Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Pflichtteilsanspruch und Vermächtnis: Ein wegweisendes Urteil im Erbrecht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wirkt sich ein Pflichtteilsanspruch auf bestehende Vermächtnisse aus?
- Welche Rechte haben Vermächtnisnehmer bei einer Kürzung ihres Vermächtnisses?
- Was passiert mit einem Vermächtnis, wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt?
- Wann kann ein Vermächtnis nach § 2318 BGB gekürzt werden?
- Wie werden Nachlassverbindlichkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern aufgeteilt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Detmold
- Datum: 18.04.2024
- Aktenzeichen: 04 O 275/23
- Verfahrensart: Zahlungsklage im Zusammenhang mit einem Vermächtnis
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Vermögensrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Ehefrau des Erblassers Y., die ein Vermächtnis geltend macht. Sie argumentiert, dass ihr Vermächtnis ungekürzt bestehen bleiben sollte, da die Ausschlagung durch die Nachkommen von D. die Pflichtteilslast der verbliebenen Erben bereits gedeckt hat.
- Beklagter: Testamentsvollstrecker des Nachlasses von Y. Er beabsichtigt, das Vermächtnis der Klägerin aufgrund der Pflichtteilsbelastung zu kürzen und argumentiert, dass das Kürzungsrecht bestehe, weil § 2318 Abs. 1 BGB nur teilweise durch § 2322 BGB verdrängt wird.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin verlangt vom Beklagten als Testamentsvollstrecker die Auszahlung eines Vermächtnisses in Höhe von 15.000 EUR aus dem Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes. Der Erblasser hatte seine Kinder aus erster Ehe als Erben eingesetzt. Nach dem Tod des Erblassers schlugen die Kinder von D., einem inzwischen verstorbenen Sohn, das Erbe aus, wodurch sie nur noch pflichtteilsberechtigt waren. Die verbliebenen Erben erhielten dadurch mehr vom Erbe als zunächst im Testament vorgesehen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob das Vermächtnis der Klägerin aufgrund der Ausschlagung des Erbes durch die Kinder von D. gekürzt werden kann. Die zentrale Frage war, ob die Regelungen des § 2318 BGB durch die des § 2322 BGB verdrängt werden, wenn es dazu kommt, dass durch Ausschlagung der Erben der verbliebene Nachlass zur Deckung der Pflichtteilslast ausreicht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage der Klägerin wurde größtenteils zugunsten der Klägerin entschieden. Der Beklagte muss als Testamentsvollstrecker 15.000 EUR zahlen, da ein Kürzungsrecht nicht besteht.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass die Ausschlagung durch die Kinder von D. den verbliebenen Erben zugutekommt und somit § 2322 BGB zur Anwendung kommt. Da der Nachlasswert ausreichend war, um den Pflichtteil zu decken, konnte kein Kürzungsrecht des Vermächtnisses der Klägerin geltend gemacht werden.
- Folgen: Der Beklagte muss die 15.000 EUR aus dem Nachlass an die Klägerin auszahlen, einschließlich eines Teils der geltend gemachten Zinsen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil verdeutlicht den Vorrang von § 2322 BGB in Fällen der Erbausschlagung, wenn der verbliebene Nachlass die Pflichtteilsansprüche decken kann.
Pflichtteilsanspruch und Vermächtnis: Ein wegweisendes Urteil im Erbrecht
Im Erbrecht spielt der Pflichtteilsanspruch eine zentrale Rolle, insbesondere wenn es um die Verteilung des Nachlasses geht. Er sichert bestimmten Angehörigen, in der Regel den Kindern, einen bestimmten Anteil des Erbes, auch wenn diese im Testament nicht berücksichtigt wurden. Diese Pflichtteilsquote kann durch Schenkungen oder Vermächtnisse beeinflusst werden, was zu Fragen der Anrechnung führt. Jeder Erbe und jede Erbengemeinschaft sollte die Auswirkungen von Testamenten und vermächtnisrechtlichen Ansprüchen genau kennen, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Ein interessantes Urteil zu diesem Thema verdeutlicht, wie sich der Pflichtteilsanspruch gegenüber einem Vermächtnis auswirken kann. In die Details dieses Falls eintauchend, wird deutlich, welche rechtlichen Überlegungen dabei eine Rolle spielen und wie diese in der Praxis angewendet werden.
Der Fall vor Gericht
Erbrechtsstreit um Vermächtnisansprüche am Landgericht Detmold
Das Landgericht Detmold hat in einem Rechtsstreit über die Kürzung eines Vermächtnisses zugunsten der zweiten Ehefrau des Erblassers entschieden. Der Fall betraf einen Nachlass im Wert von über 1,5 Millionen Euro.
Testamentarische Regelungen und Vermächtnisansprüche
Der 2018 verstorbene Erblasser hatte in seinem notariellen Testament von 2017 seine drei Kinder aus erster Ehe zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Seiner zweiten Ehefrau vermachte er eine Eigentumswohnung, einen Miteigentumsanteil an einem unbebauten Grundstück sowie sein Bank- und Sparkassenguthaben. Das gesamte Vermächtnis belief sich auf rund 387.765 Euro.
Komplexe Zahlungsströme und Ausschlagung der Erbschaft
Die Vermächtnisnehmerin musste gemäß Testament Bankverbindlichkeiten in Höhe von 43.407 Euro übernehmen. Zusätzlich wurden für sie Nachlasskosten von 29.794 Euro verauslagt. Sie selbst zahlte an den Nachlass 69.319 Euro zum Ausgleich von Forderungen. Nach dem Tod eines der drei Erben schlugen dessen Abkömmlinge die Erbschaft aus und machten stattdessen Pflichtteilsansprüche geltend, die durch einen Vergleich mit Zahlungen von je 50.000 Euro geregelt wurden.
Gerichtliche Entscheidung über Rückzahlungsanspruch
Das Landgericht gab der Klage der Vermächtnisnehmerin auf Rückzahlung von 15.000 Euro weitgehend statt. Die Richter stellten fest, dass die Klägerin den Nachlass in dieser Höhe überzahlt hatte. Ein Kürzungsrecht des Vermächtnisses nach § 2318 BGB wurde verneint.
Rechtliche Begründung des Gerichts
Das Gericht folgte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach im Fall einer Erbausschlagung § 2322 BGB der Regelung des § 2318 BGB vorgeht. Da der durch die Ausschlagung erhöhte Erbteil der verbliebenen Erben mit jeweils 261.403 Euro ausreichte, um die Pflichtteilsansprüche von je 50.000 Euro zu decken, bestand kein Kürzungsrecht. Die Richter betonten, dass der mutmaßliche Erblasserwille nicht darauf gerichtet sei, den Erben auf Kosten der Vermächtnisnehmerin zusätzliche Nachlasswerte zukommen zu lassen.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil stärkt die Position von Vermächtnisnehmern gegenüber Erben, wenn diese durch Erbausschlagung zusätzliche Erbanteile erhalten. Entscheidend ist dabei, dass die Erben durch die Ausschlagung mehr erhalten, als ihnen ursprünglich zugedacht war – dieser Mehranteil muss vorrangig zur Deckung von Pflichtteilsansprüchen verwendet werden, bevor eine Kürzung des Vermächtnisses möglich ist. Das Gericht stellt klar, dass der mutmaßliche Erblasserwille nicht darauf gerichtet ist, den Erben auf Kosten der Vermächtnisnehmer zusätzliche Nachlasswerte zukommen zu lassen.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Vermächtnisnehmer eingesetzt sind, haben Sie nun mehr Sicherheit bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche, falls ein Erbe die Erbschaft ausschlägt. Die Erben können Ihr Vermächtnis nicht automatisch kürzen, nur weil sie Pflichtteilsansprüche erfüllen müssen – sie müssen dafür zunächst den durch die Ausschlagung erhaltenen Mehrwert verwenden. Für die praktische Umsetzung bedeutet dies: Prüfen Sie bei Erbausschlagungen genau, ob die verbliebenen Erben durch die Ausschlagung zusätzliches Vermögen erhalten haben. Ist dies der Fall, können Sie sich gegen eine Kürzung Ihres Vermächtnisses wehren, solange dieser Mehranteil zur Deckung der Pflichtteilsansprüche ausreicht.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wirkt sich ein Pflichtteilsanspruch auf bestehende Vermächtnisse aus?
Wenn Sie als Pflichtteilsberechtigter mit einem Vermächtnis bedacht wurden, haben Sie nach § 2307 BGB ein Wahlrecht zwischen dem Vermächtnis und dem Pflichtteil. Sie können entweder das Vermächtnis annehmen oder es ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil verlangen.
Annahme des Vermächtnisses
Bei Annahme des Vermächtnisses wird dessen Wert auf Ihren Pflichtteilsanspruch angerechnet. Ist das Vermächtnis wertmäßig geringer als der Pflichtteil, steht Ihnen ein Pflichtteilsrestanspruch in Höhe der Differenz zu.
Ausschlagung des Vermächtnisses
Schlagen Sie das Vermächtnis aus, können Sie Ihren vollen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Die Ausschlagung muss gegenüber dem Erben erklärt werden, der durch das Vermächtnis belastet wäre. Eine besondere Form oder Frist ist dafür in der Regel nicht vorgeschrieben.
Wichtige Berechnungsgrundlagen
Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Bei der Berechnung wird der Bestand und Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt. Beschränkungen oder Beschwerungen des Vermächtnisses bleiben bei der Wertermittlung außer Betracht.
Vor der Entscheidung zwischen Vermächtnis und Pflichtteil sollten Sie unbedingt von Ihrem Auskunftsrecht gegenüber den Erben Gebrauch machen. Nur mit Kenntnis des Nachlasswertes können Sie eine fundierte Entscheidung treffen, da diese später nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Welche Rechte haben Vermächtnisnehmer bei einer Kürzung ihres Vermächtnisses?
Vermächtnisnehmer haben bei einer Kürzung ihres Vermächtnisses durch den Erben verschiedene Rechte zur Verfügung. Der Erbe kann das Vermächtnis nur unter bestimmten Voraussetzungen nach § 2318 BGB kürzen.
Prüfung der Kürzungsvoraussetzungen
Bei einer angekündigten Kürzung können Vermächtnisnehmer zunächst prüfen, ob die Kürzungsvoraussetzungen überhaupt vorliegen. Eine Kürzung ist nur zulässig, wenn tatsächlich Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden. Die bloße Möglichkeit von Pflichtteilsansprüchen reicht nicht aus.
Überprüfung des Kürzungsausschlusses
Der Vermächtnisnehmer kann das Testament daraufhin überprüfen, ob der Erblasser die Kürzung ausdrücklich ausgeschlossen hat. Nach § 2324 BGB kann der Erblasser das Kürzungsrecht des Erben ausschließen. In diesem Fall muss das Vermächtnis in voller Höhe ausgezahlt werden.
Rechte bei bereits erfolgter Auszahlung
Wurde das Vermächtnis bereits vollständig ausgezahlt, kann der Erbe eine nachträgliche Kürzung nur verlangen, wenn er zum Zeitpunkt der Auszahlung keine Kenntnis von seinem Kürzungsrecht hatte. Der Vermächtnisnehmer kann in diesem Fall die Rückzahlung verweigern, wenn der Erbe bei der Auszahlung von seinem Kürzungsrecht wusste.
Besonderheiten bei Sachvermächtnissen
Bei einem Sachvermächtnis hat der Vermächtnisnehmer ein besonderes Wahlrecht. Er kann entweder:
- Die Sache gegen Zahlung des Kürzungsbetrags behalten
- Oder den gekürzten Schätzwert in Geld verlangen
Was passiert mit einem Vermächtnis, wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt?
Ein Vermächtnis bleibt von der Ausschlagung der Erbschaft grundsätzlich unberührt. Wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt, rückt der nächstberufene Erbe nach und wird zum neuen Beschwerten des Vermächtnisses.
Rechtliche Grundlage
Die Ausschlagung der Erbschaft führt dazu, dass die Erbschaft als von Anfang an nicht angefallen gilt. Der Ausschlagende verliert seine Stellung als Erbe, und die nächste zum Erbe berechtigte Person rückt vor. Diese Person übernimmt dann auch die Verpflichtung zur Erfüllung des Vermächtnisses.
Besonderheiten bei der Vermächtnisausschlagung
Wenn Sie selbst Vermächtnisnehmer sind, können Sie das Vermächtnis jederzeit nach dem Erbfall ausschlagen – hier gilt keine 6-Wochen-Frist wie bei der Erbausschlagung. Die Ausschlagungserklärung muss in diesem Fall gegenüber dem Erben erfolgen, bei einem Untervermächtnis gegenüber dem Hauptvermächtnisnehmer.
Rechtliche Folgen
Bei der Ausschlagung eines Vermächtnisses ist zu prüfen, ob ein Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt wurde. Ist dies der Fall, fällt das Vermächtnis an diesen. Wurde kein Ersatzvermächtnisnehmer benannt, entfällt das Vermächtnis vollständig. Der Wert des Vermächtnisses verbleibt dann im Nachlass und erhöht entsprechend den Erbteil des oder der Erben.
Wann kann ein Vermächtnis nach § 2318 BGB gekürzt werden?
Ein Vermächtnis kann gekürzt werden, wenn der Erbe gleichzeitig Pflichtteilsansprüche erfüllen muss. Das Kürzungsrecht nach § 2318 BGB ermöglicht es dem Erben, die Erfüllung des Vermächtnisses teilweise zu verweigern, damit die Pflichtteilslast zwischen ihm und dem Vermächtnisnehmer verhältnismäßig verteilt wird.
Voraussetzungen für die Kürzung
Die Kürzung ist nur zulässig, wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch tatsächlich geltend macht. Der Erbe kann das Vermächtnis dann im Verhältnis zum Wert des Nachlasses kürzen. Die Kürzung erfolgt prozentual entsprechend der Pflichtteilsquote des Pflichtteilsberechtigten am Nachlass.
Besondere Schutzvorschriften
Bei der Kürzung gibt es wichtige Einschränkungen:
- Bei einem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer darf die Kürzung nur soweit erfolgen, dass diesem mindestens sein Pflichtteil verbleibt.
- Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, kann er das Vermächtnis nur soweit kürzen, dass ihm sein eigener Pflichtteil verbleibt.
Praktische Durchführung
Bei einem Geldvermächtnis kann der Betrag direkt gekürzt werden. Bei einem Sachvermächtnis muss zunächst der Wert ermittelt werden. Der Erbe kann dann vom Vermächtnisnehmer einen entsprechenden Geldbetrag als Ausgleich verlangen. Verweigert der Vermächtnisnehmer die Zahlung, darf der Erbe statt des vermachten Gegenstandes den gekürzten Schätzwert auszahlen.
Der Erblasser kann das Kürzungsrecht durch eine ausdrückliche Bestimmung im Testament ausschließen. Ohne eine solche Anordnung steht dem Erben das Kürzungsrecht automatisch zu, sobald Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden.
Wie werden Nachlassverbindlichkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern aufgeteilt?
Grundsätzliche Haftungsverteilung
Die Erben haften grundsätzlich für alle Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers, während Vermächtnisnehmer von dieser Haftung weitgehend befreit sind. Als Vermächtnisnehmer erhalten Sie lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf bestimmte Vermögenswerte, ohne Teil der Erbengemeinschaft zu werden.
Besonderheit bei Immobilien
Bei vermachten Immobilien gilt eine wichtige Ausnahme: Wenn Sie als Vermächtnisnehmer eine Immobilie erhalten, die mit Hypotheken oder Grundschulden belastet ist, haben Sie keinen Anspruch auf eine lastenfreie Übernahme. Die mit der Immobilie verbundenen Schulden gehen automatisch auf Sie über, wenn Sie das Vermächtnis annehmen.
Steuerliche Aspekte
Die Erbschaftsteuer für das Vermächtnis trägt der Vermächtnisnehmer selbst, nicht die Erbengemeinschaft. Die Steuerpflicht entsteht bereits mit dem Erbfall, nicht erst bei der tatsächlichen Übertragung des Vermächtnisses.
Erfüllungspflichten
Die Erben müssen zunächst alle Nachlassverbindlichkeiten begleichen, bevor sie Vermächtnisse erfüllen können. Zu den Erfüllungskosten des Vermächtnisses, wie etwa Notarkosten bei der Übertragung eines Grundstücks, ist grundsätzlich der Erbe verpflichtet. Der Erblasser kann jedoch auch andere Regelungen treffen, beispielsweise dass nur ein bestimmter Erbe die Vermächtnislast tragen soll.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Pflichtteilsanspruch
Ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Erbe für bestimmte enge Verwandte (Kinder, Ehepartner, Eltern), auch wenn sie im Testament nicht bedacht wurden. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils und muss als Geldforderung ausgezahlt werden. Geregelt in §§ 2303 ff. BGB. Beispiel: Ein Vater enterbt seinen Sohn und vermacht alles seiner neuen Ehefrau. Der Sohn kann dennoch die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil verlangen.
Vermächtnis
Eine testamentarische Verfügung, durch die der Erblasser jemandem einen bestimmten Verm ohne ihn als Erben einzusetzen (§ 1939 BGB). Der Vermächtnisnehmer erhält nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben auf Übertragung bestimmter Gegenstände oder Werte. Beispiel: Der Erblasser vermacht seiner Nichte sein Auto oder seiner Haushälterin 10.000 Euro, während die Kinder Erben des restlichen Vermögens werden.
Erblasser
Die Person, die verstorben ist und deren Vermögen vererbt wird. Der Erblasser kann durch Testament oder Erbvertrag bestimmen, wer sein Vermögen erhalten soll (§ 1937 BGB). Ohne Testament oder Erbvertrag tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Der Erblasser kann zu Lebzeiten über sein Vermögen frei verfügen, muss aber die Pflichtteilsrechte naher Angehöriger beachten.
Erbausschlagung
Die rechtliche Möglichkeit, eine Erbschaft abzulehnen (§§ 1942 ff. BGB). Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall erklärt werden. Mit der Ausschlagung gilt der Ausschlagende als nie Erbe geworden zu sein. Sein Erbteil fällt an die nächsten Erben. Beispiel: Ein überschuldetes Erbe kann ausgeschlagen werden, um nicht für Nachlassschulden zu haften.
Mutmaßlicher Erblasserwille
Die vom Gericht zu ermittelnde wahre Absicht des Verstorbenen bezüglich seiner Nachlassregelung. Bei der Auslegung von Testament und Vermächtnissen wird der mutmaßliche Wille des Erblassers unter Berücksichtigung aller Umstände ermittelt (§§ 133, 157 BGB). Dabei werden auch Äd die persönlichen Verhältnisse des
Notarielles Testament
Eine besondere Form des Testaments, das durch einen Notar beurkundet wird (§ 2232 BGB). Es bietet gegenüber dem privatschriftlichen Testament erhöhte Rechtssicherheit durch notarielle Beratung und eindeutige Formulierungen. Der Notar prüft die Testierfähigkeit und bewahrt das Testament amtlich auf. Dies verhindert spätere Streitigkeiten über Echtheit und Auslegung des letzten Willens.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 2318 BGB (Kürzung bei Pflichtteilsansprüchen): Diese Vorschrift regelt die Möglichkeit, Vermächtnisse zu kürzen, wenn die Vermächtnisnehmerin oder der Vermächtnisnehmer von Miterben Pflichtteilsansprüche erhalten hat. Hierbei wird der Wert des Vermächtnisses ins Verhältnis zu den Pflichtteilsansprüchen gesetzt. Im vorliegenden Fall argumentiert die Klägerin, dass eine Kürzung ihres Vermächtnisses nicht zulässig ist, da die verbliebenen Erben bereits einen Mehrbetrag erhalten haben, der die Pflichtteilslast übersteigt.
- § 2322 B (Verhältnis zwischen Pflichtteil und Vermächtnis): Diese Norm klärt, dass das Vermächtnis hinter den Pflichtteilsansprüchen zurückstehen kann, wenn die Miterben bereits einen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Der Beklagte argumentiert, dass § 2322 BGB zu Gunsten der Erben wirkt und die Kürzung des Vermächtnisses rechtfertigt. In diesem Fall ist strittig, ob die Abkömmlinge von D. durch die Ausschlagung des Erbes den Anspruch der Klägerin auf das Vermächtnis beeinflussen können.
- § 2058 BGB (Testamentsvollstreckung): Dieser Paragraph definiert die Aufgaben des Testamentsvollstreckers, der verpflichtet ist, den Nachlass entsprechend dem letzten Willen des Erblassers zu verwalten und zu verteilen. Der Beklagte wurde als Testamentsvollstrecker eingesetzt und ist daher verantwortlich für die ordnungsgemäße Auszahlung der Vermächtnisse. Die Klägerin macht gegen ihn Ansprüche aufgrund seiner Pflicht zur Zahlung aus dem Nachlass geltend.
- § 1975 BGB (Erbvertrag): Hier wird festgelegt, dass Vermächtnisse auch im Rahmen eines Erbvertrags geregelt werden können. Diese Norm spielt eine Rolle, da der Erblasser in seinem Testament eine klare Willensäußerung in Bezug auf die Vermächtnisse getroffen hat, die ebenso die Verbindlichkeiten der Klägerin berücksichtigt. Die Vermächtnisausgestaltung im Testament hat direkte Auswirkungen auf die Ansprüche der Klägerin.
- § 1967 BGB (Nachlassverzeichnis): Diese Vorschrift verpflichtet den Testamentsvollstrecker, ein Verzeichnis über die zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu erstellen. Der Nachlasswert wird als Grundlage für die Berechnung der Vermächtnisse und der Verpflichtungen herangezogen. Der Beklagte muss sicherstellen, dass alle relevanten Informationen über den Nachlass zur richtigen Verteilung der Vermächtnisse vorliegen, was im vorliegenden Fall diskutiert wird, während die Klägerin Ansprüche aus dem Nachlass geltend macht.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Detmold – Az.: 04 O 275/23 – Urteil vom 18.04.2024
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