Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG München: Streit um Testamentsvollstreckervergütung – Rückzahlung nach widersprüchlichen Testamenten bestätigt
- Ausgangslage: Ein komplexes Erbe und mehrere letztwillige Verfügungen
- Der Streitpunkt: War die Ernennung des Testamentsvollstreckers wirksam?
- Die Vergütungsregelung und ihre Abhängigkeit von der wirksamen Ernennung
- Entscheidung des Landgerichts München II: Rückzahlungspflicht des Testamentsvollstreckers
- Entscheidung des OLG München: Berufung erfolglos – Urteil bestätigt
- Konsequenzen des Urteils: Kosten und Vollstreckbarkeit
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Unter welchen Umständen kann ein Erbe die Rückzahlung der Testamentsvollstreckervergütung fordern?
- Was bedeutet Widersprüchlichkeit in Testamenten und wie wirkt sich das auf die Testamentsvollstreckung aus?
- Welche Rolle spielen Erbverträge im Vergleich zu Testamenten bei der Bestimmung der Testamentsvollstreckung?
- Wie wird die Höhe der Testamentsvollstreckervergütung berechnet und gibt es Obergrenzen?
- Was können Erben tun, wenn sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Testamentsvollstreckung oder der Höhe der Vergütung haben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 33 U 241/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG München
- Datum: 07.04.2025
- Aktenzeichen: 33 U 241/22
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Erbrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Sohn der Erblasserin, fordert die Rückzahlung einer Testamentsvollstreckervergütung.
- Beklagte: Ehemaliger Notar, der als Testamentsvollstrecker für den Nachlass der Erblasserin tätig war und eine Vergütung erhalten hat.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Eltern des Klägers hatten in einem Testament-/Erbvertragsnachtrag von 2002 den Beklagten (einen Notar) zum Testamentsvollstrecker ernannt. Dieser Nachtrag wurde jedoch durch einen späteren Erbvertrag von 2004 widerrufen bzw. für ungültig erklärt. Trotzdem erhielt der Beklagte eine Vergütung für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker, deren Rückzahlung der Kläger nun fordert.
- Kern des Rechtsstreits: War die Ernennung des Beklagten zum Testamentsvollstrecker wirksam und stand ihm die erhaltene Vergütung zu, obwohl die ursprüngliche Ernennung in einem Testament-/Erbvertragsnachtrag später widerrufen bzw. für ungültig erklärt wurde?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II wurde zurückgewiesen. Er muss die erhaltene Testamentsvollstreckervergütung an den Kläger zurückzahlen und die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
- Folgen: Der Beklagte muss die Testamentsvollstreckervergütung zurückzahlen und die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Der Kläger kann die Entscheidung sofort durchsetzen (vorläufige Vollstreckbarkeit), wobei der Beklagte die Vollstreckung unter bestimmten Bedingungen (Sicherheitsleistung) abwenden kann.
Der Fall vor Gericht
OLG München: Streit um Testamentsvollstreckervergütung – Rückzahlung nach widersprüchlichen Testamenten bestätigt
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Berufungsverfahren entschieden, dass ein Testamentsvollstrecker die erhaltene Vergütung zurückzahlen muss. Grund dafür waren Unklarheiten und Widersprüche in verschiedenen Testamenten und Erbverträgen bezüglich seiner wirksamen Ernennung.

Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung der Vorinstanz, des Landgerichts München II (Az. 12 O 2826/21 Erb). Die Berufung des Testamentsvollstreckers gegen dieses Urteil wurde zurückgewiesen (OLG München, Az.: 33 U 241/22, Urteil vom 07.04.2025).
Ausgangslage: Ein komplexes Erbe und mehrere letztwillige Verfügungen
Im Zentrum des Rechtsstreits stand der Nachlass einer am xx.xx.2018 verstorbenen Frau (im Folgenden: Erblasserin). Ihr Ehemann verstarb kurze Zeit später, am xx.xx.2019. Aus der Ehe gingen mehrere Kinder hervor, darunter der Sohn, der in diesem Verfahren die Rückzahlung der Testamentsvollstreckervergütung forderte.
Die Eheleute hatten im Laufe ihres Lebens eine Reihe von Erbverträgen geschlossen und gemeinschaftliche Testamente errichtet, um ihren Nachlass zu regeln. Diese mehrfachen und teilweise sich ändernden Verfügungen von Todes wegen führten zu erheblichen Unklarheiten bezüglich der Testamentsvollstreckung.
Besonders relevant für den Fall waren drei Dokumente:
- Handschriftlicher „Testament-/Erbvertragsnachtrag“ vom 12.12.2002: Hier ernannten die Eheleute den späteren Testamentsvollstrecker, einen Notar, ausdrücklich zu ihrem „Mit-Testamentsvollstrecker“.
- Notarieller Erbvertrag vom 12.10.2004: In diesem Vertrag widerriefen die Eheleute ausdrücklich alle zuvor errichteten privatschriftlichen Testamente. Zudem wurde festgehalten, dass der Erbvertrag vom 12.12.2002 (gemeint war wohl der Nachtrag) durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung ungültig sei. Gleichzeitig enthielt dieser Vertrag aber eine Klausel (Ziffer II. 10.), die besagte, dass an die Stelle des überlebenden Ehegatten ein „bereits gesondert ernannter weiterer Testamentsvollstrecker“ treten solle. Die Ernennung dieser Person wollten die Eheleute explizit nicht widerrufen. Dies schuf eine erste Ambivalenz, da das Dokument, in dem die Person namentlich genannt wurde (der Nachtrag von 2002), gleichzeitig für ungültig erklärt bzw. widerrufen wurde.
- Notarieller Erbvertrag vom 24.11.2014: Dieser Vertrag wurde von dem Notar beurkundet, der später als Testamentsvollstrecker tätig war und nun die Vergütung zurückzahlen sollte. In diesem Erbvertrag widerriefen die Eheleute erneut frühere Verfügungen, nahmen dabei aber ausdrücklich das privatschriftliche Testament vom 12.12.2002 sowie den Erbvertrag vom 12.10.2004 vom Widerruf aus. Dies sorgte für weitere Verwirrung, da der Vertrag von 2004 den Nachtrag von 2002 eigentlich widerrufen hatte.
In Ziffer II 11) dieses letzten Erbvertrags ordneten die Eheleute erneut Testamentsvollstreckung an. Zu gemeinschaftlich handelnden Testamentsvollstreckern beriefen sie unter anderem „(a) die bereits in der Urkunde vom 12.12.2002 erwähnte Person“. Sie bekräftigten zudem, dass sie die Ernennung des „am 12.12.2002 bereits gesondert ernannten weiteren Testamentsvollstreckers“ nicht widerrufen wollten.
Der Streitpunkt: War die Ernennung des Testamentsvollstreckers wirksam?
Der Kern des Rechtsstreits lag in der Frage, ob der Notar überhaupt wirksam zum Testamentsvollstrecker bestellt worden war, angesichts der komplexen und widersprüchlichen Regelungen in den verschiedenen Testamenten und Erbverträgen.
- Einerseits wurde er im Nachtrag von 2002 namentlich benannt.
- Andererseits wurde dieser Nachtrag im Erbvertrag von 2004 widerrufen bzw. für ungültig erklärt.
- Gleichzeitig enthielt der Vertrag von 2004 eine Ausnahme vom Widerruf für einen „gesondert ernannten“ Testamentsvollstrecker, was sich mutmaßlich auf die Person aus dem Nachtrag von 2002 bezog.
- Schließlich wurde im Erbvertrag von 2014 der Nachtrag von 2002 explizit vom Widerruf ausgenommen und die darin „erwähnte Person“ erneut als Testamentsvollstrecker berufen, obwohl der frühere Widerruf aus dem Jahr 2004 im Raum stand.
Diese Kette von Ernennungen, Widerrufen und Ausnahmen vom Widerruf machte die Auslegung des tatsächlichen Willens der Erblasser schwierig und warf die Frage auf, ob eine durchgehende, ununterbrochene und damit wirksame Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker überhaupt vorlag. Der Sohn der Erblasserin vertrat offenbar die Ansicht, dass dies nicht der Fall war und forderte deshalb die vom Notar bereits vereinnahmte Testamentsvollstreckervergütung zurück.
Die Vergütungsregelung und ihre Abhängigkeit von der wirksamen Ernennung
Der Erbvertrag von 2014 enthielt auch detaillierte Regelungen zu den Aufgaben und der Bezahlung des Testamentsvollstreckers. Festgelegt wurde:
- Die Testamentsvollstrecker sollten nicht nur den Nachlass auseinandersetzen, sondern auch bestimmte Vermächtnisse dauerhaft verwalten, und zwar bis zum 31. Dezember des fünften Jahres nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten.
- Für ihre Tätigkeit sollten die Testamentsvollstrecker eine berufsübliche Vergütung entsprechend den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins sowie Ersatz ihrer Auslagen erhalten.
Der Anspruch auf diese Vergütung setzte jedoch logischerweise voraus, dass die Ernennung zum Testamentsvollstrecker wirksam war. War die Ernennung aufgrund der widersprüchlichen Verfügungen von Anfang an unwirksam oder wurde sie zwischenzeitlich wirksam widerrufen, bestand kein Rechtsgrund für die Vereinnahmung der Vergütung.
Entscheidung des Landgerichts München II: Rückzahlungspflicht des Testamentsvollstreckers
Das Landgericht München II hatte sich als erste Instanz mit dem Fall befasst. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Anspruch des Sohnes auf Rückzahlung der Testamentsvollstreckervergütung begründet ist. Das Landgericht muss also die Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker als nicht wirksam angesehen oder einen anderen Grund für die Rückzahlungspflicht bejaht haben. Es verurteilte den Notar zur Rückzahlung der erhaltenen Vergütung. Gegen dieses Urteil legte der Notar Berufung beim OLG München ein.
Entscheidung des OLG München: Berufung erfolglos – Urteil bestätigt
Das OLG München überprüfte die Entscheidung des Landgerichts und kam zum selben Ergebnis. Die Berufung des Testamentsvollstreckers wurde vollumfänglich zurückgewiesen. Damit bestätigte das OLG die Rückzahlungspflicht bezüglich der Testamentsvollstreckervergütung.
Das OLG München hat sich in seiner Entscheidung maßgeblich mit der Auslegung der verschiedenen letztwilligen Verfügungen der Eheleute auseinandergesetzt, insbesondere mit den widersprüchlichen Regelungen zur Ernennung und zum Widerruf der Testamentsvollstreckerbestellung in den Dokumenten von 2002, 2004 und 2014. Obwohl die genauen Erwägungen des OLG im hier vorliegenden Auszug nicht detailliert wiedergegeben sind, ist aus dem Ergebnis – der Zurückweisung der Berufung – zu schließen, dass das Gericht die Argumentation des Landgerichts teilte und die Einwände des Notars gegen seine Rückzahlungspflicht nicht für überzeugend hielt.
Die Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit klarer und widerspruchsfreier Formulierungen in Testamenten und Erbverträgen, besonders wenn frühere Verfügungen geändert oder widerrufen werden sollen. Unklarheiten können zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen und die Wirksamkeit von Anordnungen wie der Testamentsvollstreckerernennung in Frage stellen.
Konsequenzen des Urteils: Kosten und Vollstreckbarkeit
Mit der Zurückweisung der Berufung ist das Urteil des Landgerichts München II rechtskräftig bestätigt, soweit es die Hauptsache betrifft (die Verpflichtung zur Rückzahlung). Der Testamentsvollstrecker muss die erhaltene Vergütung an den Nachlass bzw. den klagenden Sohn zurückzahlen.
Zusätzlich hat das OLG München entschieden, dass der Testamentsvollstrecker die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss.
Das Urteil des OLG München sowie das bestätigte Urteil des Landgerichts München II wurden für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das bedeutet, der Sohn kann die Zwangsvollstreckung zur Rückzahlung der Vergütung betreiben. Das Landgerichtsurteil ist sogar ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Der Testamentsvollstrecker hat jedoch die Möglichkeit, die Vollstreckung durch den Sohn abzuwenden, indem er eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages erbringt, es sei denn, der Sohn leistet seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass ein Notar nicht als Testamentsvollstrecker in einer von ihm selbst beurkundeten Urkunde eingesetzt werden darf, auch wenn er nicht namentlich, sondern durch Verweis auf eine andere Urkunde benannt wird. Diese Umgehung des Selbstkontrahierungsverbots nach § 7 BeurkG führt zur Unwirksamkeit der Ernennung und verpflichtet zur Rückzahlung bereits vereinnahmter Vergütungen. Für Erben ist bedeutsam, dass sie die Wirksamkeit einer Testamentsvollstreckerernennung auch nachträglich anfechten können, selbst wenn bereits ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt wurde.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Unter welchen Umständen kann ein Erbe die Rückzahlung der Testamentsvollstreckervergütung fordern?
Als Erbe können Sie die Rückzahlung einer bereits gezahlten Vergütung an einen Testamentsvollstrecker grundsätzlich dann fordern, wenn dieser das Geld ohne einen gültigen rechtlichen Grund erhalten hat. Das bedeutet, dass dem Testamentsvollstrecker von Anfang an kein Anspruch auf die Vergütung zustand oder dieser Anspruch später weggefallen ist.
Hauptgründe für eine mögliche Rückforderung
Ein zentraler Grund für eine Rückforderung ist die Unwirksamkeit der Ernennung des Testamentsvollstreckers. Stellen Sie sich vor, die Person wurde zwar im Testament als Testamentsvollstrecker benannt, aber diese Ernennung ist aus bestimmten Gründen nicht gültig. Das kann der Fall sein, wenn:
- Das Testament selbst ungültig ist, zum Beispiel weil der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserstellung nicht mehr testierfähig war oder weil Formvorschriften nicht eingehalten wurden.
- Die Ernennung des Testamentsvollstreckers im Testament unwirksam ist, etwa weil sie unklar oder widersprüchlich formuliert wurde.
Ein weiterer wichtiger Grund kann sich aus widersprüchlichen Testamenten ergeben. Es kommt vor, dass ein Erblasser mehrere Testamente hinterlässt, die sich inhaltlich widersprechen.
- Wenn ein späteres, gültiges Testament ein früheres Testament aufhebt oder ändert und im neuen Testament kein Testamentsvollstrecker mehr ernannt wird oder eine andere Person benannt wird, kann die Ernennung aus dem früheren Testament unwirksam werden.
- Besteht Unklarheit darüber, welches Testament gilt oder ob die Ernennung in einem bestimmten Testament wirksam ist, kann dies dazu führen, dass die Grundlage für den Vergütungsanspruch fehlt.
Was bedeutet das für die Vergütung?
Wenn die Ernennung zum Testamentsvollstrecker von Anfang an unwirksam war oder nachträglich wegfällt (zum Beispiel durch eine erfolgreiche Anfechtung des Testaments), dann hatte der Testamentsvollstrecker rechtlich gesehen keinen Anspruch auf eine Vergütung für seine Tätigkeit. Hat er dennoch eine Vergütung aus dem Nachlass erhalten, kann diese von den Erben als ungerechtfertigte Bereicherung zurückgefordert werden (§ 812 Bürgerliches Gesetzbuch).
Wichtig zu verstehen ist: Die Rückforderung basiert darauf, dass die Zahlung der Vergütung ohne Rechtsgrund erfolgte, weil die Ernennung des Testamentsvollstreckers nicht wirksam war.
Was bedeutet Widersprüchlichkeit in Testamenten und wie wirkt sich das auf die Testamentsvollstreckung aus?
Widersprüchlichkeit in einem Testament bedeutet, dass Anordnungen enthalten sind, die sich gegenseitig ausschließen, logisch nicht zusammenpassen oder so unklar formuliert sind, dass sie nicht eindeutig verstanden werden können.
Was bedeutet Widersprüchlichkeit in einem Testament?
Stellen Sie sich vor, ein Erblasser schreibt in seinem Testament: „Mein Sohn Max erbt mein Haus.“ An späterer Stelle im selben Testament steht jedoch: „Meine Tochter Anna erbt mein gesamtes Vermögen inklusive meines Hauses.“ Das ist ein klarer Widerspruch.
Widersprüche können aber auch subtiler sein, zum Beispiel wenn Bedingungen für ein Erbe unklar formuliert sind oder sich Anweisungen zur Verwaltung des Nachlasses widersprechen. Entscheidend ist, dass der tatsächliche Wille des Erblassers nicht mehr eindeutig erkennbar ist.
Wie gehen Gerichte mit widersprüchlichen Testamenten um?
Nicht jede Unklarheit oder jeder Widerspruch führt automatisch dazu, dass das Testament oder Teile davon ungültig sind. Das Gesetz schreibt vor, dass Testamente ausgelegt werden müssen. Das bedeutet:
- Ermittlung des wahren Willens: Gerichte versuchen immer zuerst, den wirklichen Willen des Verstorbenen herauszufinden (§ 2084 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Dabei werden der gesamte Text des Testaments, aber manchmal auch andere Schriftstücke oder mündliche Äußerungen des Erblassers berücksichtigt.
- Vorrang der gültigen Auslegung: Ziel der Auslegung ist es, eine Deutung zu finden, bei der die Anordnung des Erblassers wirksam ist und einen Sinn ergibt. Man geht davon aus, dass der Erblasser eine sinnvolle Regelung treffen wollte.
- Ungültigkeit als Ausnahme: Nur wenn ein Widerspruch so gravierend ist, dass er sich auch durch Auslegung nicht auflösen lässt und der Wille des Erblassers nicht mehr feststellbar ist, kann die betreffende Anordnung oder im Extremfall sogar das ganze Testament unwirksam sein.
Auswirkungen auf die Testamentsvollstreckung
Widersprüche im Testament können die Testamentsvollstreckung auf verschiedene Weisen beeinflussen:
- Unklare Anordnung der Testamentsvollstreckung: Schon die Anordnung selbst kann widersprüchlich sein. Zum Beispiel, wenn unklar ist, wer genau Testamentsvollstrecker sein soll, oder wenn sich die Anweisungen über den Umfang seiner Aufgaben widersprechen. Solche Widersprüche können dazu führen, dass die Anordnung der Testamentsvollstreckung als solche unwirksam ist.
- Erschwerte Durchführung: Selbst wenn die Einsetzung des Testamentsvollstreckers klar ist, können Widersprüche bei den inhaltlichen Anweisungen (z.B. wer was erben soll, wie Vermögen aufgeteilt oder verwaltet werden soll) seine Arbeit erheblich erschweren oder blockieren. Der Testamentsvollstrecker muss den Willen des Erblassers umsetzen – wenn dieser aber widersprüchlich ist, weiß er möglicherweise nicht, wie er handeln soll.
- Konfliktpotenzial: Widersprüchliche Testamente sind eine häufige Ursache für Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker. Solche Konflikte können die Abwicklung des Nachlasses verzögern und belasten.
- Bedeutung für die Vergütung: Wenn die Anordnung der Testamentsvollstreckung selbst unwirksam ist oder der Testamentsvollstrecker seine Aufgaben aufgrund unauflösbarer Widersprüche im Testament nicht erfüllen kann, kann dies unter Umständen auch Konsequenzen für seinen Anspruch auf Vergütung haben. Die genauen Folgen hängen stark von den Details des jeweiligen Falles ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Widersprüche in Testamenten sind problematisch, weil sie den wahren Willen des Erblassers unklar machen. Sie führen nicht automatisch zur Ungültigkeit, erfordern aber oft eine gerichtliche Auslegung. Für die Testamentsvollstreckung können sie erhebliche Hürden bedeuten, von der Frage der Wirksamkeit der Anordnung bis hin zu Schwierigkeiten bei der Durchführung der Aufgaben und möglichen Streitigkeiten.
Welche Rolle spielen Erbverträge im Vergleich zu Testamenten bei der Bestimmung der Testamentsvollstreckung?
Sowohl ein Testament als auch ein Erbvertrag können festlegen, dass der Nachlass durch einen Testamentsvollstrecker verwaltet werden soll und wer diese Aufgabe übernimmt. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch in der Bindungswirkung dieser Anordnungen.
Das Testament: Flexibel änderbar
Ein Testament ist eine einseitige Anordnung des Erblassers. Das bedeutet, die Person, die das Testament verfasst (der Erblasser), entscheidet allein über den Inhalt. Der Erblasser kann sein Testament daher grundsätzlich jederzeit ändern oder komplett widerrufen, solange er dazu geistig in der Lage ist.
Wenn der Erblasser also in einem Testament eine Testamentsvollstreckung anordnet und später ein neues Testament verfasst, in dem er etwas anderes bestimmt (z.B. einen anderen Testamentsvollstrecker einsetzt oder die Testamentsvollstreckung ganz aufhebt), gilt grundsätzlich die spätere Anordnung. Die frühere Anordnung im älteren Testament wird dadurch unwirksam.
Der Erbvertrag: Starke Bindung
Ein Erbvertrag ist – wie der Name schon sagt – ein Vertrag. Er wird zwischen dem Erblasser und mindestens einer anderen Person (z.B. einem Erben) geschlossen und muss immer notariell beurkundet werden. Bestimmte Regelungen in einem Erbvertrag, die sogenannten vertragsmäßigen Verfügungen, sind für den Erblasser bindend. Der Gedanke dahinter ist, dass sich auch der Vertragspartner auf die Regelungen verlassen können soll.
Wird die Testamentsvollstreckung oder die Person des Testamentsvollstreckers als vertragsmäßige Verfügung im Erbvertrag festgelegt, kann der Erblasser dies nicht einfach durch ein späteres Testament ändern oder aufheben. Eine solche spätere, widersprüchliche Anordnung in einem Testament wäre unwirksam (§ 2289 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Die im Erbvertrag getroffene bindende Regelung hat Vorrang.
Stellen Sie sich vor: Jemand schließt mit seinem Kind einen Erbvertrag, in dem das Kind als Erbe eingesetzt und bindend festgelegt wird, dass ein bestimmter Freund Testamentsvollstrecker sein soll. Schreibt diese Person später ein Testament, in dem sie jemand anderen zum Testamentsvollstrecker bestimmt, ist diese neue Bestimmung unwirksam. Es bleibt bei dem im Erbvertrag genannten Freund.
Was ist, wenn der Erbvertrag nicht bindend ist?
Es ist wichtig zu wissen, dass nicht jede Regelung in einem Erbvertrag automatisch bindend (vertragsmäßig) ist. Der Erblasser kann im Erbvertrag auch einseitige Verfügungen treffen. Diese sind dann genauso frei änderbar wie Regelungen in einem Testament. Ob die Anordnung der Testamentsvollstreckung im Erbvertrag bindend oder nur einseitig ist, muss durch Auslegung des Vertrags ermittelt werden. Oft ergibt sich dies aus der Formulierung im Vertrag selbst.
Warum ist das für Erben wichtig?
Für Sie als Erbe ist dieser Unterschied entscheidend, um zu verstehen, welche Anordnung des Erblassers zur Testamentsvollstreckung gültig ist. Existieren sowohl ein Erbvertrag als auch ein oder mehrere Testamente, muss geprüft werden, welche Verfügung Vorrang hat. Eine bindende Anordnung im Erbvertrag geht späteren testamentarischen Regelungen vor. Widersprüchliche oder unklare Anordnungen können sonst zu Unsicherheiten und Streitigkeiten darüber führen, wer rechtmäßig als Testamentsvollstrecker eingesetzt ist und welche Aufgaben und Befugnisse diese Person hat. Dies kann sich dann auch auf Fragen wie die Vergütung des Testamentsvollstreckers auswirken.
Wie wird die Höhe der Testamentsvollstreckervergütung berechnet und gibt es Obergrenzen?
Die Vergütung für einen Testamentsvollstrecker soll dessen Arbeit und Verantwortung angemessen entlohnen. Wie genau die Höhe berechnet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Festlegung durch den Erblasser hat Vorrang
Grundsätzlich gilt: Hat die verstorbene Person (der Erblasser) in ihrem Testament selbst festgelegt, wie hoch die Vergütung sein soll oder wie sie berechnet wird (z.B. ein fester Betrag, ein Prozentsatz des Nachlasswertes oder ein Stundenhonorar), dann ist diese Anordnung in der Regel bindend. Der Testamentsvollstrecker und die Erben müssen sich daran halten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die festgelegte Vergütung völlig unangemessen (z.B. sittenwidrig niedrig oder überhöht) wäre.
Berechnung ohne Regelung im Testament
Hat der Erblasser keine konkrete Regelung zur Vergütung getroffen, greift das Gesetz. Nach § 2221 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Testamentsvollstrecker eine „angemessene Vergütung“ verlangen. Was genau „angemessen“ ist, steht nicht als fester Betrag im Gesetz, sondern muss im Einzelfall bestimmt werden.
Zur Orientierung, was als angemessen gilt, werden in der Praxis häufig anerkannte Vergütungstabellen herangezogen (wie die „Neue Rheinische Tabelle“ oder Empfehlungen des Deutschen Notarvereins). Wichtig: Diese Tabellen sind keine Gesetze, sondern unverbindliche Richtlinien, die Gerichte und Beteiligte als Anhaltspunkt nutzen können.
Die Berechnung anhand solcher Tabellen erfolgt meist in Schritten:
- Ermittlung des Bruttonachlasswertes: Als Basis dient in der Regel der Wert des gesamten Nachlasses (Immobilien, Bankguthaben, Wertgegenstände etc.) zum Zeitpunkt des Todes, bevor Schulden abgezogen werden.
- Grundvergütung: Aus dem Bruttonachlasswert ergibt sich anhand der Tabelle ein Basis-Prozentsatz oder ein Grundbetrag für die Vergütung.
- Berücksichtigung des Aufwands und der Schwierigkeit: Die eigentliche „Angemessenheit“ hängt stark von den konkreten Aufgaben des Testamentsvollstreckers ab. Folgende Aspekte können die Vergütung erhöhen (Zuschläge) oder senken (Abschläge):
- Umfang und Komplexität des Nachlasses: Ein großer Nachlass mit vielen verschiedenen Vermögenswerten (z.B. Immobilien im In- und Ausland, Firmenanteile, Kunstwerke) verursacht mehr Arbeit als ein einfacher Nachlass.
- Schwierigkeit der Verwaltung und Abwicklung: Mussten schwierige Rechtsfragen geklärt, aufwendige Recherchen durchgeführt oder Streitigkeiten zwischen Erben geschlichtet werden? War die Verwaltung des Nachlasses (z.B. einer Immobilie oder eines Unternehmens) komplex?
- Dauer der Testamentsvollstreckung: Eine langwierige Abwicklung rechtfertigt in der Regel eine höhere Vergütung.
- Verantwortung: Je höher der Wert des Nachlasses, desto größer ist die Verantwortung des Testamentsvollstreckers.
- Benötigte Fachkenntnisse: Waren spezielle Kenntnisse (z.B. im Steuerrecht oder bei Unternehmensführung) erforderlich?
Für Sie bedeutet das: Die reine Anwendung einer Tabelle ohne Berücksichtigung des Einzelfalls ist oft nicht ausreichend. Es kommt immer auf die spezifischen Umstände der jeweiligen Testamentsvollstreckung an.
Gibt es Obergrenzen für die Vergütung?
Feste gesetzliche Obergrenzen gibt es nicht. Die Vergütung muss jedoch stets angemessen sein.
- Selbst eine vom Erblasser festgelegte Vergütung kann unzulässig sein, wenn sie sittenwidrig oder völlig unverhältnismäßig hoch ist.
- Wenn die Vergütung nach § 2221 BGB bestimmt wird (also ohne konkrete Vorgabe im Testament), ist die Angemessenheit der zentrale Maßstab. Eine überhöhte Forderung muss nicht akzeptiert werden.
Können sich Erben und Testamentsvollstrecker nicht über die Höhe der angemessenen Vergütung einigen, kann die Angemessenheit gerichtlich überprüft werden. Das Gericht wird dann alle Umstände des Einzelfalls bewerten.
Was können Erben tun, wenn sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Testamentsvollstreckung oder der Höhe der Vergütung haben?
Wenn Sie als Erbe Zweifel daran haben, ob der Testamentsvollstrecker seine Aufgaben korrekt erfüllt oder ob seine Vergütung angemessen ist, stehen Ihnen bestimmte Rechte und Möglichkeiten offen. Der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass treuhänderisch für die Erben, unterliegt dabei aber auch deren Kontrolle.
Ihr Recht auf Information und Kontrolle
Als Erbe haben Sie grundsätzlich das Recht, vom Testamentsvollstrecker Auskunft über seine Tätigkeit und den Stand des Nachlasses zu verlangen. Dies ergibt sich aus § 2218 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Testamentsvollstrecker muss Ihnen auf Verlangen ein Nachlassverzeichnis vorlegen und nach Abschluss seiner Tätigkeit Rechenschaft ablegen. Dies bedeutet, er muss eine geordnete Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben während seiner Amtszeit erstellen.
Sie können auch Einsicht in wichtige Unterlagen verlangen, die die Verwaltung des Nachlasses betreffen. Dies hilft Ihnen zu überprüfen, ob der Testamentsvollstrecker seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat.
Stellen Sie fest, dass der Testamentsvollstrecker seine Pflichten verletzt hat (z.B. durch Fehler bei der Verwaltung, Untätigkeit oder eigennütziges Handeln), kann dies Konsequenzen haben. Eine wesentliche Pflichtverletzung kann unter Umständen dazu führen, dass der Testamentsvollstrecker Schadensersatz leisten muss (§ 2219 BGB) oder auf Antrag eines Beteiligten vom Nachlassgericht entlassen wird (§ 2227 BGB).
Überprüfung der Testamentsvollstrecker-Vergütung
Die Höhe der Vergütung des Testamentsvollstreckers kann auf verschiedene Weisen festgelegt sein:
- Der Erblasser hat die Vergütung im Testament bestimmt.
- Das Testament enthält keine Regelung, dann gilt eine „angemessene Vergütung“ als geschuldet (§ 2221 BGB). Was angemessen ist, richtet sich nach dem Einzelfall, insbesondere nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Tätigkeit sowie dem Wert des Nachlasses. Oft werden hierzu Tabellen (z.B. die „Neue Rheinische Tabelle“) als Orientierung herangezogen, diese sind aber nicht rechtlich bindend.
- Es gibt eine Vereinbarung zwischen Testamentsvollstrecker und Erben.
Zweifel an der Höhe der Vergütung können insbesondere dann entstehen, wenn die Tätigkeit des Vollstreckers wenig aufwendig war, der Nachlass gering ist oder wenn – wie im Kontext dieser FAQ erwähnt – Unklarheiten oder Widersprüche im Testament selbst bestehen, die die Grundlage der Vergütungsberechnung betreffen. Ist die geforderte oder entnommene Vergütung unangemessen hoch, können Sie als Erbe dagegen vorgehen.
Schritte bei Zweifeln
Wenn Sie Zweifel an der Arbeit oder der Vergütung des Testamentsvollstreckers haben, gibt es verschiedene Wege:
- Auskunft und Belege fordern: Verlangen Sie zunächst detaillierte Auskunft und Rechenschaft sowie die Vorlage von Belegen vom Testamentsvollstrecker. Klären Sie Ihre Fragen direkt mit ihm.
- Nachlassgericht informieren: Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen können Sie beim zuständigen Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers beantragen. Das Gericht prüft dann, ob ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt.
- Gerichtliche Klärung der Vergütung: Sind Sie mit der Höhe der Vergütung nicht einverstanden und lässt sich keine Einigung erzielen, kann die Angemessenheit der Vergütung gerichtlich überprüft werden. Hat der Testamentsvollstrecker die Vergütung bereits aus dem Nachlass entnommen, kann unter Umständen ein Anspruch auf Rückzahlung bestehen, wenn sich herausstellt, dass die Vergütung zu hoch war.
Beachten Sie, dass für Ansprüche wie Schadensersatz oder die Rückforderung überhöhter Vergütung gesetzliche Verjährungsfristen gelten. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie davon Kenntnis erlangt haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen. Im Einzelfall können jedoch andere Fristen relevant sein.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Testamentsvollstrecker
Ein Testamentsvollstrecker ist eine Person, die vom Erblasser (der verstorbenen Person) in einem Testament oder Erbvertrag bestimmt wird, um dessen Nachlass nach dem Tod zu verwalten (§§ 2197 ff. BGB). Seine Aufgabe ist es, die Anordnungen des Erblassers umzusetzen, etwa das Vermögen unter den Erben zu verteilen, Schulden zu begleichen oder Vermächtnisse zu erfüllen. Im vorliegenden Fall war die Wirksamkeit der Ernennung des Notars zum Testamentsvollstrecker aufgrund widersprüchlicher Verfügungen fraglich, was entscheidend für seinen Anspruch auf Bezahlung (Vergütung) war.
Beispiel: Frau Meier setzt in ihrem Testament ihre Nichte als Testamentsvollstreckerin ein, damit diese nach ihrem Tod das Erbe gerecht unter Frau Meiers Kindern aufteilt und ihr Aktiendepot verwaltet.
Erbvertrag
Ein Erbvertrag ist ein bindender Vertrag zwischen mindestens zwei Personen, der Regelungen für den Todesfall trifft, meist zur Erbfolge (§§ 1941, 2274 ff. BGB). Er muss notariell beurkundet werden, um gültig zu sein. Anders als ein Testament kann ein Erbvertrag vom Erblasser in der Regel nicht einfach einseitig widerrufen werden, was ihm eine hohe Bindungswirkung verleiht. Im Fall schlossen die Eheleute mehrere Erbverträge, deren widersprüchlicher Inhalt zur Unklarheit über die wirksame Einsetzung des Testamentsvollstreckers führte.
Beispiel: Ein kinderloses Ehepaar schließt einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig unwiderruflich zu Alleinerben einsetzen. Diese Regelung können sie später nicht einfach durch ein neues, allein verfasstes Testament ändern.
Gemeinschaftliches Testament
Ein gemeinschaftliches Testament ist eine letztwillige Verfügung, die nur von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern gemeinsam errichtet werden kann (§§ 2265 ff. BGB). Es kann handschriftlich (von einem Partner geschrieben, von beiden unterschrieben) oder notariell erstellt werden. Oft enthält es Regelungen, die voneinander abhängen (wechselbezügliche Verfügungen) und nach dem Tod des Erstversterbenden für den überlebenden Partner bindend werden können. Im Text trugen auch solche Testamente zur Komplexität der Nachlassregelung bei.
Beispiel: Eheleute setzen sich in einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des längerlebenden Partners die gemeinsamen Kinder alles erben sollen (sog. „Berliner Testament“).
Widerruf (von Testamenten/Erbverträgen)
Der Widerruf einer letztwilligen Verfügung bedeutet, dass der Erblasser eine früher getroffene Anordnung aufhebt oder für ungültig erklärt (§§ 2253 ff., 2290 ff. BGB). Dies kann ausdrücklich geschehen („Ich widerrufe mein Testament vom…“) oder indem eine neue Verfügung getroffen wird, die der alten inhaltlich widerspricht. Bei Erbverträgen ist ein Widerruf schwieriger als bei Testamenten und oft nur gemeinsam oder unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Im vorliegenden Fall führten mehrfache, sich teils widersprechende Widerrufe und Ausnahmen von Widerrufen zur entscheidenden Frage, ob die Ernennung des Testamentsvollstreckers noch gültig war.
Beispiel: Herr Schmidt hat 2010 ein Testament verfasst. 2020 schreibt er ein neues Testament mit völlig anderen Regelungen und vernichtet das alte. Damit hat er das Testament von 2010 wirksam widerrufen.
Rechtsgrund
Ein Rechtsgrund ist die rechtliche Rechtfertigung dafür, dass jemand eine Leistung (z. B. Geld, eine Sache) erhalten oder behalten darf. Fehlt dieser Rechtsgrund von Anfang an oder fällt er später weg, muss die Leistung in der Regel zurückgegeben werden (Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 812 BGB). Im beschriebenen Fall ging es darum, ob für die Zahlung der Vergütung an den Testamentsvollstrecker ein wirksamer Rechtsgrund bestand. Da das Gericht die Ernennung zum Testamentsvollstrecker (den Rechtsgrund für die Vergütung) als unwirksam ansah, fehlte die Berechtigung für das Behalten des Geldes, und er musste es zurückzahlen.
Beispiel: Sie überweisen versehentlich zweimal die Miete für denselben Monat. Für die zweite Zahlung gibt es keinen Rechtsgrund (der Mietvertrag deckt nur eine Zahlung ab), daher können Sie das zu viel gezahlte Geld zurückfordern.
Selbstkontrahierungsverbot (§ 7 BeurkG)
Das Selbstkontrahierungsverbot im Beurkundungsrecht (§ 7 Beurkundungsgesetz – BeurkG) besagt, dass ein Notar nicht an der Beurkundung einer Urkunde mitwirken darf, durch die er selbst einen rechtlichen Vorteil erlangt. Dies soll die Unparteilichkeit des Notars sicherstellen und Interessenkonflikte vermeiden. Im vorliegenden Fall beurkundete der Notar einen Erbvertrag (von 2014), in dem er selbst – wenn auch über einen Verweis auf eine frühere Urkunde – als Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde, was ihm einen Vergütungsanspruch verschaffte. Dies stellt einen möglichen Verstoß gegen § 7 BeurkG dar und kann zur Unwirksamkeit seiner Ernennung führen, wie der Kommentar zum Urteil andeutet.
Beispiel: Ein Notar darf nicht den Kaufvertrag beurkunden, durch den er selbst ein Haus von einem seiner Klienten kauft.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 2197 ff. BGB (Testamentsvollstreckung): Diese Paragraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch regeln die Testamentsvollstreckung. Sie bestimmen, wer Testamentsvollstrecker sein kann, welche Aufgaben und Befugnisse er hat und wie die Testamentsvollstreckung endet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte wurde als Testamentsvollstrecker eingesetzt und hat in dieser Rolle gehandelt, wofür er eine Vergütung erhalten hat, deren Rückzahlung nun streitgegenständlich ist.
- § 2220 BGB (Vergütung des Testamentsvollstreckers): Dieser Paragraph bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit hat. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem Wert des Nachlasses und dem Umfang und der Schwierigkeit der Tätigkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Höhe der vom Beklagten geforderten und erhaltenen Vergütung ist der Kern des Streits, da der Kläger diese als unangemessen betrachtet und zurückfordert.
- Auslegung von Testamenten und Erbverträgen (§§ 133, 2084 BGB): Diese Vorschriften regeln, wie Testamente und Erbverträge auszulegen sind. Es geht darum, den wirklichen Willen des Erblassers zu ermitteln, auch wenn der Wortlaut nicht eindeutig ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste die verschiedenen Testamente und Erbverträge der Erblasserin auslegen, um zu bestimmen, ob und in welchem Umfang eine Testamentsvollstreckung angeordnet war und ob die Vergütung des Beklagten rechtmäßig war.
- Neue Rheinische Tabelle (Richtlinie zur Testamentsvollstreckervergütung): Diese Tabelle ist eine übliche Richtlinie zur Berechnung der Vergütung von Testamentsvollstreckern, herausgegeben vom Deutschen Notarverein. Sie ist zwar nicht Gesetz, wird aber oft von Gerichten als Orientierungshilfe herangezogen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte hat seine Vergütung nach der Neuen Rheinischen Tabelle berechnet. Die Anwendung und Angemessenheit dieser Tabelle im konkreten Fall war möglicherweise ein Streitpunkt.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Testamentsersteller bei widersprüchlichen Testamenten und der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers
Sie haben bereits ein Testament oder einen Erbvertrag erstellt und möchten nun Änderungen vornehmen? Oder Sie besitzen mehrere Dokumente, die Ihren Nachlass regeln sollen? Unklare oder sich widersprechende Regelungen können später zu erheblichen Problemen und Streitigkeiten führen.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Eindeutigkeit geht vor – Widerrufen Sie alte Verfügungen klar
Wenn Sie ein neues Testament oder einen neuen Erbvertrag erstellen, der frühere Regelungen ändern oder ersetzen soll, formulieren Sie dies unmissverständlich. Widerrufen Sie ausdrücklich alle früheren Testamente oder Erbverträge oder zumindest die Teile davon, die nicht mehr gelten sollen. Nur so vermeiden Sie Zweifel, welche Verfügung nun Vorrang hat.
⚠️ ACHTUNG: Ein späteres Testament kann ein früheres automatisch aufheben, wenn sie sich widersprechen. Sicherer ist es aber immer, den Widerruf explizit zu erklären, um spätere Auslegungsschwierigkeiten und Rechtsstreitigkeiten zu verhindern.
Tipp 2: Überprüfen Sie die Wirksamkeit der Testamentsvollstrecker-Einsetzung
Wenn Sie in einem früheren Testament oder Erbvertrag einen Testamentsvollstrecker eingesetzt haben und später ein neues Dokument erstellen, prüfen Sie genau, ob die Einsetzung des Testamentsvollstreckers davon betroffen ist. Soll der ursprünglich benannte Testamentsvollstrecker weiterhin tätig werden? Dann bestätigen Sie seine Einsetzung im neuen Dokument. Soll ein anderer Testamentsvollstrecker benannt oder ganz auf eine Testamentsvollstreckung verzichtet werden, regeln Sie dies klar und widerrufen Sie die alte Einsetzung ausdrücklich.
⚠️ ACHTUNG: Wird die Verfügung, die den Testamentsvollstrecker einsetzt, durch ein späteres Testament oder einen späteren Erbvertrag aufgehoben oder für ungültig erklärt, verliert der Testamentsvollstrecker sein Amt. Eine dennoch ausgeübte Tätigkeit und erhaltene Vergütung können dann (wie im Gerichtsfall) zurückgefordert werden.
Tipp 3: Konsistenz über alle Dokumente hinweg sicherstellen
Falls Sie mehrere Verfügungen von Todes wegen haben (z. B. ein Testament und einen späteren Erbvertragsnachtrag), stellen Sie sicher, dass diese inhaltlich aufeinander abgestimmt sind und sich nicht widersprechen. Dies gilt insbesondere für zentrale Punkte wie Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und eben auch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers.
Tipp 4: Holen Sie bei komplexen Regelungen juristischen Rat ein
Gerade wenn mehrere Testamente oder Erbverträge existieren, Änderungen vorgenommen werden oder spezielle Regelungen wie eine Testamentsvollstreckung gewünscht sind, ist professionelle juristische Beratung (z. B. durch einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar) dringend zu empfehlen. So stellen Sie sicher, dass Ihr Wille klar formuliert ist und spätere Konflikte vermieden werden.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Ein häufiger Fehler ist, dass frühere Testamente oder Erbverträge bei der Erstellung neuer Verfügungen schlicht vergessen oder deren Inhalt nicht mehr genau präsent ist. Auch unklare Formulierungen können dazu führen, dass nicht eindeutig ist, ob eine frühere Regelung (wie die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers) durch eine spätere aufgehoben werden sollte oder nicht. Dies führt oft zu langwierigen und kostspieligen Auslegungsstreitigkeiten unter den Erben oder mit dem (vermeintlichen) Testamentsvollstrecker.
✅ Checkliste: Widersprüchliche Testamente vermeiden
- Haben Sie eine Übersicht über alle von Ihnen erstellten Testamente und Erbverträge?
- Wurde bei Erstellung eines neuen Dokuments ausdrücklich festgelegt, was mit älteren Verfügungen geschieht (Widerruf)?
- Sind alle Regelungen in Ihren aktuellen Verfügungen klar, eindeutig und widerspruchsfrei?
- Ist die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers (falls gewünscht) in der aktuell gültigen Verfügung klar geregelt und eine eventuell frühere, abweichende Regelung widerrufen?
- Haben Sie bei komplexen Verhältnissen oder mehreren Dokumenten juristischen Rat eingeholt?
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 33 U 241/22 – Urteil vom 07.04.2025
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