Skip to content

Nachlasspflegervergütung bei nicht mittellosem Nachlass

Im Kampf um die gerechte Entlohnung: Eine Nachlasspflegerin zieht vor Gericht, um ihren Stundensatz durchzusetzen. Doch die Richter sehen das anders und bestätigen einen niedrigeren Lohn – ein Urteil, das die Frage aufwirft: Was ist die Arbeit eines Nachlasspflegers wirklich wert?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 W 20/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Celle
  • Datum: 17.02.2025
  • Aktenzeichen: 6 W 20/25
  • Verfahrensart: Beschwerde
  • Rechtsbereiche: Vergütungsrecht für Nachlasspfleger
  • Beteiligte Parteien:
    • Beteiligte zu 1: Eine ausgebildete Hotelfach- und Immobilienkauffrau, die vom Amtsgericht als Nachlasspflegerin bestellt wurde. Sie strebt eine Erhöhung ihres Stundensatzes von 90 € auf 110 € für den Zeitraum vom 16. Januar 2024 bis zum 20. Juni 2024 an.
    • Amtsgericht: Hat die Beteiligte zu 1 als Nachlasspflegerin bestellt und ihren Stundensatz auf 90 € festgesetzt.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die Beteiligte zu 1 wurde als Nachlasspflegerin bestellt und beantragte eine Erhöhung ihres Stundensatzes.
    • Kern des Rechtsstreits: Ist eine Erhöhung des Stundensatzes für die Nachlasspflegerin von 90 € auf 110 € angemessen?
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wurde zurückgewiesen. Es wurde keine Erhöhung des Stundensatzes über die bereits festgesetzten 90 € pro Stunde hinaus zugesprochen.

Der Fall vor Gericht


Streit um die Vergütung einer Nachlasspflegerin: OLG Celle weist Beschwerde zurück

Probateverwalterin liest besorgt gerichtliche Mitteilung über umstrittenen Stundensatz am Schreibtisch.
Vergütung von Nachlasspflegern in nicht mittellosen Nachlässen | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in einem Beschluss vom 17. Februar 2025 (Az.: 6 W 20/25) über die Beschwerde einer Nachlasspflegerin gegen die Festsetzung ihrer Vergütung entschieden. Im Kern ging es um die Frage, ob der von ihr geforderte Stundensatz von 110 Euro angemessen ist oder ob die vom Amtsgericht zuvor bewilligten 90 Euro pro Stunde korrekt waren. Das OLG Celle wies die Beschwerde der Nachlasspflegerin zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Amtsgerichts.

Hintergrund des Falls: Bestellung einer Nachlasspflegerin

Das Amtsgericht hatte die Beteiligte zu 1, eine ausgebildete Hotelfach- und Immobilienkauffrau, im Januar 2024 als Nachlasspflegerin bestellt. Ihre Aufgaben umfassten die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Nachlass. Die Nachlasspflegerin reichte für ihre Tätigkeit im Zeitraum vom 16. Januar 2024 bis zum 20. Juni 2024 eine Rechnung ein, in der sie einen Stundensatz von 110 Euro veranschlagte.

Entscheidung des Amtsgerichts und die Beschwerde der Nachlasspflegerin

Das Amtsgericht setzte die Vergütung der Nachlasspflegerin jedoch mit einem Stundensatz von 90 Euro fest. Dagegen legte die Nachlasspflegerin Beschwerde ein und forderte weiterhin den höheren Stundensatz von 110 Euro. Sie argumentierte, dass dieser Stundensatz angemessen sei und ihren Aufwand sowie ihre Fachkenntnisse berücksichtige. Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab, sodass der Fall vor dem OLG Celle landete.

Begründung des OLG Celle: Individuelle Stundensatzfestsetzung statt fester Beträge

Das OLG Celle wies die Beschwerde der Nachlasspflegerin als unbegründet zurück. In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass es für die Vergütung von Nachlasspflegern in nicht mittellosen Nachlässen keine festen Stundensätze gibt. Die Höhe des Stundensatzes richte sich vielmehr nach § 1888 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und sei individuell zu bestimmen.

Maßgebliche Kriterien für die Stundensatzhöhe nach § 1888 Abs. 2 BGB

Gemäß § 1888 Abs. 2 BGB sind für die Festsetzung des Stundensatzes zwei Kriterien ausschlaggebend:

  1. Die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse der Nachlasspflegerin: Hierbei werden die beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen der Nachlasspflegerin berücksichtigt.
  2. Der Umfang und die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte: Dieser Punkt bezieht sich auf die Komplexität und den Arbeitsaufwand der konkreten Nachlasspflegschaft.

Das OLG Celle betonte, dass diese Kriterien abschließend sind und die Grundlage für die individuelle Stundensatzfestsetzung bilden.

Ablehnung fester Stundensätze und „Vergütungslisten“ der Amtsgerichte

Das Gericht wies die Annahme der Nachlasspflegerin zurück, dass es für nicht mittellose Nachlässe feste Stundensätze gebe. Es stellte fest, dass auch die Bezugnahme auf § 3 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG), welcher Stundensätze für mittellose Nachlässe regelt, keine festen Sätze für nicht mittellose Nachlässe ableitet. § 3 VBVG dient lediglich als Orientierungshilfe.

Das OLG Celle äußerte sich auch kritisch zu sogenannten „Vergütungslisten“ oder Zusagen von Amtsgerichten bezüglich fester Stundensätze. Solche Listen oder Zusagen seien nicht bindend und begründen keine Ansprüche für Nachlasspfleger. Sie könnten zwar für eine einheitliche Praxis sinnvoll sein, die individuelle Festsetzung des Stundensatzes nach § 1888 Abs. 2 BGB ersetzen sie jedoch nicht.

Orientierung an § 3 VBVG und Ablehnung überhöhter Stundensätze

Das OLG Celle bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine Anlehnung an die Struktur des § 3 VBVG sinnvoll ist. Dies bedeute, dass der Stundensatz, den der Gesetzgeber für mittellose Nachlässe (und selbst für Rechtsanwälte oder Akademiker) als angemessen erachtet (bis zu 39 Euro), im Regelfall nicht mehr als verdoppelt werden könne. Eine weitere Erhöhung sei nur in Ausnahmefällen besonderer Schwierigkeit denkbar, ähnlich wie es § 3 Abs. 3 Satz 1 VBVG vorsieht.

Im vorliegenden Fall sah das OLG Celle keine besonderen Umstände, die einen höheren Stundensatz als 90 Euro rechtfertigen würden. Der von der Beschwerdeführerin angeführte erhöhte Aufwand sei nicht ausreichend, um die vom Amtsgericht vorgenommene Festsetzung zu übersteigen. Somit blieb es bei dem Stundensatz von 90 Euro.

Bedeutung des Urteils für Betroffene: Klarheit über Vergütungsregelungen

Das Urteil des OLG Celle schafft Klarheit über die Vergütung von Nachlasspflegern in nicht mittellosen Nachlässen. Es verdeutlicht, dass es keine festen Stundensätze gibt und die Vergütung individuell nach den Kriterien des § 1888 Abs. 2 BGB festgesetzt wird.

Für Nachlasspfleger bedeutet dies, dass sie bei der Abrechnung ihrer Tätigkeit einen angemessenen Stundensatz fordern können, der ihre Fachkenntnisse und den Umfang sowie die Schwierigkeit des Falls berücksichtigt. Sie sollten sich jedoch nicht auf feste Stundensätze oder „Vergütungslisten“ der Amtsgerichte verlassen, da diese rechtlich nicht bindend sind. Es ist ratsam, die Vergütungsforderung transparent und nachvollziehbar zu begründen, um eine angemessene Festsetzung zu erreichen.

Für Erben und Nachlassgläubiger ist die Entscheidung des OLG Celle relevant, da sie sicherstellt, dass die Vergütung von Nachlasspflegern angemessen und verhältnismäßig bleibt. Die individuelle Festsetzung des Stundensatzes verhindert überhöhte Vergütungsforderungen und schützt den Nachlass vor unnötigen Kosten. Das Urteil stärkt somit die Rechtssicherheit und Transparenz im Bereich der Nachlasspflegschaft.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass bei nicht mittellosen Nachlässen die Vergütung eines Nachlasspflegers individuell nach dessen Fachkenntnissen sowie dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte festgesetzt wird. Es gibt keine festen Stundensätze für Nachlasspfleger bei nicht mittellosen Nachlässen, und Amtsgerichte dürfen keine verbindlichen Vorabzusagen zu Stundensätzen machen. Für die Praxis bedeutet dies, dass Nachlasspfleger ihre Vergütung nicht pauschal bestimmen können und dass im Gegensatz zur Vergütung bei mittellosen Nachlässen (wo gesetzlich festgelegte Sätze gelten) die Höhe individuell vom Gericht festgelegt wird.


Hinweise und Tipps

Praxistipps für Nachlasspfleger zum Thema Stundensatzfestsetzung

Die Festsetzung des Stundensatzes für Nachlasspfleger ist ein wesentlicher Aspekt ihrer Vergütung. Das Gericht entscheidet über die angemessene Höhe, wobei Qualifikation und der Umfang der Tätigkeit berücksichtigt werden. Dieser Artikel beleuchtet wichtige Punkte, die Nachlasspfleger beachten sollten, um eine faire Vergütung zu erhalten.

⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.

Tipp 1: Stundensatz von Anfang an begründen

Legen Sie bereits im Antrag auf Festsetzung des Stundensatzes dar, warum Sie den von Ihnen geforderten Satz für angemessen halten. Beziehen Sie sich dabei auf Ihre spezifischen Qualifikationen, Ihre Berufserfahrung und die Komplexität des zu erwartenden Nachlasses. Je detaillierter und nachvollziehbarer Ihre Begründung ist, desto besser sind Ihre Chancen auf eine entsprechende Festsetzung.

Beispiel: Verweisen Sie auf Ihre Ausbildung als Immobilienkauffrau, wenn ein wesentlicher Teil des Nachlasses aus Immobilien besteht. Heben Sie Erfahrungen in der Vermögensverwaltung hervor, falls umfangreiche Finanzanlagen zu betreuen sind.

⚠️ ACHTUNG: Ein pauschal geforderter hoher Stundensatz ohne nachvollziehbare Begründung wird vom Gericht eher kritisch gesehen und möglicherweise reduziert.


Tipp 2: Tätigkeitsnachweise sorgfältig dokumentieren

Führen Sie detaillierte Aufzeichnungen über Ihre erbrachten Tätigkeiten und den dafür aufgewendeten Zeitaufwand. Diese Tätigkeitsnachweise sind die Grundlage für die Abrechnung Ihrer Vergütung und sollten präzise und nachvollziehbar sein. Listen Sie Datum, Art der Tätigkeit und die dafür benötigte Zeit auf.

Beispiel: Notieren Sie beispielsweise: „08.03.2024, Sichtung und Bewertung von Bankunterlagen, 2,5 Stunden“ oder „15.04.2024, Besichtigung der Immobilie in Musterstraße 12, 1 Stunde zzgl. Fahrtzeit 0,5 Stunden“.

⚠️ ACHTUNG: Vage oder pauschale Zeitangaben („diverse Korrespondenz“, „allgemeine Büroarbeiten“) ohne konkreten Bezug zu den Nachlassangelegenheiten können zu Kürzungen führen.


Tipp 3: Vergütungsantrag fristgerecht stellen

Beachten Sie die Fristen für die Geltendmachung Ihrer Vergütung. In der Regel ist die Vergütung nach Beendigung der Nachlasspflegschaft und Rechnungslegung beim Gericht zu beantragen. Informieren Sie sich rechtzeitig über die konkreten Fristen bei dem zuständigen Nachlassgericht, um keine Ansprüche zu verlieren.

⚠️ ACHTUNG: Versäumen Sie die Antragsfrist, kann Ihr Vergütungsanspruch verfallen.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

Gerichte prüfen die Angemessenheit des Stundensatzes im Einzelfall und orientieren sich dabei auch an regional üblichen Sätzen für vergleichbare Tätigkeiten. Es besteht kein Anspruch auf den maximal möglichen Stundensatz. Die gerichtliche Festsetzung kann niedriger ausfallen als der beantragte Satz, insbesondere wenn das Gericht die Begründung als nicht ausreichend oder den geforderten Satz als überhöht ansieht. Es ist ratsam, sich vorab über die übliche Vergütungspraxis in der Region zu informieren.

Checkliste: Stundensatzfestsetzung

  • Stundensatz im Antrag detailliert und nachvollziehbar begründet?
  • Qualifikationen und Berufserfahrung im Antrag hervorgehoben?
  • Detaillierte Tätigkeitsnachweise geführt und aufbewahrt?
  • Vergütungsantrag fristgerecht beim Nachlassgericht eingereicht?

Benötigen Sie Hilfe?

Klarheit bei der Vergütung in der Nachlasspflegschaft

Die Praxis der individuellen Stundensatzfestlegung bei Nachlasspflegern zeigt, wie komplex die Abrechnung in der Nachlasspflegschaft sein kann. Besonders in Fällen, in denen keine festen Sätze maßgeblich sind, kommt es auf die präzise Bewertung der erbrachten Leistungen und den spezifischen Aufwand an. Eine differenzierte Einschätzung der Umstände und der jeweiligen fachlichen Qualifikationen ist daher unerlässlich, um eine angemessene Vergütung sicherzustellen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Situation fundiert zu analysieren und die sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten präzise zu erörtern. Mit einem sachlichen Blick auf die individuelle Konstellation und unter Berücksichtigung relevanter Kriterien helfen wir Ihnen, eine verlässliche rechtliche Einschätzung zu erhalten. Erfahren Sie, wie eine gezielte Beratung Ihre Anliegen in diesem komplexen Rechtsgebiet nachhaltig voranbringen kann.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie wird die Vergütung eines Nachlasspflegers in einem nicht mittellosen Nachlass grundsätzlich berechnet?

Die Vergütung eines Nachlasspflegers in einem nicht mittellosen Nachlass wird grundsätzlich nach den Fachkenntnissen des Pflegers und der Komplexität des Falls berechnet. Es gibt keine festen Sätze, sondern die Vergütung richtet sich nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Kenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaft.

Berechnung der Vergütung

  • Stundensatz: Die Höhe des Stundensatzes hängt von den Fachkenntnissen des Nachlasspflegers ab. In der Praxis werden oft Stundensätze zwischen 80 € und 130 € angesetzt, abhängig von der Schwierigkeit des Falls und den nutzbaren Kenntnissen des Pflegers.
  • Zeitaufwand: Die Vergütung wird auf Basis des tatsächlich aufgewandten Zeitaufwands berechnet. Der Nachlasspfleger muss die aufgewandte Zeit genau dokumentieren, um eine korrekte Berechnung zu ermöglichen.
  • Rechtliche Grundlagen: Die Vergütung richtet sich nach § 1915 BGB in Verbindung mit den Vorschriften des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG), wobei für nicht mittellose Nachlässe die spezifischen Regelungen des VBVG nicht direkt anwendbar sind.

Praktische Bedeutung

Für Sie bedeutet das, dass die Vergütung eines Nachlasspflegers in einem nicht mittellosen Nachlass individuell berechnet wird. Die Kosten werden in der Regel aus dem Nachlass beglichen, was bedeutet, dass die Erben oder der Nachlass selbst für die Zahlung verantwortlich sind. Die genaue Höhe der Vergütung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


zurück

Welche Rolle spielen die Qualifikation und Erfahrung des Nachlasspflegers bei der Festlegung der Vergütung?

Die Qualifikation und Erfahrung eines Nachlasspflegers spielen eine entscheidende Rolle bei der Festlegung seiner Vergütung. Ein Nachlasspfleger mit höherer Qualifikation, wie beispielsweise einem Rechtsanwalt oder Steuerberater, kann in der Regel einen höheren Stundensatz geltend machen als jemand ohne spezielle Fachkenntnisse. Dies liegt daran, dass die Fachkenntnisse des Nachlasspflegers direkt mit der Komplexität und dem Umfang der Pflegschaft zusammenhängen. Je komplexer der Nachlass und je höher die Anforderungen an die Verwaltung, desto eher kann ein höherer Stundensatz gerechtfertigt werden.

Ein Nachlasspfleger mit langjähriger Erfahrung in der Nachlassverwaltung kann ebenfalls einen höheren Stundensatz beanspruchen, da seine Erfahrung oft mit einer besseren Handhabung komplexer Fälle verbunden ist. Die Gerichte berücksichtigen bei der Festsetzung der Vergütung, ob der angesetzte Stundensatz und der geltend gemachte Zeitaufwand angemessen sind, indem sie die Fachkenntnisse, den Umfang und die Schwierigkeit der Pflegschaft bewerten.

In der Praxis können Stundensätze für Nachlasspfleger je nach Qualifikation und Fallumständen variieren. Während es keine festen gesetzlichen Sätze gibt, können erfahrene Nachlasspfleger oft Stundensätze von 100 bis 110 Euro netto oder mehr beanspruchen, abhängig von der Komplexität des Falls und den nutzbaren Fachkenntnissen.


zurück

Inwieweit beeinflussen der Umfang und die Schwierigkeit des Nachlasses die Höhe der Vergütung?

Die Höhe der Vergütung eines Nachlasspflegers hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab: dem Umfang und der Schwierigkeit des Nachlasses. Diese Aspekte sind entscheidend für die Festlegung des Stundensatzes und somit der Gesamtvergütung.

Umfang des Nachlasses: Ein umfangreicher Nachlass kann bedeutend komplexer sein, insbesondere wenn es um vielfältige Vermögenswerte geht, wie Immobilien, Unternehmen oder ausländische Vermögensgegenstände. Der Nachlasspfleger muss in solchen Fällen mehr Zeit und Ressourcen aufwenden, um den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und die Erben zu ermitteln.

Schwierigkeit des Nachlasses: Die Schwierigkeit kann durch komplexe rechtliche Fragen entstehen, wie z.B. bei streitigen Erbauseinandersetzungen oder wenn der Erblasser an Unternehmen oder Erbengemeinschaften beteiligt war. Auch Haftungsrisiken, die mit dem Nachlass verbunden sind, können den Arbeitsaufwand erhöhen. In solchen Fällen muss der Nachlasspfleger oft spezialisierte Fachkenntnisse einsetzen, um die Situation zu meistern.

Auswirkungen auf die Vergütung: Die Gerichte berücksichtigen bei der Festsetzung der Vergütung, dass der Stundensatz deutlich über den Sätzen für mittellose Nachlässe liegen sollte, die maximal 39 € betragen können. In der Praxis werden oft Stundensätze zwischen 90 € und 150 € zugesprochen, abhängig von der Komplexität des Falles. Ein höherer Stundensatz spiegelt die größere Anforderung an den Nachlasspfleger wider, um den Nachlass effektiv zu verwalten und die Interessen der Erben zu schützen.

Für Sie bedeutet das, dass die Vergütung des Nachlasspflegers direkt von der Komplexität und dem Umfang des Nachlasses abhängt. Je umfangreicher und schwieriger der Nachlass, desto höher ist in der Regel die Vergütung, die dem Nachlasspfleger zusteht.


zurück

Sind „Vergütungslisten“ oder mündliche Zusagen von Amtsgerichten zur Vergütung bindend?

Vergütungslisten oder mündliche Zusagen von Amtsgerichten zur Vergütung sind nicht bindend. Sie können lediglich als Orientierungshilfe dienen, um die allgemeinen Richtlinien für Vergütungen zu verstehen. Jeder Fall wird individuell geprüft, und die tatsächliche Vergütung hängt von den spezifischen Umständen ab.

Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie sind Nachlasspfleger in einem nicht mittellosen Nachlass. Die Vergütung für Ihre Arbeit wird nicht allein durch eine Liste oder mündliche Zusage bestimmt, sondern durch eine individuelle Prüfung der geleisteten Arbeit und der Umstände des Falls. Dies bedeutet, dass die tatsächliche Vergütung nicht automatisch der in einer Liste angegebenen entspricht.

Wichtige Aspekte:

  • Individuelle Prüfung: Jeder Fall wird einzeln bewertet, um die angemessene Vergütung zu bestimmen.
  • Rechtliche Grundlagen: Die Vergütung basiert auf gesetzlichen Vorschriften und nicht auf allgemeinen Listen oder mündlichen Zusagen.
  • Orientierungshilfe: Listen oder Zusagen können helfen, die allgemeinen Richtlinien zu verstehen, ersetzen jedoch nicht die individuelle Prüfung.

Für eine genaue Bestimmung der Vergütung ist es wichtig, sich auf die spezifischen rechtlichen Grundlagen und die Umstände des jeweiligen Falls zu konzentrieren.


zurück

Gibt es eine Obergrenze für den Stundensatz eines Nachlasspflegers in nicht mittellosen Nachlässen?

In Deutschland gibt es keine strikte Obergrenze für den Stundensatz eines Nachlasspflegers in nicht mittellosen Nachlässen. Die Höhe des Stundensatzes wird individuell vom Gericht festgelegt und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Qualifikation und Erfahrung des Nachlasspflegers, dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaft sowie dem Wert des Nachlasses.

Gerichte orientieren sich oft an den Vergütungssätzen für mittellose Nachlässe, die im § 3 VBVG geregelt sind. Diese Sätze liegen maximal bei etwa 39 Euro pro Stunde. In der Praxis werden für nicht mittellose Nachlässe oft Stundensätze zugesprochen, die diese Sätze deutlich übersteigen, sich aber in der Regel nicht mehr als verdoppeln. Typische Stundensätze für Nachlasspfleger bewegen sich zwischen 100 und 110 Euro pro Stunde.

Eine höhere Vergütung als diese ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn der Fall besonders komplex oder schwierig ist. In solchen Fällen können auch höhere Stundensätze gerechtfertigt sein, wie beispielsweise bei anwaltlichen Nachlasspflegern, die in schwierigen Fällen bis zu 130 Euro pro Stunde erhalten können.

Für Sie bedeutet das, dass die Kosten für einen Nachlasspfleger im Voraus schwer planbar sind, da sie stark vom Einzelfall abhängen. Es ist ratsam, sich über die möglichen Kosten im Voraus zu informieren, um Überraschungen zu vermeiden.


zurück

⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Nachlasspflegerin

Eine Nachlasspflegerin ist eine vom Gericht bestellte Person, die einen Nachlass (Vermögen eines Verstorbenen) verwaltet, wenn die Erben noch unbekannt oder nicht erreichbar sind. Sie sichert und verwaltet das Vermögen im Interesse der künftigen Erben. Diese Tätigkeit ist im § 1960 BGB gesetzlich verankert und dient dem Schutz des Nachlasses vor Verlusten oder Schäden. Die Nachlasspflegerin hat umfassende Verwaltungsbefugnisse, muss aber regelmäßig dem Gericht Rechenschaft ablegen.

Beispiel: Nach dem Tod eines alleinstehenden Mannes ohne Testament kann das Nachlassgericht eine Nachlasspflegerin bestellen, die seine Wohnung räumt, laufende Verträge kündigt und Bankkonten verwaltet, bis die gesetzlichen Erben ermittelt sind.


Zurück

Beschwerde

Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen, insbesondere in der freiwilligen Gerichtsbarkeit (wie bei Nachlasspflegschaften). Sie ermöglicht es, eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch ein höheres Gericht zu erreichen. Die Beschwerde ist in den §§ 567-577 ZPO sowie im FamFG geregelt. Mit diesem Rechtsmittel kann gegen Beschlüsse und bestimmte Verfügungen vorgegangen werden, ohne dass ein förmliches Urteil vorliegt.

Beispiel: Die Nachlasspflegerin legte Beschwerde ein, weil das Amtsgericht ihren Stundensatz nur auf 90 Euro statt der geforderten 110 Euro festgesetzt hatte.


Zurück

Vergütungsrecht

Das Vergütungsrecht regelt die Entlohnung für bestimmte berufliche Tätigkeiten, besonders für vom Gericht bestellte Personen wie Nachlasspfleger, Betreuer oder Insolvenzverwalter. Es bestimmt, wann und in welcher Höhe eine Vergütung zu zahlen ist. Bei Nachlasspflegschaften unterscheidet das Recht zwischen mittellosen Nachlässen (mit festgelegten gesetzlichen Sätzen) und nicht mittellosen Nachlässen (mit individueller Festsetzung). Grundlagen finden sich im Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG).

Beispiel: Bei einem nicht mittellosen Nachlass beurteilte das Gericht den angemessenen Stundensatz anhand der Qualifikation der Nachlasspflegerin und der Komplexität der zu erledigenden Aufgaben.


Zurück

Festsetzung

Die Festsetzung bezeichnet die verbindliche Bestimmung eines Betrags oder einer Leistung durch eine Behörde oder ein Gericht. Im vorliegenden Fall bezieht sich dies auf die gerichtliche Entscheidung über die Höhe der Vergütung für die Nachlasspflegerin. Die Festsetzung erfolgt durch einen förmlichen Beschluss und kann mit Rechtsmitteln angefochten werden. Rechtsgrundlage ist bei Nachlasspflegern das VBVG in Verbindung mit § 1962 BGB.

Beispiel: Das Amtsgericht setzte den Stundensatz der Nachlasspflegerin auf 90 Euro fest, obwohl sie 110 Euro beantragt hatte, und begründete dies mit ihrer Qualifikation und dem Schwierigkeitsgrad der Pflegschaft.


Zurück

Mittellose/nicht mittellose Nachlässe

Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Vergütung von Nachlasspflegern. Ein mitteloser Nachlass verfügt über keine oder unzureichende Vermögenswerte zur Deckung der Pflegekosten – hier gelten gesetzlich festgelegte Pauschalsätze. Ein nicht mitteloser Nachlass besitzt ausreichend Vermögen, sodass die Vergütung individuell nach Qualifikation des Pflegers und Komplexität der Aufgabe bemessen wird. Diese Unterscheidung ist im VBVG verankert.

Beispiel: Bei dem im Fall vorliegenden nicht mittellosen Nachlass konnte das Gericht den Stundensatz frei festsetzen, während es bei einem mittellosen Nachlass an feste gesetzliche Vergütungssätze gebunden wäre.


Zurück

Stundensatz

Der Stundensatz bezeichnet den Geldbetrag, der für eine Arbeitsstunde gezahlt wird. Bei Nachlasspflegern ist er ein wesentlicher Faktor für die Berechnung der Gesamtvergütung. Bei nicht mittellosen Nachlässen wird der Stundensatz vom Gericht individuell festgelegt und berücksichtigt Faktoren wie Qualifikation, Schwierigkeit der Tätigkeit und Umfang der Pflegschaftsgeschäfte. Es existieren keine gesetzlich festgelegten Stundensätze für diese Fälle, anders als bei mittellosen Nachlässen.

Beispiel: Die Nachlasspflegerin forderte einen Stundensatz von 110 Euro, das Gericht bewilligte jedoch nur 90 Euro mit der Begründung, dass dies angesichts ihrer Qualifikation und der zu bewältigenden Aufgaben angemessen sei.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1888 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Diese Vorschrift bestimmt, wie die Vergütung eines Nachlasspflegers festgelegt wird. Maßgeblich sind die für die Nachlasspflegschaft nutzbaren Fachkenntnisse und der Umfang sowie die Schwierigkeit der Aufgaben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützt seine Entscheidung zur Höhe des Stundensatzes direkt auf diese gesetzliche Grundlage und betont, dass dieser individuell zu bestimmen ist.
  • § 3 Vergütungsgesetz für Betreuer und Vormünder (VBVG): Dieses Gesetz regelt die konkrete Höhe der Stundensätze für bestimmte Pflegschaften, insbesondere bei Mittellosigkeit des Nachlasses. Es dient als Orientierungshilfe für die Bestimmung einer angemessenen Vergütung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht zieht diese Norm heran, um zu argumentieren, dass selbst für qualifizierte Berufsbetreuer in Fällen geringen Vermögens des Nachlasses nur begrenzte Stundensätze vorgesehen sind und dies als Vergleich dient.
  • § 1960 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Diese Vorschrift erlaubt dem Nachlassgericht, einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Erben unbekannt oder ungewiss sind, um den Nachlass zu sichern und zu verwalten. Dies dient dem Schutz des Nachlasses bis zur Klärung der Erbfolge. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bestellung der Beteiligten als Nachlasspflegerin erfolgte gemäß dieser Vorschrift, wodurch sie überhaupt erst einen Anspruch auf Vergütung für ihre Tätigkeit hat.

Das vorliegende Urteil


OLG Celle – Az.: 6 W 20/25 – Beschluss vom17.02.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Erbrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Erbrecht. Vom rechtssicheren Testament über den Pflichtteilsanspruch bis hin zur Erbausschlagung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Erbrecht einfach erklärt

Erbrechtliche Urteile und Beiträge

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!