Streit um Erbschaft: Testament oder gesetzliche Erbfolge?
In einem Erbstreit zwischen Familienangehörigen hat das OLG Düsseldorf unter dem Aktenzeichen I-3 Wx 151/20 eine Entscheidung getroffen. Der Fall dreht sich um die Frage, ob ein Testament mit einer bloßen Kopie wirksam ist oder die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung kommen soll. Dabei geht es um die Verteilung des Vermögens des Erblassers, der mehrere Erben eingesetzt hatte.
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Testamentkopie als Beweis der letztwilligen Verfügung
Der verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 3 verheiratet, lebte jedoch von ihr getrennt und mit seiner Lebensgefährtin, der Beteiligten zu 4, zusammen. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Kinder des Erblassers und der Beteiligten zu 3. Die Beteiligte zu 4 hat eine Testamentskopie vom 3. September 2015 vorgelegt, in der der Erblasser seine Enkel zu je ¼ Anteil und die Beteiligte zu 1 zu ½ Anteil als Erben eingesetzt hat. Darüber hinaus wurde der Beteiligten zu 4 ein Vermächtnis zugewandt. Der Verbleib des Originals ist unklar, und es sind keine weiteren letztwilligen Verfügungen bekannt.
Antrag auf Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragt, der sie als Erben zu je ¼ Anteil und die Beteiligte zu 3 als Erbin zu ½ Anteil ausweisen würde. Sie argumentieren, dass der Erblasser das Original des Testaments in der Absicht, es aufzuheben, vernichtet habe. Damit wäre das Testament widerrufen gemäß § 2255 BGB. Die familiäre Verbundenheit und das herzliche Verhältnis der Beteiligten zu 1 bis 3 zum Erblasser würden die Vernichtung des Testaments als plausibel erscheinen lassen.
Entscheidung des Nachlassgerichts und Einspruch der Beteiligten zu 4
Das Nachlassgericht hat die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1 und 2 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 wurde verworfen, weil sie als Vermächtnisnehmerin nicht antragsbefugt sei. Gleichzeitig hat das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag vom 26. Februar 2020 zurückgewiesen.
OLG Düsseldorf bestätigt Zurückweisung der Beschwerde
In seiner Entscheidung vom 12.03.2021 bestätigte das OLG Düsseldorf die Zurückweisung der Beschwerde und entschied damit zugunsten der Beteiligten zu 1 und 2. Die Frage der Wirksamkeit der Testamentskopie und der möglichen Vernichtung des Originals in der Absicht der Aufhebung sind damit weiterhin strittig.
Das vorliegende Urteil
OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 151/20 – Beschluss vom 12.03.2021
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen.
Geschäftswert: 305.500,00 €
Gründe
I.
Der Erblasser war mit der Beteiligten zu 3 verheiratet. Die Eheleute waren getrennt; der Erblasser lebte mit seiner Lebensgefährtin, der Beteiligten zu 4, zusammen. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Kinder des Erblassers und der Beteiligten zu 3.
Die Beteiligte zu 4 hat eine auf den 3. September 2015 datierte Testamentskopie vorgelegt. Daraus geht hervor, dass der Erblasser die Beteiligte zu 1 als Erbin zu ½ Anteil und seine Enkel … (die Kinder des Beteiligten zu 2) als Erben zu je ¼ Anteil bestimmt hat. Ferner hat er – der Kopie zufolge – seinen Enkeln seinen Grundbesitz Jülicher Straße 61 in Weeze als Vorausvermächtnis zugewandt. Soweit seine Enkel betroffen sind, hat er Vermächtnis- sowie Testamentsvollstreckung angeordnet und den Beteiligten zu 2 zum Vermächtnis- und Testamentsvollstrecker bestimmt. Der Beteiligten zu 4 hat er seinen Pkw, seine Bankkonten und den Hausrat vermacht.
Die Beteiligte zu 4 hat angegeben, wo sich das Original befinde, könne sie nicht sagen. Weitere letztwillige Verfügungen seien, soweit ihr bekannt, nicht vorhanden.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben unter dem 26. Februar 2020 beantragt, einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge zu erteilen, der sie als Erben zu je ¼ Anteil und die Beteiligte zu 3 als Erbin zu ½ Anteil ausweist. Sie haben geltend gemacht, der Erblasser habe das Original des Testaments vom 3. September 2015 in der Absicht, es aufzuheben, vernichtet. Das Testament sei daher widerrufen, § 2255 BGB. Im Hinblick auf die familiäre Verbundenheit und das herzliche Verhältnis der Beteiligten zu 1 bis 3 zum Erblasser erscheine die Vernichtung des Testaments durch den Erblasser als „durchaus plausibel“. Dass er der Beteiligten zu 4 lediglich eine Kopie überlassen habe, zeige, dass er sich die Entscheidung über den Fortbestand habe vorbehalten wollen. Der Erblasser habe im Testament anstelle des Beteiligten zu 2 dessen Kinder zu Erben bestimmt, weil damals gegen den Beteiligten zu 2 ein Insolvenzverfahren anhängig gewesen sei. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens habe das Testament seine „primäre Zielrichtung“ verloren. Die Beteiligte zu 4 habe vom Erblasser schon zu Lebzeiten große Vermögenswerte erhalten, so dass keine Veranlassung bestanden habe, die gesetzlichen Erben zu ihren Gunsten noch mit einem Vermächtnis zu belasten.
Mit Beschluss vom 25. März 2020 hat das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1 und 2 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat es mit Beschluss vom 23. Juni 2020 verworfen, weil sie als Vermächtnisnehmerin nicht antragsbefugt sei. Im selben Beschluss hat es den Erbscheinsantrag vom 26. Februar 2020 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, sein früherer Beschluss vom 25. März 2020 entfalte nur eingeschränkte Bindungswirkung. Erweise sich, dass der nach seinem Inhalt zu erteilende Erbschein wegen Unrichtigkeit gleich wieder einzuziehen wäre, stehe der Beschluss einer neuen, inhaltlich abweichenden Feststellung nicht entgegen. So liege es hier. Die Feststellungslast für die Vernichtung der Originalurkunde in Widerrufsabsicht trage im Erbscheinsverfahren derjenige, der sich zur Begründung seines Erbrechts auf die Ungültigkeit des Testaments berufe. Die Errichtung eines Testaments entsprechend der vorliegenden Kopie durch den Erblasser sei unstreitig. Hinsichtlich dessen angeblicher Vernichtung trügen die Beteiligten zu 1 und 2 lediglich Vermutungen vor. Es lasse sich danach nicht feststellen, dass der Erblasser es in Widerrufsabsicht vernichtet habe, so dass sich die Erbfolge nach dem in Kopie vorliegenden Testament richte.
Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen diesen Beschluss, soweit darin ihr Erbscheinsantrag vom 26. Februar 2020 zurückgewiesen wurde. Sie machen geltend, der Beschluss hätte schon nicht in dieser Ausgestaltung ergehen dürfen, weil er zwei rechtlich eigenständige Entscheidungen umfasse.
Die Verwerfung der Beschwerde der Beteiligten zu 4 sei in der Sache richtig; allerdings hätte darüber nicht das Nachlassgericht entscheiden dürfen. Zuständig wäre vielmehr das Oberlandesgericht gewesen.
Der Beschluss vom 25. März 2020 sei, da er von keinem Beteiligten angefochten worden sei, rechtskräftig geworden. Es sei danach allein zur Entscheidung über die Beschwerde der (Nicht-)Beteiligten zu 4 die Abgabe der Akten an das Oberlandesgericht geboten gewesen. Dass das Nachlassgericht bei dieser Gelegenheit den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen habe (obwohl sich weder rechtlich noch tatsächlich neue Gesichtspunkte ergeben hätten), sei überraschend und verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.
Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass kein Testament existiere und folglich die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Auf die abweichende Darstellung der Beteiligten zu 4 komme es nicht an, weil ihr nach § 345 Abs. 1 FamFG keine Beteiligtenstellung zukomme. Nachdem offenbar niemand ein der vorliegenden Kopie entsprechendes Testament gesehen habe, bestreiten die Beteiligten zu 1 und 2 mit Nichtwissen, dass ein solches jemals existiert habe. Es könne sich um eine Fälschung handeln oder um einen reduzierten oder ergänzten Zusammenschnitt von Originalschriftstücken bzw. Entwürfen. Auffällig sei, dass sich die Unterschriften auf den beiden Seiten in Schreibweise und Schriftbild deutlich unterschieden. Es erscheine deshalb ausgeschlossen, dass sie „zeitgleich“ vollzogen worden seien. Möglicherweise stamme nur eine der beiden Unterschriften vom Erblasser. Unter diesen Umständen könne die formwirksame Testamentserrichtung nur aufgrund der Vorlage des (angeblichen) Originaltestaments festgestellt werden.
Allein für den Fall, dass ein formwirksames Testament entsprechend der vorliegenden Kopie existiert habe, sei davon auszugehen, dass der Erblasser dieses in Widerrufsabsicht vernichtet habe. Nur die lebzeitige Vernichtung wäre dann eine plausible Erklärung dafür, dass das Original nicht auffindbar sei. Dafür spreche auch, dass der Erblasser in den Tagen vor seinem Tod trotz des herzlichen Verhältnisses zu seiner Familie das Testament nicht erwähnt habe. Ggfs. habe er ein durch die Insolvenz des Beteiligten zu 2 veranlasstes Testament nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vernichtet.
Mit weiterem Beschluss vom 5. August 2020 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, die Beteiligten zu 1 und 2 hätten in ihrem Erbscheinsantrag, dessen Inhalt sie an Eides statt versichert hätten, angegeben, der Erblasser habe das Originaltestament zu Lebzeiten vernichtet. Dem sei zu entnehmen, dass in der Vergangenheit ein wirksam errichtetes Testament des Erblassers existiert habe. Schreibweise und Schriftbild der Testamentskopie seien zum damaligen Zeitpunkt bekannt gewesen. Im Hinblick darauf genüge es nicht, die Existenz eines solchen Testaments mit Nichtwissen zu bestreiten.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben daraufhin vorgetragen, ihre Angaben im Erbscheinsantrag enthielten nicht etwa ein Anerkenntnis, dass ein der Kopie entsprechendes Testament existiert habe, noch weniger, dass ein solches wirksam errichtet worden sei, sondern nur die Schlussfolgerung, dass ein Testament, sollte es existiert haben, zu Lebzeiten vernichtet worden sei. Die Prüfung des Testaments habe von Amts wegen dem Nachlassgericht oblegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags vom 26. Februar 2020. Zwar hätte das Nachlassgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss vom 25. März 2020 nicht selbst verwerfen dürfen. Diese Entscheidung hätte gem. § 68 Abs. 2 FamFG dem Beschwerdegericht oblegen. Allerdings ist der Beschluss vom 23. Juni 2020 insoweit nicht angefochten worden; die Beteiligten zu 1 und 2 haben ihre Rechtsmittel auf die Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags in dem angefochtenen Beschluss beschränkt.
2.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässig und nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe gem. § 68 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. FamFG dem Senat zur Entscheidung angefallen.
Der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses steht nicht entgegen, dass das Nachlassgericht mit Beschluss vom 25. März 2020 die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1 und 2 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet hat. Denn das Nachlassgericht ist nicht an seinen (formell) rechtskräftigen Feststellungsbeschluss gebunden. Zeigt sich nach seinem Erlass, dass der danach zu erteilende Erbschein wegen Unrichtigkeit sofort wieder einzuziehen wäre (§ 2361 BGB), wäre es schon aus Kostengründen (§ 21 GNotKG) nicht vertretbar, ihn zu erteilen und sogleich wieder einzuziehen (Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, Rn. 97).
Das Nachlassgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der Senat geht aufgrund der Anhörung der Beteiligten zu 4 davon aus, dass der von ihr vorgelegten Kopie ein vom Erblasser eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament (§ 2247 Abs. 1 BGB) mit dem aus der Kopie ersichtlichen Inhalt zugrunde liegt.
Die Nichtexistenz eines vom Erblasser errichteten Testaments war entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 und 2 nicht als „unstreitig“ anzusehen, weil die Beteiligten zu 1 bis 3 dies übereinstimmend vertreten und die Beteiligte zu 4, die Abweichendes vorträgt, gem. § 345 Abs. 1 FamFG nicht als Beteiligte hätte hinzugezogen werden dürfen. Zwar ist es richtig, dass die Voraussetzungen einer Hinzuziehung nach § 345 Abs. 1 Nr. 5 FamFG im Hinblick auf die Beteiligte zu 4 an sich nicht vorlagen, weil ihr als möglicher Vermächtnisnehmerin lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Nachlass zustehen kann, hingegen keine eigenen Verfügungs- oder Anwartschaftsrechte (vgl. Schlögel, in: BeckOK FamFG, Stand: 1. Oktober 2020, § 345 Rn. 9). Jedoch gilt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG) und nicht, wie im Zivilprozess, der Beibringungsgrundsatz (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 17. Auflage 2020, Einleitung Rn. 37 ff.), weswegen der Möglichkeit, der Erblasser könnte ein der vorliegenden Kopie entsprechendes Testament errichtet haben, von Amts wegen nachzugehen war.
Die Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung wird nicht dadurch berührt, dass die Testamentsurkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar ist. Wenn in einem solchen Fall das Originaltestament nicht mehr vorgelegt werden kann und sich auch nicht bereits beim Nachlassgericht befindet, kann die Errichtung und der Inhalt eines Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel dargetan werden, wobei allerdings an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (KG FamRZ 2019, 1099 m.w.Nw.).
Der Senat ist aufgrund der Anhörung der Beteiligten zu 4 davon überzeugt, dass es sich bei dem auf den 3. September 2015 datierten Schriftstück um eine Kopie des vom Erblasser errichteten Originaltestaments handelt. Die Beteiligte zu 4 hat erklärt, der Erblasser habe kurz vor seinem Tod zu ihr gesagt, er müsse „was ganz Ernstes“ mit ihr reden. Sie solle den Umschlag in der Schublade oben im Schlafzimmer nach Geldern zum Amtsgericht bringen. Sie habe jedoch nicht geglaubt, dass der Erblasser sterben werde, und zu ihm gesagt, er werde doch wieder nach Hause kommen. Sie hätten beide geweint. Schon zu einem früheren Zeitpunkt habe der Erblasser zu ihr gesagt, sie würden beide älter und er habe ein Testament gemacht. Sie habe das Testament damals aber nicht gelesen. Einige Tage nach der Beerdigung habe sie den Umschlag aus der Schublade geholt und zum Gericht gebracht. Der Umschlag enthielt, wie im Termin vor dem Senat festgestellt wurde, die Testamentskopie, eine Vorsorgevollmacht sowie einen Fahrzeugbrief, der der Beteiligten zu 4 zurückgegeben wurde.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die sehr emotional vorgebrachte Schilderung der Beteiligten zu 4 zu bezweifeln. Zwar zeigte sie – möglicherweise aufgrund der Spannungen zur Familie des Erblassers – eine gewisse Tendenz, die Verbundenheit der Beteiligten zu 1 und 2 zum Erblasser herunterzuspielen. So räumte sie erst auf Vorhalt ein, dass diese beim Erblasser im Krankenhaus gewesen seien. Dies steht aber der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu den Anweisungen des Erblassers in Bezug auf die Testamentskopie sowie deren Auffindeort nicht entgegen. Soweit die Beteiligten zu 1 und 2 geltend machen, angesichts des herzlichen familiären Verhältnisses hätte ihnen der Erblasser in den Tagen vor seinem Tod von dem Testament erzählt, wenn ein solches noch bestanden hätte, handelt es sich um eine bloße Vermutung. Fest steht, dass der Erblasser nach dem Text der Kopie die Beteiligte zu 1 und die Kinder des Beteiligten zu 2 zu seinen Erben eingesetzt hat, was durchaus dafür spricht, dass er ein herzliches Verhältnis zu seinen Kindern und Enkelkindern hatte.
Anhaltspunkte für eine Fälschung der Kopie durch die Beteiligte zu 4 haben sich nicht ergeben.
Dagegen spricht insbesondere auch, dass es sich um einen längeren handschriftlichen und dadurch schwer zu fälschenden Text mit komplizierten Regelungen insbesondere zum Vorausvermächtnis und zur Vermächtnis- und Testamentsvollstreckung handelt. Die Beteiligte zu 4 ist darin nur in vergleichsweise geringem Umfang als Vermächtnisnehmerin bedacht. Wenn die Beteiligte zu 4 aber schon die Mühe einer Fälschung auf sich genommen haben sollte, wäre zu erwarten gewesen, dass sie versuchen würde, daraus einen größeren Vorteil für sich selbst zu ziehen (vgl. zu einem ähnlichen Fall OLG Hamburg, Beschluss vom 25. Januar 2019, 2 W 45/18 – zitiert nach juris).
Es sind auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass es sich bei dem der Kopie zugrundeliegenden Original lediglich um einen Entwurf gehandelt hätte und dies beim Kopieren unkenntlich gemacht worden wäre. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus den beiden auf der Testamentskopie vorhandenen Unterschriften des Erblassers. Gem. § 2247 Abs. 1 BGB muss die Erklärung des Erblassers eigenhändig ge- und unterschrieben sein, wobei die Unterschrift grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu erfolgen hat (Sticherling, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 2247 Rn. 28). Diesen Anforderungen genügt das anhand der vorliegenden Kopie ersichtliche Testament. Dass auf der ersten von zwei Seiten eine zusätzliche Unterschrift des Erblassers angebracht ist, die mit der am Schluss der Erklärung vorhandenen nicht deckungsgleich ist, spricht nicht gegen die Echtheit des zugrundeliegenden Originaltestaments. Die Abweichung der offensichtlich mit einem anderen Stift gefertigten Unterschrift auf der ersten Seite mag darauf beruhen, dass der Erblasser möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt die Unterschrift auch der ersten Seite für erforderlich gehalten hat. Letztlich kann das aber offenbleiben. Denn die beiden Unterschriften weichen nicht in dem Maße voneinander ab, dass von einer Fälschung einer der beiden Unterschriften auszugehen wäre. Vielmehr würde, gerade im Hinblick auf die Vermutung einer Fälschung, eine – hier nicht gegebene – vollständige Übereinstimmung Anlass zu Misstrauen geben.
Der Senat geht nicht davon aus, dass der Erblasser das Original des Testaments mit Widerrufsabsicht vernichtet hat, § 2255 BGB. Da es für einen Urkundenverlust vielfältige Erklärungen geben kann, begründet allein die Tatsache, dass das Originaltestament nicht auffindbar ist, noch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser mit Widerrufsabsicht vernichtet worden ist (Senat FamRZ 2019, 255; OLG Hamburg, Beschluss vom 25. Januar 2019, 2 W 45/18; KG FamRZ 2019, 1099 m.w.Nw.). Die Feststellungslast für eine Vernichtung durch den Erblasser in Widerrufsabsicht läge bei den Beteiligten zu 1 und 2. Diese haben hierzu nicht ausreichend vorgetragen. Insbesondere genügt ihr Vorbringen, der Erblasser hätte ihnen aufgrund des herzlichen familiären Verhältnisses in den Tagen vor seinem Tod von dem Testament erzählt, wenn ein solches noch bestanden hätte, nicht, um die Vernichtung hinreichend sicher feststellen zu können. Auch dass nach Beendigung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beteiligten zu 2 keine Veranlassung mehr bestanden haben mag, ihn von der Erfolge auszuschließen, lässt eine Vernichtung des Originaltestaments durch den Erblasser in Widerrufsabsicht nicht mit hinreichender Sicherheit annehmen. Vielmehr entspricht es der Erfahrung des für Beschwerden in Nachlasssachen zuständigen Senats, dass letztwillige Verfügungen häufig nicht angepasst werden, wenn sich die ihnen zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse ändern.
III.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG liegen nicht vor, da die entscheidungstragenden Erwägungen des Senats einzig auf einer Würdigung des gegebenen Einzelfalles beruhen.
Die Wertfestsetzung stützt sich auf §§ 40 Abs. 1 Nr. 2, 61 GNotKG. Dabei legt der Senat den vom Nachlassgericht in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten und von den Beteiligten nicht beanstandeten Nachlasswert zugrunde.