Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Wenn das Sparbuch nicht ins Erbe fällt: Das LG Koblenz und die Tücken der Schenkung zu Lebzeiten
- Der Streit ums Erbe: Sparbücher im Zentrum einer Familienangelegenheit
- Die Kernfrage vor Gericht: Schenkung zu Lebzeiten oder Teil des Nachlasses?
- Die Entscheidung des Landgerichts Koblenz: Sparbücher gehören nicht in den Nachlass
- Die richterliche Lupe: Warum die Schwester die Sparbücher behalten darf
- Juristische Einordnung: Was dieses Urteil für ähnliche Fälle bedeutet
- Allgemeine Auswirkungen und juristischer Kontext
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Testamentsvollstreckung und welche Rolle spielt der Testamentsvollstrecker im Erbfall?
- Unter welchen Voraussetzungen gilt eine Schenkung unter Lebenden als wirksam und was bedeutet das für den Nachlass?
- Welche Bedeutung hat die Übergabe eines Sparbuchs für die Übertragung der Guthabenforderung?
- Was passiert, wenn keine schriftliche Abtretungserklärung für ein Sparbuch vorliegt?
- Wie werden Zeugenaussagen im Erbrecht und bei der Feststellung einer Schenkung bewertet?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 3 O 457/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Koblenz
- Datum: 18.04.2024
- Aktenzeichen: 3 O 457/23
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Testamentsvollstrecker über den Nachlass des Verstorbenen. Er forderte die Herausgabe der Sparbücher in den Nachlass, da die Guthaben seiner Ansicht nach zum Nachlass gehören.
- Beklagte: Die Schwester des Verstorbenen. Sie behauptete, die Sparbücher und das Guthaben seien ihr bereits zu Lebzeiten vom Verstorbenen geschenkt und übertragen worden.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Testamentsvollstrecker forderte von der Schwester des Verstorbenen die Herausgabe zweier Sparbücher mit einem Guthaben von über 92.000 Euro. Die Schwester befand sich im Besitz der Sparbücher.
- Kern des Rechtsstreits: Es wurde darüber gestritten, ob das Guthaben auf den Sparbüchern zum Nachlass des Verstorbenen gehört. Oder ob der Verstorbene dieses Guthaben seiner Schwester bereits zu Lebzeiten wirksam geschenkt und übertragen hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht hat die Klage des Testamentsvollstreckers abgewiesen. Es entschied, dass die Sparbücher und das Guthaben nicht an den Nachlass herausgegeben werden müssen. Der Kläger muss die Kosten des Verfahrens tragen.
- Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass das Sparbuchguthaben bereits zu Lebzeiten wirksam an die Beklagte verschenkt wurde. Die Übergabe der Sparbücher zusammen mit der Absicht zur Abtretung des Guthabens reichte aus, um die Schenkung zivilrechtlich wirksam zu machen. Dies wurde durch übereinstimmende Zeugenaussagen bestätigt.
Der Fall vor Gericht
Wenn das Sparbuch nicht ins Erbe fällt: Das LG Koblenz und die Tücken der Schenkung zu Lebzeiten
Ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Koblenz (Az.: 3 O 457/23) vom 18. April 2024 beleuchtet eine häufig auftretende und juristisch komplexe Frage im Erbrecht: Wann gehören Sparbücher, die sich im Besitz eines potenziellen Erben befinden, tatsächlich nicht zum Nachlass, sondern wurden wirksam zu Lebzeiten des Erblassers verschenkt? Der Fall drehte sich um Sparbücher im Wert von über 92.000 Euro und die Frage, ob der Testamentsvollstrecker deren Herausgabe von der Schwester des Verstorbenen verlangen konnte.
Der Streit ums Erbe: Sparbücher im Zentrum einer Familienangelegenheit

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand der Nachlass des am 19. Oktober 2020 verstorbenen Herrn H. B. Sch. (im Folgenden als Erblasser bezeichnet). Der Kläger, als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker, sah es als seine Pflicht, den Nachlass zu sichern und zu verwalten. Ein Testamentsvollstrecker ist eine Person, die vom Erblasser im Testament benannt oder vom Nachlassgericht eingesetzt wird, um den letzten Willen des Verstorbenen auszuführen und den Nachlass abzuwickeln.
Die Beklagte war die Schwester des Erblassers. Laut einem notariellen Testament vom 14. September 2020 war sie zu einem Viertel als Erbin eingesetzt. Weitere Erben waren die Nichte des Erblassers und deren Ehemann (jeweils zu einem Achtel) sowie die Lebensgefährtin des Erblassers (zur Hälfte).
Konkret ging es um zwei Sparkonten bei der Sparkasse W. S. mit einem Gesamtguthaben von beachtlichen 92.148,41 Euro. Die dazugehörigen Sparbücher befanden sich im Besitz der Beklagten. Eine entscheidende Information war, dass bei der Sparkasse keine schriftlichen Abtretungserklärungen zugunsten der Beklagten vorlagen. Eine Abtretung ist die vertragliche Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger (hier der Erblasser) auf einen neuen Gläubiger (hier die Beklagte).
Der Testamentsvollstrecker forderte die Beklagte auf, die Sparbücher herauszugeben, da er davon ausging, dass die Sparforderungen mangels einer formellen Abtretung zum Nachlass gehörten. Er argumentierte zudem, eine Schenkung sei auch deshalb unwahrscheinlich, weil unstrittig keine Schenkungssteuer gezahlt worden sei.
Die Beklagte hingegen widersprach dieser Darstellung vehement. Sie behauptete, der Erblasser habe ihr die beiden Sparbücher bereits im Mai 2019 übergeben. Dabei sei auch die Einlagenforderung, also das Guthaben auf den Konten, durch Abtretung auf sie übertragen worden. Es habe sich um eine Schenkung gehandelt, mit der ihr Bruder sie für ihr Alter finanziell absichern wollte, insbesondere wegen ihrer lebenslangen innigen Beziehung und ihrer Betreuung des Erblassers. Diese Schenkung habe der Erblasser ihr gegenüber am 29. September 2020 und am 16. Oktober 2020, kurz vor seinem Tod, nochmals ausdrücklich bestätigt.
Die Kernfrage vor Gericht: Schenkung zu Lebzeiten oder Teil des Nachlasses?
Das Landgericht Koblenz musste somit klären, wem die Guthaben und die Sparbücher rechtlich zustehen. Die zentrale juristische Frage war, ob die Sparbücher und die darauf befindlichen Guthaben dem Nachlass des Erblassers zuzuordnen sind und der Testamentsvollstrecker deren Herausgabe von der Schwester verlangen kann, oder ob eine wirksame Schenkung und Übereignung bzw. Abtretung der Forderungen bereits zu Lebzeiten des Erblassers an seine Schwester erfolgt war.
Die Entscheidung des Landgerichts Koblenz: Sparbücher gehören nicht in den Nachlass
Das Gericht wies die Klage des Testamentsvollstreckers ab. Die Konsequenz: Die Schwester darf die Sparbücher behalten, da sie nicht Teil des Nachlasses sind. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger, also dem Nachlass, auferlegt. Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Beklagte ihre Rechte aus dem Urteil durchsetzen könnte, auch wenn der Kläger Berufung einlegt, sofern sie die festgelegte Sicherheit leistet.
Die richterliche Lupe: Warum die Schwester die Sparbücher behalten darf
Die Begründung des Gerichts ist aufschlussreich und stützt sich maßgeblich auf die Regeln zur Schenkung und die Würdigung von Zeugenaussagen.
Die Schenkung: Mehr als nur eine Übergabe
Das Gericht ging von einer Schenkung unter Lebenden gemäß §§ 516, 518 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aus. Ein Schenkungsversprechen, also das bloße Versprechen, etwas unentgeltlich zu übertragen, bedarf nach § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich der notariellen Beurkundung. Eine solche notarielle Form war hier unstreitig nicht eingehalten worden.
Allerdings sieht das Gesetz in § 518 Abs. 2 BGB eine wichtige Ausnahme vor: Ein Formmangel wird geheilt, wenn die versprochene Leistung bewirkt, also die Schenkung vollzogen wird. Genau dieser Punkt war entscheidend.
Bei Sparbüchern ist die Schenkung etwas komplexer als bei einfachen beweglichen Sachen. Das Sparbuch selbst ist nur eine Urkunde, die eine Forderung gegen die Bank verbrieft. Das Eigentum an dieser Urkunde steht nach § 952 Abs. 1 BGB dem Inhaber der Forderung zu („Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier“). Für die Übertragung des Guthabens ist daher eine Abtretung der Forderung gegen die Bank nach § 398 BGB erforderlich. Die Besonderheit bei Sparbüchern ist in § 808 BGB geregelt, der die Leistung an den Inhaber des Sparbuchs mit befreiender Wirkung für die Bank ermöglicht, aber für die Übertragung der Forderung selbst die allgemeinen Abtretungsregeln gelten. Der Vollzug einer Schenkung bei einem Sparbuch erfordert somit grundsätzlich eine Abtretungsvereinbarung zwischen Schenker und Beschenktem.
Der Schlüsselmoment: Die konkludente Abtretung
Eine solche Abtretungsvereinbarung muss nicht zwingend schriftlich oder ausdrücklich erfolgen. Sie kann auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, zustande kommen. Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH), hat hierzu klare Linien entwickelt: In der Übergabe eines auf den Namen des Schenkers ausgestellten Sparbuchs verbunden mit der Erklärung, der Beschenkte solle über das Guthaben verfügen können (z.B. „Das darfst Du behalten“), wird regelmäßig ein starker Anhaltspunkt für eine konkludente Abtretungsvereinbarung gesehen. Dadurch ist die Schenkung mit der Übergabe des Sparbuchs vollzogen und der Formmangel des Schenkungsversprechens geheilt.
Die Beklagte hatte vorgetragen, der Erblasser habe ihr die Bücher im Mai 2019 übergeben und erklärt, sie könne über das Guthaben verfügen, um sie im Alter abzusichern. Allein der Umstand, dass die Beklagte die Sparbücher besaß, wertete das Gericht bereits als Indiz dafür, dass der Besitz willentlich durch den Erblasser begründet wurde.
Zeugenaussagen als Zünglein an der Waage
Den entscheidenden Ausschlag gaben jedoch die Zeugenaussagen. Das Gericht vernahm die Nichte des Erblassers (B. D.), deren Ehemann (F. H. D.) und einen Cousin des Erblassers (A. Sch.). Keiner dieser Zeugen hatte die ursprüngliche Schenkungs- und Abtretungsvereinbarung im Mai 2019 direkt miterlebt.
Allerdings bekundeten alle drei Zeugen übereinstimmend, dass der Erblasser ihnen gegenüber noch kurz vor seinem Tod ausdrücklich von dieser Schenkung an seine Schwester berichtet hatte:
- Die Zeugin B. D., Tochter der Beklagten, sagte aus, der Erblasser habe ihr bei einem Besuch im Pflegeheim am 29. September 2020 mitgeteilt, er habe ihrer Mutter die beiden Sparbücher geschenkt, damit sie finanziell abgesichert sei. Sie legte detaillierte, an diesem Tag gefertigte Notizen vor, die diese Aussage des Erblassers stützten. Bei einem weiteren Besuch am 16. Oktober 2020 habe der Erblasser dies in Anwesenheit ihres Mannes wiederholt. Das Gericht hielt die Zeugin für glaubwürdig und ihre Angaben sowie die Notizen für überzeugend.
- Der Zeuge F. H. D. bestätigte den Besuch am 16. Oktober 2020 und die entsprechende Äußerung des Erblassers bezüglich der Schenkung an seine Schwiegermutter.
- Der Zeuge A. Sch., Cousin des Erblassers, berichtete von einem Gespräch mit dem Erblasser etwa im Mai/Juni 2019, in dem er die geringe Rente der Beklagten thematisiert habe. Später habe ihm der Erblasser erzählt, er habe der Beklagten zwei Sparbücher geschenkt. Auch diese Aussage fand sich in den Notizen der Zeugin B. D. wieder.
Das Gericht war sich des potenziellen Eigeninteresses der Zeugen als Angehörige oder Freunde der Beklagten bewusst. Es betonte jedoch, dass dies nach gefestigter Rechtsprechung nicht automatisch dazu führe, ihre Aussagen anzuzweifeln. Der persönliche Eindruck der Zeugen und die nachvollziehbare Schilderung der emotionalen Situation des sterbenden Erblassers überzeugten das Gericht von der Wahrheit dieser Aussagen.
Formale Aspekte und ihre (fehlende) Relevanz für die Wirksamkeit
Dass bei der Bank keine schriftliche Abtretungserklärung vorlag, sah das Gericht nicht als Hinderungsgrund für eine wirksame Schenkung. Eine solche ist für die zivilrechtliche Wirksamkeit der Abtretung zwischen Schenker und Beschenktem nicht zwingend erforderlich. Auch der Umstand, dass keine Schenkungssteuer gezahlt wurde, ändert nichts an der Wirksamkeit der Schenkung selbst; dies könnte allenfalls steuerrechtliche Folgen haben.
Im Ergebnis gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass die Beklagte die Sparbücher im Mai 2019 zusammen mit einer zumindest konkludenten Abtretungserklärung vom Erblasser erhalten hatte. Die Schenkung war somit wirksam vollzogen. Der Erblasser hatte sein Eigentum an den Sparbüchern und die Inhaberschaft am Sparguthaben bereits zu Lebzeiten auf die Beklagte übertragen. Folglich fielen diese Vermögenswerte nicht in den Nachlass, und dem Testamentsvollstrecker stand kein Herausgabeanspruch zu.
Juristische Einordnung: Was dieses Urteil für ähnliche Fälle bedeutet
Das Urteil des LG Koblenz fügt sich in die bestehende Rechtsprechung zur Schenkung von Sparbüchern ein und verdeutlicht mehrere wichtige juristische Aspekte.
Das Rechtsgebiet Erbrecht und Schenkungsrecht im Fokus
Der Fall berührt Kernbereiche des Erbrechts und des Schenkungsrechts. Im Erbrecht geht es darum, wer das Vermögen (den Nachlass) einer verstorbenen Person erhält und wie dieser Übergang vonstattengeht. Ein Testamentsvollstrecker (§§ 2203, 2205 BGB) hat dabei die Aufgabe, den Nachlass zu verwalten und die Anordnungen des Erblassers auszuführen. Das Schenkungsrecht regelt unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden, wobei § 518 BGB Formvorschriften und deren Heilungsmöglichkeiten festlegt.
Relevante Paragrafen und ihre Bedeutung
Die zentralen Normen waren:
- § 518 BGB (Form des Schenkungsversprechens): Erfordert grundsätzlich Notarform, aber Heilung durch Bewirkung der Leistung.
- § 808 BGB (Sparbuch): Regelt die Legitimation durch Vorlage des Sparbuchs gegenüber der Bank. Die Übertragung der Forderung selbst richtet sich aber nach allgemeinen Regeln.
- § 398 BGB (Abtretung): Die Übertragung einer Forderung vom alten auf einen neuen Gläubiger.
- § 952 BGB (Eigentum an Schuldurkunden): Das Recht am Papier (Sparbuch) folgt dem Recht aus dem Papier (Forderung).
- § 985 BGB (Herausgabeanspruch): Den der Kläger geltend machte, der aber Eigentum des Klägers bzw. des Nachlasses voraussetzt.
Die Lehren aus dem Fall: Beweislast und Glaubwürdigkeit
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Beweislast bei behaupteten Schenkungen zu Lebzeiten. Wer sich auf eine Schenkung beruft, muss diese im Streitfall beweisen. Hier gelang es der Beklagten, das Gericht durch die konsistenten und glaubhaften Aussagen mehrerer Zeugen davon zu überzeugen, dass der Erblasser den Willen hatte, ihr die Sparbücher und das Guthaben unentgeltlich zu übertragen und dies auch durch Übergabe und Konkludente Abtretung vollzogen hat.
Es zeigt auch, dass Zeugenaussagen von Angehörigen oder Freunden nicht per se weniger Gewicht haben, sondern vom Gericht im Einzelfall auf ihre Glaubwürdigkeit hin geprüft werden. Die detaillierte und emotionale Schilderung der Umstände kann hierbei eine wichtige Rolle spielen.
Allgemeine Auswirkungen und juristischer Kontext
Dieses Urteil verdeutlicht einmal mehr die juristischen Grundsätze, die bei der Übertragung von Sparbuchguthaben durch Schenkung gelten.
Was bedeutet „konkludente Abtretung“ für Sparbücher?
Der Begriff der konkludenten Abtretung ist hier zentral. Er bedeutet, dass eine Forderungsübertragung auch ohne ausdrückliche schriftliche oder mündliche Erklärung wirksam sein kann, wenn das Verhalten der Beteiligten – hier die Übergabe des Sparbuchs mit der Intention, das Guthaben zu schenken – eindeutig auf einen entsprechenden Willen schließen lässt. Die Rechtsprechung erkennt dies seit langem an, um dem tatsächlichen Willen der Parteien gerecht zu werden, insbesondere in nicht-formalen, familiären Kontexten.
Der schmale Grat zwischen familiärer Unterstützung und juristischer Klarheit
Fälle wie dieser illustrieren oft eine typische Problematik: Innerhalb von Familien werden Vermögenswerte häufig ohne die Einhaltung strenger juristischer Förmlichkeiten übertragen. Während der Wille, einen Angehörigen zu unterstützen oder ihm etwas Gutes zu tun, im Vordergrund steht, können nach dem Tod des Schenkers erhebliche Unsicherheiten und Streitigkeiten unter den Erben entstehen. Das Urteil zeigt, dass die Gerichte auch nachträgliche Äußerungen des Erblassers gegenüber Dritten als starke Indizien für eine vollzogene Schenkung werten können. Dennoch bleibt die allgemeine juristische Erfahrung, dass eine klare Dokumentation von Schenkungen, insbesondere bei größeren Vermögenswerten, dazu beitragen kann, spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Dies ist jedoch eine allgemeine Beobachtung und keine spezifische Handlungsanweisung für Einzelfälle.
Das Urteil des LG Koblenz bestätigt die Linie der Rechtsprechung, dass der tatsächliche Wille des Erblassers, auch wenn er nicht formvollendet dokumentiert wurde, durch sorgfältige Beweiswürdigung ermittelt und berücksichtigt werden kann, um zu einer gerechten Lösung im Einzelfall zu gelangen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Analyse des Urteils zeigt, dass Sparbücher durch Übergabe zu Lebzeiten wirksam verschenkt werden können, auch wenn keine schriftlichen Abtretungserklärungen bei der Bank vorliegen. Entscheidend ist der nachweisbare Wille des Schenkenden, was im vorliegenden Fall durch konsistente Zeugenaussagen belegt wurde. Das Urteil verdeutlicht, dass informelle Vermögensübertragungen innerhalb von Familien rechtlich anerkannt werden, wenn die Schenkungsabsicht glaubhaft dargelegt werden kann. Für Erblasser und potenzielle Erben ist es wichtig zu verstehen, dass Vermögenswerte, die zu Lebzeiten verschenkt wurden, nicht mehr zum Nachlass gehören und somit nicht der Verteilung durch den Testamentsvollstrecker unterliegen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Testamentsvollstreckung und welche Rolle spielt der Testamentsvollstrecker im Erbfall?
Stellen Sie sich vor, jemand hat in seinem Testament festgelegt, wer sein Vermögen (der Nachlass) erben soll. Manchmal möchte diese Person sicherstellen, dass mit dem Erbe genau so verfahren wird, wie sie es sich vorgestellt hat. Das kann zum Beispiel wichtig sein, wenn die Erben noch sehr jung sind, wenn es viele Erben gibt und Streit droht, oder wenn komplizierte Anweisungen im Testament stehen.
Hier kommt die Testamentsvollstreckung ins Spiel. Das ist eine Anordnung der verstorbenen Person im Testament (oder Erbvertrag), dass sich eine bestimmte Person – der Testamentsvollstrecker – um den Nachlass kümmern soll.
Der Testamentsvollstrecker ist also eine Person, die vom Erblasser (der verstorbenen Person) bestimmt wurde, um nach dem Todesfall den letzten Willen umzusetzen. Er handelt im Interesse des Nachlasses und aller Erben.
Welche Aufgaben hat der Testamentsvollstrecker?
Die Hauptaufgabe des Testamentsvollstreckers ist es, den Nachlass zu verwalten und die Anordnungen im Testament zu erfüllen. Das bedeutet oft:
- Einen Überblick über das gesamte Vermögen und die Schulden des Nachlasses verschaffen.
- Den Nachlass sichern und verwalten (zum Beispiel Mieten einziehen, Rechnungen bezahlen).
- Schulden des Erblassers begleichen.
- Vermächtnisse erfüllen (also bestimmte Gegenstände oder Geldbeträge an Personen herausgeben, die nicht Erben sind, aber im Testament bedacht wurden).
- Den Nachlass unter den Erben so aufteilen, wie es im Testament steht.
Der Testamentsvollstrecker hat dafür bestimmte Befugnisse. Er kann zum Beispiel über Nachlassgegenstände verfügen (sie verkaufen, wenn nötig), um Schulden zu bezahlen oder Vermächtnisse zu erfüllen. Er vertritt den Nachlass auch nach außen, zum Beispiel gegenüber Banken, Behörden oder Gerichten.
Wichtig ist: Solange die Testamentsvollstreckung läuft, können die Erben grundsätzlich nicht selbstständig über die Nachlassgegenstände verfügen. Sie können also nicht einfach Gegenstände aus dem Nachlass nehmen oder verkaufen. Der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass für sie und ist dafür verantwortlich, ihn ordnungsgemäß abzuwickeln und dann an die Erben zu übergeben.
Der Testamentsvollstrecker ist dabei dem Willen des Erblassers verpflichtet und muss seine Aufgaben sorgfältig und unparteiisch erfüllen. Seine Tätigkeit endet in der Regel, wenn alle Anordnungen des Testaments umgesetzt und der Nachlass verteilt ist.
Unter welchen Voraussetzungen gilt eine Schenkung unter Lebenden als wirksam und was bedeutet das für den Nachlass?
Eine Schenkung unter Lebenden liegt vor, wenn jemand einem anderen freiwillig und unentgeltlich (also ohne Gegenleistung) etwas aus seinem Vermögen zuwendet und der andere diese Zuwendung annimmt. Damit eine solche Schenkung rechtlich wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Voraussetzungen für eine wirksame Schenkung
Grundsätzlich sind für eine Schenkung, wie für viele Verträge, zwei Elemente entscheidend:
- Die Einigung: Geber und Beschenkter müssen sich einig sein, dass eine unentgeltliche Zuwendung stattfinden soll. Der eine will etwas schenken, der andere will es als Schenkung annehmen.
- Die Vollziehung: Die Schenkung muss tatsächlich vollzogen werden. Das bedeutet in den meisten Fällen die Übergabe des Schenkungsgegenstandes an den Beschenkten. Stellen Sie sich vor, jemand schenkt Ihnen ein Buch – die Schenkung wird wirksam, indem Sie sich einig sind und das Buch tatsächlich übergeben wird.
Formvorschriften und ihre Besonderheit
Gibt es besondere Formvorschriften? Ja, aber mit einer wichtigen Einschränkung:
- Ein Schenkungsversprechen, das erst später erfüllt werden soll, bedarf grundsätzlich der notariellen Beurkundung. Wenn also jemand Ihnen schriftlich verspricht, Ihnen zu einem späteren Zeitpunkt ein Grundstück oder einen größeren Geldbetrag zu schenken, müsste dieses Versprechen notariell beurkundet werden, um bindend zu sein.
- Wird die versprochene Schenkung jedoch tatsächlich vollzogen, das heißt, der versprochene Gegenstand wird später übergeben oder das Eigentum daran übertragen (z.B. durch Grundbucheintrag), dann ist die Schenkung auch ohne die vorherige notarielle Beurkundung wirksam. Die tatsächliche Leistung „heilt“ sozusagen den Formmangel des ursprünglichen Versprechens. Bei sofortiger Schenkung und Übergabe (Handschenkung) gibt es keine Formvorschrift.
Auswirkung einer wirksamen Schenkung auf den Nachlass
Der Nachlass einer Person umfasst all das Vermögen und die Schulden, die diese Person im Zeitpunkt ihres Todes besitzt oder hat.
Wenn eine Schenkung wirksam unter Lebenden vollzogen wurde, das heißt, bevor der Schenker verstorben ist, gehört der verschenkte Gegenstand nicht mehr zum Vermögen des Schenkers. Er ist rechtlich und tatsächlich in das Eigentum des Beschenkten übergegangen.
Für den Nachlass bedeutet das konkret: Der Gegenstand, der wirksam verschenkt wurde, gehört zum Zeitpunkt des Todes nicht mehr zur Erbmasse des Schenkers. Er fällt also nicht in den Nachlass und steht den Erben im Rahmen der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge nicht mehr zur Verteilung zur Verfügung. Der Beschenkte behält den Gegenstand.
Welche Bedeutung hat die Übergabe eines Sparbuchs für die Übertragung der Guthabenforderung?
Die bloße physische Übergabe eines Sparbuchs von einer Person an eine andere genügt nach deutschem Recht in der Regel nicht, um das darauf verbuchte Sparguthaben rechtlich wirksam auf den Empfänger zu übertragen.
Das liegt daran, dass ein Sparbuch nicht wie Bargeld funktioniert, bei dem der Besitz die Übertragung des Eigentums bedeutet. Ein Sparbuch ist vielmehr ein Dokument, das eine Forderung verbrieft. Es bestätigt, dass derjenige, auf dessen Namen das Konto läuft, einen Anspruch auf Auszahlung des Geldes gegenüber der Bank hat.
Die Übertragung einer solchen Forderung auf eine andere Person erfordert rechtlich eine sogenannte Abtretung. Das ist eine Einigung zwischen dem bisherigen Forderungsinhaber (dem Schenker) und der Person, die die Forderung erhalten soll (dem Beschenkten). Diese Einigung muss klar zum Ausdruck bringen, dass der Anspruch auf das Geld bei der Bank endgültig vom Schenker auf den Beschenkten übergehen soll.
Das Sparbuch selbst hat jedoch eine sehr wichtige praktische Bedeutung: Es ist ein „qualifiziertes Legitimationspapier“ im Sinne von § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Das bedeutet, dass die Bank berechtigt ist, Zahlungen an denjenigen zu leisten, der ihr das Sparbuch vorlegt.
Für eine Schenkung des Sparguthabens sind daher im Regelfall beide Schritte notwendig:
- Es muss eine Einigung über die Abtretung der Guthabenforderung erfolgen (der rechtliche Akt zur Übertragung des Anspruchs).
- Das Sparbuch muss an den Beschenkten übergeben werden, damit dieser sich bei der Bank ausweisen und das Geld abheben kann.
Ohne die Einigung über die Abtretung führt die reine Übergabe des Buches nicht dazu, dass der Beschenkte der neue rechtliche Inhaber des Sparguthabens wird, auch wenn er das Buch besitzt und die Bank unter Umständen an ihn auszahlen würde. Die Übertragung des Anspruchs selbst ist das entscheidende Element für den rechtlichen Übergang des Vermögens.
Was passiert, wenn keine schriftliche Abtretungserklärung für ein Sparbuch vorliegt?
Wenn Sie eine Forderung, also zum Beispiel den Anspruch auf das Geld auf einem Sparbuch, auf jemand anderen übertragen möchten – das nennt man juristisch Abtretung – ist dafür grundsätzlich keine bestimmte Form vorgeschrieben. Das bedeutet, eine solche Übertragung kann auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln erfolgen. Eine schriftliche Erklärung ist also nicht immer zwingend erforderlich, damit die Übertragung der Forderung wirksam ist.
Allerdings hat ein Sparbuch eine Besonderheit: Das Recht, das Geld von der Bank abzuheben, ist eng mit dem Besitz des Sparbuchs verbunden. Die Bank zahlt in der Regel nur an denjenigen aus, der das Buch vorlegt. Für die Bank ist es daher wichtig, wer das Sparbuch tatsächlich in der Hand hat.
Wenn keine schriftliche Abtretungserklärung vorliegt, müssen Sie die Übertragung des Anspruchs auf das Sparguthaben und auch die Absicht, dieses Geld und das Sparbuch dauerhaft zu übergeben, auf andere Weise beweisen. Das kann zum Beispiel durch Zeugenaussagen oder durch das Verhalten der beteiligten Personen geschehen.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass eine Übertragung auch ohne Schriftstück wirksam ist und mit anderen Mitteln bewiesen werden kann. Das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung macht es aber oft deutlich schwieriger, vor Gericht oder gegenüber der Bank zweifelsfrei nachzuweisen, dass die Forderung wirklich und endgültig auf eine andere Person übertragen werden sollte und das Sparbuch in diesem Zusammenhang übergeben wurde. Ob die vorhandenen Beweise ausreichen, hängt immer sehr vom Einzelfall und den konkreten Umständen ab.
Wie werden Zeugenaussagen im Erbrecht und bei der Feststellung einer Schenkung bewertet?
Zeugenaussagen spielen in Gerichtsverfahren, auch im Erbrecht oder wenn es darum geht, ob eine Schenkung stattgefunden hat, eine wichtige Rolle. Sie sind ein Beweismittel neben Dokumenten, Gutachten oder der Anhörung der Parteien selbst. Da bei vielen Vorgängen, insbesondere bei Schenkungen unter Angehörigen, oft keine schriftlichen Beweise existieren, kann die Zeugenaussage sogar das entscheidende Beweismittel sein.
Das Gericht hat die Aufgabe, sich eine eigene Überzeugung darüber zu bilden, was tatsächlich passiert ist. Dabei prüft es alle vorliegenden Beweismittel sorgfältig. Für Zeugenaussagen bedeutet das, dass das Gericht die Aussage nicht einfach ungeprüft übernimmt, sondern sie bewertet.
Wie das Gericht Zeugenaussagen prüft
Gerichte prüfen Zeugenaussagen nach zwei Hauptkriterien:
- Glaubwürdigkeit des Zeugen: Hierbei geht es darum, ob die Person, die aussagt, vertrauenswürdig erscheint. Das Gericht achtet auf verschiedene Aspekte:
- Gibt es eine Beziehung (z.B. verwandtschaftlich oder freundschaftlich) zu einer der Parteien? Eine enge Beziehung kann Einfluss auf die Wahrheitsfindung haben, bedeutet aber nicht automatisch, dass die Aussage falsch ist.
- Wirkt der Zeuge im Gerichtssaal sicher, ruhig oder unsicher?
- Gibt es äußere Anhaltspunkte, die die Zuverlässigkeit beeinflussen könnten (z.B. Alter, Gesundheitszustand)?
- Hat der Zeuge ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens?
- Glaubhaftigkeit der Aussage: Hier prüft das Gericht den Inhalt der Aussage selbst:
- Ist die Aussage in sich widerspruchsfrei?
- Ist die Aussage detailliert genug?
- Passt die Aussage zu anderen nachgewiesenen Tatsachen oder anderen Beweismitteln?
- Wirkt die Aussage logisch und nachvollziehbar?
Das Gericht wiegt alle diese Punkte ab und entscheidet dann, inwieweit es der Aussage eines Zeugen vertraut.
Zeugenaussagen im Verhältnis zu anderen Beweismitteln
Zeugenaussagen können andere Beweismittel ergänzen oder, wenn keine anderen Beweismittel vorhanden sind, die Grundlage für die richterliche Überzeugung bilden. Sie können aber auch im Widerspruch zu anderen Beweismitteln stehen. In diesem Fall muss das Gericht klären, welchem Beweismittel es mehr Gewicht beimisst. Es gibt keine feste Rangfolge der Beweismittel; das Gericht bildet seine Überzeugung aus der Gesamtheit aller vorliegenden Beweise.
Besonderheiten bei Schenkungen, besonders unter Angehörigen
Gerade bei Schenkungen, die oft mündlich oder informell erfolgen, und besonders, wenn sie zwischen nahen Angehörigen stattfinden (z.B. Eltern schenken einem Kind Geld), fehlt es häufig an schriftlichen Belegen. Hier kommt Zeugenaussagen oft eine besondere Bedeutung zu.
Allerdings sind Gerichte bei Aussagen von Familienmitgliedern, die am Streit beteiligt sind oder sein könnten (z.B. Geschwister, die als Zeugen für die Schenkung an den Bruder aussagen), oft besonders vorsichtig. Das liegt daran, dass hier die Gefahr der Befangenheit oder des Interesses am Verfahrensausgang höher eingeschätzt wird. Das Gericht wird in solchen Fällen sehr genau prüfen, wie glaubwürdig der Zeuge ist und wie glaubhaft seine Aussage im Detail ist und ob sie durch andere Umstände (auch kleine Indizien) gestützt wird.
Es geht also immer darum, ob das Gericht nach der umfassenden Prüfung aller Umstände und Beweise, einschließlich der Zeugenaussagen, überzeugt ist, dass eine Schenkung oder ein anderer relevanter Sachverhalt stattgefunden hat.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Nachlass
Der Nachlass bezeichnet das gesamte Vermögen und die Schulden einer Person zum Zeitpunkt ihres Todes. Er umfasst alle Vermögensgegenstände, Rechte und Verpflichtungen, die der Verstorbene hinterlässt. Der Nachlass wird im Rahmen der Erbfolge auf die Erben übertragen und bildet die Grundlage für die Erbauseinandersetzung. Beispiel: Wenn jemand stirbt, schließen Immobilien, Sparguthaben, Wertgegenstände aber auch offene Rechnungen zum Zeitpunkt des Todes den Nachlass ein.
Schenkung unter Lebenden
Eine Schenkung unter Lebenden ist eine unentgeltliche und freiwillige Zuwendung von Vermögen durch eine Person an eine andere zu deren Bereicherung, ohne Gegenleistung, während der Schenker noch lebt. Sie wird wirksam, wenn Schenker und Beschenkter sich über die Schenkung einig sind und der Schenkungsgegenstand tatsächlich übergeben oder übertragen wird (§§ 516, 518 BGB). Wichtig ist, dass bei größeren oder später erfüllten Schenkungsversprechen Formvorschriften, insbesondere die notarielle Beurkundung, gelten, die jedoch durch tatsächliche Leistungserbringung geheilt werden können. Beispiel: Jemand schenkt einem Freund ein Auto und übergibt es ihm, somit gilt die Schenkung als vollzogen.
Abtretung einer Forderung
Die Abtretung ist die rechtsgeschäftliche Übertragung einer Forderung (also eines Anspruchs auf Geld oder Leistung) von einem Gläubiger (Schenker) auf einen anderen (Beschenkter), geregelt in § 398 BGB. Für die Wirksamkeit der Abtretung reicht grundsätzlich eine Einigung zwischen den Parteien, eine bestimmte Form oder schriftliche Erklärung ist meist nicht zwingend erforderlich, kann aber zweckmäßig sein. Bei Sparbüchern bedeutet dies, dass der Anspruch auf das Guthaben an der Bank auf den Beschenkten übertragen wird, was über eine Abtretung erfolgt. Beispiel: Ein Kontoinhaber überträgt seinen Anspruch auf Guthaben auf seinem Sparbuch durch eine Vereinbarung an eine andere Person.
Konkludente Abtretung
Eine konkludente Abtretung entsteht durch schlüssiges, also ausdrücklich nicht ausdrücklich erklärtes, Verhalten, das deutlich macht, dass eine Forderung übertragen werden soll. Im Fall von Sparbüchern kann die Übergabe des Sparbuchs verbunden mit der Erklärung, der Empfänger solle darüber verfügen dürfen, ausreichen, um eine Abtretung anzunehmen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und soll dem tatsächlichen Willen gerecht werden, auch wenn es keine schriftliche Abtretungserklärung gibt. Beispiel: Wenn jemand einem Verwandten das Sparbuch übergibt und sagt „Das darfst du behalten“, kann daraus eine konkludente Abtretung folgen.
Zeugenaussage im Erbrecht
Die Zeugenaussage ist eine mündliche oder schriftliche Aussage einer Person vor Gericht über Tatsachen, die für den Streitfall relevant sind. Im Erbrecht, insbesondere bei Streitigkeiten über Schenkungen zu Lebzeiten, können Zeugenaussagen eine wichtige Rolle spielen, wenn schriftliche Belege fehlen. Das Gericht prüft dabei sowohl die Glaubwürdigkeit der Zeugen (z.B. potenzielle Befangenheit) als auch die Glaubhaftigkeit der Aussage (z.B. Widerspruchsfreiheit, Detailliertheit). Beispiel: Angehörige oder Bekannte berichten vor Gericht, dass der Verstorbene ihnen gegenüber eine Schenkung bestätigt hat, was helfen kann, den Sachverhalt zu klären.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 518 BGB (Form des Schenkungsversprechens): Regelt die notarielle Beurkundung eines Schenkungsversprechens und sieht eine Heilung des Formmangels vor, wenn die Schenkung bereits vollzogen ist. Dies ermöglicht auch ohne formelle Urkunde eine wirksame Schenkung, wenn der Beschenkte die Zuwendung bereits erhalten hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht berücksichtigte, dass trotz fehlender notarieller Beurkundung die Schenkung durch die Übergabe der Sparbücher und den Besitz der Beklagten wirksam vollzogen wurde, womit der Formmangel geheilt ist.
- § 398 BGB (Abtretung einer Forderung): Bestimmt die Voraussetzungen für die Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger auf einen neuen Gläubiger durch Vereinbarung zwischen beiden Parteien. Eine schriftliche Form ist grundsätzlich nicht erforderlich; die Abtretung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Abtretung der Sparguthabenforderung an die Schwester wurde konkludent durch Übergabe des Sparbuchs und die erklärten Verfügungsrechte angenommen, sodass die Forderung wirksam überging und nicht Teil des Nachlasses ist.
- § 808 BGB (Leistung an den Inhaber eines Sparbuchs): Bestimmt, dass die Bank durch Auszahlung an den Inhaber des Sparbuchs von ihrer Verpflichtung befreit ist. Die Übertragung der Forderung selbst richtet sich jedoch nach den allgemeinen Abtretungsregeln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Sparbuch als Urkunde verschafft dem Inhaber die Verfügungsgewalt, aber zur Eigentumsübertragung des Guthabens war die Abtretung der Forderung erforderlich, die hier angenommen wurde.
- § 952 BGB (Eigentum an Schuldurkunden): Legt fest, dass das Recht an einer Schuldurkunde wie dem Sparbuch demjenigen zusteht, der auch die Forderung aus der Urkunde innehat („Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier“). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Forderung auf die Schwester übertragen wurde, fiel auch das Eigentum am Sparbuch auf sie über, was den Herausgabeanspruch des Testamentsvollstreckers ausschloss.
- § 985 BGB (Herausgabeanspruch): Regelt den Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe einer Sache von einem Besitzer, der nicht berechtigt ist. Voraussetzung ist Eigentum und ein Besitzmangel des Herausgabepflichtigen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Testamentsvollstrecker konnte den Herausgabeanspruch nicht geltend machen, da die Sparbücher und das Guthaben nicht Teil des Nachlasses und somit nicht sein Eigentum waren.
- §§ 2203, 2205 BGB (Testamentsvollstreckung): Legen die Bestellung des Testamentsvollstreckers fest und seine Aufgabe, den Nachlass nach den testamentarischen Verfügungen zu verwalten und abzugeben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Testamentsvollstrecker durfte nur Gegenstände aus dem Nachlass herausverlangen; da die Sparbücher nicht Teil des Nachlasses waren, konnte er keinen Anspruch auf deren Herausgabe durchsetzen.
Das vorliegende Urteil
LG Koblenz – Az.: 3 O 457/23 – Urteil vom 18.04.2024
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