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Teilungsreife Nachlass –  Feststellungsklage eines Miterben

OLG Stuttgart – Az.: 19 U 49/16 – Urteil vom 02.11.2016

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. März 2016, Az.: 18 O 227/15, wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten Ziff. 1 wird die Klägerin verurteilt, für den Fall, dass diese 1.500 Namens-Aktien O.N. der D…, WPK 7…, 1.600 Aktien V… Vorzugsaktien O…, WPK 76…, sowie 1.000 A… . Namens-Aktien O.N., WPK 8… an die Erbengemeinschaft nach J… R…, verstorben am 13. Juli 2014, bestehend aus den Erben E… R…, P… R… und K… W… binnen einer Frist von 14 Tagen nach Rechtskraft dieses Berufungsurteils nicht herausgibt, an die Erbengemeinschaft nach J… R…, bestehend aus K… W…, P… R… und E… R…, einen Betrag von € 521.966,00 zu bezahlen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Anschlussberufung.

4. Dieses Urteil wie auch das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Klägerin begehrt im Verhältnis zu den beiden Beklagten die Feststellung, dass ihr ein erbrechtlicher Ausgleichsanspruch wegen des bei den Beklagten angefallenen Kommanditanteils ihres am 13. Juli 2014 verstorbenen Ehemannes J… R… (im Folgenden: Erblasser) an der I… in Höhe von einem Drittel seines Wertes zusteht und sie zudem einen Anspruch auf die seit dem Tod des Erblassers bis zur Auflösung der Erbengemeinschaft erwirtschafteten Gewinne der I… ebenfalls in Höhe von einem Drittel hat. Bei den Beklagten handelt es sich um die beiden Töchter des Erblassers aus dessen erster Ehe, welche im notariell beurkundeten Testament des Erblassers vom 30. Dezember 2013 neben der Klägerin jeweils zu 1/3 zu Erbinnen eingesetzt wurden.

Die Beklagte Ziff. 1 verlangte erstinstanzlich im Wege der Widerklage von der Klägerin die Herausgabe von Aktien an die Erbengemeinschaft sowie, aus abgetretenem Recht, die Rückzahlung von durch die Klägerin aus der I… unrechtmäßig entnommenen Geldern.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage hat es die Klägerin antragsgemäß verurteilt, 1.500 Namens-Aktien O.N. der D…, WPK 7…, 1.600 Aktien V… Vorzugs-Aktien O…, WPK 76… sowie 1.000 A… . Namens-Aktien O.N., WPK 8…, an die Erbengemeinschaft nach J… R…, verstorben am 13. Juli 2014, bestehend aus den Erben E… R…, P… R… und K… W…, zu übertragen und Dividenden von € 17.021,00 an die Erbengemeinschaft zu bezahlen. Das Landgericht hat die Klägerin auf die Widerklage hin außerdem verurteilt, an die Beklagte Ziff. 1 € 30.123,02 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2015 zu bezahlen.

Zur Begründung führte das Landgericht aus, die von der Klägerin begehrte Feststellung könne nicht getroffen werden. Zwar habe die Klägerin, nachdem sie im Hinblick auf die qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag nicht in die Gesellschafterstellung eingerückt sei, gegen die beiden Beklagten als Gesellschaftererben grundsätzlich einen erbrechtlichen Ausgleichsanspruch sowie einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung. Derartige Ansprüche stünden der Klägerin im vorliegenden Fall jedoch nicht zu, da solche nicht dem Willen des Erblassers entsprochen hätten. Diese Annahme rechtfertigten Umstände vor und während der Testamentserrichtung, so auch die Angaben des als Zeugen vernommenen Notars S…, welcher bereits im Vorfeld des von ihm beurkundeten Testaments des Erblassers vom 30. Dezember 2013 in die Testamentserrichtung eingebunden gewesen sei. Abgesehen davon habe die Klägerin mit ihrem Verhalten den Tatbestand der Verwirkung nach Ziff. VIII. des Testaments erfüllt, indem sie am 29. Juli 2014, mithin einen Tag vor der Eröffnung des Testaments, das Wertpapierdepotkonto des Erblassers bei der D… mit der Nr. … aufgelöst und die Aktien auf ihr eigenes Depot übertragen habe sowie anschließend der Aufforderung nicht nachgekommen sei, die Aktien an die Erbengemeinschaft zurückzuübertragen. Die Klägerin habe die Verwirkungsklausel auch deshalb erfüllt, da sie sich trotz ausdrücklicher testamentarischer Anordnung geweigert habe, Zahlungen an die Schwester des Erblassers zu erbringen. Die Widerklage sei hingegen begründet. Da der Klägerin das genannte Wertpapierdepotkonto nicht im Wege des Vorausvermächtnisses zugewandt worden sei, müsse sie dieses an die Erbengemeinschaft zurückübertragen. Außerdem stehe der Beklagten Ziff. 1, welche aufgrund einer Abtretung seitens der I… aktivlegitimiert sei, gegen die Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von € 30.123,02 nebst Zinsen zu, da die Klägerin diesen Betrag ohne Rechtsgrund auf Kosten der I… erlangt habe.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin hat nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. April 2016, die Verwirkungsklausel gegenüber den Beklagten und dem Nachlassgericht angefochten.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren sowie ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehe der von ihr geltend gemachte Ausgleichsanspruch. Zwar hätte der Erblasser die Möglichkeit gehabt, die Ausgleichspflicht der Beklagten ihr gegenüber auszuschließen. Ein derartiger Ausschluss sei jedoch nicht erfolgt. So sei im Testament des Erblassers ein derartiger Ausschluss nicht einmal andeutungsweise enthalten, so dass sich aufgrund der Formgebundenheit einer letztwilligen Verfügung die vom Landgericht vorgenommene Auslegung verbiete. Vielmehr werde die Auslegung des Landgerichts durch die Ziff. VII. und V. des Testaments widerlegt. Der Erblasser habe zudem die qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag gar nicht gekannt. Außerdem habe sie, abgesehen davon, dass sich die Verwirkungsklausel gar nicht gegen sie sondern nur gegen die beiden Beklagten richte und diese außerdem gemäß den §§ 134, 138 BGB sowie aufgrund der von ihr erklärten Anfechtung nichtig sei, den Tatbestand der Verwirkung nicht verwirklicht. Selbst wenn ihr das Wertpapierdepotkonto nicht zustünde, fehle es an einer Verwirkung, weil sie jedenfalls ausreichende Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass ihr dieses Konto zustehe, was im Übrigen auch dem wahren Willen des Erblassers entsprochen habe. Auch in Bezug auf die ihrerseits nicht erfolgten Zahlungen an die Schwester des Erblassers habe sie den Tatbestand der Verwirkung nicht erfüllt. So habe sie lediglich ein Zahlungsverweigerungsrecht gemäß § 2059 BGB ausgeübt, weil die Beklagten dem Nachlass alle liquiden Mittel, insbesondere die Mieteinnahmen der I…, entzogen hätten. Eine Verpflichtung, das Vermächtnis auch aus ihrem Eigenvermögen zu bezahlen, gebe es nicht, zumal die Beklagten die Zahlung der Rente in voller Höhe als Gesamtschuldner schuldeten. Vielmehr hätten die Beklagten ihrerseits die Verwirkungsklausel erfüllt, indem diese sie nicht fristgerecht per Gesellschaftsbeschluss als nachfolgeberechtigte Erbin zur Gesellschafterin in den Kommanditanteil des Erblassers an der I… bestimmt und außerdem den ihr zustehenden Ausgleichsanspruch bestritten hätten. Die Widerklage sei unbegründet. So sei das Wertpapierdepotkonto lediglich aufgrund eines Versehens nicht im Testament aufgeführt worden. Hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Zahlungsanspruches mache sie ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von mindestens 2/3 von € 32.485,79 geltend, da sie in dieser Höhe Beerdigungskosten und Verbindlichkeiten des Erblassers aus dem Vermögen der I… bezahlt habe.

Die Klägerin beantragt – nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30. August 2016 angekündigten und in der mündlichen Verhandlung auch gestellten, geänderten Hauptantrag wieder zurückgenommen hat – zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass der Klägerin/Berufungsklägerin gegen die Beklagten/Berufungsbeklagten ein Ausgleichsanspruch aus dem mit dem Tod des J… R…, verstorben am 13. Juli 2014, bei den Beklagten angefallenen Kommanditanteil an der I…, seit 11. Mai 2015 eingetragen im Handelsregister A des AG U… zu HRA … mit zwei Einlagen zu je € 500,00, in Höhe von 1/3 seines Wertes zusteht, fällig nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten der Erbengemeinschaft nach J… R…, bestehend aus der Klägerin und den Beklagten.

2. Es wird festgestellt, dass der Klägerin/Berufungsklägerin gegen die Beklagten/Berufungsbeklagten ein Anspruch auf die seit dem Tod des J… R…, verstorben am 13. Juli 2014, bis zur Auflösung der Erbengemeinschaft nach J… R…, bestehend aus der Klägerin und den Beklagten, bei der I…, eingetragen im Handelsregister A des AG U… zu HRA …, erwirtschafteten Gewinne in Höhe von 1/3 zusteht, fällig nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten der Erbengemeinschaft nach J… R…, bestehend aus der Klägerin und den Beklagten.

3. Die Widerklagen der Beklagten Ziff. 1/Widerklägerin werden insgesamt abgewiesen.

4. Hilfsweise:

a) Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. März 2016 wird aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.

b) Die Revision wird i.S. Klage bzw. Widerklage zugelassen.

Die Beklagte Ziff. 1 beantragt, die Berufung zurückzuweisen und mit Schriftsatz vom 28. Juni 2016 (zusätzlich zu den erstinstanzlichen Anträgen im Rahmen der Widerklage):

Für den Fall, dass die Klägerin 1.500 Namens-Aktien O.N. der D…, WPK 7…, 1.600 Aktien V… Vorzugsaktien O… , WPK 76…, sowie 1.000 A… . Namens-Aktien O.N., WPK 8…, an die Erbengemeinschaft nach J… R…, verstorben am 13. Juli 2014, bestehend aus den Erben E… R…, P… R… und K… W… binnen einer Frist von 14 Werktagen nach Rechtskraft dieses Berufungsrechtsstreits nicht herausgibt, an die Erbengemeinschaft nach J… R… bestehend aus K… W…, P… R… und E… R… einen Betrag von € 521.966,00 zu bezahlen.

Hilfsweise für den Fall, dass im Rahmen dieses Berufungsrechtsstreits rechtskräftig die Verwirkung der Klägerin festgestellt wird, Schadensersatz von € 521.966,00 an die Erbengemeinschaft bestehend aus P… R… und K… W… zu bezahlen.

Zur Begründung der Erweiterung der Widerklage führt die Beklagte Ziff. 1 aus, da sie und die Beklagte Ziff. 2 nicht wüssten, ob sich die Aktien noch im Besitz der Klägerin befänden und sie davon ausgingen, dass diese die Aktien bereits veräußert habe, sei sie gehalten, eine mögliche Schadensersatzverpflichtung für den Fall einer unterbliebenen Herausgabe der Aktien geltend zu machen.

Die Beklagte Ziff. 2 beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 23. März 2016 (Az. 18 O 227/15) zurückzuweisen.

Die Beklagten halten das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Die Feststellungsklage sei schon deshalb unzulässig, da der Nachlass des Erblassers zwischenzeitlich teilungsreif sei. Außerdem führe die nunmehr von der Klägerin erklärte Anfechtung der Verwirkungsklausel, für die im Übrigen ein Anfechtungsgrund fehle und bei der die Anfechtungsfrist nicht eingehalten worden sei, unweigerlich zur Verwirkung, da sich die Klägerin damit bewusst und vorwerfbar gegen den Willen des Erblassers aufgelehnt habe.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg (I., II.).

Die erweiterte Widerklage der Beklagten Ziff. 1 stellt eine Anschlussberufung dar, welche im tenorierten Umfang zulässig und begründet ist (III.).

I.

Zwar ist die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage auch in zweiter Instanz zulässig. Der Klägerin steht jedoch der begehrte Feststellungsanspruch nicht zu.

1.

Da die fehlende Teilungsreife des Nachlasses in der ersten Instanz unstreitig war, war die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage zulässig. So brauchen sich die Miterben auf das Verlangen einzelner Teilauseinandersetzungen regelmäßig nicht einzulassen (Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, Löhnig, § 2042, Rn. 46). Jedoch können streitige Einzelfragen (Verteilung einzelner Gegenstände, Klarstellung bestimmter Rechnungsposten etc.) durch Feststellungsklagen gegen einzelne Miterben geklärt werden, namentlich in Vorbereitung der Auseinandersetzung (BGH, Urteil vom 27. Juni 1990, IV ZR 104/89, zitiert nach juris).

Soweit die Beklagte Ziff. 1 nun in der Berufungsinstanz, von der Klägerin bestritten, vorgetragen hat, zwischenzeitlich sei Teilungsreife des Nachlasses eingetreten, weshalb die Feststellungsklage jedenfalls unzulässig geworden und der Klageantrag umzustellen sei, ist dem nicht zu folgen.

So ist etwa eine Feststellungsklage, wenn sich der anspruchsbegründende Sachverhalt (z.B. der Schaden) zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befindet, insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte (vgl. Zöller, ZPO, 31. Aufl., Greger, § 256, Rn. 7a; Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., Becker-Eberhard, § 256, Rn. 49). Das Feststellungsinteresse muss grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, sonst wird die Klage ex nunc unzulässig, so dass der Kläger für erledigt erklären muss. Ein Kläger ist aber – jedenfalls in zweiter Instanz – nicht gezwungen, zur bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich wird (vgl. Zöller, a.a.O., Rn. 7 c; Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., Rn. 55; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2003, V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, zitiert nach juris).

2.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin die begehrten Feststellungen nicht verlangen kann.

a)

Zwar steht der Klägerin aufgrund der im Gesellschaftsvertrag der I… vom 12. Januar 2009 (Anlage K 4) in § 13 Ziff. 1 und 2 enthaltenen sog. qualifizierten Nachfolgeklausel – welche dazu geführt hat, dass von den drei Erben (der Klägerin, der Beklagten Ziff. 1 und der Beklagten Ziff. 2) (nur) die beiden Beklagten den Kommanditanteil des Erblassers je zur Hälfte im Wege der Sonderrechtserbfolge (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1977, II ZR 120/75, zitiert nach juris; Groll, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, 4. Aufl., Stein, XI. Die Unternehmensnachfolge, Rn. 245, 246 m.w.N.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., Strohn, § 177, Rn. 10; Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Gergen, § 2032, Rn. 56, 60, 64) geerbt und damit wertmäßig mehr, und zwar um 1/3, erhalten haben, als ihrer Erbquote entspricht – grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch entsprechend ihrer Erbquote gegen die beiden Beklagten zu (vgl. BGH, a.a.O.).

b)

Jedoch kam das Landgericht, nach Vernehmung des Zeugen S…, welcher als Notar das Testament des Erblassers vom 30. Dezember 2013 (Anlage K 1, hinter Bl. 8 d.A.) beurkundet hat, zu Recht zu dem Ergebnis, dass ein Ausgleichsanspruch nicht dem Willen des Erblassers entspricht; dieser Wille kann im Wege der Auslegung dem Testament auch entnommen werden.

aa)

So kann der Erblasser die grundsätzliche Pflicht der Nachfolger-Erben, sich den Erwerb des Gesellschaftsanteils gegenüber den nicht an der Gesellschaft beteiligten Miterben bei der Auseinandersetzung anrechnen zu lassen, in den Grenzen des Pflichtteilsrechts ausschließen (Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 2032, Rn. 60; a.a.O., Schäfer, § 727, Rn. 45).

Auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche hat die Klägerin in dem zwischen ihr und dem Erblasser am 28. Mai 2013 geschlossenen Ehevertrag (Anlage K 20, Bl. 130 ff. d.A.) verzichtet.

bb)

Zwar findet sich hinsichtlich des Kommanditanteils des Erblassers an der I… im Testament keine ausdrückliche Regelung dergestalt, dass dieser dort in einer gesonderten Ziffer eine Ausgleichspflicht der beiden Beklagten ausgeschlossen hat.

Jedoch enthält Ziff. VII. des Testaments unter der Überschrift „Testamentsvollstreckung“ am Schluss den Satz, dass für das „verbleibende“ Vermögen, insbesondere auch das Gesellschaftsvermögen, die getroffene Erbeinsetzung unter II. bzw. die Ersatzerbeinsetzung unter III. gelte.

Folglich ist der Inhalt des Testaments in Bezug auf den Kommanditanteil des Erblassers an der I… durch Auslegung zu ermitteln.

(1)

Hierbei gilt, dass den Ausgangspunkt der Auslegung stets der Wortlaut der Verfügung zu bilden hat (Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Leipold, § 2084, Rn. 9). Jedoch setzt der Wortlaut der Auslegung keine Grenzen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1982, IV a ZR 94/81, zitiert nach beck-online). Die zur Auslegung heranzuziehenden Umstände dürfen auch außerhalb des Testaments liegen, wobei ganz vom Einzelfall abhängig ist, welche Umstände etwas zur Auslegung beitragen können. So können etwa Schriftstücke, die vom Erblasser stammen, wertvolle Erkenntnishilfen geben. Auch die Verwertung von mündlichen Äußerungen des Erblassers ist zulässig. So wird etwa dann, wenn der Erblasser das Testament unter Offenlegung des Inhalts in Gesprächen mit Beteiligten erläutert hat, dem daraus resultierenden Verständnis des Erblassers erhebliche Bedeutung für die Auslegung zukommen (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., Leipold, § 2084, Rn. 27 bis 31).

Erst nach Ermittlung des Erblasserwillens kann dann entschieden werden, ob dieser im Testament eine hinreichende Stütze findet und damit formgültig erklärt ist (BGH, a.a.O.).

(2)

Zu Recht hat das Landgericht daher den das Testament beurkundenden Notar S… als Zeugen vernommen.

Dieser gab an, dass der Erblasser – entgegen einem ausdrücklichen Hinweis durch ihn – die gesellschaftsrechtlichen Dinge im Testament nicht habe regeln wollen, weshalb das Testament im gesellschaftsrechtlichen Bereich ein Defizit habe. Der Erblasser habe gesagt, das sei Sache seiner Töchter, er wolle dies nicht regeln. Fehlerfrei hat das Landgericht daraus auf den Willen des Erblassers geschlossen, dass dieser die Unternehmensnachfolge ausschließlich durch die Beklagten wollte und der Klägerin ein Ausgleichsanspruch hinsichtlich des Kommanditanteils an der I… bzw. ein Anspruch auf Gewinnbeteiligung an der I… nicht zustehen sollte.

(3)

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang behauptet, dem Erblasser, welcher alleiniger Kommanditist der I… sowie alleiniger Gesellschafter der Komplementär GmbH war, sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung die im Gesellschaftsvertrag der I… enthaltene qualifizierte Nachfolgeklausel unbekannt gewesen, wurde dieser Vortrag von den Beklagten bestritten, die vortragen, die Klausel sei sogar auf ausdrücklichen Wunsch des Erblassers aufgenommen worden.

Die Klägerin konnte diese – ihr günstige – Tatsache nicht beweisen, so dass dieser ungeklärte Umstand bei der Auslegung des Testaments außer Betracht zu bleiben hat (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O, § 2084, Rn. 152 bis 155). So hatte die Klägerin zwar den Notar S… zum Beweis ihres Vortrags benannt, nach dem der Erblasser keine Kenntnis von der Nachfolgeklausel in § 13 des Gesellschaftsvertrages gehabt habe und vielmehr zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung davon ausgegangen sei, dass er die I… unbeschränkt von den Nachfolgeregelungen des Personengesellschaftsrechts übertragen könne (vgl. Bl. 224 d.A.). Der in der Folge als Zeuge vernommene Notar bestätigte diesen Vortrag jedoch nicht, sondern gab, wie bereits ausgeführt, vielmehr an, der Erblasser habe ihm gesagt, eine Regelung zur I… im Testament nicht treffen zu wollen, das sei Sache seiner Töchter, somit der Beklagten. Gerade dies zeigt aber, dass der Erblasser um die qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag sehr wohl wusste.

Die anderen von der Klägerin in diesem Zusammenhang benannten Zeugen waren vom Landgericht zu Recht nicht vernommen worden, da diese nicht für die Behauptung benannt worden waren, dass der Erblasser von der qualifizierten Nachfolgeklausel zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung keine Kenntnis hatte.

Im Übrigen belegen auch die von der Klägerin vorgelegten Anlagen K 48 und K 49 deren Vortrag nicht. Gegen den Vortrag Klägerin, nach dem der Erblasser von dem Inhalt des, von der Beklagten Ziff. 1 als seiner Bevollmächtigter, am 12. Januar 2009 geschlossenen Gesellschaftsvertrages und der darin enthaltenen qualifizierten Nachfolgeklausel (Anlage K 4) zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nichts gewusst habe, spricht – abgesehen davon, dass dies bereits jeglicher Lebenserfahrung widerspräche – auch der von der Klägerin selbst geschilderte Sachverhalt. Danach sei das Verhältnis des Erblassers zu seinen beiden Töchtern jedenfalls seit Sommer 2013 völlig zerrüttet gewesen und der Erblasser habe diesen nicht mehr vertraut, weshalb dieser den Beklagten sämtliche Vollmachten entzogen habe. Die Beklagte Ziff. 1 habe sich zudem geweigert, den Gesellschaftsvertrag herauszugeben. Angesichts des geschilderten, durchsetzungsstarken Wesens des Erblassers und dessen beruflicher Versiertheit ist es nach Auffassung des Senats vollkommen ausgeschlossen, dass dieser sich den Gesellschaftsvertrag, hätte er über diesen nicht bereits verfügt, nicht verschafft oder der Gesellschaft einen neuen Gesellschaftsvertrag gegeben hätte.

(4)

Der so ermittelte Wille des Erblassers ist in dessen Testament vom 30. Dezember 2013 auch hinreichend zum Ausdruck gekommen, so dass dieser formgültig erklärt wurde.

Da es sich bei dem streitgegenständlichen Kommanditanteil unstreitig nicht um das einzige Gesellschaftsvermögen des Erblassers gehandelt hat, vielmehr war dieser über eine Stiftung auch an der IV… beteiligt, zeigt die im Testament verwendete Formulierung, nach der es nur für das verbleibende Vermögen/Gesellschaftsvermögen bei der Erbeinsetzung bleibt, dass die Klägerin an diesem Kommanditanteil nicht partizipieren sollte. Denn aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelung war der Kommanditanteil mit dem Tod des Erblassers im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die beiden Beklagten übergegangen, mithin gerade nicht im Vermögen des Erblassers „verblieben“.

c)

Unabhängig davon hat die Klägerin, wie bereits das Landgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, mit ihrem Verhalten den Tatbestand der Verwirkung nach Ziff. VIII. des Testaments erfüllt, so dass ihr die geltend gemachten Ansprüche hinsichtlich des Kommanditanteils des Erblassers an der I… bereits deshalb nicht zustehen.

aa)

Die vom Erblasser in seinem Testament aufgenommene Verwirkungsklausel, welche sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur an die Beklagten, sondern auch an sie richtet, ist weder zu unbestimmt noch gemäß den §§ 134, 138 BGB nichtig. Außerdem wurde diese von der Klägerin auch nicht wirksam angefochten.

Nach den Angaben des Notars S… wurde die Verwirkungsklausel auf den ausdrücklichen Wunsch des Erblassers in das Testament aufgenommen, der jede Uneinigkeit bei der Erbauseinandersetzung unterbinden wollte. Diese Klausel lässt die klare Zweckrichtung des Erblassers erkennen, eine Auflehnung gegen seinen Willen zu verhindern. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klausel sollte es schon ausreichen, wenn auch nur die Vollziehung des Testaments gefährdet wird. Der weitestgehende Versuch des Erblassers, jeglichen Streit von vornherein zu verhindern, ist nicht sittenwidrig (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., Leipold, § 2074, Rn. 34).

Nicht ansatzweise nachvollziehbar und durch nichts belegt ist die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung der Klägerin, nach der sich die Verwirkungsklausel bereits nicht gegen sie, sondern nur gegen die beiden Beklagten richte. Denn die Klausel ist allgemein formuliert („Wer dieses Testament anficht,…) und auch die Angaben des Zeugen S… bestätigen, dass der Erblasser mit dieser Klausel jegliche Streitigkeiten im Zuge der Nachlassauseinandersetzung, und nicht etwa nur ein etwaiges „Missverhalten“ der Beklagten, verhindern wollte.

Die von der Klägerin nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erklärte Anfechtung der Verwirkungsklausel führte nicht zur Nichtigkeit dieser Klausel gemäß § 142 BGB. Abgesehen davon, dass die Klägerin schon nicht den Beweis für den von ihr behaupteten Anfechtungsgrund, nach dem es u.a. der Wille des Erblassers gewesen sei, sie zur Miterbin seines Kommanditanteils an der I… mit 1/3 zu machen, führen konnte (zur Beweislast: Palandt, BGB, 75. Aufl., Weidlich, § 2078, Rn. 11 m.w.N.), ist die Anfechtung auch gemäß § 2082 Abs. 1, Abs. 2 BGB verfristet. Nach § 2082 Abs. 1 kann die Anfechtung nämlich nur binnen Jahresfrist erfolgen, wobei diese (Ausschluss-)Frist gemäß § 2082 Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Mit der Kenntnis vom Anfechtungsgrund ist ein Grad von Informiertheit gemeint, der für einen vernünftig denkenden Bürger ausreicht, um seine rechtlichen Entschlüsse auf dieses Wissen zu gründen (Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Leipold, § 2082, Rn. 4). Die Klägerin wusste spätestens seit der Testamentseröffnung am 30. Juli 2014, dass sie keine Kommanditbeteiligung erhält. Davon ging im Übrigen auch ihr Prozessbevollmächtigter in seinem vorgerichtlichen Schreiben vom 16. November 2014 selbst aus (Anlage K 6, dort Ziff. 5), so dass die Anfechtungsfrist jedenfalls zu diesem Zeitpunkt zu laufen begann und die mit Schreiben vom 22. April 2016 erklärte Anfechtung somit verfristet war.

bb)

Während das Landgericht für die Erfüllung der Verwirkungsklausel einen bewussten Ungehorsam oder eine böswillige Auflehnung gegen den Willen des Erblassers als subjektive Komponente fordert und diese Voraussetzungen in der Person der Klägerin – zu Recht – bejaht, ist bereits fraglich, ob vorliegend für solche Einschränkungen angesichts der Tatsache, dass der Erblasser in Ziff. V. des Testaments in Bezug auf seine Erben, und damit auch in Bezug auf die Klägerin, ein bestimmtes Verhalten hinsichtlich der Erfüllung des seiner Schwester ausgesetzten Vermächtnisses gefordert hat, welches die Klägerin nicht erfüllt hat, überhaupt Raum ist (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 2074, Rn. 33). Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da in dem Verhalten der Klägerin auch eine vorwerfbare Auflehnung gegen den Willen des Erblassers liegt.

cc)

Die Klägerin hat mit ihrem Verhalten in Bezug auf das Wertpapierdepotkonto des Erblassers bei der D… mit der Nr. … die Vollziehung des Testaments ebenso gefährdet wie mit ihrem Verhalten in Bezug auf das vom Erblasser seiner Schwester ausgesetzte Vermächtnis und sich vorwerfbar gegen den Willen des Erblassers aufgelehnt.

(1)

Unstreitig – und mit Tatbestandswirkung gemäß § 314 ZPO festgestellt – hat die Klägerin am 29. Juli 2014, und damit einen Tag vor Eröffnung des Testaments, mittels einer vom Erblasser ausgestellten Generalvollmacht das Wertpapierdepotkonto bei der D… mit der Nr. … zum 31. Juli 2014 gekündigt und sich die Aktien auf ihr eigenes Konto übertragen lassen. Der Depotwert belief sich am Todestag des Erblassers auf € 521.966,00. Trotz entsprechender Aufforderung hat die Klägerin die Aktien in der Folgezeit nicht an die Erbengemeinschaft übertragen.

Mit diesem Verhalten hat die Klägerin die Verwirkungsklausel erfüllt. Insoweit kann sogar dahinstehen, ob die Klägerin am 29. Juli 2014 den Inhalt des Testaments kannte oder nicht, zumal der Erblasser auch nach der Errichtung des notariell beurkundeten Testaments in seiner Testierfähigkeit unbeschränkt und es daher nicht ausgeschlossen war, dass dieser noch eine anderweitige Regelung getroffen hat. Die vorwerfbare Auflehnung der Klägerin gegen den Willen des Erblassers liegt auch darin, dass diese nach Testamentseröffnung trotz des eindeutigen Wortlauts des Testaments der entsprechenden Aufforderung der Beklagten nicht nachgekommen ist, die Aktien auf die Erbengemeinschaft zurückzuübertragen, oder zumindest bis zur rechtskräftigen Klärung der Frage, wem das Wertpapierdepotkonto zusteht, die Wertpapiere hinterlegt hat.

So hat der Erblasser der Klägerin nach der Regelung in Ziff. IV. b) des Testaments das streitgegenständliche Wertpapierdepotkonto gerade nicht im Wege des Vorausvermächtnisses zugewandt. In dieser Regelung sind die einzelnen Konten konkret bezeichnet, das besagte Konto ist nicht aufgeführt. Für die, von den Beklagten bestrittene, Behauptung der Klägerin, der Erblasser habe ihr auch das besagte Konto zuwenden wollen und es habe lediglich versehentlich eine unvollständige Bezeichnung durch den Erblasser vorgelegen, indem er das Konto mit der Endnummer 83 nicht genannt habe, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, einen solchen Willen des Erblassers konnte die Klägerin auch nicht beweisen. Bei einem derartigen Willen hätte es nahe gelegen, entweder nur die Stammnummer … zu nennen oder das besagte Konto ebenfalls aufzuführen. Auch im Testamentsentwurf (Anlage K 16) wurden bereits nur die beiden Konten mit den Nr. 7…00 und 7…03 aufgeführt, ohne dass diese Nennung eine Korrektur durch den Erblasser erfahren hätte. Außerdem hat der Erblasser in Ziff. IV. b) des Testaments ausdrücklich klargestellt, dass nur die Beträge auf den genannten Konten der Klägerin vermächtnisweise zugewandt sind, während das weitere Geldvermögen in den allgemeinen Nachlass falle. Insoweit hatte der Erblasser als weiteres Geldvermögen u.a. „Wertpapiere“ explizit aufgeführt. Der als Zeuge vernommene Notar S… gab bei seiner Zeugenvernehmung durch das Landgericht zudem an, dass er die Konten, die im Testament unter Ziff. IV. b) genannt sind, vom Erblasser per E-Mail aus M… mitgeteilt bekommen habe, der Erblasser habe diese in einer späteren Besprechung ihm gegenüber auch bestätigt.

Abgesehen davon wäre der von der Klägerin behauptete Wille des Erblassers im Testament auch nicht formwirksam erklärt worden. Bereits deshalb hat das Landgericht auch zu Recht von der Vernehmung des Zeugen D… abgesehen und die von der Klägerin behauptete Äußerung des Erblassers diesem gegenüber, die im Übrigen zu einem Zeitpunkt vor Beurkundung des Testaments erfolgt sein soll, als wahr unterstellt. Nach dem Vortrag der Klägerin hätte der Zeuge bekunden können, dass der Erblasser anlässlich dessen Besuchs auf M… am 27. November 2013 geäußert habe, seine Töchter sollen „ihre Anteile an der I…, aber nichts von seinem Vermögen auf M… und in B…, auch nichts von seinem Geld bei der D… erhalten“.

(2)

Zutreffend hat das Landgericht eine Verwirklichung der Verwirkungsklausel durch die Klägerin auch darin gesehen, dass diese sich geweigert hatte, sich trotz ausdrücklicher testamentarischer Anordnung an den Zahlungen an die Schwester des Erblassers zu beteiligen. Damit hat die Klägerin nicht nur die Vollziehung des Testaments gefährdet, sondern sich dessen Ausführung auch nachhaltig widersetzt.

(a)

Der Erblasser hatte seiner Schwester unter Ziff. V. des Testaments ein Vermächtnis dergestalt ausgesetzt, dass er angeordnet hatte, dass seine Erben seiner Schwester auf deren Lebenszeit monatlich einen Betrag in Höhe von € 2.000,00 auf ein von seiner Schwester anzugebendes Konto auszuzahlen haben. Der Erblasser hatte außerdem ausdrücklich bestimmt, dass durch die Erben zu entscheiden sei, aus welcher Vermögens-/Nachlassquelle der Vermächtnisnehmerin der Betrag zugewandt werde und dass die Zahlung mit dem ersten des Monats beginne, der auf seinen Tod folge.

(b)

Dieser Anordnung des Erblassers lässt sich somit dessen eindeutiger Wille entnehmen, dass die Zahlung des Vermächtnisses an seine Schwester – vor dem Hintergrund von deren schlechten finanziellen Verhältnissen, diese sitzt im Rollstuhl und wäre ansonsten auf Sozialhilfe angewiesen – bereits mit dem auf seinen Tod folgenden Monat zu beginnen hatte, wobei zu diesem Zeitpunkt mit einer Auseinandersetzung des Nachlasses noch nicht zu rechnen war. Abgesehen davon hat der Erblasser ausdrücklich offengelassen, aus welcher „Vermögens-/Nachlassquelle“ die Zahlung erfolgt, mithin war die vorübergehende Zahlung etwa auch aus dem Eigenvermögen der Erben bis zur Auseinandersetzung bzw. aus den der Klägerin vom Erblasser zugewandten Vorausvermächtnissen vorzunehmen.

Gegen diese Anordnung hat die Klägerin verstoßen und sich vorwerfbar gegen den Willen des Erblassers aufgelehnt, indem sie sich, was ebenfalls mit Tatbestandswirkung gemäß § 314 ZPO feststeht, jedenfalls bis Juni 2015 weigerte, Zahlungen zu erbringen, weshalb die Beklagten gezwungen waren, die Zahlungen an die Schwester des Erblassers bis dahin in voller Höhe zu leisten.

Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, sie habe lediglich ein zeitlich begrenztes Zahlungsverweigerungsrecht nach § 2059 BGB ausgeübt, weil die Beklagten dem Nachlass alle liquiden Geldmittel, insbesondere die Mieteinnahmen der I…, entzogen hätten, trifft diese Argumentation aus verschiedenen Gründen nicht zu. So kann zwar grundsätzlich gemäß § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB jeder Miterbe bis zur Teilung die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus dem Vermögen, das er außer seinem Anteil am Nachlass hat, verweigern. Vorliegend hat sich jedoch die Klägerin, wie ausgeführt, zu Unrecht das Wertpapierdepotkonto übertragen, während der Kommanditanteil der I… mit dem Erbfall im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die beiden Beklagten übergegangen war und der Klägerin gerade kein Ausgleichsanspruch zustand. Mithin haben nicht die Beklagten dem Nachlass alle liquiden Geldmittel „entzogen“, sondern hat vielmehr die Klägerin durch die Übertragung des Wertpapierdepots auf sich verhindert, dass nach Verkauf der dort vorhandenen Wertpapiere das Vermächtnis der Schwester des Erblassers aus dem Nachlass erfüllt werden konnte, zumal der Nachlass über wesentliches weiteres liquides Vermögen nach dem Vortrag der Parteien nicht verfügt. Hinzu kommt, dass, wie ebenfalls bereits ausgeführt, das Vermächtnis nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Erblassers ggf. auch aus einer anderen Vermögensquelle der Erben als der des Nachlasses zu bedienen war und die Klägerin sich im Übrigen die zahlreichen, ihr vom Erblasser ausgesetzten Vorausvermächtnisse in Gestalt von Grundbesitz, Inventar und Geldvermögen, übertragen hatte. Die Klägerin hätte damit ihren monatlichen Anteil in Höhe von € 666,67 auch ohne Weiteres erfüllen können.

(3)

Letztlich hat die Klägerin auch durch die von ihr nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils erklärte Anfechtung der Verwirkungsklausel die Verwirkung ausgelöst, zumal der Notar S… bei seiner Vernehmung durch das Landgericht zuvor die Wichtigkeit der Klausel für den Erblasser eindrucksvoll geschildert hatte.

II.

Da das Landgericht die Widerklage der Beklagten Ziff. 1 zu Recht für begründet erachtet hat, bleibt die Berufung der Klägerin auch insoweit ohne Erfolg.

1.

Wie bereits unter Ziff. I. 2.c) cc) (1) dieses Urteils ausgeführt, wurde der Klägerin das Wertpapierdepotkonto bei der D… mit der Nummer … nicht im Wege des Vorausvermächtnisses vom Erblasser zugewandt, so dass die Beklagte Ziff. 1 von der Klägerin die Rückübertragung der streitgegenständlichen Aktien gemäß den §§ 985, 2039 BGB sowie die Zahlung von Dividenden in Höhe von € 17.021,00 gemäß den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2039 BGB an die Erbengemeinschaft verlangen kann.

2.

Der Beklagten Ziff. 1 steht darüber hinaus ein Anspruch auf Zahlung von € 30.123,02 gemäß den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 398 BGB zu.

a)

Unstreitig und mit Tatbestandswirkung gemäß § 314 ZPO festgestellt wurde per Dauerauftrag am 14. Juli 2014, mithin einen Tag nach dem Versterben des Erblassers, von einem Konto der I… ein Betrag von insgesamt € 20.000,00 auf das Konto mit der Nr. … bei der K… überwiesen, welches der Erblasser im Wege des Vorausvermächtnisses der Klägerin zugewandt hatte. Die Klägerin überwies dieses Geld nicht zurück. Am 5. August 2014 übertrug die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 9.822,27 vom Konto der I… auf das ihr zugewandte Konto mit der Nr. … . Darüber hinaus entnahm sie weitere € 300,75 vom Konto der I… .

Dass die Klägerin diese Beträge ohne Rechtsgrund erlangt hat, wird von der Berufung zu Recht nicht mehr in Abrede gestellt.

b)

Die Beklagte Ziff. 1 ist aufgrund der Abtretung der streitgegenständlichen Ansprüche durch die I… (Anlage B 5, hinter Bl. 43 d.A.) für die Geltendmachung dieses Anspruches aktivlegitimiert.

c)

Soweit die Klägerin behauptet, Beerdigungskosten und Verbindlichkeiten des Erblassers in Höhe von € 32.585,79 für die Erbengemeinschaft verauslagt zu haben, scheitert eine Aufrechnung oder ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin jedenfalls daran, dass einem der Klägerin insoweit möglicherweise zustehenden Anspruch die Beklagte Ziff. 1 ihrerseits im Hinblick auf die mit der Widerklage ausgeurteilten Ansprüche ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB einredeweise entgegenhalten kann, wobei bereits das Bestehen der Einrede ausreicht und diese noch nicht erhoben zu sein braucht (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., Schlüter, § 390, Rn. 1; Palandt, BGB, 75. Aufl., Grünberg, § 390, Rn. 1, 2; § 273, Rn. 7).

d)

Der Zinsanspruch resultiert aus den §§ 819, 286 BGB.

3.

Die Widerklagen sind, entgegen der Auffassung der Klägerin, auch nicht etwa deshalb unbegründet, weil die Beklagten ihre aus dem Testament resultierenden Ansprüche gemäß Ziff. VIII. des Testaments verwirkt haben. Soweit die Klägerin dies damit begründet, dass der Erblasser in Ziff. VII. des Testaments verfügt habe, die Beklagten hätten sie im Hinblick auf § 13 Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages von sich aus zur Gesellschafterin in seinen Kommanditanteil bestimmen müssen, sind diese Ausführungen unzutreffend. Insoweit wird, um Wiederholungen zu vermeiden, hinsichtlich des Inhalts des Testaments auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Auch das Bestreiten des von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruchs durch die Beklagten erfüllt die Verwirkungsklausel nicht, da das Bestreiten, wie ebenfalls bereits ausgeführt, zu Recht erfolgt ist.

III.

Die von der Beklagten Ziff. 1 mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. Juni 2016 beantragte Erweiterung der Widerklage stellt eine Anschlussberufung dar, da die Erhebung einer Widerklage ebenso wie eine Klageänderung in der Berufungsinstanz eine zulässige Berufung, welche vorliegend mangels Beschwer der Beklagten Ziff. 1 nicht möglich gewesen wäre, oder zumindest Anschlussberufung, welche keine Beschwer erfordert (Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Ball, § 524, Rn. 10), voraussetzen, weil ansonsten § 528 ZPO ihrer Verhandlung und Entscheidung entgegenstehen (Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Rimmelspacher, § 533, Rn. 37; Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., Ball, § 533, Rn. 18). Die Beklagte Ziff. 1 hat diese Anschlussberufung noch innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erhoben, welche am 30. Juni 2016 abgelaufen ist.

Da der – mit dem in erster Instanz von der Beklagten Ziff. 1 mit dem Widerklageantrag Ziff. 1 geltend gemachte – Anspruch auf Herausgabe bzw. Übertragung der Aktien gemäß § 281 BGB nach Ablauf der für die Erfüllung gesetzten Frist in einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung übergehen kann, damit die Voraussetzungen für eine Fristbestimmung gemäß § 255 ZPO vorliegen und die von der Beklagten Ziff. 1 beantragte Frist angemessen ist, war dem Antrag auf Fristbestimmung mit der Maßgabe zu entsprechen, dass die Frist mit Rechtskraft dieses Urteils und nicht mit Rechtskraft „dieses Berufungsrechtsstreits“ zu laufen beginnt, wobei der Antrag entsprechend ausgelegt werden konnte. Hierbei handelt es sich um eine Klageerweiterung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO (Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Becker-Eberhard, § 255, Rn. 6), die nicht an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sachdienlichkeit oder Einwilligung gemäß § 533 Nr. 1 ZPO gebunden ist (Zöller, ZPO, 31. Aufl., Heßler, § 531, Rn. 3).

Des Weiteren konnte, da auch die Voraussetzungen des § 259 ZPO vorliegen, der sich aus der Nichterfüllung innerhalb der gesetzten Frist ergebende Schadensersatzanspruch im Wege der Erweiterung der Widerklage mit dem Erfüllungsanspruch und der Fristsetzung nach § 255 ZPO klagehäufend gemäß § 260 ZPO zu einer Klage verbunden werden (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 255, Rn. 13). So besteht vorliegend hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe bzw. Übertragung der Aktien die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung, da die Klägerin diesen Anspruch ernstlich bestreitet, was insoweit ausreichend ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1996, III ZR 116/94, zitiert nach juris). Auch die Voraussetzungen des § 533 Nr. 1 ZPO sind insoweit gegeben. So ist, abgesehen davon, dass die Klägerin die Erweiterung der Widerklage nicht gerügt hat, diese auch sachdienlich, da das Begehren der Beklagten Ziff. 1 einen weiteren Prozess zwischen den Parteien vermeidet und damit prozesswirtschaftlich ist (vgl. Zöller, a.a.O., Heßler, § 533, Rn. 10).

Schließlich kann die erweiterte Widerklage auch gemäß § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat.

Über den darüber hinaus gestellten Hilfsantrag war daher aufgrund des Erfolgs des Hauptantrags schon nicht mehr zu entscheiden. Selbst bei einer Auslegung des Hilfsantrags dahingehend, dass dieser für den Fall der rechtskräftigen Feststellung der Verwirkung durch die Klägerin im Rahmen dieses Rechtsstreits zur Entscheidung gestellt sein sollte, dürfte über diesen eine Entscheidung nicht ergehen. So darf über einen Hilfsantrag nämlich erst entschieden werden, wenn feststeht, dass die Bedingung eingetreten ist. Abgesehen davon, dass etwa eine Zwischenfeststellungswiderklage über die Erfüllung der Verwirkungsklausel durch die Klägerin seitens der Beklagten Ziff. 1 nicht erhoben wurde, ist die Verwirkung durch die Klägerin derzeit auch nicht rechtskräftig festgestellt.

IV.

Dem von der Klägerin hilfsweise gestellten Antrag auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht Stuttgart war mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht zu entsprechen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

Eine Zulassung der Revision war, entgegen dem hilfsweise von der Klägerin gestellten Antrag, nicht veranlasst, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalles. Die vom Erblasser verwendete Verwirkungsklausel gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Wirksamkeit und Auslegung von Verwirkungsklauseln aufzustellen, vielmehr ist im vorliegenden Einzelfall zu entscheiden, wie die individuell formulierte Verwirkungsklausel auszulegen ist und ob die Parteien diese durch ihr Verhalten erfüllt haben.

 

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