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Nachlasspflegschaft – Voraussetzungen der Anordnung

Ein verworrenes Erbe, offene Schulden und ein Gerichtsstreit – nach dem Tod von G… T… entbrennt ein Rechtsstreit um seinen Nachlass. Eine Gläubigerin zieht vor Gericht, um ihre Forderungen einzutreiben, doch die Erben machen es ihr nicht leicht. Obwohl die Nachlasspflegschaft abgelehnt wurde, bietet der Fall einen spannenden Einblick in die komplexe Welt des Erbrechts.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht befasste sich mit dem Antrag einer Nachlassgläubigerin, die eine Nachlasspflegschaft zur Durchsetzung offener Forderungen verlangte.
  • Im Zentrum des Falles stand die unklare Erbrechtslage durch zahlreiche Erbschaftsausschlagungen und die umfangreiche familiäre Situation des Erblassers.
  • Die Antragstellerin argumentierte, dass es für sie unzumutbar sei, alle notwendigen Personenstandsdokumente zu beschaffen.
  • Das Amtsgericht lehnte den Antrag auf Nachlasspflegschaft mit der Begründung ab, dass die Erben nicht unbekannt seien, sondern nur untätig blieben.
  • Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Anordnung einer Nachlasspflegschaft nicht notwendig sei, da die Erbrechtslage aus juristischer Sicht nicht hinreichend unsicher war.
  • Die Entscheidung beruht auf der Annahme, dass Nachlasspflegschaften nur bei unbekannten oder unklaren Erben angeordnet werden sollen.
  • Das Urteil betont die Pflicht der Gläubiger, selbst Nachforschungen anzustellen, sofern die Erben bekannt aber untätig sind.
  • Mit dieser Entscheidung wird klargestellt, dass umfassende Erbensuche nicht allein die Pflicht der Gerichte ist, sondern auch die Gläubiger gefordert sind.

Nachlasspflegschaft im Erbschaftsrecht: Ein Fall mit entscheidenden Herausforderungen

Die Nachlasspflegschaft spielt eine entscheidende Rolle im Erbschaftsrecht und betrifft insbesondere Situationen, in denen der Nachlass eines Verstorbenen nicht ordnungsgemäß verwaltet werden kann. Eine Nachlasspflegschaft wird in der Regel dann angeordnet, wenn die Erben nicht in der Lage sind, den Nachlass zu regeln, etwa aufgrund von Uneinigkeit innerhalb einer Erbengemeinschaft oder fehlenden Erben. Die Zuständigkeit für solche Verfahren liegt beim Nachlassgericht, das die gerichtliche Anordnung einer Nachlasspflegschaft vornimmt, um die ordnungsgemäße Nachlasspflege sicherzustellen.

Für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu zählen unter anderem die Notwendigkeit einer Vermögensverwaltung im Nachlass und der Schutz der Interessen der Erben. Der Nachlasspfleger hat dabei Rechte und Pflichten, die es ihm ermöglichen, die Angelegenheiten des Nachlasses zu regeln und gleichzeitig die Erbenpflichten zu wahren. In diesem Kontext kann es auch zu Erbschaftsstreitigkeiten kommen, die die Nachlassverwaltung zusätzlich komplizieren.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Voraussetzungen und Abläufe einer Nachlasspflegschaft sowie die damit verbundenen Herausforderungen näher beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Komplexe Erbfolge nach Tod von G… T… führt zu Rechtsstreit

Im Fokus eines aktuellen Rechtsstreits steht der Nachlass des verstorbenen G… T… und die damit verbundene komplexe Erbfolge.

Nachlasspflegschaft und Erbfolgestreitigkeiten
Die Nachlasspflegschaft wurde im Fall des verstorbenen G… T… abgelehnt, da die Erben bekannt und keine unsichere Erbrechtslage mehr vorlag, trotz eines beantragten Anspruchs der Gläubigerin. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Eine Gläubigerin, die offene Darlehensforderungen gegen den Verstorbenen geltend macht, beantragte die Anordnung einer Nachlasspflegschaft beim Amtsgericht Bad Liebenwerda. Ihr Ziel war es, ihre Ansprüche gegen den Nachlass durchzusetzen.

Gericht weist Antrag auf Nachlasspflegschaft zurück

Das Amtsgericht lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Erben des Verstorbenen nicht unbekannt, sondern lediglich untätig geblieben seien. Aus der ersten Ehe des Erblassers stammt ein mittlerweile verstorbener Sohn. Aus der zweiten Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen drei die Erbschaft für sich und ihre Nachkommen ausgeschlagen haben. Der vierte Sohn, T… T…, wurde durch Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist zum Erben. Auch ein Enkel, L… H…, wurde Erbe, da seine Mutter die Ausschlagungserklärung nicht fristgerecht einreichte. Zusätzlich wurde die inzwischen verstorbene Ehefrau des Erblassers zur Hälfte Miterbin.

Gläubigerin legt Beschwerde ein

Die Gläubigerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Oberlandesgericht Brandenburg ein. Sie argumentierte, die Erbfolgeverhältnisse seien „sehr weitläufig und kompliziert“. Insbesondere verwies sie auf Unklarheiten bezüglich der Erbenstellung des Enkels L… H… und der Erbensituation nach der verstorbenen Ehefrau G… T….

OLG Brandenburg bestätigt Ablehnung der Nachlasspflegschaft

Das Oberlandesgericht Brandenburg wies die Beschwerde zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Amtsgerichts. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Voraussetzungen für eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB nicht vorliegen. Zwar mache die Antragstellerin einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch geltend, jedoch bestehe keine unsichere Erbrechtslage mehr.

Klärung der Erbfolge im Beschwerdeverfahren

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens konnten die letzten Unklarheiten bezüglich der Erbfolge beseitigt werden. Das Gericht stellte fest, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit alle Erben des Erblassers bekannt sind. Die Abkömmlinge des Erblassers haben bis auf wenige Ausnahmen die Erbschaft ausgeschlagen. Für die verstorbene Ehefrau konnte ebenfalls geklärt werden, dass für deren Miterbin M… Sch… eine wirksame Ausschlagungserklärung vorliegt.

Kostenentscheidung zugunsten der Gläubigerin

Trotz der Zurückweisung der Beschwerde entschied das Gericht, der Gläubigerin keine Kosten für das Beschwerdeverfahren aufzuerlegen. Diese Entscheidung begründete das Gericht damit, dass die Beschwerde nur deshalb erfolglos blieb, weil erst nach der erstinstanzlichen Entscheidung die letzten Unklarheiten bezüglich der Erbfolge geklärt werden konnten.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB nur bei tatsächlich unbekannten Erben oder einer rechtlich unsicheren Erbrechtslage angeordnet werden kann. Selbst bei komplexen Erbfällen ist eine Nachlasspflegschaft nicht gerechtfertigt, wenn die Erben mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellbar sind, auch wenn dies erst im Beschwerdeverfahren gelingt. Für Nachlassgläubiger bedeutet dies, dass sie bei bekannten, aber untätigen Erben andere Wege zur Durchsetzung ihrer Ansprüche finden müssen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Nachlassgläubiger müssen Sie bei komplexen Erbfällen besonders aufmerksam sein. Das Urteil zeigt, dass eine Nachlasspflegschaft nur bei wirklich unbekannten Erben oder rechtlich unsicherer Erbrechtslage angeordnet wird. Selbst wenn die Erbfolge kompliziert erscheint, reicht dies allein nicht aus. Sie sollten daher frühzeitig alle verfügbaren Informationen über mögliche Erben sammeln und dokumentieren. Falls die Erben bekannt, aber untätig sind, müssen Sie andere Wege zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche finden, etwa durch direkte Kontaktaufnahme oder gerichtliche Schritte gegen die identifizierten Erben. Lassen Sie sich bei Unsicherheiten von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten, um Ihre Interessen bestmöglich zu wahren.


Weiterführende Informationen


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


Welche Rechte hat ein Gläubiger, wenn die Erben des Nachlasses bekannt, aber untätig sind?

Gläubiger haben mehrere Möglichkeiten, ihre Forderungen durchzusetzen, wenn die Erben bekannt, aber untätig sind:

Direktes Vorgehen gegen die Erben

Gläubiger können ihre Ansprüche direkt gegen die Erben geltend machen. Dazu gehört die Möglichkeit, eine Klage gegen die Erben einzureichen. Die Erben haften grundsätzlich mit dem gesamten Nachlass und ihrem eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers.

Antrag auf Nachlassverwaltung

Wenn die Erben untätig bleiben, können Gläubiger beim zuständigen Nachlassgericht einen Antrag auf Nachlassverwaltung stellen. Ein Nachlassverwalter wird dann eingesetzt, um den Nachlass zu verwalten und die Gläubiger zu befriedigen. Dies ist besonders nützlich, wenn Sie befürchten, dass die Erben den Nachlass nicht ordnungsgemäß verwalten.

Beantragung eines Nachlassinsolvenzverfahrens

Bei Verdacht auf Überschuldung des Nachlasses können Gläubiger die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen. Dies führt zu einer geordneten Verwertung des Nachlasses und einer anteiligen Befriedigung aller Gläubiger.

Durchsetzung von Auskunftsansprüchen

Gläubiger haben das Recht, von den Erben Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu verlangen. Wenn die Erben diese Auskunft verweigern, können Gläubiger gerichtlich die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durchsetzen.

Zwangsvollstreckung in den Nachlass

Liegt bereits ein vollstreckbarer Titel gegen den Erblasser vor, können Gläubiger die Zwangsvollstreckung in den Nachlass betreiben. Dabei ist zu beachten, dass die Erben die Möglichkeit haben, ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

Beachtung von Verjährungsfristen

Gläubiger sollten die Verjährungsfristen ihrer Forderungen im Auge behalten. In der Regel verjähren Ansprüche gegen den Nachlass drei Jahre nach Kenntnis vom Erbfall. Es ist daher wichtig, rechtzeitig tätig zu werden und die Forderungen geltend zu machen.

Aufgebotsverfahren

Erben können ein Aufgebotsverfahren einleiten, um einen Überblick über die Nachlassverbindlichkeiten zu erhalten. Gläubiger sollten in diesem Fall ihre Forderungen innerhalb der gesetzten Frist anmelden, um nicht von der Befriedigung ausgeschlossen zu werden.

Wenn Sie als Gläubiger mit untätigen Erben konfrontiert sind, ist es wichtig, Ihre Rechte zu kennen und aktiv zu werden. Die genannten Möglichkeiten bieten Ihnen verschiedene Wege, Ihre Forderungen durchzusetzen und Ihre Interessen zu wahren.


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Welche Folgen hat die Ausschlagung der Erbschaft auf die Durchsetzbarkeit von Forderungen?

Die Ausschlagung einer Erbschaft hat erhebliche Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit von Forderungen gegen den Nachlass. Wenn alle Erben die Erbschaft ausschlagen, wird der Nachlass zu einer eigenständigen juristischen Person, die als Träger von Rechten und Pflichten fungiert. Dies hat folgende Konsequenzen für Gläubiger:

Haftungsbeschränkung auf den Nachlass

Gläubiger können ihre Forderungen nur noch gegen den Nachlass selbst geltend machen. Die ausschlagenden Erben haften nicht mit ihrem Privatvermögen für Nachlassverbindlichkeiten. Wenn Sie als Gläubiger eine Forderung gegen den Erblasser hatten, müssen Sie sich nun an den Nachlass als solchen halten.

Anordnung der Nachlasspflegschaft

Bei Ausschlagung durch alle Erben kann das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen. Der Nachlasspfleger verwaltet den Nachlass und ist Ihr Ansprechpartner als Gläubiger. Er prüft die Forderungen und begleicht sie aus dem vorhandenen Nachlassvermögen.

Rangfolge der Forderungen

Im Falle einer Überschuldung des Nachlasses werden die Forderungen nach einer gesetzlich festgelegten Rangfolge befriedigt. Bestimmte Forderungen, wie Bestattungskosten oder Pflichtteilsansprüche, genießen Vorrang. Als Gläubiger müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Forderung möglicherweise nicht oder nur teilweise erfüllt wird, wenn das Nachlassvermögen nicht ausreicht.

Verjährung beachten

Die Ausschlagung der Erbschaft hat keinen Einfluss auf die Verjährungsfristen Ihrer Forderungen. Achten Sie darauf, Ihre Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen, um eine Verjährung zu vermeiden.

Möglichkeit der Nachlassinsolvenz

Wenn der Nachlass überschuldet ist, kann ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet werden. In diesem Fall müssen Sie als Gläubiger Ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Die Befriedigung erfolgt dann nach den Regeln der Insolvenzordnung.

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine offene Forderung gegen einen Verstorbenen. Wenn dessen Erben die Erbschaft ausschlagen, können Sie Ihren Anspruch nicht mehr gegen die Erben persönlich durchsetzen. Stattdessen müssen Sie sich an den Nachlass halten, der möglicherweise von einem Nachlasspfleger verwaltet wird. Ihre Chancen auf vollständige Befriedigung hängen dann vom Wert des Nachlasses und der Rangfolge Ihrer Forderung ab.


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Wie kann der Erbenstatus von Kindern und Enkelkindern das Erbverfahren beeinflussen?

Der Erbenstatus von Kindern und Enkelkindern kann das Erbverfahren erheblich beeinflussen und zu komplexen rechtlichen Situationen führen.

Gesetzliche Erbfolge und Erben erster Ordnung

Kinder des Erblassers sind Erben erster Ordnung und erben zu gleichen Teilen. Wenn ein Kind bereits verstorben ist, treten dessen Abkömmlinge (also die Enkelkinder des Erblassers) an seine Stelle. Dies nennt man Eintrittsprinzip oder Repräsentationsprinzip.

Ausschlagung der Erbschaft

Wenn ein Kind die Erbschaft ausschlägt, rücken dessen Abkömmlinge nach. Die Ausschlagungsfrist beträgt sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft. Versäumt ein Kind diese Frist, gilt die Erbschaft als angenommen. In diesem Fall können die Enkelkinder nicht mehr nachrücken.

Teilweise unbekannte Erben

Ist der Aufenthaltsort eines Kindes unbekannt oder unklar, ob es noch lebt, kann dies zu erheblichen Verzögerungen im Erbverfahren führen. In solchen Fällen kann eine Teilnachlasspflegschaft für den betreffenden Erbteil angeordnet werden.

Pflichtteilsansprüche

Enkelkinder können pflichtteilsberechtigt sein, wenn ihr Elternteil (das Kind des Erblassers) vor dem Erbfall verstorben ist. Lebt das Kind des Erblassers noch, schließt es seine eigenen Kinder vom Pflichtteilsanspruch aus.

Einfluss auf die Nachlassabwicklung

Die Klärung des Erbenstatus von Kindern und Enkelkindern kann die Nachlassabwicklung verzögern. Wenn Sie als Erbe oder potenzieller Erbe in einer solchen Situation sind, müssen möglicherweise umfangreiche Nachforschungen angestellt werden, um alle berechtigten Erben zu ermitteln.

Nachlasspflegschaft bei Unklarheiten

Bei Ungewissheit über die Erbenstellung kann das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen. Der Nachlasspfleger hat dann die Aufgabe, die Erben zu ermitteln und den Nachlass zu sichern.

Der Erbenstatus von Kindern und Enkelkindern kann also erhebliche Auswirkungen auf den Ablauf und die Dauer des Erbverfahrens haben. Von der Klärung der Erbenstellung hängt ab, wer letztendlich erbberechtigt ist und in welchem Umfang. Dies kann zu komplexen rechtlichen Situationen führen, insbesondere wenn mehrere Generationen betroffen sind oder Unklarheiten über den Verbleib potenzieller Erben bestehen.


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Welche Gründe führten zur Entscheidung des OLG Brandenburg, keine Nachlasspflegschaft anzuordnen?

Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, keine Nachlasspflegschaft anzuordnen, weil die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren. Der Hauptgrund lag darin, dass die Erben mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits feststanden.

Bekannte Erben

Im konkreten Fall waren die Erben der nachverstorbenen zweiten Ehefrau des Erblassers bekannt. Dies bedeutet, dass keine Unklarheit über die Erbenstellung bestand, die eine Nachlasspflegschaft gerechtfertigt hätte.

Erbausschlagung einer Miterbin

Eine wichtige Entwicklung war, dass nach der ursprünglichen Entscheidung des Nachlassgerichts bekannt wurde, dass eine der Miterbinnen die Erbschaft ausgeschlagen hatte. Trotz dieser Ausschlagung standen dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit alle verbleibenden Miterben fest.

Keine unsichere Erbrechtslage

Das OLG Brandenburg betonte, dass eine unsichere Erbrechtslage nach § 1961 BGB nicht allein dadurch entsteht, dass mehrere Erben bekannt sind, aber keinen Erbschein beantragt haben oder untätig bleiben. Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, beachten Sie: Eine Nachlasspflegschaft kommt nur in Betracht, wenn die Erbrechtslage tatsächlich unklar ist.

Zumutbarkeit für Nachlassgläubiger

Das Gericht berücksichtigte auch, ob es für Nachlassgläubiger zumutbar ist, den Nachweis zur Erbenstellung zu erbringen. In diesem Fall sah das OLG keine unzumutbaren Schwierigkeiten für die Gläubiger, da die maßgeblichen Verhältnisse weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht als sehr weitläufig eingestuft wurden.

Hohe Wahrscheinlichkeit der Erbenstellung

Entscheidend war für das Gericht, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit feststand, wer Erbe war. Selbst wenn kein Erbschein erteilt wurde, reichte diese hohe Wahrscheinlichkeit aus, um eine Nachlasspflegschaft abzulehnen. Wenn Sie als Gläubiger eine Nachlasspflegschaft beantragen möchten, müssen Sie nachweisen, dass tatsächlich Unklarheit über die Erben besteht.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Nachlasspflegschaft

Eine Nachlasspflegschaft wird durch das Nachlassgericht angeordnet, wenn der Nachlass eines Verstorbenen nicht ordnungsgemäß verwaltet wird und Schutzmaßnahmen erforderlich sind, insbesondere bei unbekannten Erben oder unsicherer Erbrechtslage. Der Nachlasspfleger verwaltet das Vermögen und vertritt die Erben. Beispiel: Wenn alle Erben unbekannt sind, wird ein Nachlasspfleger bestimmt, um den Nachlass zu schützen und schuldenfrei abzuwickeln.

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Ausschlagung der Erbschaft

Die Ausschlagung ist das formale Verfahren, durch das ein Erbe seinen Anspruch auf ein Erbe ablehnt. Eine Erbschaft kann innerhalb von sechs Wochen durch eine formgebundene Erklärung bei Gericht ausgeschlagen werden. Beispiel: Ein Erbe erfährt, dass der Nachlass mehr Schulden als Vermögen enthält und möchte die Erbschaft nicht antreten, also schlägt er das Erbe aus.

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Gläubiger

Ein Gläubiger ist eine Person oder Organisation, die dem Erblasser Geld geliehen hat und nun Ansprüche gegen den Nachlass hat, um die Darlehen zurückzuerhalten. Beispiel: Eine Bank hat dem Erblasser einen Kredit gewährt und möchte nach dessen Tod das ausstehende Geld aus dem Nachlass zurückbekommen.

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Erbenstellung

Die Erbenstellung beschreibt, wer rechtlich als Erbe betrachtet wird und damit Anspruch auf den Nachlass eines Verstorbenen hat. Wer Erbe ist, wird durch gesetzliche Erbfolge oder ein Testament bestimmt. Beispiel: Bei gesetzlicher Erbfolge erbt der Ehepartner die Hälfte und die Kinder teilen sich die andere Hälfte des Nachlasses.

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Beschwerde

Eine Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine gerichtliche Entscheidung in einem höheren Gericht überprüfen lassen kann. Beispielsweise kann eine Gläubigerin, deren Antrag auf Nachlasspflegschaft abgelehnt wurde, beim Oberlandesgericht Beschwerde einlegen, um die Entscheidung des Amtsgerichts anzufechten.

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Erbrechtslage

Die Erbrechtslage bezeichnet die gesetzlichen und durch Testament festgelegten Regeln, die bestimmen, wer die Erben eines bestimmten Nachlasses sind. Diese Regeln sind entscheidend bei der Frage, wie der Nachlass verteilt wird. Beispiel: Wenn keine Erben bekannt sind und kein Testament existiert, wird die gesetzliche Erbfolge herangezogen, um die Erben zu bestimmen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1961 BGB: Diese Vorschrift regelt die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, wenn ein Gläubiger einen Anspruch gegen den Nachlass geltend macht. Voraussetzung ist, dass eine unsichere Erbrechtslage besteht, was etwa der Fall ist, wenn der Erbe unbekannt ist oder ob die Erbschaft angenommen wurde unklar ist. Im vorliegenden Fall wurde die Nachlasspflegschaft abgelehnt, da die Erben des Erblassers weitgehend bekannt waren und somit keine unsichere Erbrechtslage vorlag.
  • § 1960 BGB: Dieser Paragraph legt fest, dass die Annahme der Erbschaft durch den Erben einer der Grundpfeiler für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft ist. Der Nachlassgläubiger hat demnach keinen Anspruch auf die Pflegschaft, solange der Erbe die Erbschaft nicht bereits abgelehnt hat oder feststeht, dass er Erbe ist. In diesem Fall war die Annahme der Erbschaft durch den Sohn des Erblassers gegeben, was die Anordnung einer Pflege ausschloss.
  • §§ 58 ff. FamFG: Diese Vorschriften regeln das Beschwerdeverfahren im Familienverfahrensgesetz, einschließlich der Anfechtung von Entscheidungen, die in Nachlassangelegenheiten getroffen werden. Im Fall der Antragstellerin wurde die Beschwerde als unbegründet abgelehnt, da die zuvor genannten gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachlasspflegschaft nicht erfüllt waren.
  • § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG: Dieser Paragraph behandelt die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren. Er ermöglicht es dem Gericht, in besonderen Fällen von der Kostentragung abzusehen, wenn es als unbillig erscheint. Hier wurde von der Erhebung der Kosten abgesehen, weil die Antragstellerin unverschuldet gescheitert war und die Klärungen erst nach Erteilung der ersten Instanz erfolgt waren.
  • Erbrechtslage (Allgemeines): Die allgemeine Regelung zur Erbrechtssituation ist relevant, da sie die Basis bildet, auf der die spezifischen Regelungen in § 1961 BGB aufbauen. Sie beschreibt die Bedingungen, unter denen die Erben eines Nachlasses rechtlich identifiziert werden und die Erbfolge geregelt ist. Im vorliegenden Fall war die Erbrechtslage komplex, jedoch ausreichend klar für den Senat, um eine Nachlasspflegschaft abzulehnen, da alle relevanten Erben identifiziert werden konnten.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 W 84/22 – Beschluss vom 22.12.2022


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