OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 268/14 – Beschluss vom 03.06.2016
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung über die Anträge der Beteiligten vom 24. März 2014 nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe zu II. an das Nachlassgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Erblasser hatte – ausschließlich – die niederländische Staatsangehörigkeit. Er war mit der Beteiligten in einziger Ehe im Güterstand der Gütergemeinschaft niederländischen Rechts verheiratet. Aus der Ehe ist ein Sohn hervorgegangen; dieser hat im Verfahren vor dem Nachlassgericht mit Schreiben vom 26. August 2014 erklärt, er habe keine Einwendungen gegen die Erteilung des von der Beteiligten beantragten Erbscheins und Testamentsvollstreckerzeugnisses, auf weitere Benachrichtigungen im Erbscheinsverfahren verzichte er.
Am 9. Mai 1994 errichteten sowohl der damals in den Niederlanden wohnende Erblasser als auch die Beteiligte jeweils ein Testament vor einem Notar mit Amtssitz in den Niederlanden; die beiden Testamente sollen einander inhaltlich entsprechen. Nur die letztwillige Verfügung der Beteiligten liegt in deutscher Übersetzung vor. Danach werden – unter anderem – zu Erben zu gleichen Teilen der Ehepartner und die Kinder berufen, zugleich unter Bezugnahme auf Vorschriften des damaligen niederländischen Rechts eingehende Anordnungen zur Auseinandersetzung getroffen und der Ehepartner als Testamentsvollstrecker benannt.
Der in Kleve verstorbene Erblasser hatte vor seinem Tode seinen gewöhnlichen Aufenthalt für mehr als fünf Jahre in Deutschland. Sein Nachlass besteht unter anderem aus Grundbesitz in Kleve.
Mit notarieller Urkunde vom 24. März 2014 hat die Beteiligte beantragt, ihr einen Erbschein, wonach sie Alleinerbin nach dem Erblasser geworden sei, sowie ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das Nachlassgericht diese Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt: Der hiesige Erbfall beurteile sich nach deutschem Erbrecht. Die im Testament getroffenen Anordnungen widersprächen jedoch den Vererbungsregeln des deutschen Rechts. Hiernach könne nur davon ausgegangen werden, dass der Ehepartner und das Kind gleichermaßen Erben sein sollten und dem Ehepartner bei der Auseinandersetzung Gegenstände zuzuweisen seien, nicht hingegen davon, dass der Ehepartner zum alleinigen Erben berufen werde. Bereits aus diesem Grunde seien die Anträge der Beteiligten insgesamt als unbegründet abzuweisen.
Gegen diesen ihr am 12. November 2014 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte mit ihrem am 17. November 2014 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel. Diesem hat das Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 20. November 2014 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte Bezug genommen.
II.
Gemäß Art. 229 § 36 EGBGB sind auf Verfahren zur Erteilung von Erbscheinen nach einem Erblasser, der vor dem 17. August 2015 verstorben ist, das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Nichts anderes gilt für Verfahren zur Erteilung von Testamentsvollstreckerzeugnissen, § 2368 Satz 2, 1. Halbs. BGB. Hiernach finden auf den vorliegenden Fall die Vorschriften des „alten“ Rechts Anwendung, da der Erblasser bereits im Jahre 2011 verstorben ist.
Das Amtsgericht Kleve ist nach §§ 105, 343 Abs. 1 (1. Halbs.) FamFG international zuständig.
Auf diesen Grundlagen hat das Rechtsmittel der Beteiligten in dem aus der hiesigen Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1.
Es ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässig und nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG.
2.
Es ist auch insofern begründet, als sich der Rechtsstandpunkt der Beteiligten im wesentlichen als zutreffend erweist.
a)
Zu folgen ist dem Nachlassgericht allerdings darin, dass sich der Erbgang, was die Beteiligte im übrigen ebenso sieht, nach materiellem deutschen Recht beurteilt.
aa)
Der Erblasser ist in Deutschland verstorben. Gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht desjenigen Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Hierbei handelt es sich nach Art. 4 Abs. 1 EGBGB um eine Gesamtverweisung auf das Recht des betreffenden Staates einschließlich dessen Internationalem Privatrecht. Der Erblasser war (allein) Niederländer.
bb)
Im niederländischen Recht regelte im Zeitpunkt des Erbfalles (bis zum 1. Januar 2012) für Erbfälle nach dem 1. Oktober 1996 das Wet conflictenrecht erfopvolging (WCErf) – unter anderem – das auf die Erbfolge anwendbare Recht. Hierbei verwies es auf die Regelungen des Haager Übereinkommens über das auf die Erbfolge anwendbare Recht von 1989 und übernahm diese dadurch – unabhängig von ihrem bisher nicht erfolgten völkerrechtlichen Inkrafttreten – in das nationale niederländische Recht, Artt. 1 und 7 Abs. 1 WCErf. Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens regelte das Erbstatut für den Fall, dass sich Staatsangehörigkeit und gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers im Todeszeitpunkt deckten. Art. 3 Abs. 2 bestimmte, die Rechtsnachfolge unterliege ebenfalls dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, wenn er sich mindestens fünf Jahre unmittelbar vor seinem Tode in diesem Staat aufgehalten habe (Satz 1); unter außergewöhnlichen Umständen sei jedoch, falls der Erblasser zur Zeit seines Todes offensichtlich mit dem Staat seiner Angehörigkeit enger verbunden gewesen sei, das Recht dieses Staates anzuwenden (Satz 2). Hierbei handelte es sich um Sachnormverweisungen, mithin um Verweisungen auf die in einem Staat geltenden Rechtsnormen unter Ausschluss des dortigen Internationalen Privatrechts, Art. 17 des Übereinkommens.
Danach ist Erbstatut im vorliegenden Fall das deutsche Recht, da der Erblasser vor seinem Tode seit mehr als fünf Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, ohne mit den Niederlanden als dem Staat seiner Angehörigkeit enger als mit Deutschland verbunden gewesen zu sein.
Nichts anderes galt für die Aufgaben und Befugnisse eines vom Erblasser ernannten Testamentsvollstreckers, denn diese bestimmten sich nur dann nach niederländischem Recht, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden hatte, Art. 5 Abs. 1 WCErf.
cc)
Art. 3a Abs. 2 EGBGB ändert an diesem Ergebnis nichts.
Diese Vorschrift ordnet den Vorrang eines Belegenheitsstatuts (lex rei sitae) vor dem durch das deutsche Internationale Privatrecht bestimmten Gesamtstatut unter anderem im Erbrecht an. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Erblasser außer möglicherweise in den Niederlanden – deren Rechtsordnung das vom deutschen Internationalen Privatrecht berufene Gesamtstatut bildet – und in Deutschland in einem dritten Staat über Vermögensgegenstände verfügt hätte, und ebensowenig, dass sein in Deutschland belegenes Vermögen nach materiellem deutschen Recht (ein Einzelstatut aufgrund deutschen Internationalen Privatrechts scheidet ohnehin aus) ein Sondervermögen darstellen würde oder vom allgemeinen deutschen Sachrecht abweichenden Vorschriften – etwa zur Rechtsnachfolge (wie beispielsweise bei landwirtschaftlichen Höfen) – unterläge. Unabhängig hiervon, ist das zuvor unter bb) nach niederländischem Recht ermittelte Erbstatut seinerseits als Gesamtstatut ausgestaltet, Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens, so dass es in jedem Fall auf das deutsche Sachrecht in allen Teilen verweist.
dd)
Die danach vorliegende Rückverweisung nimmt das deutsche Recht nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB an.
b)
Nicht bedacht hingegen hat das Amtsgericht, dass hier einer der Fälle des Handelns unter falschem Recht gegeben ist und dies Auswirkungen auf die Beurteilung der Anträge der Beteiligten hat.
aa)
Das richtige Recht wurde vom Erblasser infolge eines nachträglichen Statutenwechsels verfehlt.
Zur Zeit der Errichtung des Testaments 1994 unterstellte das niederländische (Kollisions-)Recht ohne gesetzliche Festlegung die gesamte Erbfolge einschließlich der Gültigkeit und der Rechtsfolgen von Verfügungen von Todes wegen grundsätzlich dem Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes, ohne zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen zu unterscheiden; eine Rechtswahl war nicht zugelassen (Ferid/Firsching – Weber, Internationales Erbrecht/Niederlande, Stand: 2004, Rdnr. 1 m.Nachw.). Zwar wurde in der Rechtspraxis im Wege der sogenannten Realitätsprüfung ersatzweise an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft, falls der Erblasser keine reelle Bindung zum Staat seiner Nationalität mehr hatte (Schmellen-kamp MittRhNotK 1997, 245/246 m.Nachw.); dies führt hier indes zu keinem abweichende Ergebnis, weil der Erblasser – wie auch die Beteiligte – ausweislich des Eingangs des Testamentstextes 1994 in den Niederlanden wohnte. Danach hatte der Erblasser bei Abfassung des Testaments keine andere Möglichkeit, als nach Maßgabe des – naturgemäß damaligen – materiellen niederländischen Rechts zu testieren. Hierauf kommt es an, unerheblich ist demgegenüber, ob in späterer Zeit (wie in der Tat) sich das niederländische materielle Recht änderte oder in das niederländische Internationale Privatrecht die Möglichkeit einer Rechtswahl aufgenommen wurde.
Für Niederländer, die vor ihrem Tod seit vielen Jahren in Deutschland lebten, führte sodann Art. 3 Abs. 2 Satz 1 des Übereinkommens zu einem Statutenwechsel hin zum deutschen Recht, der nicht nur Probleme bezüglich der Gültigkeit von vor dem Wechsel errichteten Verfügungen von Todes wegen mit sich brachte, sondern auch die Frage aufwarf, wie nach niederländischem Sachrecht errichtete Testamente nunmehr auszulegen seien, und zwar insbesondere bei getroffenen dinglich wirkenden Teilungsanordnungen in Form der sogenannten elterlichen Nachlassverteilung gemäß Art. 1167 B.W. (Schmellenkamp a.a.O., 249 m.w.Nachw.).
bb)
Für die Auslegung eines Testaments ist das Erbstatut maßgebend. Befindet sich ein Erblasser bei Abfassung seines Testaments in einem Irrtum über das maßgebende Erbstatut und verwendet er deshalb materiell-rechtliche Institute eines Rechts, das nicht als Erbstatut berufen ist – sogenanntes Handeln unter falschem (nicht anwendbarem) Recht -, muss durch die besagte Auslegung ermittelt werden, was er damit ausdrücken wollte. Die Grundsätze zum Handeln unter falschem Recht dienen dazu, den testamentarisch erklärten Erblasserwillen möglichst aufrechtzuerhalten, soweit er sich in die Begriffe des tatsächlich maßgebenden Erbstatuts „übersetzen“ lässt – was sich im Falle deutschen Rechts als Erbstatuts bereits aus §§ 133, 2084 BGB ergibt (OLG Köln FamRZ 2015, 705 ff.; BayObLG FamRZ 2003, 1595 ff.; vgl. auch BGH NJW-RR 2006, 948 ff; MK-v.Hein, BGB, 6. Aufl. 2015, Einl IPR Rdnr. 225 m.w. Nachw.; BeckOK BGB – Lorenz, Stand: 01.11.2015, EGBGB/Einl. zum IPR, Rdnr. 93 sowie Art. 25 EGBGB, Rdnr. 27a).
Hier ging der Erblasser bei Errichtung seines notariellen Testaments 1994 davon aus, dass Erbstatut das niederländische Recht sei. Dabei irrte er insofern, als es, da er nach 1996 starb, infolge seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland tatsächlich das deutsche Recht ist. Dieses beherrscht mithin die Auslegung seiner Institute des niederländischen Rechts heranziehenden letztwilligen Verfügung.
cc)
Kennt ein ausländisches Recht dinglich wirkende Teilungsanordnungen, sind die dadurch Begünstigten im Grundsatz als Miterben in Höhe des auf sie entfallenden Wertanteils mit schuldrechtlicher Übertragungsverpflichtung anzusehen; denn nach deutschem Recht ist eine Singularsukzession von Todes wegen nicht möglich und bedarf es auch bei einer Teilungsanordnung eines Eigentumsübergangs durch besonderes Übertragungsgeschäft. Gestattet das fremde Recht dem Erblasser hingegen, die gesamten Aktiva und Passiva mit dinglicher, zum Zeitpunkt des Todes eintretender Wirkung einem einzigen Miterben zuzuweisen und die übrigen Miterben auf Geldansprüche zu beschränken, entspricht dies bei funktioneller Betrachtung einer mit Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüchen verbundenen Alleinerbeneinsetzung nach deutschem Recht. In diesem Fall kann dem de facto dinglich alleinberechtigten Miterben ein Alleinerbschein ausgestellt werden. So liegt es vor allem bei der Anordnung der sogenannten elterlichen Nachlassverteilung durch einen niederländischen Erblasser (bereits Senat, MittRhNotK 1985, 198 ff.; Staudinger-Dörner, BGB, Neubearb. 2007, Art. 25 EGBGB Rdnr. 281 und 884 m.w.Nachw.).
Die in der niederländischen Rechtspraxis bis 2002 als „executeur“ bezeichnete Form des Testamentsvollstreckers ging jedenfalls nicht über die nach deutschem Sachrecht als Regelfall der Testamentsvollstreckung vorgesehene Abwicklungsvollstreckung, § 2203 BGB, hinaus (vgl. Weber a.a.O., Rdnr. 14).
Aus diesen Grundsätzen folgt für den vorliegenden Fall:
Zum einen kann die Beteiligte im Erbschein als Alleinerbin nach dem Erblasser ausgewiesen werden. Besonderheiten gegenüber den dargestellten Grundsätzen sind nicht ersichtlich. Da der Erbgang deutschem materiellen Recht unterliegt und die Beteiligte als Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers nach § 1922 Abs. 1 BGB anzusehen ist, treten die Notwendigkeit einer gesonderten Rechtsübertragung und die damit einhergehenden Rechtsprobleme nicht auf; insoweit liegt es im gegebenen Fall gerade anders als bei der Anwendbarkeit niederländischen Rechts als Erbstatut (wie in dem 1985 vom Senat entschiedenen Fall).
Allerdings kann nach deutschem Recht der alleinige Erbe regelmäßig nicht Testamentsvollstrecker über den eigenen Nachlass sein; anderes gilt indes bei besonderen Interessenlagen (BGH NJW-RR 2005, 591 f. m.w.Nachw.; BeckOK BGB – Lange, Stand: 01.02.2016, § 2197 Rdnr. 33). Vorliegend ist zu bedenken, dass zur Zeit der Testamentserrichtung in der niederländischen Rechtspraxis im Falle einer elterlichen Nachlassverteilung der überlebende Ehegatte als Testamentsvollstrecker nach niederländischem Recht vorsorglich eingesetzt wurde, um auch bei im Ausland, namentlich in Deutschland, auftretenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Teilungsanordnung die gewünschte Vermögenszuordnung gewährleisten zu können (vgl. Imig MittRhNotK 1985, 200). Dieser Gesichtspunkt der Vorsorge entfällt wegen der Ungewöhnlichkeit der rechtlichen Gegebenheiten, die bei der Abwicklung der letztwilligen Anordnungen faktisch zu Komplikationen führen kann, auch im gegebenen Fall nicht, mag das Auftreten von Schwierigkeiten angesichts der Erteilung eines Erbscheins nach deutschem Recht und des Ausweises einer Alleinerbschaft auch weniger wahrscheinlich sein. Somit steht aus den bisher behandelten Rechtsgründen der Aufnahme eines Testamentsvollstre-ckervermerks in den Erbschein nichts entgegen.
3.
Allerdings ist die Sache auf den vorstehend dargestellten Grundlagen nicht entscheidungsreif, was zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Nachlassgericht führt.
a)
aa)
Der Erbschein nach § 2353 BGB bekundet, wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen er unterliegt. Zu diesen Beschränkungen seiner Verfügungsbefugnis zählt auch die Testamentsvollstreckung, so dass ein vom Erblasser ernannter Testamentsvollstrecker im Erbschein anzugeben ist, § 2364 Abs. 1 BGB.
Sodann hat nach § 2356 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Antragsteller grundsätzlich die Richtigkeit seiner Angaben durch öffentliche Urkunden nachzuweisen und, im Falle er die Erteilung des Erbscheins aufgrund einer Verfügung von Todes wegen beantragt, diese Urkunde vorzulegen. Das hat regelmäßig im Original oder in amtlich beglaubigter Abschrift zu geschehen. Bei fremdsprachigen Urkunden kann sich der Richter mit der ausländischen Urkunde begnügen, falls er die Fremdsprache wie auch die Fachsprache zweifelsfrei versteht; im übrigen hat der Antragsteller auf Verlangen des Nachlassgerichts eine Übersetzung vorzulegen. Trotz § 2358 BGB ist es nicht Sache des Nachlassgerichts, die Übersetzung anfertigen zu lassen, weil die Gerichtssprache Deutsch ist; im Allgemeinen genügt die Übersetzung eines dazu ermächtigten (vgl. § 142 Abs. 3 ZPO) Übersetzers (OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 2011 f.; Palandt-Weidlich a.a.O., § 2356 Rdnr. 2; Keidel-Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 352 Rdnr. 46 und 49 m.w.Nachw.).
Nach bis heute herrschender Meinung ist das Nachlassgericht an den gestellten Antrag streng – strenger als gemäß § 308 ZPO im Zivilprozess – gebunden, so dass jegliche Abweichung vom Antrag unzulässig ist. Namentlich darf vom Nachlassgericht kein Nacherbenvermerk oder Testamentsvollstreckervermerk beigefügt werden, wenn er nicht im Antrag enthalten war (Keidel-Zimmermann a.a.O., Rdnr. 6 m.w.Nachw.).
bb)
Nach diesen Grundsätzen hat die Beteiligte zunächst ihren auf den Erbschein bezogenen Antrag zu 1. klarzustellen. Nach der bisherigen Formulierung in der notariellen Urkunde vom 24. März 2014 soll er keinen Testamentsvollstreckervermerk enthalten. Dies steht nicht nur in Widerspruch zu ihrem Antrag zu 2., mit dem sie die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses begehrt, sondern auch zu ihren Rechtsausführungen insgesamt. Darüber hinaus hat sie mit Schreiben vom 2. Mai 2016 ihren Antrag vom 24. März 2014 als „Fremdrechtserbscheinsantrag“ bezeichnet; wäre tatsächlich ein solcher gewünscht, hätte dies Auswirkungen auf den Inhalt des Erbscheins und damit zwangsläufig auf die Begründetheit des Antrags.
Sodann liegt die maßgebliche letztwillige Verfügung des Erblassers vom 9. Mai 1994 zwar in beglaubigter Abschrift nebst Apostille vor, es fehlt jedoch bisher eine Übersetzung in die deutsche Sprache. Diese – durch einen geeigneten Übersetzer – ist noch zur Akte zu reichen. Der Senat sieht keinen Grund, der ihre Vorlage erübrigen würde. Von den Senatsmitgliedern beherrscht keines die holländische Sprache, und auch das Nachlassgericht hat nicht zu erkennen gegeben, dass es diese Fremdsprache versteht. Es ist nicht Sache der Gerichte, den Text der mehrseitigen Testamente der Beteiligten und des Erblassers Wort für Wort miteinander zu vergleichen und zu versuchen, sich hierbei notwendigerweise auftretende Abweichungen zu erklären, um zu ermitteln, ob die vorhandene Übersetzung des Testaments der Beteiligten ausreichend erscheint.
b)
Was den Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses anbelangt, hat das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss ausdrücklich hervorgehoben, dieser unterliege allein schon wegen des vom Nachlassgericht eingenommenen Rechtsstandpunktes zur Frage der Alleinerbschaft der Abweisung. Danach ist die Sache insofern an das Nachlassgericht zurückzuverweisen.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG kann das Beschwerdegericht die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Dabei kommt es darauf an, ob das erstinstanzliche Gericht eine Entscheidung über das dem Verfahrensgegenstand zugrunde liegende Rechtsverhältnis noch gar nicht oder noch nicht in der gebotenen Weise umfassend getroffen hat. Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn es sich bislang nur mit Zulässigkeitsfragen befasst hat, sondern auch dann, wenn es sich infolge einer zur Begründetheit des Antrages gehörenden, jedoch aus seiner Sicht vorrangigen Frage an einer näheren Befassung mit der Sache selbst gehindert gesehen hat (Keidel-Sternal a.a.O., § 69 Rdnr. 14 m.w.Nachw.).
So liegen die Dinge hier. Das Nachlassgericht hat im Verfahren zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zahlreiche Gesichtspunkte zu prüfen (vgl. statt aller: Keidel-Zimmermann a.a.O., § 354 Rdnr. 17), insbesondere auch denjenigen einer möglicherweise inzwischen eingetretenen Gegenstandslosigkeit der Aufgaben des Testamentsvollstreckers. Einer dahingehenden näheren Befassung in der Sache selbst hat sich das Nachlassgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – enthoben gesehen, weil es seiner Meinung nach auf die Testamentsvollstreckung nicht mehr ankam, da der Erbschein schon allein wegen der von der Beteiligten begehrten Stellung als Alleinerbin nicht erteilt werden konnte. Eines auf Zurückverweisung gerichteten Antrages eines Beteiligten bedarf es nach dem Gesetzeswortlaut nicht. Auch ist kein Grund dafür ersichtlich, der Beteiligten den Verlust einer Tatsacheninstanz zuzumuten.
c)
Bei dieser Lage hält es der Senat – auch im Hinblick auf die Verfahrensökonomie – für sachgerecht, die Zurückverweisung insgesamt auszusprechen und nicht zunächst die Entscheidungsreife bezüglich des anderen Verfahrensgegenstandes – nämlich des Antrages zu 1. – selbst herbeizuführen, zumal im Falle einer Erteilung des Erbscheins die Ausführungshandlung ohnehin dem Nachlassgericht überlassen bleiben müsste.
III.
Eine Kostenentscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst. Gerichtskosten für das mindestens teilweise – der Sache nach sogar weitaus überwiegend – erfolgreiche Rechtsmittel der Beteiligten fallen nicht an, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet schon deshalb aus, weil am Verfahren nur die Beteiligte teilgenommen hat.
Angesichts dessen erübrigt sich auch eine Wertfestsetzung von Amts wegen. Im übrigen liegen dem Gericht diesbezügliche Erkenntnisse ohnehin nur nach den Angaben des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten vor.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG sind nicht gegeben.