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Teilausschlagung von nur testamentarischer Erbeinsetzung

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat im Fall 3 W 60/22 entschieden, dass der Beteiligte zu 2, der Sohn der Erblasserin, als Alleinerbe anzuerkennen ist. Dies erfolgte, nachdem der Beteiligte zu 1, der Ehemann der Erblasserin, seine Berufung als testamentarischer Erbe ausgeschlagen hatte. Trotz der Ausschlagung des Beteiligten zu 1 bleibt die testamentarische Erbeinsetzung des Sohnes als Ersatzerbe gültig, da die Erbfolge durch das gemeinschaftliche Testament der Ehegatten umfassend geregelt war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 W 60/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Ausschlagung des testamentarischen Erbes: Der Beteiligte zu 1 schlug sein testamentarisches Erbe aus und wollte das gesetzliche Erbe annehmen.
  2. Bestimmung des Alleinerbens: Trotz der Ausschlagung des Beteiligten zu 1 wurde der Beteiligte zu 2, der Sohn, als Alleinerbe bestätigt.
  3. Gültigkeit der Testamentseinsetzung: Das Gericht stellte fest, dass die testamentarische Einsetzung des Sohnes als Ersatzerbe gültig bleibt.
  4. Rechtsprechung zum gemeinschaftlichen Testament: Das Gericht folgte der Auffassung, dass eine stillschweigende Ersatzerbeneinsetzung der Schlusserben in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament anzunehmen ist.
  5. Unwirksamkeit der Erbausschlagung: Die Ausschlagung des Beteiligten zu 1 wurde als unwirksam angesehen, da sie nicht die Erbfolge beeinflusst, die durch Testament geregelt war.
  6. Bedeutung des § 1950 BGB: Dieser Paragraph fand keine Anwendung, da der Erbe (Beteiligter zu 1) aus unterschiedlichen Berufungsgründen zum Erbe berufen war.
  7. Kosten des Verfahrens: Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Beteiligten zu 1 auferlegt.
  8. Verfahrenswert: Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 283.000,00 € festgesetzt.

Testament und Erbschaft: Rechtliche Herausforderungen und Entscheidungen

In der Welt des Erbrechts sind die Auseinandersetzungen um Testamente und Erbscheine oft mit komplexen juristischen Herausforderungen verbunden. Eines der Kernthemen in diesem Bereich ist die Teilausschlagung von testamentarischen Erbeinsetzungen. Hierbei geht es um die Frage, unter welchen Umständen ein testamentarisch benannter Erbe seinen Anspruch geltend machen kann oder diesen ablehnt, insbesondere in Fällen, in denen mehrere Beteiligte und unterschiedliche Arten der Erbeinsetzung – wie etwa durch ein gemeinschaftliches Testament – involviert sind.

Diese Fragestellungen berühren zentrale Aspekte des Erbrechts, wie die Definition und Anerkennung von gesetzlichen Erben und Ersatzerben, sowie die Bedeutung und Auslegung verschiedener Testamentformen, darunter das Berliner Testament. Entscheidungen von Nachlassgerichten und höheren Instanzen wie dem Oberlandesgericht Brandenburg bieten dabei wichtige Einblicke in die Interpretation und Anwendung des Erbrechts. Sie sind von großer Bedeutung für alle Beteiligten, die in Erbangelegenheiten involviert sind.

Im weiteren Verlauf wird ein konkreter Fall beleuchtet, der die Komplexität dieser Thematik verdeutlicht und zeigt, wie Gerichte in Erbstreitigkeiten entscheiden. Dieser Fall bietet nicht nur juristische Einsichten, sondern spiegelt auch die menschlichen Aspekte und die Tragweite solcher Entscheidungen wider. Tauchen Sie mit uns ein in die faszinierende Welt des Erbrechts, wo Recht und Emotionen aufeinandertreffen.

Streit um Testament und Erbfolge am Oberlandesgericht Brandenburg

In einem bemerkenswerten Fall hat das Oberlandesgericht Brandenburg über einen Erbstreit entschieden, der grundlegende Fragen der Teilausschlagung und testamentarischen Erbeinsetzung behandelt. Im Kern des Streits standen die Testamentseinsetzungen einer Erblasserin, die zunächst ihren Sohn (Beteiligter zu 2) und später, gemeinsam mit ihrem Ehemann (Beteiligter zu 1), ein gemeinschaftliches Testament erstellte.

Konfliktlinien zwischen gemeinschaftlichem und individuellem Testament

Die Erblasserin hatte ursprünglich ihren Sohn als Alleinerben eingesetzt, änderte jedoch später ihre Entscheidung und setzte gemeinsam mit ihrem Ehemann beide wechselseitig als Erben ein, mit dem Sohn als Schlusserben. Der Sohn beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und seinen Vater als gesetzliche Erben auswies, was das Nachlassgericht bestätigte. Der Beteiligte zu 1 erklärte später die Ausschlagung des testamentarischen Erbes und nahm das gesetzliche Erbe an, beantragte aber später einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.

Rechtliche Komplexität der Erbfolge und Ausschlagung

Das Nachlassgericht wies den Antrag des Beteiligten zu 2 zurück und bestimmte den Beteiligten zu 1 als Alleinerben. Dagegen legte der Beteiligte zu 2 Beschwerde ein, da er der Meinung war, nach der wirksam erfolgten Ausschlagung des Beteiligten zu 1 selbst Alleinerbe zu sein. Er argumentierte, dass seine Einsetzung als Schlusserbe auch die Einsetzung als Ersatzerbe umfasse. Das Nachlassgericht folgte dieser Argumentation nicht und entschied, dass die Ausschlagung und Annahme des gesetzlichen Erbes durch den Beteiligten zu 1 unwirksam sei.

Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg hob schließlich den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies den Antrag des Beteiligten zu 1 zurück. Es bestätigte den Beteiligten zu 2 als Ersatzerbe und somit als Alleinerben der Erblasserin. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Interpretation des gemeinschaftlichen Testaments und dem Verständnis der Ausschlagung gemäß § 1948 Abs. 1 BGB. Das Gericht hob hervor, dass bei einer bindenden Schlusserbeneinsetzung in der Regel die ergänzende Auslegung der letztwilligen Verfügung dazu führen würde, dass mit der Schlusserbeneinsetzung zugleich die Einsetzung der Kinder als Ersatzerben für den ersten Erbfall gewollt ist. Dies, so das Gericht, entspreche dem mutmaßlichen Willen der Ehegatten bei Testamentserrichtung.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg beleuchtet nicht nur die juristische Feinheit der Erbfolge und Testamentsauslegung, sondern auch die emotionale und familiäre Dynamik, die oft hinter solchen Fällen steht. Der Fall zeigt eindrucksvoll, wie komplex und vielschichtig Erbstreitigkeiten sein können, insbesondere wenn es um die Interpretation von Testamenten und die Bestimmung der rechtmäßigen Erben geht.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet Teilausschlagung im Erbrecht?

Teilausschlagung im Erbrecht bezieht sich auf die teilweise Ausschlagung einer Erbschaft. Nach § 1950 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist eine Teilausschlagung grundsätzlich unzulässig. Dies bedeutet, dass ein Erbe nicht nur einen Teil der Erbschaft ausschlagen kann, sei es bezogen auf bestimmte Nachlassgegenstände oder einen ideellen Bruchteil der Erbschaft.

Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen eine Teilausschlagung zulässig sein kann. Dies ist der Fall, wenn der Erbe zu mehreren Erbteilen berufen ist und die Berufung auf verschiedenen Gründen beruht. Eine weitere Ausnahme besteht, wenn der Erblasser einen Erben auf mehrere Erbteile einsetzt und ihm durch Verfügung von Todes wegen gestattet, den einen Erbteil anzunehmen und den anderen auszuschlagen (§ 1951 BGB).

Die Ausschlagung einer Erbschaft bedeutet, dass der Erbe keinen Anspruch mehr auf irgendeinen Teil davon hat. Dies kann insbesondere dann relevant sein, wenn der Nachlass überschuldet ist und der Erbe nicht für die Schulden des Erblassers haften möchte. Die Ausschlagung muss gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt werden und kann nur innerhalb von 6 Wochen ab Kenntnis der Erbschaft erfolgen.

Es ist zu beachten, dass eine einmal wirksam erklärte Ausschlagung kaum mehr rückgängig gemacht werden kann. Daher sollte die Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, gut überlegt sein.

Wie wirkt sich eine testamentarische Erbeinsetzung auf die Erbfolge aus?

Die testamentarische Erbeinsetzung hat einen erheblichen Einfluss auf die Erbfolge. Gemäß § 1937 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag den oder die Erben bestimmen. Dies wird als Erbeinsetzung bezeichnet.

Ein Testament hat gegenüber der gesetzlichen Erbfolge Vorrang, da das Erbrecht in Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes garantiert ist. Der Erblasser kann in seinem Testament oder Erbvertrag einen oder mehrere Erben als seine Rechtsnachfolger bestimmen und dabei über seinen gesamten Nachlass oder nur über Teile davon verfügen.

Es ist auch möglich, eine Erbeinsetzung unter einer Bedingung vorzunehmen. In diesem Fall kann der Erblasser die Nutzung und den Umgang mit dem Nachlass durch die zukünftigen Erben entscheidend mitbestimmen.

Wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt, erhält die Erbschaft derjenige, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Bei der Erbeinsetzung durch ein Testament oder einen Erbvertrag kommt infolge der Ausschlagung der Ersatzerbe als Erbe in Betracht. Ist kein Ersatzerbe bestimmt, so wächst der Erbteil des Ausschlagenden den übrigen Erben im Verhältnis ihrer Erbteile zu.

Es ist zu beachten, dass durch vertragsmäßige Verfügungen in einem Erbvertrag frühere testamentarische Verfügungen aufgehoben werden können, soweit sie das Recht des im Erbvertrag Bedachten beeinträchtigen.

Die testamentarische Erbeinsetzung ermöglicht es dem Erblasser also, die Erbfolge nach seinen Wünschen zu gestalten und zu bestimmen, wer sein Vermögen nach seinem Tod erhalten soll.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 W 60/22 – Beschluss vom 14.02.2023

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 5.1.2022 – 6 VI 45/11(2) aufgehoben.

Der Antrag des Beteiligten zu 1 vom 28.9.2021, einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben ausweist, wird zurückgewiesen.

Die Tatsachen, die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 2 beantragten Erbscheins erforderlich sind, werden als festgestellt erachtet.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, dem Beteiligten zu 2 den beantragten Erbschein zu erteilen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beteiligten zu 1 auferlegt.

Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz: 283.000,00 €

Gründe

I.

Die Erblasserin setzte mit Testament vom 1.4.1997 ihren Sohn, den Beteiligten zu 2, zu ihrem Alleinerben ein. Am 27.8.2000 errichtete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 1, ein gemeinschaftliches Testament, in dem sich beide Ehegatten wechselseitig zu Erben einsetzten und zum Schlusserben ihren Sohn, den Beteiligten zu 2, bestimmten.

Der Beteiligte zu 2 beantragte am 21.1.2011 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der beide Beteiligte als gesetzliche Erben zu jeweils ½ ausweisen sollte. Das Nachlassgericht erteilte auf diesen Antrag am 25.11.2011 einen Erbschein, der beide Beteiligte als gesetzliche Erben zu ½ auswies. Mit Beschluss vom 24.9.2021 zog das Nachlassgericht diesen Erbschein ein.

Am 12.1.2021 beantragte der Beteiligte zu 2 unter Vorlage des Testaments vom 1.4.1997 die Erteilung eines Erbscheins dahingehend, dass er die Erblasserin allein beerbt.

Am 26.3.2021 reichte der Beteiligte zu 1 das gemeinschaftliche Testament vom 27.8.2000 im Original bei dem Nachlassgericht ein und erklärte sogleich die Ausschlagung der angefallenen testamentarischen Erbfolge sowie die Annahme des gesetzlichen Erbes.

Mit notarieller Urkunde vom 28.9.2021 beantragte der Beteiligte zu 1 die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte. Zur Begründung führte er an, dass seine Ausschlagung vom 26.3.2021 nicht wirksam gewesen sei.

Der Beteiligte zu 2 ist der Ansicht, er sei nach der wirksam erfolgten Ausschlagung des Beteiligten zu 1 Alleinerbe der Erblasserin geworden. Seine Einsetzung als Schlusserbe in dem Testament umfasse auch seine Einsetzung als Ersatzerbe.

Das Nachlassgericht hat in der angefochtenen Entscheidung unter Zurückweisung des Antrags des Beteiligten zu 2 festgestellt, der Beteiligte zu 1 sei Alleinerbe der Erblasserin. Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, die Ausschlagung des testamentarischen Erbes durch den Beteiligten zu 1 und die Annahme des gesetzlichen Erbes seien unwirksam.

Gegen diesen Beschluss, der der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 am 12.1.2022 zugestellt worden ist, hat der Beteiligte zu 2 am 11.2.2022 Beschwerde eingelegt. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.4.2022 nicht abgeholfen. Der Beteiligte zu 2 ist weiterhin der Ansicht, dass er zum Alleinerben der Erblasserin als Ersatzerbe berufen ist.

II.

1.

Das Verfahren war wegen des Todes des Beteiligten zu 1 nicht gemäß § 21 FamFG auszusetzen, weil der Beteiligte zu 1 anwaltlich vertreten war und die anwaltliche Vollmacht durch den Tod des Auftraggebers nicht berührt wird (§§ 11 Abs. 5 FamFG, 86 ZPO).

2.

Die gemäß §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Beteiligte zu 2 ist als Ersatzerbe zum Alleinerben der Erblasserin berufen, nachdem der Beteiligte zu 1 seine Berufung zum testamentarischen Erben ausgeschlagen hat. Aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments vom 27.08.2000 war ursprünglich der Beteiligte zu 1 gewillkürter Alleinerbe der Erblasserin. Der Beteiligte zu 1 konnte seine Ausschlagung gemäß § 1948 Abs. 1 BGB auf das testamentarische Erbe beschränken. Die Beschränkung gemäß § 1948 BGB auf die Berufung als eingesetzter Erbe hat aber keine Auswirkung, weil die Erbfolge umfassend durch Testament geregelt ist und die gesetzliche Erbfolge deshalb nicht eintritt (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. August 2006 – 31 Wx 45/06 –, juris).

a)

Die Ausschlagung erfolgte fristgerecht, weil die Ausschlagungsfrist gemäß § 1944 Abs. 2 S. 2 BGB nicht vor der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen beginnt, wenn der Erbe – wie hier – durch Verfügung von Todes wegen zum Erben berufen ist. Der Beteiligte zu 1 hat die Ausschlagung schon vor der Bekanntgabe des Testaments gemäß § 348 FamFG erklärt; nämlich zugleich mit der Ablieferung des Testaments.

b)

Die Ausschlagung ist – anders als das Amtsgericht es in den Gründen des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat – nicht gemäß § 1950 BGB unwirksam.

§ 1950 BGB findet keine Anwendung für den Fall, dass der Erbe aus unterschiedlichen Berufungsgründen zum Erbe berufen ist und Gegenstand der Ausschlagung die testamentarische Erbeinsetzung ist (vgl. z.B. Ivo ZEV 2002, 145; NK-BGB/Malte Ivo BGB § 1950 Rn. 6, § 1948 Rn. 1, 2; BeckOK BGB/Siegmann/Höger BGB § 1950 Rn. 6; KG NJW-RR 2005, 592). Damit kann die Wirksamkeit der Ausschlagung nicht unter diesem Gesichtspunkt verneint werden.

c)

Welche Rechtsfolge die Ausschlagung der testamentarischen Erbeinsetzung bei einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament hat, ist streitig (vgl. dazu Keim, ZEV 2020, 393, Ziff.2.1.2.2.).

Teilweise wird wegen der Zielrichtung des Berliner Testaments, den überlebenden Ehegatten zu begünstigen, die Ausschlagung der testamentarischen Erbfolge und die Annahme des gesetzlichen Erbes als wirksam angesehen (vgl. MüKoBGB/Leipold BGB § 1948 Rn. 8 m.w.Nw.).

Nach anderer Ansicht wird eine stillschweigende Ersatzerbeneinsetzung der Schlusserben angenommen (Keim a.a.O. m.w.Nw; Uricher, Erbrecht 4. Auflage 2020, § 1 Rn. 12, 13; OLG Stuttgart Beschl. v. 16.3.1978 – 8 W 342/77; BeckRS 2013, 14911; OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 2.6.1954 – 1 Wx 18/54, BeckRS 9998, 122020). Der Senat gibt der letztgenannten Auffassung den Vorzug. Bei einer bindenden Schlusserbeneinsetzung wird im Regelfall die ergänzende Auslegung der letztwilligen Verfügung dazu führen, dass mit der Schlusserbeneinsetzung zugleich die Einsetzung der Kinder als Ersatzerben für den ersten Erbfall gewollt ist. Setzen Eltern in einem gemeinschaftlichen Testament ihre Kinder zu Schlusserben ein, so sollen die Kinder nach dem Willen der Eltern nach dem Tode des Längstlebenden das dann noch vorhandene Vermögen – auch, soweit es ursprünglich Vermögen des Erstversterbenden war – bekommen. Dem mutmaßlichen Willen der Ehegatten bei Testamentserrichtung entspricht es deshalb in der Regel, dass nach der von ihnen gewollten und im gemeinschaftlichen Testament zugrunde gelegten Nachlassplanung das Vermögen des Erstversterbenden auf jeden Fall an die Schlusserben fällt; auch bei einer Ausschlagung des länger Lebenden (vgl. Keim a,.a.O. m.w.Nw). Das wäre nicht gewährleistet, wenn der länger lebende Ehegatte sich über die Ausschlagung gemäß § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments löst und gemeinsam mit den Kindern gesetzlicher Erbe würde.

Dafür spricht auch die Auslegungsregel des § 2097 BGB. Danach ist derjenige, der für den Fall, dass er nicht Erbe sein kann, zum Ersatzerben eingesetzt ist, im Zweifel auch für den Fall eingesetzt, dass er nicht Erbe sein will. Die Bestimmung der Schlusserben in einem Berliner Testament kann man als Ersatzerbenbestimmung beider Ehegatten charakterisieren, von denen sich nur diejenige des länger Lebenden verwirklicht, da der primär zum Erben eingesetzte andere Ehegatte durch sein Vorversterben weggefallen ist (vgl. Keim a.a.O.; Keim ZEV 2018, 681).

Anhaltspunkte für einen anderslautenden Willen der Testierenden bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments sind nicht ersichtlich.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Der Geschäftswert der Beschwerdeinstanz bestimmt sich nach dem Wert des Nachlasses (§ 40 Abs. 1, 61 GNotKG) auf 283.000,00 €.

 

 

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