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Notarielles Nachlassverzeichnis – eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit

LG Kiel – Az.: 6 O 165/15 – Beschluss vom 08.02.2019

Die Klage wird auf ihrer zweiten Stufe abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten im Wege der Stufenklage nach Auskunftserteilung eine eidesstattliche Versicherung über den Bestand des Nachlasses des am 10.11.2010 verstorbenen Erblassers …, die Ermittlung des Wertes zweier Grundstücke aus dem Nachlass durch einen vereidigten Sachverständigen sowie die Zahlung des Pflichtteils in Höhe von mindestens 164.079,90 €.

Am 10.11.2010 starb der am 11.02.1923 geborene … (Erblasser). Aus dessen Ehe mit der bereits 1999 verstorbenen … entstammten drei Söhne, darunter der Kläger als mittlerer Sohn und der Beklagte als jüngster Sohn. Zum Zeitpunkt seines Todes lebte der Erblasser mit Frau … zusammen; sie waren nicht verheiratet.

Der Beklagte hinterließ insgesamt fünf Testamente. Ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Hamburg vom 08.01.2014 (Az. 72 – 76 VI 3589/10) beerbte der Beklagte den Erblasser als Alleinerben (vgl. Anlage B1). Die übrigen Söhne, darunter auch der Kläger, wurden vom Erblasser enterbt. Als Testamentsvollstrecker wurde … bestellt. Dieser erstellte 2 nicht übereinstimmende Nachlassverzeichnisse.

Vor seinem Ableben machte der Erblasser seiner Lebensgefährtin Frau … umfangreiche Zuwendungen. So überließ er ihr schenkweise eine Eigentumswohnung im Wert von 300.000,00 €, …, während der Partnerschaft mehrere Kraftfahrzeuge sowie im Jahre 2008 die Immobilie … (Grundbuch von …, Band …, Blatt … ) gegen Nießbrauch, deren Wert zwischen den Parteien unter anderem Gegenstand dieses Prozesses ist. Auskünfte bezüglich des Nachlasses verweigerte Frau … mit anwaltlichem Schreiben vom 27.08.2015 gegenüber dem das Nachlassverzeichnis erstellenden Notar.

Der Erblasser unterhielt unter anderem bei der … in … ein Konto (Nr. … ) sowie bei der … in … zwei Konten ( … und … ), welche im notariellen Nachlassverzeichnis nicht verzeichnet sind. Diese stattete der Erblasser jeweils mit sechsstelligen Beträgen in Schweizer Franken aus. Das Konto … wurde zwischen dem Kläger und dem Erblasser als Gemeinschaftskonto geführt; beide besaßen eine Vollmacht. Das Konto … wurde zwischen dem Beklagten und dem Erblasser als Gemeinschaftskonto geführt; beide besaßen ebenfalls eine Vollmacht. Vom Konto der … wurden in der Zeit von Januar 2001 bis Juli 2004 insgesamt 153.971,00 SFr abgehoben. Von den Konten der … wurden in der Zeit von Januar 2001 bis April 2006 27.200,00 SFr sowie 138.032,67 € abgehoben.

Bei der Bank … unterhielt der Erblasser ein Konto mit einem Termingeld in Höhe von 664.830,00 €. Dieses wurde bei der Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs aus Kulanz des Beklagten und in Absprache mit dem Finanzamt mit einem Nominalwert von 82 % berücksichtigt.

Hinsichtlich des mobilen Nachlasses des Erblassers trafen der Kläger und der Beklagte eine Auseinandersetzungsvereinbarung, wonach der Kläger Gegenstände im Wert von 30.841,00 € und der Beklagte Gegenstände im Wert von 11.322,00 € erhielt.

Der Erblasser unterhielt des Weiteren ein Konto bei der …, das zum Zeitpunkt des Erbfalles ein Guthaben in Höhe von 342.528,40 € aufwies, dessen Guthaben ihm, Frau … sowie deren Tochter Frau … zu je einem Drittel zustand. Wirtschaftlich Berechtigter sollte ausschließlich der Erblasser sein. Erträge dieses Kontos wurden in … nicht versteuert. Die Höhe der Steuerschulden gab der Testamentsvollstrecker mit 30.000,00 € an, die nach Vereinbarung mit dem Finanzamt … vom 06.03.2014 vom Erblasser zu tragen sein sollten.

Mit Schreiben von 04.03.2014 und vom 31.03.2014 erteilte der Beklagte Auskunft hinsichtlich des Nachlasses und gab diesen nach Abzug der Passiva mit einer Höhe von 1.868.562 € an (Nachlasswert in Höhe von 1.967.687,00 €, Verbindlichkeiten in Höhe von 99.125,00 €). In der Folge leistete der Beklagte Zahlungen in Höhe von 272.674,42 € an den Kläger zur Erfüllung von dessen Pflichtteilsanspruch.

Der Beklagte erkannte den Klageantrag zu 1. mit Schriftsatz vom 26.02.2015 unter Protest gegen die Kostenlast an. Am 23.04.2015 erging hinsichtlich des Klageantrages zu 1. ein Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts … (Az.: … ), welches dem Beklagten am 29.04.2015 und dem Kläger am 30.04.2015 jeweils gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurde. Mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses wurde zunächst die Notarin … des Notariats … in … beauftragt, der der Beklagte den Auftrag acht Tage später aus persönlichen Gründen entzog. Daraufhin beauftragte der Beklagte Herrn Notar … des Notariats … in …, der seiner Amtspflicht zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses erst nachkam, nachdem der Kläger gegen den Beklagten einen Antrag auf Androhung von Zwangsgeld stellte und das Gericht den Beklagten veranlasste, disziplinarrechtliche Schritte gegen den Notar … vor dem Landgericht … einzuleiten.

Hinsichtlich des Umfangs, der Höhe und den weiteren Einzelheiten des Nachlasses wird auf das notarielle Nachlassverzeichnis des Notars … vom 11.10.2016 (Urkundenrollennummer … ) verwiesen.

Der Kläger behauptet, zwischen dem Vortrag des Beklagten im hiesigen Verfahren und dem notariellen Nachlassverzeichnis bestünden unterschiedliche Aussagen, sodass Grund zu der Annahme bestehe, dass der Beklagte die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt habe.

Der Kläger beantragt auf zweiter Stufe sinngemäß, den Beklagten zu verurteilen, vor der zuständigen Stelle die Richtigkeit der Angaben im notariellen Nachlassverzeichnis an Eides statt zu versichern.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist auf ihrer zweiten Stufe unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.

Nach den Vorschriften der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB hat der Verpflichtete zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen und den Bestand so vollständig angegeben hat, als er dazu imstande ist. Voraussetzung hierfür ist, dass Grund zu der Annahme besteht, dass die in der Rechnung bzw. dem Bestand enthaltenen Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sind. Maßgeblich hierfür ist das Gesamtverhalten des Schuldners (Palandt/Grüneberg, 78. Auflage 2019, § 259 Rn. 13). Hierfür genügt es nicht, dass der Schuldner früher die Rechnungslegung verweigert hat (BGH, Urteil vom 23.03.1966 – VIII ZR 295/63). Auch die Unrichtigkeit oder die Unvollständigkeit begründen keinen Anspruch auf Abgabe der Versicherung, wenn sie auf entschuldbarer Unkenntnis oder einem unverschuldeten Irrtum beruhen (Palandt/Grüneberg, 78. Auflage 2019, § 259 Rn. 13 m.w.N.).

Es bestehen entgegen der Auffassung des Klägers keine ernsthaften Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Beklagten erteilten Auskunft. Wie sich aus dem Schriftverkehr des Beklagten mit dem von ihm beauftragten Notar ergibt, hat der Beklagte alles in seiner Macht stehende getan, um das zähe Verfahren des Erstellens des Nachlassverzeichnisses durch den Notar zum Abschluss zu bringen. Dies beinhaltete nicht nur die mehrfache Zurverfügungstellung aller erforderlichen Unterlagen, mehrfaches schriftliches Einwirken auf den beauftragten Notar, sondern auch die Einleitung disziplinarrechtlicher Mittel vor dem Landgericht … .

Die vom Kläger angemahnten Positionen des notariellen Nachlassverzeichnisses geben keinen Grund zur Beanstandung. Unklarheiten hat der Beklagte mit Schriftsatz 15.02.2018 nachvollziehbar beseitigt.

Der Einwand des Klägers, dass der Beklagte mit dem Nachlassverzeichnis vom 04.03.2014 noch unzutreffenderweise angegeben hatte, er habe selbst vom Erblasser in 10 Jahren vor dem Erbfall 123.224,00 € erhalten, läuft ins Leere, da der Beklagte diese Zahl auf 168.224,00 € berichtigt hat. Die Berichtigung erfolgte mit Einschreiben an den Kläger, welches diesem am 14.04.2014 auch zugegangen ist. Das wurde von der Klägerseite nicht bestritten.

Unklarheiten bestehen auch nicht insoweit, als dass es in dem notariellen Nachlassverzeichnis auf Seite 15 zunächst heißt, dass in dem Zeitraum von 10 Jahren vor dem Erbfall an den Kläger Schenkungen in Höhe von 218.187,00 € erfolgten. Der Notar gibt nämlich auf Seite 16 Ziffer 3 des notariellen Nachlassverzeichnisses kund, dass sich aus den ihm vorliegenden Kontoauszügen zu allen bekannten Bankkonten keine ausdrücklich als Schenkungen gekennzeichneten Geldabgänge ergeben und dass der Erbe auf seine Nachfrage hin erklärte, dass ihm nichts über etwaige Schenkungen bekannt sei.

Schließlich sind entgegen der Auffassung des Klägers auch bezüglich der Konten bei der … keine Unklarheiten oder Widersprüche gegeben. Die Angabe des Beklagten in seiner eigenen Erklärung vom 04.03.2014, dass sich bei der … ein Vermögen in Höhe von 541.354,00 € befinde, ist zutreffend und deckt sich mit den Angaben im notariellen Nachlassverzeichnis. Die Gesamtsumme setzt sich wie folgt zusammen: aus einem Betrag in Höhe von 534.301,00 € auf Seite 11 Ziffer 5a des notariellen Nachlassverzeichnisses, der sich auf das Depot mit der Nummer … bezieht, aus einem Betrag in Höhe von 3.844,16 € auf Seite 9 Ziffer 4d des notariellen Nachlassverzeichnisses, der sich auf das Konto … bezieht und aus einem Steuerkonto bei der … mit einem Betrag in Höhe von 3.209,00 € (Seite 11 Ziffer 5a des notariellen Nachlassverzeichnisses). Zusammengerechnet gelangt man auf eine Summe von 541.354,16 €, der nahezu dem Betrag entspricht, den der Beklagte am 04.03.2014 benannt hat. Der Betrag von 342.528,40 € der … auf Seite 10 Ziffer 4e des notariellen Nachlassverzeichnisses, der gesondert zu betrachten ist, ist zu je ein Drittel auf …, … und den Beklagten gegangen. Das ist ebenfalls unstreitig.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht zu treffen, da das Urteil keinen vollstreckbaren Inhalt hat.

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