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Kostenverteilung in Nachlasssache – Maß des Obsiegens und Unterliegens

Der Bruder des kinderlos verstorbenen Erblassers muss die Kosten eines erfolglosen Erbschaftsstreits tragen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass er mit Ausnahme der Erbscheinerteilungskosten alle Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Lebensgefährtin des Verstorbenen übernehmen muss. Grundlage für diese Entscheidung ist eine Billigkeitsabwägung, bei der das Maß des Obsiegens und Unterliegens eine wesentliche Rolle spielt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-3 Wx 52/23

✔ Kurz und knapp

  • Der Erblasser und die Beteiligten standen in keinem engen verwandtschaftlichen oder persönlichen Verhältnis.
  • Die Beteiligte zu 1. obsiegte im Wesentlichen mit ihrem Antrag auf Erteilung des Erbscheins.
  • Der Beteiligte zu 2. unterlag mit seinen Angriffen gegen den erteilten Erbschein.
  • Andere Billigkeitsgesichtspunkte für eine abweichende Kostenverteilung lagen nicht vor.
  • Es entspricht der Billigkeit, dass die Beteiligte zu 1. nur die Kosten für die Erbscheinerteilung trägt.
  • Der Beteiligte zu 2. hat als Unterlegener die übrigen Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens zu tragen.
  • Zusätzlich muss der Beteiligte zu 2. der Beteiligten zu 1. ihre notwendigen Auslagen erstatten.
  • Die Kostenverteilung für die Beweisaufnahme war nicht zu beanstanden.

Erbstreit: Kostenverteilung nach Obsiegen und Unterliegen

Erbrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, das viele rechtliche Fragen und Herausforderungen mit sich bringt. Wenn ein Mensch verstirbt, stellt sich oft die Frage, wie sein Vermögen und Besitz unter den Erben aufgeteilt werden soll. Dabei spielen nicht nur familiäre Verhältnisse, sondern auch juristische Aspekte wie Testamente, Erbscheine und Nachlassregelungen eine entscheidende Rolle.

In der Praxis kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen Erben, die um das Erbe konkurrieren. Solche Auseinandersetzungen landen oft vor Gericht, wo dann geklärt werden muss, wer letztendlich als Erbe anerkannt wird und wie die Kosten des Verfahrens zu verteilen sind. Das Maß des Obsiegens und Unterliegens ist hierbei ein wichtiger Faktor bei der gerichtlichen Kostenentscheidung.

Im Folgenden werden wir einen konkreten Gerichtsfall aus dem Erbrecht näher betrachten, in dem es um die Verteilung der Verfahrenskosten ging. Dieser Fall bietet interessante Einblicke in die juristischen Aspekte rund um Erbstreitigkeiten und die Bedeutung des Obsiegens und Unterliegens.

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✔ Der Fall vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf


Kostenverteilung in einer Nachlasssache: Streit um Erbschein

Der Fall behandelt die Frage der Kostenverteilung in einem Erbschaftsstreit zwischen der Lebensgefährtin und dem Bruder des kinderlos verstorbenen Erblassers. Der Streit drehte sich um die Erteilung eines Erbscheins und die damit verbundenen Kosten.

Hintergrund des Falls

Die Beteiligte zu 1., die Lebensgefährtin des Verstorbenen, erhielt am 16. Juni 2020 vom Amtsgericht Emmerich am Rhein einen Erbschein, der sie als testamentarisch berufene Alleinerbin ausweist. Nachdem der Bruder des Erblassers, der Beteiligte zu 2., von diesem Erbschein erfuhr, erhob er Einwände gegen dessen Rechtmäßigkeit. Auf seine Anregung hin ordnete das Amtsgericht am 26. August 2020 die Rückgabe des Erbscheins durch die Beteiligte zu 1. an.

Das Amtsgericht entschied schließlich nach Einholung eines Gutachtens und einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen, dass der Erbschein der Beteiligten zu 1. wieder auszuhändigen sei. Der Bruder des Verstorbenen scheiterte mit seinem Einwand der Testamentsfälschung.

Gerichtliche Entscheidung zur Kostenverteilung

Das Amtsgericht entschied zunächst, dass die Beteiligte zu 1. die Kosten für die Erteilung des Erbscheins tragen müsse, während der Beteiligte zu 2. die Kosten der Beweisaufnahme zu tragen habe. Beide Parteien legten gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I-3 Wx 52/23) änderte den Beschluss des Amtsgerichts dahingehend ab, dass der Beteiligte zu 2. mit Ausnahme der Kosten für die Erteilung des Erbscheins alle Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. zu tragen hat.

Gründe für die Entscheidung

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 81 Abs. 1 FamFG, der eine Billigkeitsabwägung verlangt. Es stellte klar, dass das Maß des Obsiegens und Unterliegens einen wesentlichen Aspekt der Kostenverteilung darstellt. Da der Beteiligte zu 2. mit seinen Angriffen auf den Erbschein erfolglos blieb, wurde er für die entstandenen Kosten verantwortlich gemacht.

Besondere Umstände, die eine abweichende Kostenverteilung gerechtfertigt hätten, lagen nicht vor. Der Beteiligte zu 2. hatte die Kosten der Beweisaufnahme verursacht, da sein Einwand der Testamentsfälschung den Anlass für die Beweisaufnahme darstellte. Die Beteiligte zu 1. hatte lediglich die Kosten für die Erbscheinerteilung zu tragen, da sie den Erbschein erfolgreich verteidigte.

Folgen der Entscheidung

Der Beteiligte zu 2. muss nun die gerichtlichen Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. tragen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass in Erbschaftsverfahren die Kostenverteilung stark vom Erfolg oder Misserfolg der vorgetragenen Einwände abhängt und besondere Umstände im Einzelfall berücksichtigt werden müssen.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung verdeutlicht den Grundsatz, dass bei der Kostenverteilung in Erbschaftsstreitigkeiten das Maß des Obsiegens und Unterliegens entscheidend ist. Wer erfolglos Einwände gegen einen Erbschein erhebt und dadurch zusätzliche Kosten verursacht, muss diese tragen. Die Billigkeitsabwägung nach § 81 Abs. 1 FamFG ermöglicht eine einzelfallgerechte Kostenverteilung unter Berücksichtigung besonderer Umstände. Pauschale Kostenregelungen greifen hier zu kurz.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Kostenverteilung in Erbrechtsstreit


Wer trägt die Kosten in einem Erbschaftsstreit, wenn ein Beteiligter den Erbschein erfolglos anficht?

Wenn ein Beteiligter einen Erbschein erfolglos anficht, muss er in der Regel die dadurch entstandenen Kosten tragen. Dies umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten der Gegenseite. Das Gericht hat jedoch einen Ermessensspielraum bei der Kostenverteilung und berücksichtigt dabei verschiedene Faktoren.

Das Maß des Obsiegens und Unterliegens ist ein wichtiger Gesichtspunkt, aber nicht der einzige. Das Gericht bezieht auch die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sowie die familiäre und persönliche Nähe zwischen den Verfahrensbeteiligten in seine Entscheidung ein.

Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), der feststellte, dass das Maß des Obsiegens und Unterliegens im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG nur einer von mehreren Gesichtspunkten ist, die in die Ermessensentscheidung einfließen. Das bedeutet, dass selbst wenn ein Beteiligter den Erbschein erfolglos anficht, das Gericht unter bestimmten Umständen die Kosten teilweise oder vollständig auf andere Beteiligte verteilen kann.

In der Praxis bedeutet dies, dass derjenige, der den Erbschein erfolglos anficht, in der Regel die Kosten tragen muss, es sei denn, das Gericht entscheidet aufgrund besonderer Umstände anders.

Nach welchen Kriterien entscheidet das Gericht über die Kostenverteilung in Erbschaftsverfahren?

Die Kostenverteilung in Erbschaftsverfahren richtet sich nach § 81 Abs. 1 FamFG. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Das bedeutet, dass das Gericht einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung hat, wer am Ende die Kosten zu tragen hat.

Bei der Billigkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei das Maß des Obsiegens und Unterliegens. Dieser Aspekt hat gerade in streitigen Antragsverfahren besonderes Gewicht. Wer also mit seinem Antrag oder Rechtsmittel keinen Erfolg hat, muss damit rechnen, die Kosten ganz oder teilweise tragen zu müssen.

Allerdings ist das Maß des Obsiegens und Unterliegens nicht der einzige relevante Faktor. Das Gericht bezieht in seine Ermessensentscheidung auch weitere Umstände ein, wie etwa die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sowie die familiäre und persönliche Nähe zwischen Erblasser und Verfahrensbeteiligten.

Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung des BGH, wonach das Maß des Obsiegens und Unterliegens im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG nur einer von mehreren Gesichtspunkten ist, die in die Ermessensentscheidung einfließen. Daher kann das Gericht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände die Kosten auch dann teilweise oder vollständig einem obsiegenden Beteiligten auferlegen, wenn dies aufgrund besonderer Umstände angemessen erscheint.

Welche Kosten fallen typischerweise in einem Erbschaftsstreit an und wer muss diese zunächst auslegen?

In einem Erbschaftsstreit fallen typischerweise verschiedene Arten von Kosten an, die zunächst von den Beteiligten ausgelegt werden müssen. Erst am Ende des Verfahrens entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die endgültige Verteilung der Kosten.

Gerichtskosten sind ein wesentlicher Kostenfaktor. Sie richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und hängen vom Streitwert ab, also vom Wert des Nachlasses oder des strittigen Erbteils. Je höher der Streitwert, desto höher fallen die Gerichtskosten aus. Bei einem Streitwert von 250.000 Euro betragen die Gerichtskosten für ein erstinstanzliches Urteil beispielsweise 2.364 Euro.

Häufig ist in Erbschaftsstreitigkeiten auch ein Gutachten erforderlich, um den Wert von Nachlassgegenständen wie Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen zu ermitteln. Die Kosten für ein Gutachten trägt zunächst derjenige, der es in Auftrag gibt, in der Regel also der Erbe. Sie können schnell mehrere tausend Euro betragen. Ein Wertgutachten für ein Einfamilienhaus kostet beispielsweise zwischen 1.000 und 2.500 Euro.

Daneben entstehen außergerichtliche Kosten, insbesondere für die anwaltliche Vertretung. Die Anwaltsgebühren richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und hängen ebenfalls vom Streitwert ab. Sie setzen sich aus der Verfahrensgebühr, der Terminsgebühr und gegebenenfalls einer Einigungsgebühr zusammen. Bei einem Streitwert von 250.000 Euro fallen für ein erstinstanzliches Urteil Anwaltskosten von etwa 6.726 Euro an.

Ein Beispiel verdeutlicht die Größenordnung der Kosten: Streiten die Erben über einen Nachlass im Wert von 500.000 Euro und ist ein Gutachten erforderlich, können schnell Gesamtkosten von über 20.000 Euro entstehen – und zwar für jede Partei. Diese Kosten müssen die Beteiligten zunächst selbst tragen und vorschießen. Erst am Ende des Verfahrens verteilt das Gericht die Kosten nach billigem Ermessen, wobei das Maß des Obsiegens und Unterliegens ein wesentlicher, aber nicht der einzige Gesichtspunkt ist.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 81 FamFG: Dieser Paragraph regelt die Kostenverteilung in Familiensachen, einschließlich Erbschaftsstreitigkeiten. Das Gericht entscheidet nach billigem Ermessen darüber, wer die Kosten zu tragen hat.
  • Maß des Obsiegens und Unterliegens: Dieser Grundsatz spielt in § 81 FamFG eine wichtige Rolle, besagt, dass die Partei, die im Rechtsstreit unterliegt, in der Regel die Kosten des Verfahrens tragen muss.
  • Billigkeit: Dieser unbestimmte Rechtsbegriff bedeutet, dass die Kostenverteilung gerecht und angemessen sein soll. Das Gericht berücksichtigt dabei alle relevanten Umstände des Falls, um zu entscheiden, wie die Kosten verteilt werden.
  • § 84 FamFG: Dieser Paragraph regelt Ergänzend zu § 81 FamFG die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren.
  • § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG: Dieser Paragraph regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde, also die Anfechtung einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes, zulässig ist.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 52/23 – Beschluss vom 30.05.2023

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Emmerich am Rhein vom 1. Februar 2022 im Kostenausspruch abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Die Beteiligte zu 1. hat die gerichtlichen Kosten für die Erteilung des von ihr beantragten Erbscheins zu tragen. Im Übrigen fallen die gerichtlichen Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens einschließlich der Kosten der durchgeführten Beweisaufnahme dem Beteiligten zu 2. zur Last. Dieser hat darüber hinaus der Beteiligten zu 1. die ihr im amtsgerichtlichen Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

II. Die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2. wird zurückgewiesen.

III. Der Beteiligte zu 2. hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Beteiligten zu 1. die ihr in der Beschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Auslagen zu ersetzen.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

V. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren entspricht der Summe der im amtsgerichtlichen Verfahren entstandenen gerichtlichen Kosten (einschließlich der Kosten der Beweiserhebung, aber mit Ausnahme der Gebühr für die Erteilung des Erbscheins) und dem Betrag der notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 1. vor dem Amtsgericht. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. entfällt ein Teilbetrag in Höhe der ihr im amtsgerichtlichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten und der gerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beweiserhebung und der Gebühr für die Erteilung des Erbscheins; auf die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2. entfällt ein Teilbetrag in Höhe der Kosten der Beweisaufnahme.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat der Beteiligten zu 1., die die Lebensgefährtin des kinderlos verstorbenen Erblassers war, am 16. Juni 2020 antragsgemäß einen Erbschein als testamentarisch berufene Alleinerbin erteilt.

Nachdem die Existenz des Beteiligten zu 2., dem Bruder des Erblassers, bekannt geworden war, hat das Amtsgericht auf dessen Anregung hin der Beteiligten zu 1. mit Beschluss vom 26. August 2020 im Wege der einstweiligen Anordnung die Rückgabe des Erbscheins aufgegeben. Die Beteiligte zu 1. ist dem gerichtlichen Gebot nachgekommen. Einer „Anregung“ des Beteiligten zu 2., im Wege der einstweiligen Anordnung zugunsten des Beteiligten zu 1. einen Widerspruch gegen das Eigentum der Beteiligten zu 1. einzutragen, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 2021 nicht entsprochen.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 1. Februar 2022 hat das Amtsgericht nach Einholung eines Schriftgutachtens und anschließender mündlicher Anhörung des gerichtlich bestellten Sachverständigen die einstweilige Anordnung vom 26. August 2020 aufgehoben und ausgesprochen, dass der Erbschein an die Beteiligte zu 1. auszuhändigen ist. Der Beschluss ist im Hauptausspruch rechtskräftig geworden.

Mit Beschwerde und Anschlussbeschwerde wenden sich die Beteiligten gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts. Dieses hat die Kosten der Beweisaufnahme dem Beteiligten zu 2. auferlegt und die Beteiligte zu 1. mit allen anderen Gerichtskosten belastet. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten hat das Amtsgericht nicht angeordnet. Die Beteiligte zu 1. ist der Ansicht, lediglich die Kosten für die Erteilung des Erbscheins übernehmen zu müssen und von dem Beteiligten zu 2. die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten beanspruchen zu können. Der Beteiligte zu 2. meint, die Beteiligte zu 1. habe auch die Kosten der Beweisaufnahme zu tragen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde und der Anschlussbeschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Nachlassakte und die im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat Erfolg und führt zur Abänderung der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung dahin, dass der Beteiligte zu 2. mit Ausnahme der Kosten für die Erteilung des Erbscheins alle Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens zu tragen sowie der Beteiligten zu 1. ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten vor dem Amtsgericht zu erstatten hat. Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht demgegenüber dem Beteiligten zu 2. die Kosten der durchgeführten Beweisaufnahme auferlegt, weshalb seine dagegen gerichtete Anschlussbeschwerde erfolglos bleibt.

A. Das Amtsgericht hat seiner Kostenentscheidung zutreffend § 81 Abs. 1 FamFG zugrunde gelegt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.

1. § 81 FamFG normiert kein Regel-Ausnahme-Verhältnis dahin, dass die Nichter-stattung die Regel, die Kostenerstattung die Ausnahme darstellt. Die Norm knüpft die Anordnung der Kostenerstattung vielmehr allgemein an das Ergebnis einer stets erforderlichen Billigkeitsabwägung im Einzelfall. Um einem Beteiligten die Kosten auferlegen zu können, ist es nicht erforderlich, dass Umstände vorliegen, die nach Art und Bedeutung den Regelbeispielen des § 81 Abs. 2 FamFG gleichkommen. Ebenso wenig lässt sich dem Gesetz entnehmen, dass die Kostenverteilung regelmäßig nach dem Maß des Obsiegens und Unterliegens zu erfolgen hätte. Das Maß des Obsiegens oder Unterliegens stellt im Rahmen der Kostenentscheidung allerdings einen von mehreren Gesichtspunkten dar, der in die Ermessensentscheidung gem. § 81 Abs. 1 FamFG eingestellt werden kann (vgl. BGH NJW-RR 2016, 200-202). Daneben können die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bestehende familiäre und persönliche Nähe zwischen dem Erblasser und den Verfahrensbeteiligten oder zwischen den Verfahrensbeteiligten untereinander bedeutsam sein. Überdies wird im Allgemeinen von Belang sein, ob der Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten begehrende Verfahrensbeteiligte ein erhebliches Interesse am Ausgang des Verfahrens besitzt und ob er durch seinen Sachvortrag die gerichtliche Entscheidung maßgeblich gefördert hat.

Die vom Amtsgericht nach § 81 Abs. 1 FamFG getroffene Kostenentscheidung ist nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Beschwerdegericht zugänglich. Diese beschränkt sich grundsätzlich auf die Frage, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen („kann … auferlegen“) fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Sinn des Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein erstinstanzlich fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Die erstinstanzliche Entscheidung wird daher vom Beschwerdegericht nur auf Ermessensfehler in Form eines Ermessensnichtgebrauchs, eines Ermessensfehlgebrauchs oder einer Ermessensüberschreitung überprüft. Nur dann, wenn das Amtsgericht sein Entscheidungsermessen fehlerhaft ausgeübt hat, ist das Beschwerdegericht berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen (zu Allem: Senat, Beschluss vom 31.1.2023, I-3 Wx 25/22).

B. Nach diesen Grundsätzen erweist sich alleine die zum Nachteil der Beteiligten zu 1. getroffene Kostenentscheidung als ermessensfehlerhaft. Richtigerweise entspricht es der Billigkeit, die Beteiligte zu 1. alleine mit den Kosten für die Erteilung des beantragten Erbscheins zu belasten und ihr eine Erstattung ihrer notwendigen Auslagen im amtsgerichtlichen Verfahren zuzubilligen.

1. Die angegriffene Kostenentscheidung weist einen Ermessensfehler auf, soweit das Amtsgericht zum Nachteil der Beteiligten zu 1. über die gerichtlichen Kosten erster Instanz entschieden und der Beteiligten zu 1. eine Erstattung ihrer im amtsgerichtlichen Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen versagt hat. Denn es ist schon nicht zu festzustellen, dass das Amtsgericht das ihm zustehende Entscheidungsermessen erkannt und welche Erwägungen es seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Weder die angefochtene Entscheidung noch der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts enthalten Ausführungen zu der Verteilung der jenseits der Beweisaufnahmekosten angefallenen gerichtlichen Kosten sowie zur Versagung einer Erstattung der Anwaltskosten. Begründet hat das Amtsgericht alleine seine Entscheidung, dem Beteiligten zu 2. die Kosten der Beweiserhebung aufzuerlegen. Infolge dessen hat der Senat die ohne Begründung gebliebene Kostenentscheidung selbst zu treffen.

Keiner sachlichen Überprüfung durch den Senat unterliegt demgegenüber die amtsgerichtliche Entscheidung über die Kosten der Beweisaufnahme. Denn insoweit hat das Amtsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe sein von § 81 Abs. 1 FamFG eingeräumtes Ermessen erkannt und es unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte vertretbar dahin ausgeübt, den Beteiligten zu 2. mit jenen gerichtlichen Kosten zu belasten. Das Amtsgericht hat mit Recht entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass der Beteiligte zu 2. die in Rede stehenden Kosten durch den Einwand der Testamentsfälschung veranlasst hat und er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit seinem Angriffsmittel erfolglos geblieben ist. Der Umstand, dass die Begründung der angefochtenen Kostenentscheidung keine Ausführungen zu der Tatsache enthält, dass die Beteiligte zu 1. mit ihrem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins eine nicht hinwegzudenkende Bedingung für die Entstehung der Beweisaufnahmekosten gesetzt hat, begründet – entgegen der Ansicht der Anschlussbeschwerde – keinen Rechtsfehler der Kostenentscheidung. Veranlasst wurden die Sachverständigenkosten nämlich nicht durch den Erbscheinantrag der Beteiligten zu 1., sondern alleine durch den vom Beteiligten zu 2. erhobenen Einwand der Testamentsfälschung. Alleine auf diese Veranlassung der Kosten kommt es im Rahmen der nach § 81 FamFG zu treffenden Billigkeitsentscheidung an. Der mit der Anschlussbeschwerde angegriffene Kostenausspruch des Amtsgerichts zu den Beweisaufnahmekosten ist somit (ermessens-)fehlerfrei und hat Bestand.

2. Neu zu treffen ist die Kostenentscheidung des Amtsgerichts, soweit sie zum Nachteil der Beteiligten zu 1. ausgefallen ist.

a) Insoweit hat die Beschwerde in vollem Umfang Erfolg. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beteiligte zu 2. mit Ausnahme der Kosten für die Erbscheinerteilung alle erstinstanzlichen Gerichtskosten zu tragen sowie der Beteiligten zu 1. die ihr im amtsgerichtlichen Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten hat. Die Kostentragungs- und Erstattungspflicht umfasst dabei auch das mit Beschluss vom 27. Oktober 2021 zurückgewiesene Begehren auf Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch.

b) Für die Kostentragungspflicht des Beteiligten zu 2. spricht, dass er mit seinen Angriffen gegen den erteilten Erbschein erfolglos geblieben ist.

Auch wenn das Maß des Obsiegens und Unterliegens im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – anders als nach §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO im Zivilprozess – nicht der allein ausschlaggebende Aspekt für die Kostenverteilung ist, kommt ihm doch ein erhebliches Gewicht zu. Denn es entspricht allgemeinem Gerechtigkeitsempfinden und folglich auch der Billigkeit, den Ausgang des Verfahrens maßgeblich in die Entscheidung über die Verteilung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten einfließen zu lassen. Liegen aussagekräftige weitere Billigkeitsgesichtspunkte (wie beispielsweise die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bestehende familiäre und persönliche Nähe zwischen dem Erblasser und den Verfahrensbeteiligten oder zwischen den Verfahrensbeteiligten untereinander) vor, kann nach den konkreten Umständen des Falles eine vom Verfahrensausgang abweichende Kostenverteilung gerechtfertigt sein. Ebenso kann es der Billigkeit entsprechen, die Kosten einer Beweiserhebung, die nicht durch ein Angriffs- oder Verteidigungsvorbringen einer der Verfahrensbeteiligten veranlasst worden ist, abweichend vom Ausgang des Streitverfahrens zu verteilen, sie beispielsweise den Verfahrensbeteiligten zu gleichen Teilen aufzuerlegen. Andererseits bestimmt der Ausgang des Verfahrens im Ergebnis den Inhalt der Kostenentscheidung, wenn andere Billigkeitsgesichtspunkte fehlen oder solche zwar vorhanden sind, sie aber in ihrer kostenrechtlichen Relevanz deutlich in den Hintergrund treten. In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits entschieden, dass es im Allgemeinen nur bei einem engen verwandtschaftlichen Verhältnis, wie es zwischen Verwandten gerader Linie besteht, sowie bei einem engen persönlichen Verhältnis zwischen den Verfahrensbeteiligten angezeigt sein kann, maßgeblich wegen dieser Nähebeziehung eine ansonsten in Betracht kommende Kostenerstattungspflicht des unterlegenen Beteiligten abzulehnen, und dass ein zerrüttetes Verwandtschafts-verhältnis es nicht rechtfertigt, dem obsiegenden Verfahrensbeteiligten eine Kosten-erstattung zu versagen (Senat, Beschluss vom 31.1.2023, I-3 Wx 25/22).

Im Entscheidungsfall liegen Umstände, die eine vom Verfahrensausgang abweichende Kostenverteilung rechtfertigen können, nicht vor. Sie werden vom Beteiligten zu 2. auch nicht aufgezeigt. Zutreffend ist vielmehr die Einschätzung der Beteiligten zu 1., dass sie einen begründeten Erbscheinantrag gestellt und diesen erfolgreich gegen die – teils substanzlosen, teils unberechtigten – Angriffe des Beteiligten zu 2. verteidigt hat. Unter diesen Umständen entspricht nur eine Entscheidung der Billigkeit: Der Beteiligte zu 2. hat die gerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen und der Beteiligten zu 1. ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

III.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 84, 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Es entspricht aus den oben dargelegten Erwägungen der Billigkeit, den Beteiligten zu 2. als unterlegene Partei mit den Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der in der Beschwerdeinstanz angefallenen notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 1. zu belasten.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG) liegen nicht vor.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren orientiert sich an dem von den Beschwerdeführern verfolgten wirtschaftlichen Interesse.

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