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Streitigkeiten der Erben gegen den Testamentsvollstrecker

OLG Düsseldorf, Az.: I-7 U 99/14, Urteil vom 04.12.2015

Die Berufung des Beklagten gegen das Schlussurteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 16.04.2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Beklagten auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in von Höhe 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin ist (neben 9 weiteren Miterben) Mitglied der Erbengemeinschaft nach der am 28.06.2008 im Alter von 98 Jahren verstorbenen J. M. S..

Der Beklagte war langjährig für die Eheleute S. als Steuerberater tätig und wurde von der Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes im Herbst 2000 mit der Besorgung ihrer Angelegenheiten betraut. Unter dem 27.07.2001 unterzeichnete sie die Erklärung, „dass sämtliche Zuwendungen – gleich welcher Art – an meinen Bevollmächtigten und Nachbar Herrn W. H. (oder Angehörige) meine volle Billigung erfahren.“ In ihrem notariell beurkundeten Testament vom 22.03.2002 wandte sie dem Beklagten im Wege des Vermächtnisses 1/10 Anteil des bei ihrem Tode vorhandenen Nettonachlasses zu und bestimmte ihn zum Testamentsvollstrecker. Sie erteilte ihm am 24.03.2003 eine notariell beurkundete Generalvollmacht (Anl. K4) für die Vertretung „in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten“ einschließlich der Befugnis, Rechtsgeschäfte mit sich im eigenen Namen und als Vertreter Dritter vorzunehmen. Desweiteren existiert ein notariell beurkundeter Schenkungsvertrag vom 22.08.2003, aufgrund dessen dem Beklagten 35.000,- EUR, seiner Ehefrau 10.000,- EUR, der Pflegekraft Frau K. 35.000,- EUR und einer Frau V. 10.000,- EUR aus dem Vermögen der Erblasserin zugewendet worden sind. Unter Benutzung der Generalvollmacht veräußerte der Beklagte durch notariellen Kaufvertrag vom 26.03.2007 das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück der Erblasserin Z. W. in A. sowie durch weiteren notariellen Kaufvertrag vom 27.08.2007 das Grundstück der Erblasserin B.straße in A. an sich und seine Ehefrau. Das Grundstück Z. W. /A. veräußerte er durch Vertrag vom 15.08.2008 zu einem um 45.000,- EUR höheren Kaufpreis, als er selbst gezahlt hatte, weiter.

Der auf Rechnungslegung und Zahlung von der Klägerin in Anspruch genommene Beklagte ist durch Teilurteil des Landgerichts Kleve vom 29.12.2010 verurteilt worden, der Erbengemeinschaft nach J. M. S. zu Händen der Klägerin eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens der Erblasserin für den Zeitraum 24.03. 2003 bis einschließlich 28.06.2008 nebst Belegen zu erteilen. Seine hiergegen eingelegte Berufung hat der Senat durch Beschluss vom 06.09.2011 als unzulässig verworfen. Die gegen die Entscheidung des Senats erhobene Rechtsbeschwerde des Beklagten hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 09.02.2012 als unzulässig verworfen.

Das Landgericht hat durch Einholung von Sachverständigengutachten Beweis erhoben über die (von der Klägerin behauptete) Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin bei Erteilung der Generalvollmacht am 24.03.2003 sowie über den Wert des am 26.03.2007 vom Beklagten als Vertreter der Erblasserin an sich selbst veräußerten Grundstücks Z. W. /A..

Nach erfolgter Auskunftserteilung durch den Beklagten hat die Klägerin neben der Herausgabe der Abschrift des Schenkungsvertrages vom 22.08.2003 von ihm die Zahlung folgender Beträge an die Erbengemeinschaft verlangt:

– 45.000,- EUR Kaufpreisdifferenz

– 8.389,50 EUR Gebührenrechnung vom 30.04.2007

– 4.105,50 EUR Gebührenrechnung vom 04.10.2007

– 1.057,70 EUR Rechnung des Gärtners vom 07.04.2007

– 58.672,57 EUR „freiwillige Zuwendungen“ in den Jahren 2004, 2005 und 2008

Streitigkeiten der Erben gegen den Testamentsvollstrecker
Symbolfoto: : VadimGuzhva/Bigstock

Das Landgericht, auf dessen angefochtenes Schlussurteil auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat der Zahlungsklage unter Abweisung im übrigen (nämlich in Höhe von 45.000,- EUR) in Höhe von 72.225,27 EUR stattgegeben und den Beklagten darüber hinaus zur Herausgabe einer Abschrift des Schenkungsvertrages vom 22.08.2003 verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass für die Zahlungen von 8.389,50 EUR und 4.105,50 EUR auf die Gebührenrechnungen vom 30.04.2007 und 04.10.2007 der Rechtsgrund fehle und die Klägerin aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB Zahlung an die Erbengemeinschaft verlangen könne. Dem Beklagten habe kein Anspruch auf Maklercourtage im Zusammenhang mit den beiden Hausverkäufen zugestanden. Durch die Zahlung von 1.057,70 EUR auf die an die Ehefrau des Beklagten gerichtete Rechnung des Gärtners H. vom 07.04.2007 sei eine Schuld der Ehefrau, von der nicht ersichtlich sei, dass sie im Namen der Erblasserin Verträge abschließen durfte, beglichen worden.

Die Klägerin könne darüber hinaus Zahlung weiterer 58.672,57 EUR verlangen, weil ein Rechtsgrund für die diesbezüglichen Schenkungen bzw. Anerkennungszahlungen nicht festgestellt werden könne. Die Generalvollmacht vom 24.03.2003 sei insoweit nicht ausreichend, weil sie allein das Verhältnis des Beklagten zu Dritten und die Möglichkeit, die Erblasserin nach außen wirksam zu vertreten, betreffe und nicht den Schluss zulasse, dass die diesbezüglichen Überweisungen mit Wissen und Wollen der Erblasserin erfolgt seien. Hierfür trage der Beklagte die Beweislast. Er habe insoweit jedoch weder hinreichend vorgetragen noch Beweis angeboten. Weder das jahrelange Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und der Erblasserin noch ihre Erklärung vom 27.07.2001, dass sämtliche Zuwendungen – gleich welcher Art – an den Beklagten ihre volle Billigung erführen, genügten, um den Beklagten von seiner Beweislast im Hinblick auf die den Vermögenstransfers zugrundeliegenden Absprachen zu entheben. Auch vor dem Hintergrund des eingeholten fachpsychiatrischen Gutachtens vom 27.09.2011 beständen erhebliche Zweifel daran, dass die Erblasserin von den umfangreichen, vom Beklagten veranlassten Zuwendungen, durch welche ein nicht unerheblicher Bestandteil ihres Vermögens aufgezehrt wurde, konkrete Kenntnis hatte und dies in geschäftsfähigen Zustand billigte.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der seine Verurteilung zur Übergabe der Abschrift des Schenkungsvertrages vom 22.08.2003 nicht angreift.

Der Klägerin stehe kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, weil den Überweisungen als schuldrechtlicher Rechtsgrund Schenkungen zu Grunde gelegen hätten, die der Beklagte aufgrund der ihm erteilten Vollmacht habe vornehmen können. Er habe nicht – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall ZEV 2007,182 – nur über eine Bankvollmacht, sondern über eine solche für alle sonstigen Rechtsgeschäfte verfügt.

Zudem könne er sich auf Entreicherung berufen, weil er die in den Rechnungen vom 30.04.2007 und 04.10.2007 in Ansatz gebrachte Umsatzsteuer von 1.339,50 EUR und 655,50 EUR an das Finanzamt abgeführt habe; darüber hinaus habe er die von ihm vereinnahmten Beträge mit insgesamt 2.919,07 EUR versteuert.

Auf die Überweisungen im Jahr 2005 von insgesamt 30.180,- EUR habe er laut Schenkungssteuerbescheid vom 30.03.2006 6.946,- EUR Schenkungssteuer gezahlt. Die Erblasserin habe die Schenkungssteuererklärung vom 02.02.2006 unterschrieben, womit widerlegt sei, dass sie keine Kenntnis von den Schenkungen gehabt habe. Für die Überweisung von 15.000,- EUR im Jahr 2008 habe er 3.054,- EUR Schenkungssteuer bezahlt.

Die Überweisung auf die Rechnung des Gärtners H. vom 07.04.2007 über 1.057,70 EUR sei für Gartenarbeiten auf dem Grundstück Z. W. /A., das damals zwar bereits an ihn und seine Ehefrau verkauft, aber erst am 16.04.2007 übergeben worden sei, erfolgt.

Der Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das zu ihren Gunsten ergangene Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie bestreitet, dass sämtliche vom Beklagten vorgenommenen Vermögensverfügungen mit ausdrücklicher Billigung und Zustimmung der Erblasserin erfolgt seien. Der Beklagte trage nicht vor, ob, wann und wie die Erblasserin von den finanziellen Zuwendungen an ihn überhaupt Kenntnis erlangt habe. Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte die Umsatzsteuerbeträge von 1339,50 EUR und 655,50 EUR abgeführt und die von ihm genannten Steuerbeträge gezahlt habe. Im übrigen habe er für den Fall der Rückzahlung einen entsprechenden Erstattungsanspruch. Schließlich sei auch die vom Beklagten behauptete Belastung mit Schenkungssteuer nach § 29 Abs. 1 Z. 1 ErbStG nicht endgültig, wenn er das Geschenk wegen eines Rückforderungsrechtes herausgeben müsse. Die an die Ehefrau gerichtete Rechnung sei nicht von der Erblasserin zu bezahlen gewesen, weil davon auszugehen sei, dass die Ehefrau des Beklagten die Gartenarbeiten im eigenen Namen in Auftrag gegeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige – auf die Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 72.125,27 EUR nebst Zinsen beschränkte – Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin ist als Miterbin prozessführungsbefugt, § 2039 S. 1 BGB.

Die im Testament der Erblasserin angeordnete Testamentsvollstreckung durch den Beklagten steht dem nicht entgegen. § 2212 BGB ist nicht anwendbar für Streitigkeiten der Erben gegen den Testamentsvollstrecker selbst, also insbesondere in den Fällen, bei denen der Testamentsvollstrecker selbst Nachlassschuldner ist (Bonefeld in Damrau/Tanck, Praxiskommentar Erbrecht, 3. Auflage, § 2212 Rn. 12). Ein Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker als Nachlassschuldner kann vom Erben gerichtlich geltend gemacht werden (BGH NJW-RR 2003, 217).

1. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Beträge von 8.389,50 EUR und 4.105,50 EUR, die er sich selbst vom Konto der Erblasserin auf sein Konto zur Begleichung seiner Gebührenrechnungen vom 30.04.2007 und 04.10.2007 überwiesen hat, herauszugeben.

Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 812, 1922, 2039 S.1 BGB.

Die Feststellung des Landgerichts, dass der Beklagte weder aus einem Maklervertrag noch aus einem sonstigen Rechtsgrund Anspruch auf eine Zahlung von 3 % der Kaufpreise für die beiden Grundstücke der Erblasserin hatte, wird mit der Berufung nicht angegriffen. Insoweit behauptet der Beklagte, der das Geld als Einkommen versteuert haben will, jedenfalls keine Schenkung.

Sein Berufungsangriff beschränkt sich auf das in zweiter Instanz neue Vorbringen, dass er in Höhe der abgeführten Umsatzsteuer von insgesamt 1.995,- EUR sowie der entrichteten Einkommens- und Kirchensteuern sowie Solidarzuschlag von insgesamt 2.919,07 EUR entreichert sei.

Damit ist seine Berufung in Höhe eines Betrages von 7.580,93 EUR nicht in der nach § 520 Abs. 3 ZPO erforderlichen Weise begründet worden.

Das in zweiter Instanz neue Vorbringen des Beklagten dürfte schon nicht schlüssig sein. Eine Steuerbelastung kann nämlich nur dann nach § 818 Abs. 3 BGB vom Bereicherungsanspruch abgezogen werden, wenn sie definitiv beim Bereicherungsschuldner verbleibt (vgl. Schwab in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 818 Rn. 143). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn nach § 173 Abs. 1 AO die Änderung eines bereits bestandskräftigen Steuerbescheides verlangt werden kann. Nach der genannten Vorschrift (Nr. 2) sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Der Beklagte kann also aufgrund der Tatsache, dass er nachträglich zur Rückzahlung der versteuerten Einnahmen verurteilt worden ist, eine entsprechende Änderung des gegen ihn ergangenen Steuerbescheids für 2007 vom 11.08.2008 verlangen, so dass es an einer dauerhaften Entreicherung fehlt.

Zudem ist zweifelhaft, ob der Beklagte sich überhaupt auf einen Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen kann, weil in Betracht zu ziehen ist, dass er den Mangel des rechtlichen Grundes beim Empfang der Leistung kannte und damit verschärft nach § 819 BGB haften würde.

Jedenfalls ist das von der Klägerin bestrittene, erstmals mit der Berufung erfolgte Vorbringen des Beklagten nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil es auf einer Nachlässigkeit des Beklagten bzw. einer ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Nachlässigkeit seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beruht, dass dieses Vorbringen nicht bereits im ersten Rechtszug geltend gemacht worden ist.

2. Die Klägerin kann darüber hinaus die Zahlung von 1.057,57 EUR, die der Beklagte am 13.04.2007 zur Bezahlung der Rechnung des Gärtners H. vom 07.04.2007 vom Konto der Erblasserin an diesen überwiesen hat, verlangen.

Zwar ist insoweit entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht kein Anspruch der Klägerin aus § 812 BGB gegeben. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte „etwas erlangt“ hat. Er hat weder das Geld erhalten noch ist er von einer Verbindlichkeit frei geworden. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts hatte die Ehefrau des Beklagten den Auftrag an den Gärtner im eigenen Namen und nicht etwa im Namen der Erblasserin erteilt. Damit ist die Ehefrau des Beklagten durch die Bezahlung der Rechnung von einer Verbindlichkeit frei geworden.

Ein Anspruch gegen den Beklagten ergibt sich aber aus §§ 280, 662, 1922 BGB, weil er aufgrund des ihm mit der Generalvollmacht erteilten Auftrages zur umfänglichen Besorgung aller Angelegenheiten der Erblasserin mit ihrem Geld nicht die Verbindlichkeit seiner Ehefrau bezahlen durfte. Dieser stand gegen die Erblasserin kein Freistellungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) zu. Es entsprach nicht dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin, das Grundstück durch den Gärtner H. herrichten und die Sturmschäden beseitigen zu lassen. Die Erblasserin, vertreten durch den Beklagten, hatte das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 26.03.2007 an den Beklagten und seine Ehefrau verkauft. Als Besitzübergang, an dem das Grundstück „im gegenwärtigen Zustand“ zu übergeben gewesen ist, war der Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung, frühestens der 16.04.2007, vereinbart, so dass es ausschließlich im Interesse des Beklagten und seiner Ehefrau lag, die Gartenarbeiten ausführen zu lassen.

3. Schließlich ist der Beklagte auch verpflichtet, die als „freiwillige Zuwendungen“ bezeichneten Leistungen aus dem Vermögen der Erblasserin an ihn, die 13.491,74 EUR im Jahr 2004, 30.180,83 EUR im Jahr 2005 und 15.000,- EUR im Jahr 2008, insgesamt 58.672,57 EUR betragen haben, herauszugeben.

Der Anspruch ergibt sich sowohl aus §§ 667, 1922 BGB, da wegen des Umfangs der zu besorgenden Angelegenheiten und der Höhe der dem Beklagten anvertrauten Vermögenswerte hier ein Auftragsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Erblasserin anzunehmen ist , als auch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 1922 BGB.

Ob darüber hinaus als weitere Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB in Betracht kommt, kann dahinstehen.

Jedenfalls nach den beiden ersten Anspruchsgrundlagen hat der Beklagte, der sich auf ein Schenkungsversprechen beruft, das nicht der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Form entspricht, die Beweislast für die Heilung nach § 518 Abs. 2 BGB. (BGHZ 169, 377 = ZEV 2007,182; OLG Frankfurt BeckRS 2010, 28151; OLG Bremen, ZEV 2010, 480; OLG Bamberg, ZEV 2004, 207; Schwab in Münchner Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 812 Rn. 371; Lorenz in Staudinger BGB-Neubearbeitung 2007, § 812, Rn. 92). Beruft sich der Leistungsempfänger gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, so beschränkt sich die ihn treffende Beweislast auf den Nachweis, dass die Leistungen mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt und der Formmangel damit geheilt ist. Das Fehlen eines Schenkungsversprechens muss demgegenüber der Leistende beweisen (BGH ZEV 2014, 555 = NJW 2014, 2275).

Das Landgericht hat – für den Senat nach § 529 Abs. 1 ZPO grundsätzlich bindend – festgestellt, dass die vom Beklagten vorgetragenen Tatsachen nicht ausreichen für die Annahme, die von ihm vorgenommenen Verfügungen über das Vermögen der Erblasserin seien mit ihrer ausdrücklichen Billigung und Zustimmung erfolgt. Diese Feststellung ist mit der Berufungsbegründung nicht angegriffen worden. Die mit Schriftsatz vom 20.10.2015 vorgelegte, unstreitig von der Erblasserin unterschriebene Schenkungssteuererklärung vom 02.02.2006 ist als Indiztatsache nicht ausreichend für den Nachweis einer mit Wissen und Wollen der Erblasserin erfolgten Leistungsbewirkung. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine öffentlich-rechtliche Erklärung gegenüber der Finanzbehörde, die sich ohnehin nur auf die Zuwendungen im Jahr 2005 bezieht. Inwieweit daraus der Rückschluss gezogen werden könnte, dass das Handeln des Beklagten, durch das er sich das Geld aus dem Vermögen der Erblasserin selbst überwiesen hat, mit dem Willen der Erblasserin eine schenkweise versprochene Leistung bewirken sollte, hängt von den Umständen ab, unter denen die Unterschrift der Erblasserin unter die Erbschaftssteuererklärung für das Jahr 2005 erfolgt ist. Diese müssten zunächst näher vorgetragen und dann aufgeklärt werden, da die Klägerin ein Einverständnis der Erblasserin weiterhin bestreitet wie auch ihre Behauptung, dass die Erblasserin seit März 2003 und damit erst recht im Jahre 2006 geschäftsunfähig gewesen sei, aufrecht erhält. In Anbetracht dessen ist der Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil es auf einer Nachlässigkeit des Beklagten bzw. auf einer ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Nachlässigkeit seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beruht, dass der Vortrag nicht bereits in 1. Instanz gebracht worden ist. Darüber hinaus wäre er auch gem. §§ 530, (525) 296 Abs. 1 sowie gemäß §§ 515, 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Der Vortrag ist entgegen der allgemeinen Prozessförderungspflicht nach mehrjähriger Prozessdauer durch den Schriftsatz vom 20.10.2015 so kurz vor der mündlichen Verhandlung 2. Instanz vorgebracht worden, dass seine Berücksichtigung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Eine Aufklärung über die Umstände, unter denen die Unterschrift der Erblasserin unter die Erbschaftssteuererklärung für das Jahr 2005 erfolgt ist, und über die Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin im Februar 2006 konnte im Verhandlungstermin am 06.11.2015 nicht mehr erfolgen.

Wie auch das Landgericht ausgeführt hat, reicht die dem Beklagten erteilte Generalvollmacht nicht für den Nachweis eines mit Wissen und Wollen der Erblasserin erfolgten Leistungsvollzuges aus.

Es ist zwar davon auszugehen, dass die Vollmacht, die auch bei Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin weiter gelten sollte, seinerzeit wirksam erteilt worden ist. Das vom Landgericht eingeholte fachpsychiatrische Gutachten vom 27.09.2011 hat keinen genauen Aufschluss über den psychopathologischen Befund der Erblasserin am 24.03.2003 ergeben können. Der Sachverständige C. hat zwar festgestellt, dass die Geschäftsfähigkeit der Erblasserin eingeschränkt oder aufgehoben gewesen sein könne; eine sichere Antwort in dem Sinne, dass die Geschäftsunfähigkeit zu bejahen sei, hat er jedoch nicht geben können. Insoweit hat das Landgericht zwar in anderem rechtlichen Zusammenhang, aber dennoch gemäß § 529 Abs. 2 ZPO für den Senat bindend und auch vom Kläger unbeanstandet eine Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin bei Erteilung der notariellen Generalvollmacht nicht festgestellt.

Jedoch lässt das sich auf eine bloße Vollmacht stützende Handeln des Beklagten nicht die Feststellung zu, dass die Überweisung durch ihn den Vollzug einer Schenkung der Erblasserin darstellte, weil der konkrete Bezug zu einer Schenkung und deren Bewirkung nicht hergestellt werden kann (vgl. BGH NJW 2014, 2275; BGHZ 169, 377).

Im übrigen ist das Handeln des Beklagten auch nicht von der ihm durch die Erblasserin erteilten Vollmacht gedeckt gewesen.

Bei der Bestimmung der Reichweite einer Vollmacht hat zwar eine Generalvollmacht den höchsten Wirkungsgrad, weil dem Vertreter eine unbeschränkte Vertretungsmacht in allen Angelegenheiten des Vollmachtgebers eingeräumt wird, bei denen eine Vertretung zulässig ist (Gehrlein/Weinland in jurisPK-BGB, 7. Auflage, § 167 Rn. 12). Dennoch können sich aber Grenzen ergeben aus dem erkennbaren Willen des Vertretenen, bei Rechtsgeschäften mit besonderem persönlichen Bezug oder auch bei außergewöhnlichen Geschäften. Insgesamt ist eine sorgfältige, im Zweifel einschränkende Auslegung geboten. Für die Bestimmung des Vollmachtsumfangs ist der geäußerte Wille des Vertretenen maßgebend. Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis hinsichtlich des Umfangs der Vollmacht, so ist der geringere Umfang anzunehmen (Schilken in Staudinger-BGB Neubearbeitung 2014, § 167 Rn. 83 ff.).

Die Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt im vorliegenden Fall, dass die u.a. zur Abwendung einer Betreuung dem Beklagten erteilte Generalvollmacht unter dem (selbstverständlichen) Vorbehalt gestanden hat, dass sie zum Wohle der Erblasserin ausgeübt werde. Zum Willen der Erblasserin hat der Beklagte selbst in der Klageerwiderung vorgetragen, dass es ihr ganz wesentlich darum ging, in ihrem Haus – „koste es, was es wolle“ – gepflegt und von deutschen Pflegekräften, soweit erforderlich, rund um die Uhr betreut zu werden. Das bedeutet, dass der Beklagte vordringlich die Aufgabe hatte, das Vermögen der Erblasserin für ihre aufwändige Pflege einzusetzen und dafür zu sorgen, dass ihr Vermögen dafür ausreichen werde. Von daher hat es sich verboten, sich am Vermögen der Erblasserin in doch erheblichem Umfang selbst zu bedienen, weil dies auch die Gefahr geborgen hat, dass das Geld dann nicht mehr für die eigene kostenintensive Pflege der Erblasserin ausreichen könnte.

Dem Einwand, durch die Schenkungssteuern entreichert zu sein, steht § 531 Abs. 2 ZPO entgegen, wenn er nicht ohnehin unschlüssig ist (s.o. 1.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 in Verbindung mit § 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert 2. Instanz: bis 80.000,- EUR

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