Übersicht
- 1 Das Wichtigste: Kurz & knapp
- 2 Gericht stärkt Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 FAQ – Häufige Fragen
- 5.1 Was ist ein notarielles Nachlassverzeichnis und wozu dient es?
- 5.2 Wer kann die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen?
- 5.3 Welche Angaben müssen in einem notariellen Nachlassverzeichnis enthalten sein?
- 5.4 Wie wird ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt und welche Rolle spielt der Notar dabei?
- 5.5 Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein fehlerhaftes oder unvollständiges notarielles Nachlassverzeichnis?
- 6 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 7 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Klägerin fordert Auskunft über den Nachlassbestand und Schenkungen durch privatschriftliche Erklärung.
- Der Beklagte, einziger Erbe der verstorbenen Mutter, hat bereits ein notarielles Nachlassverzeichnis vorgelegt.
- Schwierigkeit besteht darin, dass der Beklagte nur ein nicht unterzeichnetes Nachlassverzeichnis übergab und auf weiteres Vermögen verwies.
- Das Gericht wies die Berufung der Klägerin zurück und entschied gegen ihre Forderung.
- Die Entscheidung basierte auf der Tatsache, dass der Beklagte seiner Pflicht zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses genügt hat.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, was zusätzliche finanzielle Belastungen für sie bedeutet.
- Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar und die Revision wurde nicht zugelassen.
- Das Urteil verdeutlicht die Wichtigkeit korrekter und vollständiger Nachlassverzeichnisse zur Klärung von Erbschaftsfragen.
- Notarielle Nachlassverzeichnisse gelten als verbindlicher und detaillierter als private Verzeichnisse.
- Das Urteil zeigt, dass Gerichte auf die Einhaltung formaler Anforderungen bei Nachlassverzeichnissen bestehen.
Gericht stärkt Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses
Das Erstellen eines Nachlassverzeichnisses ist ein wichtiger Schritt bei der Abwicklung eines Erbes. Es dient dazu, die gesamte Vermögenslage des Erblassers zu erfassen und zu dokumentieren.
Dabei unterscheidet man zwischen dem privaten Nachlassverzeichnis, das von den Erben selbst erstellt wird, und dem notariellen Nachlassverzeichnis, das von einem Notar erstellt wird. Während das private Nachlassverzeichnis vor allem für die interne Übersichtlichkeit und zur Vorbereitung der Erbschaftsteuererklärung dient, hat das notarielle Nachlassverzeichnis eine größere Bedeutung, da es als Grundlage für die offizielle Nachlassabwicklung und die Verteilung des Erbes dient.
Im Folgenden wollen wir uns einem konkreten Fall zuwenden, der die Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Streit um Auskunft über Nachlassbestand zwischen Geschwistern
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Celle stritten sich zwei Geschwister um die Auskunft über den Nachlassbestand ihrer verstorbenen Mutter. Die Klägerin verlangte dabei von ihrem Bruder, dem Beklagten, eine Auskunft über den Nachlass und über ausgleichungspflichtige Schenkungen in Form einer privatschriftlichen Erklärung. Der Beklagte hatte zuvor bereits ein notarielles Nachlassverzeichnis vorlegen müssen.
Die Mutter der Parteien war am 12. Februar 2018 verstorben und hatte den Beklagten als Alleinerben eingesetzt. Dieser übersandte der Klägerin im September 2018 ein nicht unterzeichnetes „Nachlassverzeichnis“, in dem er auf weiteres vorhandenes Vermögen verwies, das durch den gemeinsamen Bruder in Besitz genommen und verwaltet werde. Zudem gab er an, dass es einen oder zwei notarielle Übertragungsverträge gebe.
Klägerin fordert Auskunft über Nachlassbestand und Schenkungen
Die Klägerin war mit dem übersandten Nachlassverzeichnis nicht zufrieden und forderte eine detailliertere Auskunft über den gesamten Nachlassbestand sowie über mögliche Schenkungen der Mutter zu Lebzeiten, die ausgleichungspflichtig sein könnten. Sie verlangte diese Auskünfte in Form einer privatschriftlichen Erklärung des Beklagten.
Dieser sah sich dazu jedoch nicht verpflichtet, da er bereits zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt worden war. Er war der Ansicht, damit seiner Auskunftspflicht als Erbe hinreichend nachgekommen zu sein.
Landgericht weist Klage auf weitere Auskunft zurück
In erster Instanz hatte das Landgericht Hannover die Klage auf zusätzliche Auskunft über den Nachlass per Teilurteil zurückgewiesen. Dagegen legte die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht Celle ein.
Das OLG bestätigte jedoch die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung der Klägerin zurück. Es sah die Verpflichtung des beklagten Erben zur Auskunftserteilung mit der Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses als erfüllt an.
Notarielles Nachlassverzeichnis als ausreichende Auskunft des Erben
Das Gericht führte aus, dass der Erbe seiner Auskunftspflicht gegenüber pflichtteilsberechtigten Personen grundsätzlich dadurch nachkomme, dass er ein notarielles Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB vorlegt. Durch das vom Notar aufgenommene Verzeichnis werde die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft gewährleistet.
Zwar könne der Pflichtteilsberechtigte weitergehende Auskünfte verlangen, wenn er besondere Gründe darlegt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im notariellen Verzeichnis begründen. Solche Gründe habe die Klägerin hier jedoch nicht vorgetragen. Die bloße Möglichkeit, dass der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen haben könnte, genüge dafür nicht.
Der beklagte Erbe habe daher mit der Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses seine Auskunftspflicht vollständig erfüllt. Ein zusätzlicher Anspruch der Klägerin auf eine privatschriftliche Auskunftserteilung bestehe nicht.
Mit dieser Entscheidung stärkt das OLG Celle die Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses als zentrales Instrument zur Erfüllung der erbrechtlichen Auskunftspflichten. Solange keine konkreten Anhaltspunkte für Fehler oder Lücken bestehen, können weitergehende Auskünfte vom Erben nicht eingefordert werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das notarielle Nachlassverzeichnis erfüllt die Auskunftspflicht des Erben gegenüber Pflichtteilsberechtigten. Weitergehende Auskünfte kann der Pflichtteilsberechtigte nur bei konkreten Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit verlangen. Die bloße Möglichkeit lebzeitiger Schenkungen des Erblassers genügt dafür nicht. Das Urteil stärkt die Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses als zentrales Instrument zur Erfüllung erbrechtlicher Auskunftspflichten und schafft Rechtssicherheit für Erben und Pflichtteilsberechtigte.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Erbe: Wenn Sie ein Erbe antreten, ist es Ihre Pflicht, ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen. Dieses Verzeichnis sollte so genau wie möglich sein, da es die Grundlage für die Verteilung des Erbes bildet. Das Urteil bestätigt, dass ein notarielles Nachlassverzeichnis in der Regel ausreichend ist, um Ihre Auskunftspflicht gegenüber anderen Erben oder Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. Sie müssen also nicht automatisch zusätzliche, privatschriftliche Auskünfte erteilen.
Als Pflichtteilsberechtigter: Wenn Sie einen Pflichtteil fordern, haben Sie das Recht, ein notarielles Nachlassverzeichnis einzusehen. Das Urteil zeigt jedoch, dass dieses Verzeichnis in den meisten Fällen ausreichend ist, um Ihre Ansprüche zu bewerten. Nur wenn Sie konkrete Anhaltspunkte haben, dass das Verzeichnis fehlerhaft oder unvollständig ist, können Sie weitere Auskünfte verlangen. Pauschale Zweifel reichen nicht aus.
Für beide Seiten: Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses als zentrales Dokument in der Erbabwicklung. Es schafft Rechtssicherheit und kann langwierige Streitigkeiten vermeiden. Wenn Sie sich unsicher sind, welche Rechte und Pflichten Sie haben, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen, um Ihre Interessen zu wahren.
FAQ – Häufige Fragen
Das notarielle Nachlassverzeichnis nimmt eine zentrale Rolle in der Abwicklung eines Erbes ein. Dieses detaillierte Verzeichnis, das vom Notar erstellt wird, verschafft allen Beteiligten – Erben wie Pflichtteilsberechtigten – Klarheit über den Umfang des Nachlasses. Wie das vorliegende Gerichtsurteil zeigt, genügt das notarielle Nachlassverzeichnis in der Regel, um der gesetzlichen Auskunftspflicht nachzukommen. Nur in begründeten Ausnahmefällen können zusätzliche Auskünfte verlangt werden. Für Sie als Betroffene bedeutet das: Das notarielle Nachlassverzeichnis ist das zentrale Instrument, um Ihren Überblick über den Nachlass zu wahren und Ihre Rechte zu wahren – ohne unnötige Komplikationen. Unsere FAQ-Sektion klärt weitere wichtige Fragen rund um dieses Thema, damit Sie die Abwicklung so reibungslos wie möglich gestalten können.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was ist ein notarielles Nachlassverzeichnis und wozu dient es?
- Wer kann die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen?
- Welche Angaben müssen in einem notariellen Nachlassverzeichnis enthalten sein?
- Wie wird ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt und welche Rolle spielt der Notar dabei?
- Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein fehlerhaftes oder unvollständiges notarielles Nachlassverzeichnis?
Was ist ein notarielles Nachlassverzeichnis und wozu dient es?
Ein notarielles Nachlassverzeichnis ist ein Dokument, das von einem Notar erstellt wird, um den gesamten Nachlass einer verstorbenen Person zu erfassen. Es dient dazu, alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers detailliert und rechtssicher zu dokumentieren. Dieses Verzeichnis ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Erbrechts und spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen.
Ein notarielles Nachlassverzeichnis bietet eine höhere Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit im Vergleich zu einem privat erstellten Nachlassverzeichnis. Der Notar, als neutrale und rechtlich geschulte Amtsperson, ist verpflichtet, eigene Ermittlungen durchzuführen und darf sich nicht ausschließlich auf die Angaben der Erben verlassen. Diese Ermittlungen umfassen beispielsweise die Einholung von Auskünften bei Banken oder das Überprüfen von Grundbucheinträgen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Vermögenswerte und Schulden des Erblassers erfasst werden.
Die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses ist insbesondere dann erforderlich, wenn Pflichtteilsberechtigte Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit eines privaten Nachlassverzeichnisses haben. Pflichtteilsberechtigte haben gemäß § 2314 BGB das Recht, ein notarielles Nachlassverzeichnis zu verlangen, um sich die benötigten Informationen zur Bemessung ihres Anspruchs zu verschaffen. Der Notar muss dabei sicherstellen, dass das Verzeichnis transparent, übersichtlich und nachvollziehbar ist, sodass der Auskunftsberechtigte die Zusammensetzung des Nachlasses und dessen Wert nachvollziehen kann.
Ein privates Nachlassverzeichnis, das von den Erben selbst erstellt wird, ist oft weniger detailliert und kann aufgrund fehlender rechtlicher Kenntnisse unvollständig sein. Zudem besteht bei einem privaten Verzeichnis das Risiko, dass Erben absichtlich oder unabsichtlich Vermögenswerte verschweigen. Ein notarielles Nachlassverzeichnis hingegen wird von einer neutralen Person erstellt, die keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, was die Wahrscheinlichkeit von Fehlern oder Unvollständigkeiten verringert.
Die Kosten für die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses sind höher als bei einem privaten Verzeichnis, da der Notar für seine Dienstleistungen Gebühren erhebt. Diese Kosten werden als Nachlassverbindlichkeiten betrachtet und können den Pflichtteilsberechtigten in Höhe ihrer Pflichtteilsquote belasten. Trotz der höheren Kosten bietet ein notarielles Nachlassverzeichnis jedoch eine zuverlässigere Grundlage für die Regulierung des Pflichtteils und trägt zur Transparenz und Gerechtigkeit im Erbfall bei.
Wer kann die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen?
Die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses kann von bestimmten Personen verlangt werden, die im Erbrecht als Pflichtteilsberechtigte bezeichnet werden. Diese Personen haben gemäß § 2314 BGB das Recht, vom Erben die Erstellung eines solchen Verzeichnisses zu fordern. Zu den Pflichtteilsberechtigten gehören:
- Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkelkinder)
- Ehegatten des Erblassers
- Eltern des Erblassers (sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind)
Diese Berechtigten können ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen, wenn sie enterbt wurden oder ihren Pflichtteil geltend machen möchten. Der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis besteht unabhängig davon, ob der Erbe bereits ein privates Nachlassverzeichnis erstellt hat.
Voraussetzungen und Pflichten
- Antragstellung: Der Pflichtteilsberechtigte muss den Erben zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses auffordern. Der Erbe ist dann verpflichtet, einen Notar zu beauftragen.
- Mitwirkungspflicht des Erben: Der Erbe muss bei der Erstellung des Verzeichnisses umfassend mitwirken, indem er dem Notar alle notwendigen Informationen und Unterlagen zur Verfügung stellt. Der Notar darf sich nicht nur auf die Angaben des Erben verlassen, sondern muss eigene Ermittlungen anstellen, um die Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlasses zu gewährleisten.
- Kosten: Die Kosten für die Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses sind Nachlassverbindlichkeiten und werden somit aus dem Nachlass beglichen. Dies bedeutet, dass letztlich der Erbe oder die Erben diese Kosten tragen müssen.
- Rechtliche Konsequenzen bei Verweigerung: Sollte der Erbe die Erstellung des Verzeichnisses verweigern oder der Notar seine Tätigkeit ohne triftigen Grund nicht ausführen, können rechtliche Schritte eingeleitet werden. Dies kann bis zur Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft gegen den Erben führen.
Vorteile eines notariellen Nachlassverzeichnisses
Ein notarielles Nachlassverzeichnis bietet eine höhere Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben, da der Notar als neutrale und rechtlich geschulte Person den Nachlass ermittelt. Dies schafft Transparenz und Gerechtigkeit im Erbfall und erleichtert die Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen.
Zusammengefasst können Pflichtteilsberechtigte, wie Abkömmlinge, Ehegatten und Eltern des Erblassers, die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Der Erbe ist verpflichtet, bei der Erstellung mitzuwirken und die Kosten zu tragen, wobei der Notar für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses verantwortlich ist.
Welche Angaben müssen in einem notariellen Nachlassverzeichnis enthalten sein?
Ein notarielles Nachlassverzeichnis muss umfassende und detaillierte Angaben enthalten, um den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gemäß § 2314 BGB zu erfüllen. Der Notar ist verpflichtet, sowohl die Aktiva als auch die Passiva des Nachlasses zu erfassen und zu dokumentieren. Dies umfasst alle Vermögenswerte und Schulden des Erblassers.
Zu den Aktiva gehören sämtliche Nachlassgegenstände und -werte. Dies umfasst Immobilien, Bankguthaben, Wertpapiere, Unternehmensbeteiligungen, Fahrzeuge, Schmuck und andere wertvolle Gegenstände. Der Notar muss diese Vermögenswerte nicht nur auflisten, sondern auch deren Existenz durch eigene Ermittlungen bestätigen. Dazu kann es notwendig sein, Auskünfte bei Banken, Grundbuchämtern und anderen relevanten Stellen einzuholen.
Die Passiva umfassen alle Schulden und Verbindlichkeiten des Erblassers. Dazu gehören Hypotheken, Kredite, offene Rechnungen und andere finanzielle Verpflichtungen. Auch hier ist der Notar verpflichtet, die Angaben des Erben zu überprüfen und gegebenenfalls eigene Nachforschungen anzustellen, um die Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen sicherzustellen.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des notariellen Nachlassverzeichnisses sind Angaben zu Schenkungen und Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat. Diese sogenannten fiktiven Nachlassgegenstände müssen ebenfalls erfasst werden, da sie die Berechnung des Pflichtteils beeinflussen können. Der Notar muss daher auch hier eigene Ermittlungen anstellen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Schenkungen und Zuwendungen korrekt aufgeführt sind.
Das notarielle Nachlassverzeichnis muss zudem formalen Anforderungen genügen. Es muss schriftlich abgefasst, inhaltlich transparent und übersichtlich strukturiert sein. Der Notar muss bestätigen, dass er die Angaben eigenständig ermittelt und geprüft hat. Eine bloße Beurkundung der Erklärungen des Erben reicht nicht aus. Der Notar muss durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses übernehmen.
Unvollständige oder falsche Angaben im notariellen Nachlassverzeichnis können erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Pflichtteilsberechtigte haben das Recht, Ergänzungen oder Berichtigungen zu verlangen, wenn das Verzeichnis unvollständig oder fehlerhaft ist. In solchen Fällen kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Auskunftsanspruch gerichtlich durchsetzen und gegebenenfalls Zwangsmaßnahmen gegen den Erben erwirken.
Wie wird ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt und welche Rolle spielt der Notar dabei?
Ein notarielles Nachlassverzeichnis wird erstellt, um eine vollständige und rechtssichere Auflistung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen zu gewährleisten. Der Notar spielt dabei eine zentrale Rolle, da er als neutrale und amtliche Person die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses sicherstellen muss.
Der Prozess beginnt damit, dass der Pflichtteilsberechtigte oder ein Nachlassgläubiger die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangt. Der Erbe muss daraufhin einen Notar beauftragen, der die Aufgabe übernimmt. Der Notar darf sich nicht nur auf die Angaben des Erben verlassen, sondern muss eigene Ermittlungen anstellen. Dies umfasst die Überprüfung von Bankunterlagen, Grundbuchauszügen und anderen relevanten Dokumenten, um den gesamten Nachlassbestand zu erfassen.
Der Notar hat eine Nachforschungspflicht, die ihn dazu verpflichtet, alle notwendigen Informationen zu sammeln und zu überprüfen. Er muss beispielsweise bei Banken und Versicherungen nachfragen, ob der Verstorbene dort Konten oder Policen hatte. Auch Immobilien müssen genau erfasst und bewertet werden. Der Notar ist dabei auf die Mitwirkung des Erben angewiesen, der verpflichtet ist, alle relevanten Informationen bereitzustellen und gegebenenfalls selbst Nachforschungen anzustellen.
Die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses kann je nach Komplexität des Nachlasses mehrere Monate dauern. In der Praxis wird oft ein Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten benötigt, um das Verzeichnis vollständig und korrekt zu erstellen. Die Kosten für das notarielle Nachlassverzeichnis richten sich nach dem Wert des Nachlasses und werden als Nachlassverbindlichkeiten betrachtet, die den Nachlasswert mindern.
Ein notarielles Nachlassverzeichnis bietet eine höhere Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit im Vergleich zu einem privaten Nachlassverzeichnis, das vom Erben selbst erstellt wird. Der Notar haftet für die Richtigkeit der Angaben und muss sicherstellen, dass alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten korrekt erfasst sind. Dies schützt die Interessen der Pflichtteilsberechtigten und Nachlassgläubiger und verhindert mögliche Streitigkeiten über die Vollständigkeit des Nachlasses.
Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein fehlerhaftes oder unvollständiges notarielles Nachlassverzeichnis?
Ein fehlerhaftes oder unvollständiges notarielles Nachlassverzeichnis kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Diese betreffen sowohl die Erben als auch die Pflichtteilsberechtigten und können zu Streitigkeiten und Haftungsansprüchen führen.
- Verantwortung des Notars: Der Notar ist verpflichtet, den Nachlassbestand eigenständig und umfassend zu ermitteln. Er darf sich nicht ausschließlich auf die Angaben der Erben verlassen, sondern muss eigene Nachforschungen anstellen, um die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses zu gewährleisten. Versäumt der Notar diese Pflichten, kann das Nachlassverzeichnis als unvollständig oder fehlerhaft angesehen werden, was die Rechte der Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigen kann.
- Haftung des Erben: Der Erbe haftet für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Nachlassverzeichnis. Wenn das Verzeichnis Fehler enthält oder unvollständig ist, kann der Pflichtteilsberechtigte die Korrektur verlangen und gegebenenfalls ein Zwangsgeld gegen den Erben beantragen. In extremen Fällen kann sogar Zwangshaft angeordnet werden, um die Erstellung eines ordnungsgemäßen Verzeichnisses zu erzwingen.
- Rechtsstreitigkeiten: Ein fehlerhaftes Nachlassverzeichnis kann zu langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führen. Pflichtteilsberechtigte können gerichtlich die Erstellung eines neuen, vollständigen Verzeichnisses verlangen. Dies kann zu zusätzlichen Kosten und Verzögerungen bei der Abwicklung des Nachlasses führen.
- Eidesstattliche Versicherung: Wenn Zweifel an der Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses bestehen, kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben eine eidesstattliche Versicherung verlangen. Diese zwingt den Erben, die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben unter Eid zu bestätigen, was bei falschen Angaben strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
- Vertrauensverlust: Ein unvollständiges oder fehlerhaftes Nachlassverzeichnis kann das Vertrauen zwischen den Erben und den Pflichtteilsberechtigten erheblich beeinträchtigen. Dies kann die Zusammenarbeit und die einvernehmliche Abwicklung des Nachlasses erschweren und zu weiteren Konflikten führen.
Beispiel: Ein Pflichtteilsberechtigter stellt fest, dass im notariellen Nachlassverzeichnis wesentliche Vermögenswerte fehlen, wie etwa ein Bankkonto oder eine Lebensversicherung. Er beantragt daraufhin die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Erben und fordert die Erstellung eines neuen Verzeichnisses. Der Notar muss dann eigene Ermittlungen anstellen, um die fehlenden Vermögenswerte zu erfassen und ein vollständiges Verzeichnis zu erstellen.
Diese rechtlichen Konsequenzen verdeutlichen die Bedeutung eines korrekten und vollständigen notariellen Nachlassverzeichnisses. Erben und Pflichtteilsberechtigte sollten daher sorgfältig darauf achten, dass alle relevanten Vermögenswerte und Verbindlichkeiten vollständig und korrekt erfasst werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 2314 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben. Dieser Paragraph ermöglicht es dem Pflichtteilsberechtigten, ein notarielles Nachlassverzeichnis zu verlangen, um den kompletten Nachlassbestand einschließlich aller Aktiva und Passiva einzusehen. Ein Beispiel wäre, wenn der Pflichtteilsberechtigte glaubt, dass der Erbe Vermögenswerte verschweigt.
- § 260 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Betrifft die Verpflichtung zur Erstellung eines Verzeichnisses. Der Erbe muss im Rahmen seiner Auskunftspflicht ein vollständiges und eigenes Verzeichnis über die Nachlassgegenstände anfertigen. Im vorliegenden Fall wurde der Erbe bereits zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt, was auf § 260 BGB beruht.
- Notarordnung (BNotO): Regelt die Zuständigkeit und die Pflichten des Notars bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Der Notar muss unparteiisch und unabhängig tätig werden und eigene Ermittlungen anstellen, um die Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses zu gewährleisten. Ein Beispiel wäre, dass der Notar Bankkonten und andere Vermögenswerte der Erblasserin überprüft.
- § 2310 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Definiert den Pflichtteil und die Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Dieser Paragraph ist wichtig, um zu verstehen, welche Anteile den Pflichtteilsberechtigten zustehen, sobald der Nachlass vollständig erfasst ist. Ein Beispiel wäre, dass die Klägerin als Tochter der Erblasserin Anspruch auf einen bestimmten Erbteil hat.
- § 2025 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Betrifft die Pflicht zur Auskunft über Schenkungen. Im vorliegenden Fall verlangt die Klägerin auch Auskunft über ausgleichungspflichtige Schenkungen. Hierbei müssen alle Schenkungen, die bei der Berechnung des Pflichtteils relevant sind, offengelegt werden. Beispielsweise könnte der Bruder der Klägerin Schenkungen erhalten haben, die den Nachlass beeinflussen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Oberlandesgericht (OLG): Das Oberlandesgericht ist ein Gericht der zweiten Instanz in Deutschland. Es überprüft Entscheidungen der Landgerichte und ist in der Regel für Berufungsverfahren zuständig.
- Alleinerbe: Der Alleinerbe ist die einzige Person, die nach dem Tod des Erblassers das gesamte Erbe erhält. Dies kann durch Testament oder gesetzliche Erbfolge bestimmt sein.
- Pflichtteilsberechtigter: Ein Pflichtteilsberechtigter ist eine Person, der per Gesetz ein bestimmter Anteil am Erbe zusteht, auch wenn der Erblasser dies in seinem Testament anders geregelt hat. Typische Pflichtteilsberechtigte sind nahe Verwandte wie Kinder oder Ehegatten.
- Ausgleichungspflichtige Schenkungen: Dies sind Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat und die bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden müssen. Sie werden dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet, um eine gerechte Verteilung des Erbes zu gewährleisten.
- Berufung: Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine Überprüfung eines Urteils durch ein höheres Gericht beantragt. Im vorliegenden Fall legte die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein.
Das vorliegende Urteil
OLG Celle – Az.: 6 U 67/21 – Urteil vom 17.03.2022
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. September 2021 verkündete Teilurteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 3.750,00 € festgesetzt.
Gründe
A.
Die Klägerin verlangt Auskunft über den Nachlassbestand und über ausgleichungspflichtige Schenkungen durch privatschriftliche Erklärung, nachdem der Beklagte schon zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt worden ist.
Die am 12. Februar 2018 verstorbene Erblasserin M. S., die Mutter der Parteien, ist allein vom Beklagten beerbt worden, der der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 4. September 2018 (Bl. 1 und 2 Anlagenband Beklagter.) ein nicht unterzeichnetes „Nachlassverzeichnis“ übersandt hat, in dem er auf weiteres vorhandenes Vermögen verwiesen hat, das durch den Bruder der Parteien Prof. Dr. H. S., in Besitz genommen und verwaltet werde, sowie auf einen oder zwei notarielle Übertragungsverträge vom 21.
[…]
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Februar 2014. Das Nachlassverzeichnis endet mit der Erklärung:
„Im Übrigen keine weiteren Zuwendungen.“
Mit Stufenklage vom 13. August 2018 hat die Klägerin den Beklagten auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses und ausgleichungspflichtige Vorschenkungen in Anspruch genommen. Für die weiteren Stufen hat sie Antrag auf eidesstattliche Vollständigkeitsversicherung und Pflichtteilszahlung angekündigt.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. November 2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Bl. 30 d. A.).
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2021 hat die Klägerin das Verfahren aufgenommen und die Klage um den „ergänzenden“ Antrag „erweitert“, den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.
Auf Anerkenntnis des Beklagten vom 19. Februar 2021 mit der Erklärung, den Notar schon am 23. August 2019 mit der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt zu haben, hat das Landgericht den Beklagten mit Teilanerkenntnisurteil vom 9. März 2021 (Bl. 61 d. A.) verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.
Nach Hinweis des Landgerichts vom 12. April 2021 (Bl. 73 d. A.), den Auskunftsanträgen zu a) und b) aus der Klageschrift dürfte wegen des Teilanerkenntnisurteils das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, hat die Klägerin den Klagantrag zu a) für erledigt erklärt (Bl. 86 d. A.) und an dem Antrag zu b) festgehalten (Bl. 93 f. d. A.).
Mit Teilurteil im schriftlichen Verfahren vom 13. September 2021 hat das Landgericht die Anträge zu 1. a) und b) aus der Klageschrift vom 13. August 2018 abgewiesen.
Gegen dieses Urteil, auf das der Senat zu näheren Sachdarstellung verweist, wendet die Klägerin sich mit ihrer Berufung und beantragt,
unter Abänderung des Teilurteils vom 13. September 2021 den Beklagten zu verurteilen,
a) der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses, in dem sämtliche Aktiva und Passiva des Nachlasses sowie die wertbildenden Faktoren der einzelnen Nachlassgegenstände dargestellt sind,
b) Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorschenkungen der Erblasserin an den Beklagten oder an Dritte zu erteilen bei Bekanntgabe des Schenkungsgegenstandes und dem Wert der Schenkung.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Den Klageanträgen zu a) und b) fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin über den Vollstreckungstitel aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 9. März 2021 verfügt und damit ihren geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB in vollem Umfang durchsetzen kann. Daneben kann ein „Privatverzeichnis“ wegen der „Rechtsmissbräuchlichkeit“ dieses Zweitverlangens nicht mehr gefordert werden (vgl. Urteil des BGH vom 2. November 1960 zu V ZR 124/59, zitiert nach juris, dort Rn. 22, worauf der Senatsvorsitzende die Klägerin bereits mit Schreiben vom 19. Oktober 2021 hingewiesen hat).
1. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 9. März 2021 (Bl. 61 d. A.) hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Auch wenn dieser Vollstreckungstitel den fiktiven Nachlass, auf den sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers nach § 2325 Abs. 1 BGB richtet, nicht ausdrücklich nennt, ist die Verurteilung jedoch dahin auszulegen, dass der Beklagte ein vollständiges notarielles Verzeichnis i. S. d. § 2314 BGB schuldet. In ihr Auskunftsbegehren hat die Klägerin zuvor im Rechtsstreit immer den fiktiven Nachlass einbezogen. Es ist kein ausreichender Anhaltspunkt für die Feststellung ersichtlich, dass die Verurteilung auf den realen Nachlass beschränkt sein sollte.
2. Das von dem Beklagten vorzulegende notarielle Verzeichnis hat also alle erforderlichen Angaben zum fiktiven Nachlass zu enthalten (vgl. hierzu Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl. 2022, § 2314 Rn. 9) und der Beklagte ist verpflichtet, die Fragen des Notars vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten (Grüneberg/Weidlich, a. a. O., Rn. 7). Die Klägerin hat die Möglichkeit, den Notar auf offene Fragen, die im Verzeichnis zu beantworten sind, hinzuweisen und gegebenenfalls die Zwangsvollstreckung zur vollständigen Erfüllung des Titels zu betreiben (Grüneberg/Weidlich, a. a. O., Rn. 20). Insoweit ist kein Grund ersichtlich, der für die Klägerin einen weiteren Vollstreckungstitel erfordert, um ihr Auskunftsbegehren durchzusetzen, insbesondere kommt dem Privatverzeichnis im Verhältnis zum notariellen Nachlassverzeichnis keine höhere Richtigkeitsgewähr zu.
3. Ergänzend hat der Senatsvorsitzende der Klägerin mit Schreiben vom 21. Februar 2022 folgende Hinweise erteilt:
Mit Urteil vom 1. Dezember 2010 zu IV ZR 189/20 hat der Bundesgerichtshof seine Auffassung bestätigt, dass das private und das notarielle Nachlassverzeichnis inhaltlich wesensgleich sind (zitiert nach juris, dort Rn. 21).
Der Senat vertritt auch nicht die Auffassung, dass der Notar bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses Ermittlungen zu Vorschenkungen nicht anzustellen habe. Wie weit die Prüfungspflicht des Notars reicht, etwa im Hinblick auf die Prüfung von Kontoauszügen, ist Sache des Einzelfalls (Beschluss des Senats vom 25. März 2021 zu 6 U 74/20, ZErb 2021,199).
4. Anschließend ist weder mit Schriftsatz vom 24. Februar 2022 noch in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2022 Vortrag der Klägerin erfolgt, der eine andere Entscheidung rechtfertigt.
II.
Ein Antrag auf Wertermittlung gemäß § 2314 Satz 2 BGB ist mit der Berufung durch den Zusatz im Antrag „bei Bekanntgabe des Schenkungsgegenstandes und dem Wert der Schenkung“ nicht geltend gemacht, weil dazu erforderlich gewesen wäre, den Schenkungsgegenstand, für den die Wertermittlung begehrt wird, in vollstreckungsfähiger Weise konkret zu benennen. Einen solchen Antrag kann die Klägerin nach erteilter Auskunft auf der nächsten Stufe stellen.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10 und § 713 ZPO.
Bei der Streitwertfestsetzung auf bis zu 3.750,00 € [= 50 % von 7.500,00 € (= ¼ von 30.000,00 €)] war zu berücksichtigen, dass das Landgericht das Zahlungsinteresse der Klägerin mit 30.000,00 € angenommen hat. Das Auskunftsinteresse nimmt der Senat regelmäßig mit 25 % an. Hiervon war im vorliegenden Fall ein erheblicher Abschlag von mindestens 50 % vorzunehmen, weil die Klägerin bereits über das Teilanerkenntnisurteil verfügt und ihr mit der Berufung geltend gemachtes weiteres Auskunftsinteresse sich auf eher geringfügige Zusatzfragen beschränkt.