Im vorliegenden Fall ging es um den Nachweis der Vaterschaft im Erbscheinverfahren. Die Beschwerde einer Schwester des Erblassers wurde zurückgewiesen. Das Amtsgericht Wedding hatte zuvor die erforderlichen Tatsachen für die Erstellung eines Erbscheins festgestellt, der beide Beteiligten zu je ½ als Erben ausweist.
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Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Nachweis der Vaterschaft des Beteiligten zu 1. nicht ausreichend belegt sei. Sie bezweifelte, dass dieser die Vaterschaft anerkannt oder dass sie durch ein Urteil festgestellt wurde. Sie führte an, dass das Urteil bereits 57 Jahre alt sei und in der Geburtsurkunde des Erblassers keine entsprechende Eintragung erfolgt sei.
Der Beteiligte zu 1. verteidigte die Entscheidung des Amtsgerichts und reichte eine notarielle eidesstattliche Versicherung ein, in der er bestätigte, dass gegen das Anerkenntnisurteil von 1963 kein Rechtsmittel eingelegt wurde. Zudem habe er den titulierten Kindesunterhalt regelmäßig gezahlt.
Das Nachlassgericht kam zu dem Schluss, dass der Beteiligte zu 1. als Vater des Erblassers anzusehen sei und erließ folgerichtig die angefochtene Entscheidung. Die beglaubigte Kopie des Anerkenntnisurteils von 1963 in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung des Beteiligten zu 1. wurde als ausreichender Nachweis für die Vaterschaft gewertet.
Das Gericht verwies auf Artikel 234 § 7 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), der die Rechtsfolgen des Abstammungsrechts der ehemaligen DDR regelt. Demnach bleibt eine Vaterschaftsanerkennung wirksam, wenn sie in der DDR nach dem 31.03.1966 und vor dem Beitritt wirksam geworden ist. Das Urteil von 1963wurde als eine Entscheidung gewertet, die die Wirkung einer Vaterschaftsfeststellung hatte.
Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass das Urteil tatsächlich erlassen und rechtskräftig geworden war. Die beglaubigte Abschrift des Urteils befand sich in der Urteilssammlung des Amtsgerichts Prenzlau. Zudem legte der Beteiligte zu 1. eine eidesstattliche Versicherung vor, in der er angab, dass das Urteil nicht angegriffen wurde und er den titulierten Unterhalt gezahlt hat.
Die Beschwerde wurde daher abgewiesen. Die Kostenentscheidung erfolgte gemäß § 84 FamFG. Der Wert des Nachlasses bildete die Grundlage für die Wertfestsetzung gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 61 GNotKG.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 19 W 1060/20 – Beschluss vom 19.11.2020
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 11.05.2020 wird auf ihre Kosten nach einem Geschäftswert in der Wertstufe 410.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2., die eine Schwester des Erblassers ist, richtet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 11.05.2020, mit dem das Amtsgericht die erforderlichen Tatsachen für die Erstellung eines Erbscheins, der beide Beteiligte zu Erben zu je ½ ausweist, als für festgestellt erachtet hat. Zu den tatsächlichen Feststellungen und den rechtlichen Erwägungen des Amtsgerichts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Die Beteiligte zu 2. ist der Auffassung, der Beschluss sei zu Unrecht ergangen. Es sei nicht hinreichend belegt bzw. bewiesen, dass der Beteiligte zu 1. Vater des Erblassers sei. Denn aus dem Anerkenntnisurteil des Kreisgerichts Templin vom 13.05.1963 (Geschäftsnummer F 31/63, Ablichtung Bl. 59 d. A.) gehe nicht hervor, dass der Beteiligte zu 1. die Vaterschaft anerkannt habe oder dessen Vaterschaft festgestellt worden sei. Soweit der Beteiligte zu 1. behaupte, dass dem Anerkenntnisurteil eine mündliche Verhandlung zugrunde gelegen habe, bei der er und die Mutter des Erblassers anwesend gewesen seien, sei dies wenig glaubhaft, weil der Sachverhalt schon 57 Jahre her sei. Im Übrigen ergebe sich aus der Ablichtung der Urteilskopie nicht, dass das Urteil rechtskräftig geworden sei. Wenn der Beteiligte zu 1. die Vaterschaft anerkannt hätte, hätte dies zudem in der Geburtsurkunde des Erblassers nachgetragen werden müssen, was nicht erfolgt sei. Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren schriftlichen Sachvortrag Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 1. verteidigt demgegenüber die angefochtene Entscheidung. Er hat eine notarielle eidesstattliche Versicherung vom 17.02.2020 (Bl. 64 d. A.) eingereicht, in der er unter anderem versichert, dass niemand Rechtsmittel gegen das Anerkenntnisurteil vom 13.05.1963 eingelegt habe. Er habe zudem den in dem Urteil festgesetzten Kindesunterhalt von monatlich 70 Mark regelmäßig gezahlt.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Nachlassgericht hat den Beteiligten zu 1. zu Recht als Vater des Erblassers angesehen und folgerichtig die angefochtene Entscheidung erlassen. Denn beide Beteiligte sind gesetzliche Erben des Erblassers zu je ½, § 1925 Abs. 1, Abs. 3 BGB.
Nach § 352 Abs. 3 Satz 1 FamFG muss der Beteiligte zu 1. seine Vaterschaft durch öffentliche Urkunden nachweisen. Sind die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer Beweismittel, § 352 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Das Nachlassgericht hat zutreffend angenommen, dass die beglaubigte Kopie des Anerkenntnisurteils des Kreisgerichts Templin vom 13.05.1963 in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung des Beteiligten zu 1. vom 17.02.2020 jedenfalls ein anderes Beweismittel im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift darstellt, aus dem sich die Vaterschaft des Beteiligten zu 1. ergibt.
1. Art. 234 § 7 EGBGB regelt die Rechtsfolgen des Abstammungsrechts der ehemaligen DDR für den deutschen Rechtsraum. Nach Art. 234 § 7 Abs. 1 Satz 2 EGBGB bleibt eine Vaterschaftsanerkennung wirksam, die in der DDR nach dem 31.03.1966 und vor dem Beitritt wirksam geworden ist. Nach Art. 234 § 7 Abs. 4 EBGB stehen andere als die in Art. 234 § 7 Abs. 1 EGBGB genannten Entscheidungen und Erklärungen, die nach dem bisherigen Recht der DDR die Wirkung einer Vaterschaftsfeststellung hatten, einer Anerkennung der Vaterschaft im Sinne des Art. 234 Abs. 1 Satz 2 EGBGB gleich. Bei dem Urteil des Kreisgerichts Templin vom 13.05.1963 handelt es sich um eine solche Entscheidung. Da das Urteil vor dem Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs der DDR am 01.04.1966 erlassen worden ist, ist die Übergangsvorschrift des Art. 8 Abs. 1 EGFGB (DDR) einschlägig. Danach gilt unter anderem ein Mann als Vater eines Kindes, wenn er vor dem Inkrafttreten des Familiengesetzbuches durch ein Urteil zu Unterhaltszahlungen an das Kind verpflichtet worden ist. Das ist hier der Fall, wobei in der Urteilsformel des Anerkenntnisurteils vom 13.05.1996 sogar ausdrücklich ausgesprochen ist, dass der Beteiligte zu 1. der Vater des Erblassers sei.
2. Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Urteil vom 13.05.2020 tatsächlich erlassen wurde und rechtskräftig geworden ist. Da ausweislich der Mitteilung des Amtsgerichts Prenzlau vom 30.12.2019 (Bl. 55 d. A.) dort die beglaubigte Abschrift des Urteils in der Urteilssammlung vorhanden ist, bestehen keine Zweifel an dem Erlass des Urteils. Ferner ist davon auszugehen, dass das Urteil rechtskräftig geworden ist. Denn dafür sprechen mehrere Beweiszeichen, die zusammen die Überzeugung des Senats begründen, dass kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt wurde. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Anerkenntnisurteil handelt, gegen das nach der Lebenserfahrung nur in den seltesten Fällen Rechtsmittel eingelegt wird. Hinzu kommt, dass der Beteiligte zu 1.durch notarielle Erklärung vom 17.02.2020 eidesstattlich versichert hat, dass das Urteil von niemanden angegriffen worden ist und er den in der Entscheidung titulierten Unterhalt an den Erblasser gezahlt hat. Auch wenn eine eidesstattliche Versicherung des Beteiligten allein für den Beweis der Vaterschaft nicht ausreichen würde, kann die Erklärung jedenfalls als weiteres Beweiszeichen für die Rechtskraft des Urteils gewertet werden. Bei dieser Sachlage besteht der für das praktische Leben brauchbare Grad an Gewissheit, der für die Bildung der richterlichen Überzeugung erforderlich aber auch ausreichend ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. 2. 1970 – III ZR 139/67, NJW 1970,946). Dass die Vaterschaft nicht in die Geburtsurkunde des Erblassers nachgetragen wurde, steht dem Ergebnis der Beweiswürdigung nicht entgegen. Denn dies kann viele Gründe haben, unter anderem, dass den für die Personenstandsurkunden zuständigen Stellen in der DDR das Urteil vom 13.05.1963 nicht vorlag oder ihnen die Übergangsvorschrift des Art. 8 EGFGB (DDR) nicht bekannt war.
Die Beschwerde ist dementsprechend zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
Die Wertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 61 GNotKG. Maßgeblich ist insofern der Wert des Nachlasses (vgl. KG, Beschluss vom 31.02.2020 – 19 W 49/19 –, juris).