung der typischen habituellen Schreibweise des Erblassers offenkundig von diesem herrührt und durchaus eine mit dem Testament vergleichbare Strichführung und Lesbarkeit aufweist.

5.

Auch die Inaugenscheinnahme des Originals des Testaments ergibt keinen Hinweis für eine Fälschung. Soweit innerhalb einzelner Buchstaben eine unterschiedliche Farbdeckung festzustellen ist, entspricht dieses ohne Weiteres der Verwendung eines Kugelschreibers, bei dem der Aufsetzdruck variiert. Es ist ferner auch bei genauer Betrachtung nicht feststellbar, dass das verwendete Papier nicht direkt beschrieben wurde, sondern es sich um eine Kopie handelt. Das Papier weist keine Schattierungen o.ä. auf, die auf eine nachträgliche Zusammenstellung des Schriftstücks im Sinne einer Collage hinweisen würden.

6.

Die von den Beschwerdeführern dargelegten sonstigen Umstände der Regelung der Nachlassangelegenheiten des Erblassers sind ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Echtheit des Testaments zu begründen. Die Einholung eines Schriftgutachtens ist entsprechend obigen Grundsätzen daher nicht veranlasst. Aus dem aktenkundigen Vortrag aller Beteiligter ergibt sich der Eindruck, dass der Erblasser durchaus eine enge Beziehung zur Beteiligten zu 5) pflegte, ohne dass hiermit notwendig eine Störung des persönlichen Verhältnisses zu den weiteren Beteiligten als seinen Kindern verbunden war. Offenbar war insbesondere die Beteiligte zu 5) in die Betreuung und Pflege des Erblassers eingebunden. Die bekannten familiären Verhältnisse sprechen daher zumindest nicht zwingend dagegen, dass der Erblasser die Beteiligte zu 5) besonders bedenken wollte. Es ist ferner auch nicht ersichtlich, dass Vermögen des Erblassers in einem solchen Umfang vorhanden ist, dass sich die Enterbung der Beschwerdeführer als leiblicher Kinder als gravierender Vertrauensbruch darstellen könnte. So beinhaltet der Nachlass unstreitig keinen Grundbesitz, nachdem dieser bereits zu einem früheren Zeitpunkt durch den Erblasser übertragen wurde. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht auch das gemeinsame Testament mit der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers nicht entgegen, da es dem Erblasser ersichtlich nur um die Regelung der eigenen Rechtsnachfolge ging.

III.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 1), 2), 3), 4) und 6) gesamtschuldnerisch zu tragen. Sie haben der Beteiligten zu 5) auch die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 81 Abs. 1 FamFG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nach § 70 Abs. 1 und 2 FamFG nicht vor.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

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