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Pflichtteilsergänzungsanspruch – Berechnung bei Lebensversicherung des Erblassers

OLG Düsseldorf – Az.: I-7 U 140/07 – Urteil vom 17.06.2011

Das Versäumnisurteil des Senats vom 10. Dezember 2010 bleibt aufrecht erhalten, d.h., dass die Berufung des Klägers gegen das am 29. Juni 2007 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach zurückgewiesen bleibt.

Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Der Kläger, der einzige Sohn des am 25. Dezember 2003 verstorbenen A., nimmt den Beklagten, den Bruder und Alleinerben des Erblassers, auf Pflichtteilsergänzung wegen einer Lebensversicherung in Anspruch. Das Landgericht hat die auf Zahlung von (noch) 11.157,87 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er zunächst geltend macht hat, entgegen der Auffassung des Landgerichts seien für die Berechnung seines (des Klägers) Anspruchs die ausgezahlte Versicherungssumme und nicht nur die vom Erblasser aufgebrachten Versicherungsprämien in Ansatz zu bringen.

Mit Urteil vom 22. Februar 2008 ist der Senat dieser Rechtsauffassung gefolgt (Senat, ZEV 2008, 292; VersR 2008, 1057) und hat der Zahlungsklage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die – zugelassene – Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. April 2010 (ZEV 2010, 305; NJW 2010, 3232) die genannte Entscheidung des Senats aufgehoben und den Rechtsstreit an den Senat zurückverwiesen.

Der Kläger trägt vor, ihm sei die Berechnung des Rückkaufswerts zum Zeitpunkt der logischen Sekunde vor dem Tod des Erblassers nicht möglich, weil das Lebensversicherungsunternehmen ihm grundsätzlich keine Auskünfte erteile und das auch konkret abgelehnt habe, sowie, dass der Zweitmarktwert der Versicherung zu jenem Zeitpunkt mindestens 15 % über dem Rückkaufswert einschließlich Reserven gelegen habe (Beweis: Sachverständigengutachten), im konkreten Fall aber, weil der Erblasser todkrank gewesen sei, sogar nur 10 % unter der Ablaufleistung. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung die Berücksichtigung der konkreten Situation des Erblassers ausgeschlossen habe, liege darin ein Wertungswiderspruch, den der Senat in seiner neuen Entscheidung auflösen müsse.

Nachdem am 10. Dezember 2010 Versäumnisurteil gegen den Kläger und Berufungskläger ergangen war und der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt hat, beantragt der Kläger, das Versäumnisurteil des Senats aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom 29. Juni 2007 den Beklagten zu verurteilen, an ihn (Kläger) 11.157,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2005 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Senats aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte macht sich die Beurteilung des Bundesgerichtshofs zu eigen und legt ein Schreiben der Lebensversicherung an den Erblasser von ca. einem halben Jahr vor dessen Tod vor, in dem der Rückkaufswert der in Rede stehenden Versicherung zum 01.08.2004 mit 15.453 € angegeben ist; Zahlen für den 25. Dezember 2003 sind nicht ersichtlich.

2. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Was die Grundsätze angeht, nach denen der Wert der dem Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers unterliegenden Lebensversicherung für die Berechnung der Höhe dieses Anspruchs aus § 2325 BGB zu bemessen ist, hat der Senat dieser Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesgerichtshofs zugrunde zu legen (§ 563 Abs. 2 ZPO). Danach ist auf den Wert derjenigen Ansprüche des Erblassers aus dem Versicherungsvertrag abzustellen, die ihm (Erblasser) in der „logischen Sekunde” vor seinem Tod zugestanden hätten. Das ist grundsätzlich der Rückkaufswert, der sich ergäbe, wenn der Erblasser den Versicherungsvertrag in dieser „logischen Sekunde” gekündigt hätte, wenn er höher wäre, ggf. auch der auf dem sogen. Zweitmarkt für derartige Lebensversicherungen zu jenem (gedachten) Zeitpunkt erzielbare Kaufpreis für die Versicherung.

Der Kläger hat den Inhalt des vom Beklagten aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nunmehr vorgelegten Schreiben des Versicherers an den Erblasser vom Mai 2003, das den Rückkaufswert der in Rede stehenden Lebensversicherung für den 01.08.2004 mit 15.453 € angibt, nicht ernsthaft in Abrede gestellt. Dieser Rückkaufswert ist, da er für einen Stichtag ca. 7 Monate nach dem Tod des Erblassers ermittelt wurde, sogar geringfügig zu hoch. Auch der auf diesen etwas zu hohen Betrag bezogene Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers beläuft sich mit (15.453 €: 2 =) 7.726,50 € aber auf einen Betrag, der immer noch geringer ist als der vom Beklagten zugestandene und bereits gezahlte i.H.v. 9.316,88 €. Soweit der Klägervertreter im Termin auf den Wertungswiderspruch hingewiesen hat, der darin liege, dass nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (dort Rzf. 52) bei der Wertbemessung einerseits individuelle Faktoren wie die „schwindende persönliche Lebenserwartung des Erblassers“ nicht berücksichtigt werden dürfen, andererseits für die Wertbemessung aber auf ein „lebzeitiges konkretes Kaufangebot“ abgestellt wird, dem notwendig eine Berücksichtigung solcher individueller Faktoren zugrunde liege, kann der Senat dem eben wegen der Bindungswirkung des § 563 Abs. 2 ZPO ebenso wenig nachgehen wie den Einwänden von Wall (ZEV 2010, 311 f) oder Mayer (DNotZ 2011, 91 ff).

Damit muss die Berufung des Klägers, die sich gegen die Klageabweisung wegen eines höheren Betrages richtet, im sachlichen Ergebnis erfolglos bleiben. Dieser Zahlungsantrag ist auch nicht deshalb – zumindest teilweise – begründet, weil der Kläger einen höheren Veräußerungswert schlüssig vorgetragen oder gar „objektiv belegt“ hätte. Darüber hinaus würde, worauf der Kläger bereits mit Verfügung vom 21.10.2010 hingewiesen worden ist, sogar der – einmal unterstellte – Umstand, dass sich auf dem Zweitmarkt grundsätzlich 115 % des Rückkaufswerts erzielen lassen, im konkreten Fall ohne Auswirkung bleiben, weil der vom Beklagten zugestandene und gezahlte Betrag hier immer noch höher liegt als 50 % von 115 % des Rückkaufswertes.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 ff. ZPO.

 

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