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Rücktritt eines Miterben von einer Erbauseinandersetzungsvereinbarung

KG Berlin – Az.: 20 U 270/11 – Urteil vom 29.03.2012

Die Berufung des Beklagten gegen das am 12.10.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt als Käufer und Rechteinhaber von dem Beklagten aufgrund eines zwischen ihm und dem Bruder des Beklagten, N J, geschlossenen Erbteilskaufvertrages nebst später erklärter notarieller dinglicher Übertragung des Erbteils Übereignung im einzelnen bezeichneter Wohnungseigentumsanteile an die aus nunmehr ihm und dem Beklagten bestehende „Erbengemeinschaft“ nach R J und Übereignung eines weiteren Wohnungseigentumsanteils (Wohnung Nr. 12) an eine GbR, bestehend aus dem Beklagten und dessen Bruder, sowie Auskunft über die von dem Beklagten im Zusammenhang mit dessen Wohnungseigentum erzielten Vermögenswerte.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und wegen der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verurteilung und beantragt Klageabweisung unter Aufhebung des angefochtenen Urteils. Er trägt, teilweise wiederholend, vor: Das Landgericht habe nicht zwischen der Aufhebung der Erbengemeinschaft einerseits und der Aufhebung der GbR andererseits unterschieden, was sich auf die Urteilsfindung ausgewirkt habe. Sein Bruder habe nicht von der Erbauseinandersetzung zurücktreten können, weil diese vollzogen und beendet worden sei. Sein Bruder habe den Rücktritt auch nicht namens der Erbengemeinschaft erklärt, sondern in eigenem Namen. Die Rücktrittserklärung wirke nicht insgesamt. Deren Gegenstand sei teilbar, nämlich in die Wohnung Nr. 12 einerseits und die übrigen Wohnungen andererseits. Die Wohnung Nr. 12 sei nicht in den Nachlaß gefallen. Der Beklagte habe an den von ihm empfangenen Teilleistungen ein erhebliches Interesse gehabt. Im übrigen seien nur 0,89 % der Gegenleistung offen gewesen. Das Landgericht hätte auf seine Zahlungsverpflichtung auch die von seinem Bruder erhaltene Untermiete (1275,- € monatlich) anrechnen müssen. Seine Aufrechnung gelte fort. Ein neues Vorkaufsrecht sei ihm nicht angetragen worden. Der Kläger habe seinem Bruder gegenüber in Gegenwart von Zeugen gesagt, er, der Kläger, wolle nicht mehr an dem Kaufvertrag festhalten, wenn sich die beiden Brüder einigen würden. Hinsichtlich der getauschten Wohnungen erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.

Der Beklagte begehrt ferner die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht, weil dieses seinen Schriftsatz vom 21.9.11 nicht beachtet habe.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt weiter vor.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf den Inhalt der von ihnen eingereichten Urkunden Bezug genommen.

II.

Die Berufung mußte zurückgewiesen werden. Das Landgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht antragsgemäß verurteilt. Die Berufungsbegründung ändert daran nichts. Die Ansprüche des Klägers beruhen auf §§ 2018 (Herausgabe), 2027 (Auskunftspflicht) BGB iVm § 2371 BGB (Erbschaftskauf). Durch den Erbschaftskauf wurde der Kläger zwar nicht Miterbe. Er kann aber verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, als sei er Miterbe, und kann die Übereignung des Wohnungseigentums an die Miterbengemeinschaft verlangen (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 71. Auflage 2012, § 2371 Rdrn. 4).

Der Kläger hat den Erbschaftsanteil des N J von diesem dinglich erworben (I) und ist nicht verpflichtet, ihn an N J oder an den Kläger zurückzuübertragen (II). Der Anspruch des Klägers besteht auch hinsichtlich der getauschten Wohnungen (III) und der Wohnung Nr. 12 (IV), und schließlich ist der Rechtsstreit nicht an das Landgericht zurückzuverweisen (V):

I.

Der Kläger hatte die Erbschaftshälfte des N J, von diesem erworben.

1.

Die Erbschaftshälfte des N J konnte Veräußerungsgegenstand sein, weil sich der Beklagte mit N J nicht rechtswirksam auseinandergesetzt hatte und die Erbengemeinschaft nach R J – abgesehen von dessen seinerzeit abgefundenen Töchtern -, zu welcher der auf N J entfallende hälftige Teil gehörte, fortbestand. Die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 16.12.04 zwischen dem Beklagten und N J beendete die Erbengemeinschaft nicht. N J war durch seine an den Beklagten gerichtete Rücktrittserklärung vom 14.7.09 (Anlage K 8) von dem Erbauseinandersetzungsvertrag wirksam zurückgetreten. Damit bestand die Erbengemeinschaft weiterhin, und N J konnte seinen Erbteil an den Kläger durch notarielle Beurkundung, wie im Vertrag vom 5.10.10 erfolgt, veräußern (vgl. § 2371 BGB).

a.

Der Senat folgt hinsichtlich der Frage, ob ein Miterbe von einer Auseinandersetzungsvereinbarung auch nach deren Vollzug zurücktreten kann, der Rechtsprechung des BGH (DNotZ 55, 406-408 = BGH LM § 326 /A/ Nr. 2), die, soweit aufgrund der einschlägigen Kommentarstellen ersichtlich ist, bis heute fortgilt (vgl. nur Palandt/Weidlich, BGB, 71. Auflage 2012, § 2042 Rdnr. 16). Danach können die übrigen Miterben von dem Abfindungsvertrag zurücktreten, wenn ein Miterbe mit der Leistung der vereinbarten Abfindung in Verzug gerät. Der BGH hat dies ausführlich und nachvollziehbar damit begründet, daß sich diese Vertragssituation im wesentlichen nicht anders darstellt als der Fall der Veräußerung eines Grundstücks durch die Erbengemeinschaft an einen Dritten, der nicht Miterbe ist. Es ist nicht ansatzweise gerechtfertigt, den hier vorliegenden Sachverhalt rechtlich abweichend zu beurteilen. Es kommt nicht darauf an, ob die Auseinandersetzung vollzogen wurde. Vor Vollzug findet durch den Rücktritt keine Abwicklung statt. Nach Vollzug sind hingegen, wie nach jedem wirksamen Rücktritt, die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Auch in anderen Fällen hindert der Vollzug eines durch Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelten Vertrages die Wirksamkeit der Rücktrittserklärung und die damit verbundene, auf Rückgewähr gerichtete Rechtsfolge nicht. Ein Rücktritt, der allein für noch nicht vollzogene Verträge gilt, ist dem Gesetz grundsätzlich fremd.

b.

So liegt der Fall hier. Die Erbengemeinschaft zwischen dem Beklagen und N J bestand auch nach der Auseinandersetzung fort, weil ihr jedenfalls noch der Rücktrittsanspruch als Vermögensbestandteil zugehörte. Es kommt nicht darauf an, wie der Beklagte meint, ob das Rücktrittsrecht geltend gemacht werde oder ob sich dies abzeichne. Das Gestaltungsrecht besteht, wie der BGH ausgeführt hat, als solches und unabhängig von dessen Ausübung, und hatte sich schließlich zwischen dem Beklagten und der Erbengemeinschaft realisiert.

Der BGH hat offen gelassen, wie zu entscheiden wäre, wenn sich die Miterben „rechtsgültig auseinandergesetzt“ hätten. Offensichtlich bezieht sich der BGH auf die Frage, ob eine Erbengemeinschaft nach Auseinandersetzung vertraglich wieder eingeführt werden kann (BGH aaO Seite 408 aE). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn von einer rechtsgültigen Auseinandersetzung waren die Erben, wie der Rücktritt des N J zeigte, weit entfernt, und die Erbengemeinschaft sollte auch nicht durch Vereinbarung neu entstehen.

Auf die von ihm herangezogene Fundstelle (Eberl-Borges, Die Erbauseinandersetzung) kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg stützen. Die Verfasserin geht von der unzutreffenden Prämisse aus, der BGH habe offen gelassen, ob die Erbengemeinschaft erloschen oder wieder aufgelebt sei. Nichts davon hält der BGH für richtig, sondern er hat ausdrücklich betont, die Erbengemeinschaft bestehe kraft Gesetzes fort (BGH aaO Seite 408).

c.

Der Kläger konnte die Rücktrittserklärung unmittelbar gegenüber dem Beklagten abgeben. Er brauchte nicht den Umweg über eine gegen den Beklagten gerichtete Klage auf Zustimmung zur Rücktrittserklärung zu beschreiten. Ist einer der Miterben – hier: der einzige Miterbe – selbst Vertragsgegner, braucht dieser nicht mitzuwirken, ebenso wie ein Nachlaßschuldner, der zugleich Miterbe ist, bei der Kündigung der gegen ihn gerichteten Forderung nicht mitzuwirken oder zuzustimmen braucht (BGH aaO Seite 407 aE).

Aus diesen Gründen steht dem Rücktritt des N J nicht entgegen, daß die Rücktrittserklärung in der „Ich-Form“ abgefaßt war. Aus der Rücktrittserklärung vom 14.7.09 ergibt sich eindeutig, daß N J die Wohnungen nicht für sich selbst als Alleineigentümer zurückverlangt, sondern als Miteigentümer der mit dem Beklagten fortbestehenden Erbengemeinschaft. Dementsprechend forderte er den Beklagten auf, „mich bei den betroffenen Wohnungen wieder als Miteigentümer einzutragen“. Dadurch konnte der Beklagte unschwer erkennen, daß N J nicht im eigenen Namen, sondern namens der Erbengemeinschaft handelte, wobei es der Mitwirkung des Beklagten, wie ausgeführt, nicht bedurfte.

2.

Auch die übrigen Voraussetzungen des auf § 323 I BGB zu stützenden Rücktritts des N J bestehen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung im angefochtenen Urteil zur Frage der Teilleistungen, Teilbarkeit der Gegenleistungen, Treuwidrigkeit und zur relativen Geringfügigkeit der ausstehenden Leistungen Bezug genommen (Seite 8 aE – 11). Neue Gesichtspunkte, die eine andere Bewertung rechtfertigen, hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Insbesondere ist der über 900,- € hinausgehende Anteil, den N J durch die Untervermietung der Wohnung 22 erzielte, nicht Gegenstand der Vereinbarung zwischen den Brüdern. Die entgegenstehende Behauptung des Beklagten (Klageerwiderung Seite 2 unten) ist nicht unstreitig. Der Kläger hat dem im Schriftsatz vom 5.8.11 widersprochen und vorgetragen, das Recht zur Untervermietung habe mit dem Erbauseinandersetzungsvertrag nichts zu tun (Seite 1 aE). Auch im übrigen ist nicht ersichtlich, daß N J zur Abführung eines über 900,- € vereinbarten Betrages verpflichtet gewesen sei. Andernfalls hätten die Brüder ohne weiteres vereinbaren können, daß auch der aus der Untervermietung erzielte Erlös an den Beklagten herauszugeben sei. Dies ist, aus welchem Grund auch immer, unterblieben.

3.

Mit der dinglichen Einigung durch notarielle Urkunde vom 5.10.10 gingen sämtliche Vermögensgegenstände, aus denen der Erbteil des N J bestand, als Ganzes auf den Kläger über. Die Übertragung erfolgte unbedingt, unabhängig von einem etwa noch oder erneut bestehenden Vorkaufsrecht des Beklagten. Weder aus der Urkunde selbst noch aus dem übrigen Parteivorbringen ergibt sich eine solche Einschränkung.

a.

Das ausgeübte Vorkaufsrecht des Beklagten, so es überhaupt noch bestand, konnte den dinglichen Vertrag, das Übertragungsgeschäft an der Vermögensmasse „hälftiger Erbteil“ nicht verhindern. Wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, hat dies nicht einmal Auswirkungen auf die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages mit dem Dritten (Kläger). Erst recht gilt dies hinsichtlich etwaiger Verfügungen des Ausübungsverpflichteten (N J) gegenüber dem Dritten.

Ob dem Beklagten die Ausübung eines (zweiten) Vorkaufsrechts angeboten wurde, kann dahinstehen. Selbst dessen Ausübung könnte die bedingungslos erfolgte dingliche Übertragung nicht hindern.

II.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf stützen, der Kläger habe den erworbenen Erbteil an ihn herauszugeben. Richtig ist, daß der Kläger keine Übertragung des Erbteils auf die Erbengemeinschaft verlangen könnte, wenn er diesen an den Beklagten sodann zurückübertragen müßte. Dann wäre das Verlangen des Klägers auf Übertragung des Wohnungseigentums auf die Erbengemeinschaft rechtsmißbräuchlich. Dies ist indes nicht der Fall.

1.

Allerdings sieht der zwischen N J und dem Kläger geschlossene Kaufvertrag vor, daß jene Vertragsparteien von ihren Verpflichtungen frei werden, sollte das Vorkaufsrecht durch den Berechtigten (Beklagter) ausgeübt werden (§ 5 des Vertrages vom 14.7.09, auf den der Vertrag vom 29.3.10 Bezug nimmt). Für diesen Fall wären die dort erbrachten Leistungen rückabzuwickeln, der Kläger hätte den erworbenen Erbteil an N J zurückübertragen müssen, und dieser wiederum wäre aufgrund des mit der Ausübung des Vorkaufsrechts entstandenen Kaufvertrages zwischen N J und dem Beklagten verpflichtet, seinen Erbteil auf den Beklagten zu übertragen.

2.

Dies allein hilft dem Beklagten nicht weiter. Ob sich der Beklagte bei dieser Konstellation auf einen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem Kläger berufen könnte (Durchgriff), oder ob er sich nicht vielmehr an N J halten müßte, erscheint bereits zweifelhaft. Einem solchen Durchgriff, auf den sich der Beklagte offensichtlich stützt, steht entschieden entgegen, daß beide Rückabwicklungsansprüche, die des Beklagten und des N J, unterschiedlichen Einwendungen ausgesetzt sein könnten, und daß es nicht angeht, den jeweiligen Schuldnern, dem Kläger und N J, aufgrund des unmittelbaren Durchgriffs des Beklagten gegen den Kläger Einwendungen im Verhältnis zu ihren Vertragspartnern abzuschneiden, die sie gegenüber den jeweiligen Rückgewährschuldverhältnissen und gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern erheben könnten.

3.

Selbst unter Zurückstellung dieser Bedenken ist der Kläger nicht verpflichtet, den erworbenen Erbteil auf N J zurückzuübertragen. Der Kaufvertrag ist weiterhin wirksam. Die zwischen diesen Vertragsparteien im Vertrag genannte Vorbehaltsklausel (Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten) ist nicht erfüllt, so daß der Kaufvertrag nicht wirkungslos geworden ist mit der Folge, daß der Kläger den erworbenen Erbteil an N J wieder herauszugeben hätte. Der Beklagte hat sein am 5.11.09 ausgeübtes Vorkaufsrecht verloren, weil sich der dadurch zwischen N J und dem Beklagten entstandene Kaufvertrag über den Erbteil des N J durch den wirksamen Rücktritt des N J am 30.11.09 in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt hat, wodurch der kaufvertragliche Erbteilübertragungsanspruch des Beklagten gegenüber N J erlosch.

a.

Der vom Beklagten behaupteten Zusage des Klägers, dieser werde an dem Erbteilkaufvertrag nicht festhalten, wenn sich N J und er, der Beklagte, einigen werden, ist nicht nachzugehen. Einerseits ist nicht ersichtlich, worüber sich die beiden Brüder im einzelnen einigen sollten oder wollten. Zum anderen soll der Kläger, so der Beklagte,  für diese „Abstandnahme“ als Gegenleistung Ersatz seiner Aufwendungen verlangt haben, die er indes nur vage „schwankend“ zwischen 10.000,- € und 20.000,- € bezifferte. Unter diesem Blickwinkel erscheint die behauptete Zusage des Klägers lediglich als Absichtserklärung ohne rechtsbindende Wirkung. Ein Anfechtungsrecht des N J ergibt sich daraus nicht. Dementsprechend hatte das Landgericht auch dem Beweisantritt des Beklagten nicht weiter nachzugehen.

b.

Der Ansicht des Beklagten, N J sei nicht zum Rücktritt aus dem Vorbehaltskaufvertrag berechtigt gewesen, weil N J kein Kaufpreisanspruch gegen ihn zugestanden hätte, ist nicht zu folgen. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts entstanden zwischen dem Beklagten und N J gegenseitige Rechte und Pflichten entsprechend dem zwischen N J und dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag. Mithin stand N J eine sofort fällige Kaufpreisforderung in Höhe von 60.000,- € zu, deren Erfüllung der Beklagte unter Hinweis auf seine Aufrechnung endgültig abgelehnt hatte. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts entstand ein zweiter Kaufvertrag mit allen Rechten und Pflichten der Vertragspartner. Welchen Vertrag N J erfüllte und ob er für den Fall der Nichterfüllung gegenüber dem Kläger schadensersatzpflichtig geworden wäre, hat auf den Kaufpreisanspruch des N J gegenüber dem Kläger keinen Einfluß und ist im übrigen in § 5 des Kaufvertrages (Vorkaufsrecht) geregelt, gilt allerdings allein im Verhältnis des N J zu dem Kläger. Auf das Verhältnis des Beklagten zu dem Kläger ist der aufgrund des Vorkaufsrechts zustande gekommene Kaufvertrag ohne Einfluß (vgl. Palandt aaO, § 464 Rdnr. 8 aE).

Dem Kaufpreisanspruch des N J stand die Aufrechnung durch den Beklagten nicht entgegen, weil N J gegenüber den Aufrechnungsforderungen des Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht ausüben konnte, das sich auf seinen Anspruch auf Übereignung der Wohnungsanteile an die Erbengemeinschaft gründete. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Seite 12).

Die Ausübung des neu entstandenen Vorkaufsrechts des Beklagten stünde dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Der Beklagte hätte sich vielmehr an N J als seinen Vertragspartner zu halten (kein Durchgriff, vgl. II 2).

III.

Der Anspruch des Klägers bezieht sich auch auf die Wohnungen Nr. 4, 16 und 19. Dies hat das Landgericht bereits ausführlich begründet, und dem schließt sich der Senat an. Umstände, die eine Verjährung dieses Anspruchs begründen, sind nicht dargelegt.

IV.

Auch hinsichtlich der Wohnung Nr. 12 hat es bei der angefochtenen Entscheidung zu bleiben. Daran ändert es nichts, wenn auch der Inhalt des Schriftsatzes des Beklagten vom 21.9.11 berücksichtigt würde. Die Wohnung gehörte entsprechend dem notariellen Auseinandersetzungsvertrag der Notarin P zur Erbmasse. Weshalb diese Einordnung nicht zutrifft, ist nicht näher dargelegt, so daß auch insoweit eine Zeugenvernehmung des N J und – bereits mangels Zustimmung des Klägers – eine Parteivernehmung des Beklagten nicht in Betracht kommt.

V.

Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits hat nicht zu erfolgen. Der Senat hat sämtliche Schriftsätze des Beklagten beachtet und gewürdigt, was allerdings zu keiner anderen Entscheidung führen konnte. Allein der Verlust einer Instanz begründet keinen Anspruch auf Zurückverweisung. Auch wenn das Landgericht nach der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsätze nicht oder nicht hinreichend beachtet hätte, überwiegt hier das Interesse an einer schnellen und zügigen Erledigung des Rechtsstreits den Verlust einer Tatsacheninstanz (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Auflage 2012, § 538 Rdnr. 7 aA mwN). Der Rechtsstreit ist anwaltlich umfassend aufbereitet, und eine weitere Förderung ist durch eine erneute erste Tatsacheninstanz nicht zu erwarten.

Dem Beklagten war auf den Schriftsatz des Klägers vom 27.3.2012 keine Erwiderungsfrist zu gewähren, weil dieses Vorbringen nicht zum Nachteil des Beklagten verwendet wird. Die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung waren bereits Gegenstand des Schriftwechsels und der Ausführungen des Landgerichts.

VI.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 543 ZPO.

 

 

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