Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Erbrecht im Fokus: Patenkinder als Schlusserben und ihre Herausforderungen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für Patenkinder als Erben im Testament?
- Was bedeutet die Einsetzung als Schlusserbe und welche Rechte entstehen daraus?
- Wie bindend sind Schlusserbenregelungen in gemeinschaftlichen Testamenten?
- Welche Änderungsmöglichkeiten hat der überlebende Ehegatte bei der Schlusserbenregelung?
- Was müssen Erblasser bei der Formulierung von Schlusserbenregelungen beachten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Das Urteil behandelt die Auslegung eines gemeinschaftlichen notariellen Testaments, in dem kinderlose Ehegatten ihre Patenkinder als Schlusserben einsetzen.
- Problematisch ist die Frage nach der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen im Testament, ob also die Schlusserbeneinsetzung gegenseitig bindend war.
- Die Patenkinder, beide Verwandte der Ehegatten, sollen nach Auffassung des Gerichts gleichgestellt als Schlusserben gelten.
- Im Testament wird keine explizite Wechselbezüglichkeit genannt, die Auslegung ergibt jedoch, dass diese vorliegt.
- Nach § 2270 BGB gilt eine Verfügung als wechselbezüglich, wenn sie in gegenseitiger Abhängigkeit getroffen wurde; dies legt das Gericht hier zugrunde.
- Das notarielle Testament des Erblassers aus dem Jahr 2019, das eine Änderung der Erbenstellung zugunsten der zweiten Ehefrau vorsah, wird als unwirksam erklärt.
- Die Systematik und der Wortlaut des ursprünglichen Testaments verdeutlichen die Absicht der Ehegatten, dass die Patenkinder untereinander nicht nach Familienstämmen getrennt werden sollten.
- Die handschriftlichen Testamente, die die zweite Ehefrau als Alleinerbin bestimmen, sind nicht formwirksam errichtet worden.
- Durch den Ausschluss der einseitigen Testamentsänderung bleibt die ursprüngliche Testamentsverfügung zugunsten der Patenkinder bestehen.
- Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens gehen zu Lasten der Beschwerdeführerin, da die Beschwerde erfolglos bleibt.
Erbrecht im Fokus: Patenkinder als Schlusserben und ihre Herausforderungen
Das Erbrecht regelt die Vermögensübertragung eines Verstorbenen und die Ansprüche der Erben. Bei der Testamentsgestaltung können individuelle Wünsche in Bezug auf die Erbfolge berücksichtigt werden. Ein Notarielles Testament, das durch eine notarielle Beurkundung erstellt wird, bietet dabei Rechtssicherheit und stellt sicher, dass die testamentarischen Verfügungen im Ernstfall auch wirksam sind. Patenkinder können als Schlusserben eingesetzt werden, was den rechtlichen Rahmen für die Nachlassregelung entscheidend beeinflussen kann.
In vielen Fällen wird die gesetzliche Erbfolge nicht den persönlichen Vorstellungen des Erblassers gerecht. Eine sorgfältige Erbfolgeplanung ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Erbe in der gewünschten Weise verteilt wird. Anschließend wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Einsetzung von Patenkindern als Schlusserben beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Patenkinder als Schlusserben: Bindende Wirkung im gemeinschaftlichen Testament
Das Oberlandesgericht München hat die Wirksamkeit der Schlusserbenregelung eines gemeinschaftlichen Testaments bestätigt.
Ein kinderloses Ehepaar hatte in einem notariellen Testament aus dem Jahr 2001 ihre beiden Patenkinder zu je 1/2 als Schlusserben eingesetzt. Der später verstorbene Ehemann versuchte 2019, die Erbeinsetzung eines der Patenkinder zugunsten seiner zweiten Ehefrau zu ändern.
Notarielle Verfügung mit klarer Bindungswirkung
Die Eheleute hatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament verfügt, dass sie sich zunächst gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Für den Fall des Todes des Längstlebenden bestimmten sie „unsere Patenkinder“ – einen Neffen der ersten Ehefrau und eine Enkelin des Bruders des Ehemannes – zu gleichen Teilen als Schlusserben. Das Testament enthielt zudem die Regelung, dass der Überlebende die Schlusserbfolge nur dahingehend ändern dürfe, dass eine Hälfte des Nachlasses an Abkömmlinge der Geschwister des Ehemannes und die andere Hälfte an Abkömmlinge der Geschwister der Ehefrau fallen müsse.
Gescheiterte Testamentsänderung des Witwers
Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete der Mann erneut. In einem notariellen Testament von 2019 versuchte er, eines der Patenkinder durch seine zweite Ehefrau als Erbin zu ersetzen. Drei weitere handschriftliche Testamente aus den Jahren 2020 und 2021, die seine zweite Ehefrau als Alleinerbin vorsahen, waren nicht formwirksam erstellt worden.
Gericht bestätigt Wechselbezüglichkeit der Verfügungen
Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde der zweiten Ehefrau zurück. Die Richter legten das gemeinschaftliche Testament dahingehend aus, dass die Schlusserbenregelung für beide Patenkinder wechselbezüglich und damit bindend war. Dafür sprach insbesondere die Formulierung „unsere Patenkinder“ ohne Zuordnung zu einem der Ehegatten. Auch die begrenzte Änderungsbefugnis des überlebenden Ehegatten und die Regelung zu den Ersatzschlusserben zeigten, dass die Eheleute die Patenkinder gemeinsam als Schlusserben einsetzen wollten.
Ungültigkeit der späteren Testamentsänderung
Die vom Erblasser 2019 vorgenommene notarielle Änderung des Testaments zugunsten seiner zweiten Ehefrau war unwirksam, da sie die wechselbezügliche Erbeinsetzung des Patenkindes betraf. Die eng gefasste Änderungsbefugnis im ursprünglichen Testament erlaubte dem überlebenden Ehegatten lediglich Änderungen innerhalb des festgelegten Kreises der Abkömmlinge der Geschwister beider Ehegatten. Die zweite Ehefrau gehörte nicht zu diesem Personenkreis.
Die Schlüsselerkenntnisse
Wenn Ehepartner in einem gemeinschaftlichen Testament Patenkinder als Schlusserben einsetzen und diese als „unsere Patenkinder“ bezeichnen, kann dies eine bindende Wirkung entfalten – selbst wenn die Patenkinder jeweils nur mit einem der Ehepartner verwandt sind. Die gemeinsame Bezeichnung als „unsere Patenkinder“ ist ein starkes Indiz dafür, dass die Erbeinsetzung nicht einseitig geändert werden kann. Der überlebende Ehegatte kann die Erbeinsetzung dann auch nicht zugunsten eines neuen Ehepartners ändern, wenn im Testament keine ausdrückliche Regelung zur Bindungswirkung getroffen wurde.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments sollten Sie besonders auf die Formulierungen achten, mit denen Sie Erben einsetzen. Verwenden Sie Begriffe wie „unsere Kinder“ oder „unsere Patenkinder“, schaffen Sie damit möglicherweise eine dauerhafte Bindung, die der überlebende Partner später nicht mehr ändern kann – auch nicht bei einer Wiederheirat. Lassen Sie sich vor der Testamentserrichtung rechtlich beraten, um die gewünschten Bindungswirkungen klar festzulegen. Bereits kleine Formulierungsunterschiede können große Auswirkungen auf die späteren Gestaltungsmöglichkeiten haben.
Benötigen Sie Hilfe?
Die rechtssichere Gestaltung Ihres Testaments erfordert besondere Sorgfalt bei der Wortwahl und dem Verständnis der Bindungswirkungen. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihre persönliche Situation und entwickeln mit Ihnen eine maßgeschneiderte Lösung, die Ihren Willen auch für die Zukunft rechtssicher abbildet. In einem persönlichen Gespräch können wir gemeinsam klären, wie Sie Ihre Vermögensnachfolge optimal gestalten. ✅ Jetzt Kontakt aufnehmen!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für Patenkinder als Erben im Testament?
Patenkinder haben keine automatische gesetzliche Erbenstellung. Die reine Patenschaft begründet kein gesetzliches Erbrecht, selbst wenn eine enge persönliche Beziehung besteht.
Einsetzung im Testament
Bei der testamentarischen Einsetzung von Patenkindern als Erben müssen besondere rechtliche Aspekte beachtet werden. Die Erbeinsetzung muss eindeutig und klar formuliert sein. Bei der Formulierung „unsere Patenkinder“ als Erben in einem gemeinschaftlichen Testament werden alle Patenkinder der Ehepartner gleichermaßen als Erben eingesetzt.
Wechselbezüglichkeit bei gemeinschaftlichen Testamenten
Bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehepaaren ist die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen zugunsten von Patenkindern ein zentraler Aspekt. Eine wechselbezügliche Verfügung bedeutet, dass der überlebende Ehegatte die Erbeinsetzung nach dem Tod des ersten Ehegatten nicht mehr ändern kann.
Voraussetzungen für die Bindungswirkung
Die Bindungswirkung bei der Erbeinsetzung von Patenkindern tritt nicht automatisch ein. Entscheidend ist die persönliche Beziehung zwischen Erblasser und Patenkind. Ein bloßes Patenverhältnis oder ein freundschaftliches Verhältnis reicht für eine bindende Wechselbezüglichkeit nicht aus. Die Beziehung muss vielmehr einer familiären Bindung entsprechen.
Gestaltungsmöglichkeiten
Die Erbeinsetzung von Patenkindern kann auf verschiedene Arten erfolgen:
- Als Schlusserben nach dem Tod beider Ehepartner
- Als Miterben neben anderen Erben
- Als Vermächtnisnehmer für bestimmte Vermögenswerte
Die gewünschte Regelung sollte im Testament präzise formuliert werden, um spätere Auslegungsprobleme zu vermeiden.
Was bedeutet die Einsetzung als Schlusserbe und welche Rechte entstehen daraus?
Die Einsetzung als Schlusserbe erfolgt typischerweise in einem gemeinschaftlichen Testament, bei dem zunächst der überlebende Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt wird. Der Schlusserbe erbt erst nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten das gesamte noch vorhandene Vermögen.
Position und Rechtsstellung
Als Schlusserbe erhalten Sie nach dem Tod des zweiten Ehegatten das gesamte verbliebene Vermögen beider Ehepartner als Einheit. Dies bedeutet, dass die Vermögensmassen beider Ehepartner zu einer einzigen verschmelzen. Der überlebende Ehegatte kann bis zu seinem Tod grundsätzlich frei über das geerbte und eigene Vermögen verfügen.
Besonderheiten der Rechtsstellung
Wenn Sie als Schlusserbe eingesetzt sind, sind Sie beim ersten Erbfall zunächst enterbt. In dieser Phase steht Ihnen jedoch ein Pflichtteilsanspruch zu. Nach dem Tod des zweiten Ehegatten werden Sie dann zum Alleinerben des Gesamtvermögens.
Bindungswirkung der Einsetzung
Die Schlusserbeneinsetzung zeigt für beide Ehegatten eine gesetzliche Bindungswirkung nach § 2271 BGB. Dies bedeutet, dass der überlebende Ehegatte die Bestimmung des Schlusserben nicht einseitig ändern oder aufheben kann. Diese Regelung dient dem Schutz des gemeinsamen letzten Willens der Ehepartner.
Der überlebende Ehegatte kann von der Verfügung nur zurücktreten, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt oder in Fällen einer rechtlich zulässigen Pflichtteilsentziehung nach § 2336 BGB. Stellen Sie sich vor, Sie sind als Schlusserbe eingesetzt – dann können Sie sich darauf verlassen, dass diese Einsetzung auch nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten Bestand hat.
Wie bindend sind Schlusserbenregelungen in gemeinschaftlichen Testamenten?
Schlusserbenregelungen in gemeinschaftlichen Testamenten sind grundsätzlich bindend und können nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten nicht mehr einseitig geändert werden. Diese Bindungswirkung tritt ein, wenn die Verfügungen wechselbezüglich sind, also die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre.
Wechselbezüglichkeit und ihre Folgen
Die Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung führt dazu, dass der überlebende Ehegatte keine beeinträchtigenden Verfügungen mehr treffen kann. Dies betrifft insbesondere:
- Die Enterbung der Schlusserben
- Die Verringerung der Erbquote
- Die Beschwerung mit einem Vermächtnis
- Die Einsetzung eines Nacherben
Ausnahmen von der Bindungswirkung
Eine Änderung der Schlusserbenregelung ist nur in folgenden Fällen möglich:
Wenn die Ehegatten im Testament einen ausdrücklichen Änderungsvorbehalt vereinbart haben. Ein solcher Vorbehalt muss bereits bei der Testamentserrichtung festgelegt werden.
Der überlebende Ehegatte kann sich von der Bindung befreien, indem er die Erbschaft ausschlägt. In diesem Fall kann er über sein eigenes Vermögen neu testieren.
Besonderheiten bei der Testamentsauslegung
Bei der Frage der Bindungswirkung kommt es auf die konkrete Auslegung des Testaments an. Enthält das Testament keine klare Regelung zur Wechselbezüglichkeit, muss der gemeinsame Wille der Ehegatten durch Auslegung ermittelt werden. Dabei ist besonders zu beachten, wie die Schlusserben im Testament bezeichnet werden und ob eine besondere Beziehung zu beiden Ehegatten besteht.
Welche Änderungsmöglichkeiten hat der überlebende Ehegatte bei der Schlusserbenregelung?
Nach dem Tod des ersten Ehegatten ist der überlebende Ehegatte bei einem Berliner Testament grundsätzlich an die gemeinsam getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen gebunden. Dies bedeutet, dass der Überlebende die festgelegte Schlusserbfolge nicht mehr eigenständig ändern kann.
Ausnahmen von der Bindungswirkung
Eine Änderung der Schlusserbfolge ist nur in folgenden Fällen möglich:
- Wenn im Testament ein ausdrücklicher Änderungsvorbehalt vereinbart wurde
- Bei Ausschlagung der Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten
- Wenn die Eheleute dies im Testament gemeinsam festgelegt haben
Gestaltung des Änderungsvorbehalts
Wenn Sie einen Änderungsvorbehalt in Ihr Testament aufnehmen möchten, können Sie dessen Umfang individuell festlegen:
- Vollständige Testierfreiheit: Der überlebende Ehegatte darf die Erbeinsetzung und Verteilung komplett neu regeln
- Eingeschränkte Änderungsbefugnis: Nur die Erbquoten dürfen angepasst werden, nicht aber die Person des Erben
- Bedingte Änderungsmöglichkeit: Änderungen sind nur bei bestimmtem Fehlverhalten der Schlusserben zulässig
Grenzen der Änderungsbefugnis
Auch bei einem vereinbarten Änderungsvorbehalt bestehen wichtige Einschränkungen:
Die Gerichte prüfen bei der Ausübung des Änderungsvorbehalts den mutmaßlichen Willen beider Ehegatten. Ein Änderungsvorbehalt berechtigt beispielsweise nicht dazu, eine neue Lebensgefährtin anstelle der gemeinsamen Kinder als Erbin einzusetzen.
Bei der Auslegung des Änderungsvorbehalts wird zudem berücksichtigt, ob ein sachlicher Grund für die Änderung vorliegt. Ein bloßer Kontaktabbruch der Kinder reicht als Grund nicht aus, wenn dieser durch das eigene Verhalten des überlebenden Ehegatten verursacht wurde.
Was müssen Erblasser bei der Formulierung von Schlusserbenregelungen beachten?
Bei der Formulierung von Schlusserbenregelungen ist die eindeutige und präzise Bestimmung der Schlusserben von entscheidender Bedeutung. Die Erbeinsetzung sollte klar erkennen lassen, ob eine wechselbezügliche Verfügung beabsichtigt ist.
Klare Identifikation der Schlusserben
Die Schlusserben müssen unmissverständlich benannt werden. Wenn Sie beispielsweise Patenkinder als Schlusserben einsetzen möchten, sollten diese namentlich genannt und nicht nur als „unsere Patenkinder“ bezeichnet werden. Zusätzlich empfiehlt sich die Angabe des Geburtsdatums oder anderer eindeutiger Identifikationsmerkmale.
Festlegung der Bindungswirkung
Im Testament muss ausdrücklich geregelt werden, ob die Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich sein soll. Der überlebende Ehegatte ist dann nach dem Tod des ersten Ehegatten an diese Verfügung gebunden und kann sie nicht mehr ändern.
Regelung von Ersatzszenarien
Es sollten Ersatzregelungen für verschiedene Szenarien getroffen werden:
- Vorversterben eines Schlusserben
- Ausschlagung der Erbschaft
- Wegfall eines Schlusserben aus anderen Gründen
Vermeidung von Interpretationsspielraum
Die Formulierungen im Testament sollten keine Auslegungsspielräume lassen. Verzichten Sie auf unklare Zeitangaben wie „bei gleichzeitigem Ableben“ oder ungenaue Personenbezeichnungen. Seit dem 1. Januar 2023 haben Erblasser durch die Reduzierung der Pflichtteile mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Bestimmung von Schlusserben.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Schlusserbe
Ein Schlusserbe ist derjenige, der das Erbe erhält, nachdem ein vorab eingesetzter Erbe verstorben ist oder sein Erbteil anderweitig entfällt. In einem Ehepaar-Testament kann ein Schlusserbe festgelegt werden, um sicherzustellen, dass der Nachlass nach dem Tod des überlebenden Partners an eine bestimmte Person weitergegeben wird. Im deutschen Erbrecht ist diese Regelung besonders wichtig, um den letzten Wille des Erblassers festzuhalten und zu erfüllen. Beispiel: Ein Ehepaar setzt sich zunächst gegenseitig als Erben ein und bestimmt, dass nach dem Tod des zuletzt Verstorbenen die Patenkinder das Erbe erhalten sollen.
Notarielles Testament
Ein notarielles Testament ist ein Testament, das von einem Notar beurkundet wird. Es bietet eine hohe Rechtssicherheit, da der Notar die Testierfähigkeit der Person prüft und den Inhalt rechtlich korrekt festhält. Das notarielle Testament verhindert häufig spätere Anfechtungen oder Fehler, die bei einem privat geschriebenen Testament auftreten können. Nach § 2232 BGB kann ein notarielles Testament mündlich vor dem Notar erklärt oder schriftlich übergeben werden. Beispiel: In dem beschriebenen Fall hätte der Mann mit einem notariellen Testament versucht, seine zweite Ehefrau als Erbin einzusetzen.
Wechselbezüglichkeit
Wechselbezüglichkeit bezieht sich auf Verfügungen in einem gemeinsamen Testament, bei denen die Verfügung des einen Ehepartners an die Verfügung des anderen gebunden ist. Wird eine dieser Verfügungen nach dem Tod eines Partners geändert, ist dies oft nicht ohne Weiteres zulässig. Diese Bindung soll sicherstellen, dass der letzte Wille beider Partner respektiert wird. Beispiel: Im Fall des kinderlosen Ehepaars waren die Erbeinsetzungen der Patenkinder wechselbezüglich, was bedeutet, dass der überlebende Ehegatte sie nicht zugunsten seiner neuen Frau ändern konnte.
Gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament, auch Ehegattentestament genannt, ist ein Testament, das von zwei verheirateten Personen gemeinsam verfasst wird. Es ermöglicht Paaren, ihre letzten Verfügungen gemeinsam zu planen und festzulegen. Die Besonderheit ist, dass eine Änderung nach dem Tod eines Partners oft nur eingeschränkt möglich ist. § 2265 BGB regelt diese Form von Testament. Beispiel: Das beschriebene kinderlose Ehepaar hat ein gemeinschaftliches Testament verfasst, in dem sie zuerst sich selbst und danach ihre Patenkinder als Erben einsetzten.
Erbfolge
Die Erbfolge bestimmt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erhält. Sie kann durch ein Testament individuell geplant oder durch das gesetzliche Erbrecht vorgegeben werden, wenn kein Testament vorhanden ist. Das BGB regelt die gesetzliche Erbfolge ab § 1924 BGB. Beispiel: Das kinderlose Ehepaar regelte die Erbfolge in ihrem Testament, um ihre Patenkinder als Schlusserben festzulegen, abweichend von einer rein gesetzlichen Erbfolge.
Änderungsbefugnis
Die Änderungsbefugnis bezeichnet das Recht, ein bestehendes Testament zu ändern oder zu widerrufen. Bei gemeinschaftlichen Testamenten sind die Änderungsmöglichkeiten oft eingeschränkt, insbesondere nach dem Tod eines Partners. Dies soll sicherstellen, dass der ursprünglich festgelegte Wille beider Partner respektiert bleibt, wie im § 2271 BGB beschrieben. Beispiel: Der überlebende Ehemann konnte die Schlusserbenregelung nicht ändern, da die Änderungsbefugnis im ursprünglichen Testament stark begrenzt war.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 2271 BGB: Diese Vorschrift regelt die Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung in gemeinschaftlichen Testamenten. Ein gemeinschaftliches Testament kann so ausgelegt werden, dass die Erbeinsetzungen des ersten Verstorbenen für den Überlebenden bindend sind, insbesondere wenn im Testament keine abweichende Regelung getroffen wurde. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob die Einsetzung der Patenkinder als Schlusserben als wechselbezüglich zu verstehen ist, was erhebliche Auswirkungen auf die Vererbung hat.
- § 2044 BGB: Diese Bestimmung beinhaltet, dass das ganze Testament als zusammenhängendes Werk zu betrachten ist und dass die verschiedenen Bestimmungen in ihrem Zusammenspiel zu betrachten sind. Im konkreten Fall ist die Auslegung der Schlusserbeneinsetzung in Verbindung mit der Verfügung der Überlebenden Ehefrau von Relevanz, da unterschiedliche Testamentsversionen zu verschiedenartigen Erbfolgen führen können.
- § 2231 BGB: Dieser Paragraph bezieht sich auf die Wirksamkeit und die Form von Testamenten. Ein gemeinschaftliches Testament muss notariell beurkundet werden, um rechtsgültig zu sein. Dies ist entscheidend, da es sicherstellt, dass der Wille der Erblasser klar und rechtssicher dokumentiert ist. Die im Fall angeführten Änderungen des Erblassers zu den Schlusserben sind durch ein notarielles Testament erfolgt, was die Gültigkeit der Veränderungen untermauert.
- § 2064 BGB: Dieser Paragraph regelt die Erbenstellung und die Einsetzung von Ersatzerben. Im kontextuellen Zusammenhang bedeutet dies, dass die Regelung von Ersatzschlusserben wichtig ist, wenn die ursprünglich bestimmten Erben nicht mehr existent sind oder das Erbe ausschlagen. Der Fall zeigt, dass die aktuelle Regelung für die Ersatzschlusserben von Bedeutung ist, wenn die Teilhabe der Patenkinder an der Erbschaft im Raum steht.
- § 2296 BGB: Diese Vorschrift behandelt die Erbfolge im Fall der Testamentsänderung und die zeitliche Reihenfolge der Testamente. Der Fall ist hier relevant, da der Erblasser in seinem letzten Testament klar regelt, dass die Beteiligte zu 1 als Erbin eingesetzt wird, was die vorherige Testamentsregelung beeinflusst. Die komplexen Testamentsänderungen bringen eine rechtliche Herausforderung mit sich, die eine präzise Auslegung der geltenden Vorschriften erfordert.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Beschl. v. 30.1.2024 – Az.: 34 Wx 191/23 e
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.