Skip to content

Teilungsversteigerung einer im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Grundstücks

Eine Erbschaft brachte einen brandenburgischen Landwirt an den Rand des Abgrunds. Denn sein Miterbe drängte auf die Versteigerung des gemeinsamen Ackerlandes und damit auf das Ende des landwirtschaftlichen Betriebs. Das Landgericht Cottbus stand vor der schwierigen Frage: Kann ein Bauernhof vor dieser existenziellen Hofversteigerung bewahrt werden?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 T 128/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Cottbus
  • Datum: 18.07.2022
  • Aktenzeichen: 7 T 128/21
  • Verfahrensart: Sofortige Beschwerde
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht (Teilungsversteigerung), Erbrecht, Verfassungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Beschwerdeführer, ein Mitglied einer Erbengemeinschaft, der die strittigen Grundstücke für seinen landwirtschaftlichen Betrieb nutzt. Er beantragte die einstweilige Einstellung einer bereits angeordneten Teilungsversteigerung dieser Grundstücke.
  • Beklagte: Der Beschwerdegegner, ebenfalls Mitglied der Erbengemeinschaft, der die Teilungsversteigerung der Grundstücke zur Auseinandersetzung der Gemeinschaft beantragt hatte und dem Einstellungsantrag widersprach.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Erbengemeinschaft besaß Grundstücke, die durch den Beschwerdegegner zur Teilungsversteigerung gebracht wurden. Der Beschwerdeführer, der als Landwirt auf die Grundstücke angewiesen war, beantragte eine einstweilige Einstellung des Verfahrens.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Teilungsversteigerung einstweilig einzustellen sei, insbesondere wegen drohender wirtschaftlicher Existenzgefährdung des Beschwerdeführers, eines angeblichen testamentarischen Teilungsverbots oder der Möglichkeit einer Realteilung.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Teilungsversteigerung zurück. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgte nicht.
  • Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Versteigerung nach § 180 Abs. 2 ZVG nicht erfüllt waren. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten materiell-rechtlichen Einwendungen (z.B. Realteilung, testamentarisches Teilungsverbot) könnten im Rahmen des Versteigerungsverfahrens nicht berücksichtigt werden, sondern müssten in einer separaten Klage geltend gemacht werden. Auch die gerügten Verletzungen verfassungsrechtlicher Verfahrensrechte wurden verneint.
  • Folgen: Das Teilungsversteigerungsverfahren kann fortgesetzt werden. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Fall vor Gericht


Erbenstreit um Landwirtschaftsbetrieb: Warum das Gericht eine Hofversteigerung nicht aufhielt

Wenn mehrere Personen gemeinsam etwas erben, zum Beispiel ein Haus oder ein Grundstück, entsteht eine sogenannte Erbengemeinschaft. Jeder Erbe hat dann einen Anteil am gesamten Erbe. Doch was passiert, wenn sich die Erben nicht einig sind, wie sie mit dem gemeinsamen Besitz umgehen sollen? Oft möchte ein Erbe seinen Anteil ausgezahlt bekommen, während ein anderer das Erbe behalten und vielleicht sogar nutzen möchte. Genau solch ein Konflikt führte zu einem Rechtsstreit, der bis vor das Landgericht Cottbus ging.

Landwirt auf Feld blickt besorgt in die Ferne, Mann mit Brief im Hintergrund, ländliche Szene
Landwirt im Erbstreit: Ackerland und Hof im Fokus, Teilungsversteigerung droht – existenzielle landwirtschaftliche Herausforderung. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Landwirt, nennen wir ihn Herr B., und ein anderer Miterbe, Herr G., waren zusammen Eigentümer mehrerer Grundstücke. Diese Grundstücke waren Teil eines Erbes ihres Vaters. Herr B. nutzte diese Flächen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb; dort standen auch seine Produktionshallen. Herr G. wollte jedoch seinen Anteil an den Grundstücken zu Geld machen und beantragte deshalb beim Amtsgericht Lübben (dem Gericht erster Instanz) eine sogenannte Teilungsversteigerung. Das ist ein spezielles gerichtliches Verfahren, bei dem gemeinsames Eigentum, das sich nicht einfach so aufteilen lässt (wie ein einzelnes Haus), versteigert wird. Der Erlös wird dann unter den Miteigentümern aufgeteilt.

Das Amtsgericht ordnete diese Versteigerung am 16. Oktober 2019 an. Herr B. erfuhr davon zwei Tage später und war damit überhaupt nicht einverstanden. Er befürchtete den Verlust seiner Existenzgrundlage.

Der Versuch, die Versteigerung zu stoppen: Der Antrag auf einstweilige Einstellung

Herr B. legte daher am 1. November 2019 beim Amtsgericht einen Antrag ein. Er wollte das Versteigerungsverfahren zumindest vorläufig stoppen lassen. Juristen nennen das einen Antrag auf „einstweilige Einstellung“ des Verfahrens. Er stützte sich dabei auf einen Paragraphen im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG), nämlich § 180 Absatz 2. Dieser Paragraph erlaubt es einem Gericht, eine Teilungsversteigerung für maximal sechs Monate auszusetzen, wenn das bei einer Abwägung der Interessen aller Miteigentümer angemessen erscheint.

Aber warum wollte Herr B. die Versteigerung verhindern? Er führte mehrere Gründe an:

  • Die Versteigerung komme zur „Unzeit“, also zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt.
  • Er sei nicht vorgewarnt worden und konnte sich nicht darauf vorbereiten, etwa eine Finanzierung zu organisieren, um Herrn G. dessen Anteil auszuzahlen.
  • Er sei vor der Anordnung der Versteigerung nicht angehört worden.
  • Die Grundstücke seien bereits für die Ernte im Sommer 2020 bestellt gewesen; eine Versteigerung würde zu Ernteverlusten führen.
  • Die Versteigerung bedrohe seine wirtschaftliche Existenz als Landwirt, da er auf die Flächen und seine Produktionshallen dort angewiesen sei.
  • Der verstorbene Vater habe eine Teilung der Grundstücke zu Lebzeiten immer abgelehnt.
  • Eine sogenannte Realteilung sei möglich. Das bedeutet, man hätte die Grundstücke vielleicht auch direkt aufteilen können, anstatt sie zu versteigern. Dies sei Herrn G. auch zumutbar.
  • Er hatte auch Zweifel, ob Herr G. überhaupt Erbe in dem behaupteten Umfang geworden sei.

In weiteren Schreiben an das Gericht betonte Herr B., dass er mindestens sechs Monate Zeit brauche, um sich neu zu organisieren („umzudisponieren“) und dass er bereits Kreditanfragen gestellt habe, um Herrn G. auszuzahlen.

Herr G. war mit dem Antrag auf Einstellung natürlich nicht einverstanden. Das Amtsgericht Lübben prüfte die Argumente und wies den Antrag von Herrn B. mit Beschluss vom 31. März 2020 zurück. Die Versteigerung sollte also weitergehen.

Die Beschwerde beim Landgericht: Eine neue Chance für den Landwirt?

Gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts legte Herr B. am 11. April 2020 eine „sofortige Beschwerde“ ein. Das ist ein Rechtsmittel, mit dem eine schnelle Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung durch die nächsthöhere Instanz erreicht werden soll. In diesem Fall war das Landgericht Cottbus zuständig.

In seiner Beschwerde wiederholte und vertiefte Herr B. seine Argumente. Er brachte nun zusätzlich vor, der verstorbene Vater habe in einer Ergänzung zu seinem Testament ein sogenanntes Teilungsverbot verfügt. Ein solches Verbot, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 2044 geregelt ist, kann Erben für eine bestimmte Zeit untersagen, das Erbe untereinander aufzuteilen. Dies sei eine sogenannte Verfügungsbeschränkung, die das Gericht laut § 28 Absatz 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) beachten müsse.

Außerdem rügte er eine Verletzung seines Rechts auf „rechtliches Gehör“ (verankert in Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes, der deutschen Verfassung). Das bedeutet, jeder hat das Recht, sich vor einer gerichtlichen Entscheidung zu den relevanten Punkten zu äußern. Herr B. meinte, die zuständige Rechtspflegerin (eine Justizbeamtin, die bestimmte richterliche Aufgaben wahrnimmt) habe über seinen Einstellungsantrag entschieden, bevor er vollständige Akteneinsicht (das Recht, alle Unterlagen des Gerichtsverfahrens einzusehen) gehabt hätte. Er lehnte die Rechtspflegerin sogar wegen Besorgnis der Befangenheit ab und meinte, ihre Entscheidung verstoße gegen das Recht auf den „gesetzlichen Richter“ (Artikel 101 Absatz 1 Grundgesetz), das sicherstellt, dass nicht willkürlich ein Richter ausgewählt wird. Für den Fall, dass auch das Landgericht seine Beschwerde zurückweisen sollte, beantragte er die Zulassung der „Rechtsbeschwerde“, einem weiteren Rechtsmittel zu einem noch höheren Gericht.

Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab, das heißt, es blieb bei seiner Entscheidung und legte die Akten dem Landgericht Cottbus zur Entscheidung vor. Ein früherer Antrag von Herrn B., die Rechtspflegerin wegen Befangenheit abzulehnen, war übrigens schon von ebenjenem Landgericht Cottbus in einem anderen Beschluss rechtskräftig zurückgewiesen worden.

Die Entscheidung des Landgerichts Cottbus: Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg

Das Landgericht Cottbus fällte seine Entscheidung am 18. Juli 2022. Das Ergebnis war für Herrn B. enttäuschend:

  1. Seine sofortige Beschwerde wurde zurückgewiesen.
  2. Er musste die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.
  3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 5.000 Euro festgesetzt (dies ist wichtig für die Berechnung der Gerichtskosten).
  4. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Doch warum kam das Landgericht zu diesem Schluss? Schauen wir uns die Begründung genauer an.

Die Gründe des Landgerichts: Eine schrittweise Entkräftung der Argumente

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Beschwerde an sich zulässig war – sie wurde also formal korrekt und fristgerecht eingereicht. Inhaltlich gab es Herrn B. aber nicht Recht.

Waren die Grundvoraussetzungen für die Versteigerung überhaupt erfüllt?

Das Landgericht bestätigte, dass alle allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die Durchführung einer Teilungsversteigerung vorlagen. Herr G. brauchte für seinen Antrag auf Versteigerung keinen „vollstreckbaren Titel“ (eine gerichtliche Urkunde, die zur Zwangsvollstreckung berechtigt), wie es § 181 Absatz 1 ZVG klarstellt. Entgegen der Ansicht von Herrn B. musste Herr G. auch nicht extra nachweisen, dass die Versteigerung besonders eilig sei. Das Gesetz sehe das für eine Teilungsversteigerung nicht vor, denn der Anspruch auf Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft könne grundsätzlich jederzeit geltend gemacht werden.

Wurden Grundrechte des Landwirts verletzt?

Herr B. hatte ja die Verletzung zweier wichtiger Grundrechte gerügt.

  • Recht auf den gesetzlichen Richter: Das Landgericht sah hier keine Verletzung. Die Entscheidung der Rechtspflegerin, gegen die sich die Beschwerde richtete, war bereits am 31. März 2020 ergangen. Den Befangenheitsantrag gegen sie hatte Herr B. aber erst viel später, am 17. Juni 2020, gestellt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung gab es also noch keinen Grund für die Rechtspflegerin, nicht zu entscheiden. Zudem war dieser Befangenheitsantrag ja ohnehin schon rechtskräftig zurückgewiesen worden.
  • Recht auf rechtliches Gehör: Auch hier sah das Gericht keine Verletzung. Die Akten zeigten eindeutig, dass Herrn B. bereits am 6. Januar 2020 Akteneinsicht gewährt worden war – also knapp drei Monate vor der Entscheidung über seinen Einstellungsantrag. Ein entsprechendes Schreiben sei ihm am 7. Januar 2020 zugesandt worden. Warum Herr B. behauptete, davon erst später erfahren zu haben, konnte er nicht nachvollziehbar darlegen. Ob er von seinem Recht auf Akteneinsicht dann auch tatsächlich Gebrauch mache, sei seine Sache. Das Gericht merkte zudem an, dass bei der bloßen Anordnung einer Teilungsversteigerung der Antragsgegner (hier Herr B.) nicht zwingend vorher angehört werden muss. Sein Recht auf Gehör werde im Laufe des Verfahrens durch viele andere Möglichkeiten, sich zu äußern und Rechtsmittel einzulegen, ausreichend gewahrt.

Was ist mit den inhaltlichen Einwänden des Landwirts gegen die Versteigerung selbst?

Herr B. hatte ja einige Argumente vorgebracht, die sich auf das materielle Recht beziehen – also auf die Frage, ob die Versteigerung inhaltlich überhaupt gerechtfertigt sei. Das Landgericht machte hier eine wichtige Unterscheidung: Solche materiell-rechtlichen Einwendungen können im Teilungsversteigerungsverfahren selbst meistens nicht berücksichtigt werden. Dieses Verfahren ist stark formalisiert, ähnlich einer normalen Zwangsversteigerung.

  • Der Einwand der Realteilung: Herr B. meinte, die Grundstücke könnten doch auch in Natur geteilt werden, anstatt sie zu versteigern. Das Gericht sagte: Ob das stimmt oder nicht, spielt hier keine Rolle. Ein solcher Einwand, dass eine Teilung in Natur möglich sei (§ 752 BGB) und die Versteigerung deshalb unzulässig sei (§ 753 BGB), muss in einem anderen Verfahren geltend gemacht werden: nämlich mit einer sogenannten „unechten Drittwiderspruchsklage“ gemäß § 771 der Zivilprozessordnung (ZPO). Das ist eine spezielle Klage, mit der jemand, der von einer Zwangsvollstreckung betroffen ist, geltend machen kann, dass ihm ein Recht zusteht, das die Versteigerung verhindert. Nur wenn ein solches Recht direkt im Grundbuch (dem öffentlichen Verzeichnis über Grundstücke und deren rechtliche Verhältnisse) eingetragen ist oder auf andere Weise nach § 28 ZVG sofort offensichtlich ist, könnte es im Versteigerungsverfahren selbst beachtet werden.
  • Der Einwand des testamentarischen Teilungsverbots: Auch das vom Erblasser angeblich verfügte Teilungsverbot (§ 2044 BGB) konnte Herrn B. hier nicht helfen. Ein solches Verbot hat nach Ansicht des Gerichts nur „schuldrechtliche“ Wirkung. Das bedeutet, es begründet eine Verpflichtung zwischen den Erben, nicht zu teilen. Es hat aber keine „dingliche“ Wirkung, das heißt, es haftet nicht direkt am Grundstück und verhindert nicht automatisch dessen Veräußerung gegenüber Dritten. Es ist auch nicht im Grundbuch eintragungsfähig. Wenn Herr B. die Versteigerung aufgrund dieses Verbots verhindern wolle, müsse er ebenfalls den Weg über die unechte Drittwiderspruchsklage gehen.
    Daran ändere auch der von Herrn B. angeführte § 28 Absatz 2 ZVG nichts. Dieser Paragraph verpflichtet das Gericht zwar, von Amts wegen bestimmte Verfügungsbeschränkungen oder Vollstreckungsmängel zu beachten. Ein rein schuldrechtlich wirkendes Teilungsverbot sei aber weder eine solche Verfügungsbeschränkung noch ein Vollstreckungsmangel im Sinne dieser Vorschrift. Das folge auch aus § 137 Satz 1 BGB, wonach die Befugnis, über ein veräußerliches Recht zu verfügen, nicht durch ein einfaches Rechtsgeschäft (wie ein Testament) mit dinglicher Wirkung beschränkt werden kann. Einfach gesagt: Man kann jemandem verbieten, sein Eigentum zu verkaufen, aber dieses Verbot macht den Verkauf an sich nicht automatisch unwirksam, wenn er doch stattfindet (es sei denn, es gibt spezielle gesetzliche Regelungen). Derjenige, der das Verbot missachtet, kann aber unter Umständen zu Schadensersatz verpflichtet sein.
  • Einwand der unzulässigen Teilauseinandersetzung und Verstoß gegen Treu und Glauben: Ähnlich bewertete das Gericht die Argumente, die Versteigerung stelle eine unzulässige Teilauseinandersetzung des Nachlasses dar oder verstoße gegen den Grundsatz von „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB – ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der faires und redliches Verhalten fordert). Auch dies seien rein materiell-rechtliche Einwendungen, die mit der unechten Drittwiderspruchsklage verfolgt werden müssten.

Zusammenfassend zu diesen Punkten: Das Landgericht betonte, dass das Teilungsversteigerungsverfahren stark formalisiert ist. Inhaltliche Streitigkeiten darüber, ob eine Teilung überhaupt zulässig ist oder ob bestimmte Vereinbarungen dem entgegenstehen, müssen in der Regel in einem separaten Zivilprozess geklärt werden, nicht im Versteigerungsverfahren selbst.

Hätte die Versteigerung zumindest zeitweise nach § 180 Abs. 2 ZVG gestoppt werden müssen?

Schließlich prüfte das Gericht, ob die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung nach § 180 Absatz 2 ZVG vorlagen, wie von Herrn B. ursprünglich beantragt. Dieser Paragraph soll verhindern, dass ein wirtschaftlich Stärkerer einen Schwächeren durch eine Versteigerung „zur Unzeit“ aus dem Grundstück drängt. Eine Einstellung ist aber nur für maximal sechs Monate (in Ausnahmefällen verlängerbar auf insgesamt höchstens zwölf Monate) möglich und soll dem betroffenen Miteigentümer die Chance geben, vorübergehende, kurzfristig behebbare Schwierigkeiten zu überwinden.

Das Gericht fand, dass Herr B. keine solchen Umstände dargelegt hatte:

  • Seine Bemühungen um einen Kredit, um Herrn G. auszuzahlen, waren seit über zwei Jahren (seit seinem ursprünglichen Antrag beim Amtsgericht) offenbar erfolglos geblieben. Es gab keine Anzeichen, dass sich das kurzfristig ändern würde.
  • Der Einwand, die Versteigerung sei überraschend gekommen und er habe die Felder für die Ernte 2020 bereits bestellt, war durch den Zeitablauf überholt. Die Ernte 2020 lag zum Zeitpunkt der Landgerichtsentscheidung längst in der Vergangenheit.
  • Auch das Argument, er brauche Zeit zur Umdisposition, weil seine Produktionshallen auf den Grundstücken stünden, zog nicht mehr. Herr B. hatte selbst vorgetragen, er könne innerhalb des höchstmöglichen Einstellungszeitraums (also maximal 12 Monate) umdisponieren. Dieser Zeitraum war bei der Entscheidung des Landgerichts längst verstrichen.
  • Die Gefährdung seiner Berufsausübung als Landwirt sah das Gericht zwar als gegeben an. Aber dieses Problem könne durch eine nur zeitweise Einstellung der Versteigerung nicht beseitigt werden. Herr B. hätte darlegen müssen, wie er diese Gefahr innerhalb der kurzen Einstellungsfrist abmildern wolle (z.B. durch den Erwerb neuer Flächen oder Pachtverträge). Da die höchstmögliche Einstellungsdauer von zwölf Monaten bereits abgelaufen war, stand für das Landgericht fest, dass die ursprüngliche Einschätzung des Amtsgerichts richtig war: Die Teilungsversteigerung konnte nicht innerhalb dieses Zeitraums abgewendet werden.

Wer trägt die Kosten und warum keine weitere Beschwerde?

Da Herr B. mit seiner Beschwerde keinen Erfolg hatte, musste er gemäß § 97 Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Das ist eine allgemeine Regel: Wer in einem Rechtsstreit verliert, zahlt die Kosten.

Die vom Landgericht beantragte Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wurde nicht gewährt. Eine solche Zulassung erfolgt nur, wenn der Fall grundsätzliche Bedeutung hat, das Recht fortgebildet werden muss oder eine einheitliche Rechtsprechung gesichert werden soll. Das Landgericht sah hierfür keinen Anlass, da die entscheidenden Rechtsfragen bereits durch frühere Urteile anderer Gerichte geklärt seien. Selbst wenn man unterstelle, dass das vom Vater verfügte Teilungsverbot existiere, führe dies nicht dazu, dass die Teilungsversteigerung rechtlich unzulässig wäre, wie oben bereits ausführlich dargelegt.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt deutlich, dass eine Teilungsversteigerung nur schwer zu verhindern ist, selbst wenn dadurch die berufliche Existenz eines Miterben bedroht wird. Wer als Erbe ein gemeinsames Grundstück nutzt, kann nicht darauf vertrauen, dass er dieses dauerhaft behalten darf – jeder andere Miterbe kann grundsätzlich jederzeit eine Versteigerung beantragen und durchsetzen. Selbst ein vom Verstorbenen verfügtes Teilungsverbot im Testament schützt nicht automatisch vor einer Versteigerung, sondern berechtigt nur zu Schadensersatzansprüchen gegen den anderen Erben. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Betroffene sehr schnell handeln und sich frühzeitig um alternative Lösungen wie Finanzierung oder außergerichtliche Einigungen kümmern müssen, da das Gericht nur kurzfristige Aufschübe von maximal einem Jahr gewähren kann.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist eine Teilungsversteigerung und wann kommt sie bei geerbtem Besitz zum Einsatz?

Eine Teilungsversteigerung ist ein spezielles gerichtliches Verfahren, das dazu dient, eine Gemeinschaft an einem Grundstück oder einer Immobilie aufzulösen. Wenn mehrere Personen gemeinsam Eigentümer einer Immobilie sind – sei es durch Kauf, Schenkung oder besonders häufig durch Erbschaft – und sie sich nicht einigen können, wie die Immobilie genutzt oder verkauft werden soll, kann jeder Miteigentümer die Teilungsversteigerung beantragen. Das Ziel ist es, das gemeinsame Eigentum in Geld umzuwandeln, das dann unter den ehemaligen Miteigentümern aufgeteilt werden kann. Das Verfahren ist im Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) geregelt.

Zweck und Funktionsweise der Teilungsversteigerung

Stellen Sie sich vor, ein Haus gehört mehreren Personen. Wenn eine Person ihren Anteil verkaufen möchte, aber die anderen das Haus behalten oder zu einem viel niedrigeren Preis kaufen wollen, entsteht oft eine Pattsituation. Eine normale Verhandlung oder ein Verkauf ist nicht möglich, weil alle Eigentümer zustimmen müssten. Hier setzt die Teilungsversteigerung an: Sie ermöglicht es einem der Eigentümer, die Auflösung der Gemeinschaft zu erzwingen. Dies geschieht, indem das Gericht die Immobilie öffentlich versteigern lässt. Der Erlös aus der Versteigerung wird dann nach Abzug der Kosten und eventueller Schulden (wie bestehenden Hypotheken) entsprechend den Eigentumsanteilen an die früheren Miteigentümer verteilt. Dies ist oft der letzte Ausweg, wenn sich die Parteien außergerichtlich nicht einigen können.

Einsatz bei geerbtem Besitz (Erbengemeinschaft)

Der häufigste Anwendungsfall für eine Teilungsversteigerung ist die sogenannte Erbengemeinschaft. Eine solche Gemeinschaft entsteht automatisch, wenn mehrere Personen gemeinsam etwas erben, beispielsweise ein Haus oder ein Grundstück. Eine Erbengemeinschaft ist eigentlich auf die Auseinandersetzung angelegt, das heißt, sie soll aufgelöst werden, und jeder Erbe soll seinen Anteil am Nachlass erhalten.

  • Typische Situation: Mehrere Geschwister erben gemeinsam das Elternhaus. Einer der Erben möchte das Haus verkaufen, um seinen Erbteil zu erhalten, während ein anderer das Haus selbst bewohnen oder behalten möchte, aber nicht über die Mittel verfügt, die anderen auszuzahlen. Ein Dritter möchte das Haus vielleicht vermieten, aber keiner kann sich auf diese Nutzung einigen.
  • Notwendigkeit der Teilungsversteigerung: Können sich die Erben in einer Erbengemeinschaft nicht über die Zukunft der geerbten Immobilie einigen – sei es über einen freihändigen Verkauf, eine Vermietung oder eine Auszahlung einzelner Erben – hat jeder einzelne Erbe das Recht, die Teilungsversteigerung zu beantragen. Damit wird die Immobilie zwangsweise verwertet, um den Erlös unter den Erben aufzuteilen und so die Erbengemeinschaft hinsichtlich der Immobilie aufzulösen. Die Teilungsversteigerung ist somit ein wichtiges Instrument, um den Zustand der Gemeinschaft aufzuheben und jedem Erben die Realisierung seines Anteils zu ermöglichen, auch gegen den Widerstand anderer Erben.

zurück

Kann ich eine angeordnete Teilungsversteigerung stoppen oder vorläufig aussetzen lassen?

Wenn eine Teilungsversteigerung angeordnet wurde, ist das Verfahren bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Eine dauerhafte Verhinderung ist dann in der Regel sehr schwierig, wenn keine grundlegenden formellen Fehler vorliegen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, das Verfahren vorübergehend auszusetzen oder durch eine Einigung der Beteiligten doch noch abzuwenden.

Vorübergehende Aussetzung des Verfahrens

Sie können unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige Einstellung der Teilungsversteigerung beantragen. Dies ist insbesondere nach § 180 Absatz 2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) möglich. Ziel ist dabei nicht, die Versteigerung dauerhaft zu verhindern, sondern Ihnen oder anderen Beteiligten eine kurze Atempause zu verschaffen, um eine Lösung zu finden oder persönliche Notlagen zu überbrücken.

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine solche Aussetzung sind:

  • Dringlichkeit und unzumutbare Härte: Es müssen schwerwiegende persönliche oder wirtschaftliche Umstände vorliegen, die eine sofortige Versteigerung unzumutbar machen würden. Denken Sie beispielsweise an eine schwere Erkrankung, den Verlust des Arbeitsplatzes oder eine akute Marktsituation, die einen Verkauf zu einem erheblich zu niedrigen Preis bedeuten würde. Das Gericht prüft hier sehr genau, ob ein solcher Ausnahmefall tatsächlich vorliegt.
  • Wichtige Gründe: Der Antragsteller muss dem Gericht glaubhaft machen, dass die Aussetzung aus wichtigen Gründen notwendig ist. Dies können Umstände sein, die sich auf die persönliche Situation des Antragstellers oder auf die Immobilie selbst beziehen.
  • Zeitliche Befristung: Eine solche Aussetzung ist immer nur vorläufig und zeitlich befristet. Sie wird in der Regel für sechs Monate gewährt und kann unter Umständen einmalig um weitere sechs Monate verlängert werden. Das Gericht entscheidet nach freiem Ermessen, ob und für welchen Zeitraum es die Versteigerung einstellt. Es geht darum, dass Sie in dieser Zeit eine Lösung finden können, beispielsweise durch den freihändigen Verkauf der Immobilie oder eine Einigung über die Anteile.

Dauerhafte Beendigung oder Abwendung der Versteigerung

Die einzige Möglichkeit, eine Teilungsversteigerung dauerhaft zu beenden, ist das Erlöschen des Versteigerungsantrags. Dies geschieht in der Regel, wenn sich die Miteigentümer noch vor dem Versteigerungstermin über die Verteilung der Immobilie oder des Erlöses einigen.

Typische Wege zur dauerhaften Beendigung sind:

  • Auszahlung der Miteigentümer: Wenn ein Miteigentümer die Anteile der anderen Miteigentümer aufkauft, entfällt der Grund für die Teilungsversteigerung. Die Miteigentümergemeinschaft wird dadurch aufgelöst.
  • Freihändiger Verkauf der Immobilie: Die Miteigentümer einigen sich darauf, die Immobilie gemeinsam zu verkaufen und den Erlös unter sich aufzuteilen. Dieser Verkauf erfolgt außerhalb des Gerichtsverfahrens und kann oft einen besseren Preis erzielen als eine Zwangsversteigerung. Der Antrag auf Teilungsversteigerung wird dann zurückgenommen.
  • Realteilung: Nur in sehr seltenen Fällen ist eine tatsächliche Aufteilung des Grundstücks in mehrere eigenständige Einheiten (Realteilung) möglich. Dies scheitert oft an baulichen Gegebenheiten oder öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
  • Anfechtung wegen formeller Mängel: Bestehen grundlegende formelle Fehler im Antrag auf Teilungsversteigerung oder im Verfahren, kann dies die Versteigerung verhindern oder zu ihrer Aufhebung führen. Solche Mängel sind jedoch eher selten und werden vom Gericht in der Regel frühzeitig geprüft.

Wenn keine dieser Möglichkeiten zu einer Einigung oder Klärung führt, ist die Versteigerung der gesetzlich vorgesehene Weg, um eine Gemeinschaft an einer Immobilie aufzulösen, wenn sich die Eigentümer nicht einigen können. Die Teilungsversteigerung ist dazu da, unteilbare Gegenstände in Geld umzuwandeln, das dann unter den Miteigentümern aufgeteilt werden kann.


zurück

Welche Rolle spielen Testamente oder familiäre Vereinbarungen, wenn ein gemeinsames Grundstück versteigert werden soll?

Wenn ein gemeinsames Grundstück versteigert werden soll, etwa weil ein Miteigentümer dies beantragt (sogenannte Teilungsversteigerung) oder Gläubiger die Zwangsversteigerung betreiben, spielen Testamente oder familiäre Vereinbarungen eine bestimmte, aber oft eingeschränkte Rolle. Viele glauben, dass solche Absprachen eine Versteigerung automatisch verhindern. Das ist jedoch nicht immer der Fall, da die Wirkung solcher Regelungen davon abhängt, ob sie nur zwischen den beteiligten Personen gelten oder auch für Dritte sichtbar und bindend sind.

Der Unterschied zwischen privaten Vereinbarungen und im Grundbuch eingetragenen Rechten

Grundlegend wichtig ist die Unterscheidung zwischen schuldrechtlichen und dinglichen Bindungen:

  • Schuldrechtliche Bindungen: Dies sind Vereinbarungen, die nur zwischen den Personen gelten, die sie getroffen haben. Ein Testament oder eine familiäre Absprache, wie das Grundstück genutzt oder nicht verkauft werden soll, ist in der Regel eine solche schuldrechtliche Bindung. Stellen Sie sich vor, Sie und Ihre Geschwister haben mündlich oder schriftlich vereinbart, das Elternhaus niemals zu verkaufen. Diese Vereinbarung bindet Sie untereinander. Ein Außenstehender oder ein Gericht, das eine Versteigerung anordnet, ist davon aber nicht direkt betroffen, solange diese Vereinbarung nicht öffentlich sichtbar gemacht wurde.
  • Dingliche Bindungen: Dies sind Rechte, die direkt am Grundstück „haften“ und für jedermann sichtbar sind, insbesondere durch eine Eintragung im Grundbuch. Das Grundbuch ist wie das „Personalausweis“ eines Grundstücks, in dem alle wichtigen Rechte und Lasten wie Eigentumsverhältnisse, Hypotheken oder Wegerechte öffentlich vermerkt sind. Nur Rechte, die im Grundbuch eingetragen sind, entfalten ihre Wirkung gegenüber jedermann und müssen in einem Versteigerungsverfahren von Amts wegen berücksichtigt werden.

Wie Testamente und Vereinbarungen im Versteigerungsverfahren wirken

Ein testamentarisches Teilungsverbot oder eine familiäre Vereinbarung zur Realteilung (also der physischen Aufteilung des Grundstücks statt eines Verkaufs) kann im Kontext einer Versteigerung von Bedeutung sein, allerdings mit Einschränkungen:

  • Keine automatische Verhinderung der Versteigerung: Eine bloße mündliche Absprache oder eine Verfügung in einem Testament, die nicht im Grundbuch eingetragen ist, verhindert eine beantragte Zwangs- oder Teilungsversteigerung nicht automatisch. Das Versteigerungsgericht prüft primär die dinglichen Rechte, die im Grundbuch stehen.
  • Berücksichtigung im Versteigerungsverfahren: Ein Teilungsverbot, das von einem Erblasser (Verfasser des Testaments) angeordnet wurde, kann unter bestimmten Umständen eine Teilungsversteigerung erschweren oder verhindern. Das gilt aber nur, wenn das Teilungsverbot die Teilung überhaupt unzulässig macht und im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens vom Gericht als unzulässiger Antrag eingestuft wird. Ein solches Verbot kann zum Beispiel die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft für einen bestimmten Zeitraum ausschließen. Ist ein solches Teilungsverbot im Grundbuch eingetragen, wirkt es dinglich und muss im Versteigerungsverfahren berücksichtigt werden. Nur dann ist es für das Gericht und Dritte unmittelbar relevant.
  • Separate Gerichtsverfahren (z.B. Drittwiderspruchsklage): Wenn eine familiäre Vereinbarung oder ein Testament ein Recht begründet, das nicht im Grundbuch steht, aber die Versteigerung aus Sicht der Beteiligten unzulässig macht (z.B. weil Ihnen ein Recht am Grundstück zusteht, das die Versteigerung ausschließt oder einschränkt), müssen Sie dieses Recht oft in einem separaten Gerichtsverfahren geltend machen. Eine sogenannte Drittwiderspruchsklage ist ein Beispiel hierfür. Hierbei klagt eine Person, die nicht der Schuldner ist, um die Zwangsversteigerung abzuwehren, weil sie ein Recht an dem zu versteigernden Gegenstand hat, das der Versteigerung entgegensteht.
  • Bedeutung der Grundbucheintragung: Die Eintragung eines Rechts im Grundbuch ist der entscheidende Faktor, damit Testamentsverfügungen oder familiäre Vereinbarungen eine dingliche Wirkung entfalten und in einem Versteigerungsverfahren von Amts wegen beachtet werden. Ein Teilungsverbot im Grundbuch kann somit eine Teilungsversteigerung unmittelbar beeinflussen oder unzulässig machen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Während private Abreden und Testamente unter den Beteiligten Gültigkeit haben, entfalten sie im Versteigerungsverfahren ihre volle Wirkung oft erst, wenn sie dinglich im Grundbuch gesichert sind oder durch ein separates Gerichtsverfahren erfolgreich geltend gemacht werden.


zurück

Welche Rechte habe ich als Miteigentümer während einer Teilungsversteigerung, zum Beispiel auf Information und Anhörung?

Als Miteigentümer in einer Teilungsversteigerung haben Sie grundlegende verfahrensrechtliche Rechte, die sicherstellen sollen, dass Ihre Interessen im Verfahren berücksichtigt werden. Diese Rechte sind wichtig, um den Ablauf nachvollziehen und gegebenenfalls Einfluss nehmen zu können.

Das Recht auf rechtliches Gehör

Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein zentraler Grundsatz im deutschen Recht und bedeutet, dass Sie die Möglichkeit haben müssen, sich zu den für die Entscheidung relevanten Tatsachen und Argumenten zu äußern, bevor das Gericht eine wichtige Entscheidung trifft, die Ihre Rechte oder Interessen wesentlich berührt.

Für Sie als Miteigentümer bedeutet das, dass das Gericht Sie beispielsweise anhören muss, bevor es die Teilungsversteigerung anordnet oder den Verkehrswert des Grundstücks festsetzt. Hier können Sie Ihre Sicht der Dinge darlegen, auf Besonderheiten hinweisen oder eigene Argumente vorbringen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass nicht jede einzelne gerichtliche Anordnung oder jeder Verfahrensschritt eine erneute, separate Anhörung erfordert. Das Verfahren folgt bestimmten Abläufen und hat festgelegte Zeitpunkte für die Anhörung der Beteiligten.

Das Recht auf Akteneinsicht

Als Miteigentümer haben Sie das Recht, die Gerichtsakten einzusehen. Die Akten enthalten alle relevanten Dokumente des Verfahrens, wie Anträge, Gutachten, Beschlüsse und Schriftwechsel.

Dieses Recht ermöglicht es Ihnen, alle Informationen und Unterlagen, die dem Gericht vorliegen, selbst zu überprüfen. Sie können sehen, welche Dokumente eingereicht wurden, welche Wertgutachten vorliegen oder welche Entscheidungen das Gericht bereits getroffen hat. Die Akteneinsicht ist in der Regel bei Gericht möglich, oft nach vorheriger Terminabsprache. Sie hilft Ihnen, den Stand des Verfahrens zu überblicken und zu verstehen, welche Informationen dem Gericht zur Verfügung stehen.

Möglichkeiten zur Stellungnahme und zum Einlegen von Rechtsmitteln

Neben dem Recht auf Anhörung und Akteneinsicht haben Sie als Miteigentümer auch die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben und Rechtsmittel gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen einzulegen.

  • Stellungnahmen: Sie können dem Gericht schriftlich Ihre Meinung zu bestimmten Sachverhalten oder Anträgen mitteilen. Das ist besonders relevant, wenn zum Beispiel der Verkehrswert des Grundstücks festgesetzt wird und Sie diesen für zu niedrig oder zu hoch halten. Ihre Stellungnahme wird dann vom Gericht geprüft und bei der Entscheidung berücksichtigt.
  • Rechtsmittel: Gegen bestimmte Entscheidungen des Gerichts können Sie als Miteigentümer förmliche Rechtsmittel einlegen. Ein Beispiel hierfür ist die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss, mit dem die Teilungsversteigerung angeordnet wird, oder gegen den Beschluss zur Festsetzung des Verkehrswertes. Diese Rechtsmittel dienen dazu, eine gerichtliche Entscheidung durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen. Das Verfahren sieht hierfür bestimmte Fristen und Formvorschriften vor, die einzuhalten sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Verfahren der Teilungsversteigerung in seinen Abläufen klar geregelt ist. Nicht jede Anhörung oder Akteneinsicht muss unmittelbar vor jeder gerichtlichen Anordnung erfolgen. Vielmehr sind die Zeitpunkte und Umstände, unter denen Sie als Miteigentümer diese Rechte geltend machen können, im Gesetz genau festgelegt.


zurück

Welche Kosten entstehen bei einer Teilungsversteigerung und wer muss sie tragen?

Eine Teilungsversteigerung ist mit verschiedenen Kosten verbunden, die den Versteigerungserlös mindern. Für Sie als Beteiligte ist es wichtig zu verstehen, welche finanziellen Belastungen entstehen können und wie diese verteilt werden. Die Kosten reduzieren den Betrag, der am Ende unter den ehemaligen Eigentümern aufgeteilt wird.

Die verschiedenen Kostenarten

Bei einer Teilungsversteigerung können im Wesentlichen drei Arten von Kosten anfallen:

  • Gerichtskosten: Dies sind die Gebühren, die das Gericht für die Durchführung des Versteigerungsverfahrens erhebt. Ihre Höhe hängt vom Verkehrswert der Immobilie ab. Je höher der geschätzte Wert, desto höher sind in der Regel die Gerichtskosten.
  • Gutachterkosten: Bevor die Immobilie versteigert werden kann, muss ihr Wert von einem Sachverständigen (Gutachter) ermittelt werden. Die Kosten für dieses Gutachten sind ebenfalls vom Verfahrensbeteiligten zu tragen. Auch diese Kosten richten sich nach dem Wert und der Komplexität des Objekts.
  • Kosten für die eigene rechtliche Vertretung: Wenn sich eine beteiligte Person im Verfahren durch eine Anwältin oder einen Anwalt vertreten lässt, entstehen hierfür Kosten. Diese Kosten sind unabhängig von den Gerichtskosten und Gutachterkosten und werden von der jeweiligen Partei selbst getragen. Sie sind nicht Teil der Kosten, die aus dem Versteigerungserlös vorab beglichen werden, es sei denn, es handelt sich um eine besondere gerichtliche Anordnung, zum Beispiel in einem Beschwerdeverfahren.

Wer trägt die Kosten?

Das Prinzip der Kostenverteilung bei einer Teilungsversteigerung ist für juristische Laien oft überraschend:

  • Kosten aus dem Erlös: Die Gerichtskosten und die Kosten für das Gutachten werden in der Regel direkt aus dem Versteigerungserlös der Immobilie beglichen, noch bevor dieser an die früheren Eigentümer ausgezahlt wird. Das bedeutet, dass diese Kosten letztlich von allen Beteiligten gemeinsam getragen werden, da sie den zu verteilenden Betrag mindern. Stellen Sie sich vor, der Erlös ist ein Topf Geld, und die ersten, die sich bedienen, sind das Gericht und der Gutachter. Was übrig bleibt, wird dann aufgeteilt.
  • Vorschusspflicht: Häufig muss derjenige, der die Teilungsversteigerung beantragt, die Gerichtskosten und die Gutachterkosten zunächst vorschießen. Diese vorgeschossenen Beträge erhält der Antragsteller jedoch aus dem Versteigerungserlös zurück.
  • Kosten für eigene rechtliche Vertretung: Die Kosten, die für die eigene rechtliche Vertretung anfallen, trägt grundsätzlich jede Partei selbst. Das bedeutet, diese Kosten werden nicht aus dem gemeinsamen Versteigerungserlös beglichen. Eine Ausnahme kann es geben, wenn es im Laufe des Verfahrens zu einer Beschwerde kommt und eine Partei diese Beschwerde verliert. In solchen Fällen kann das Gericht der unterlegenen Partei die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegen. Diese Kosten können auch die Kosten der rechtlichen Vertretung der obsiegenden Partei umfassen, sind aber auf diesen speziellen Verfahrensabschnitt begrenzt.

Für Sie bedeutet das: Die finanziellen Belastungen durch eine Teilungsversteigerung können erheblich sein, da alle genannten Kosten den letztlich auszahlbaren Betrag reduzieren. Die genaue Höhe der Kosten hängt stark vom Wert der Immobilie und dem Verlauf des Verfahrens ab.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Teilungsversteigerung

Eine Teilungsversteigerung ist ein gerichtliches Verfahren, mit dem eine Gemeinschaft von Miteigentümern – zum Beispiel Erben eines Grundstücks – gezwungen wird, das gemeinsame Eigentum zu verkaufen. Das passiert, wenn sich die Miteigentümer nicht darauf einigen können, wie das Objekt aufgeteilt oder genutzt werden soll. Die Immobilie wird öffentlich versteigert, und der Erlös wird nach Abzug der Kosten unter den Miteigentümern verteilt. Die Rechtsgrundlage für dieses Verfahren findet sich im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG).

Beispiel: Mehrere Geschwister erben ein Elternhaus, können sich aber nicht einigen, wie damit verfahren werden soll. Einer beantragt daher die Teilungsversteigerung, um das Haus verkaufen zu lassen und seinen Anteil ausgezahlt zu bekommen.


Zurück

Antrag auf einstweilige Einstellung (§ 180 Abs. 2 ZVG)

Der Antrag auf einstweilige Einstellung ist ein juristisches Mittel, durch das ein Miteigentümer kurzfristig die Aussetzung einer bereits angeordneten Teilungsversteigerung erreichen kann. Nach § 180 Absatz 2 ZVG kann das Gericht die Versteigerung für maximal sechs Monate aussetzen, wenn das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung die Interessen der anderen Miteigentümer überwiegt. Ziel ist dabei, dem Betroffenen Zeit zu geben, eine Lösung zu finden (z.B. Finanzierung anderer Miteigentümer), und unzumutbare Härten abzuwenden.

Beispiel: Ein Landwirt beantragt eine einstweilige Einstellung, weil er befürchtet, durch die Versteigerung seine Existenzgrundlage zu verlieren, und benötigt Zeit, um einen Kredit zu erhalten.


Zurück

Teilungsverbot (§ 2044 BGB)

Ein Teilungsverbot ist eine testamentarische Anordnung, mit der der Erblasser den Erben für eine bestimmte Zeit verbietet, den Nachlass oder bestimmte Teile davon zu teilen oder zu veräußern. Dieses Verbot wirkt jedoch nur schuldrechtlich, das heißt, es ist eine vertragliche Verpflichtung zwischen den Erben, verhindert aber keine Versteigerung oder Veräußerung gegenüber Dritten. Ein Teilungsverbot ist nicht dinglich und wird im Grundbuch nicht eingetragen, weshalb es im Zwangsversteigerungsverfahren nicht automatisch berücksichtigt wird.

Beispiel: Ein Vater setzt in seinem Testament fest, dass seine Kinder das geerbte Grundstück nicht verkaufen dürfen. Wenn ein Erbe das Grundstück dennoch versteigern lässt, kann das Teilungsverbot erst in einem gesonderten Zivilverfahren geltend gemacht werden.


Zurück

Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)

Das Recht auf rechtliches Gehör schützt jede Person davor, dass Entscheidungen über ihre Rechte oder Pflichten ohne vorherige Möglichkeit zur Stellungnahme getroffen werden. Im Gerichtsverfahren garantiert es, dass Betroffene informiert werden und sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Argumenten äußern können, bevor eine Entscheidung ergeht. Dieses Grundrecht ist in Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes verankert und sichert ein faires Verfahren.

Beispiel: Bevor das Gericht eine Teilungsversteigerung anordnet, muss es den Miteigentümern Gelegenheit geben, ihre Sicht darzustellen und Einwände vorzubringen.


Zurück

Unechte Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO)

Die unechte Drittwiderspruchsklage ist eine besondere Klageart im Zwangsvollstreckungsverfahren. Sie ermöglicht es einem Dritten, etwa einem Miteigentümer, der nicht Schuldner ist, die Zwangsvollstreckung (z.B. eine Teilungsversteigerung) anzufechten, weil er der Ansicht ist, dass ihm an der Immobilie ein Recht zusteht, das die Zwangsvollstreckung ausschließt oder einschränkt. Dieses Verfahren dient dazu, Rechte geltend zu machen, die außerhalb des Vollstreckungsverfahrens nicht berücksichtigt werden.

Beispiel: Ein Erbe hält ein testamentarisches Teilungsverbot für wirksam, das die Versteigerung verhindern soll. Da das Verbot nicht im Grundbuch steht, kann er nur mit der unechten Drittwiderspruchsklage versuchen, die Versteigerung zu stoppen.


Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 181 Absatz 1 ZVG (Zwangsversteigerungsgesetz): Regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zwangsversteigerung, insbesondere dass für Versteigerungen normalerweise ein vollstreckbarer Titel erforderlich ist, ausgenommen bei Teilungsversteigerungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Teilungsversteigerung konnte ohne vollstreckbaren Titel hergestellt werden, wodurch Herr G. seinen Antrag auf Versteigerung rechtlich durchsetzen konnte.
  • § 180 Absatz 2 ZVG: Ermöglicht das einstweilige Aussetzen einer Teilungsversteigerung für maximal sechs Monate, wenn dies unter Abwägung der Interessen aller Miteigentümer angemessen erscheint. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr B. beantragte auf dieser Grundlage eine vorläufige Einstellung der Versteigerung, diese wurde jedoch abgelehnt, da keine kurzfristig behebbaren Schwierigkeiten und keine angemessene Interessenabwägung festgestellt wurden.
  • § 2044 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt das testamentarische Teilungsverbot, welches Erben für eine bestimmte Zeit verpflichtet, die gemeinschaftliche Erbschaft nicht zu teilen. Dieses Teilungsverbot hat jedoch nur schuldrechtlichen Charakter und keine dingliche Wirkung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das angebliche Teilungsverbot konnte die Versteigerung nicht verhindern, da es nicht im Grundbuch eingetragen ist und keine unmittelbare Verfügungsbeschränkung gegenüber Dritten darstellt.
  • § 28 Absatz 2 ZVG: Verpflichtet das Gericht, bestimmte Verfügungsbeschränkungen oder Vollstreckungsmängel von Amts wegen zu beachten, sofern sie im Versteigerungsverfahren erkennbar sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah das schuldrechtliche Teilungsverbot nicht als eine zu beachtende Verfügungsbeschränkung im Sinne dieser Vorschrift an.
  • Artikel 103 Absatz 1 GG (Grundgesetz): Schützt das Recht auf rechtliches Gehör vor gerichtlichen Entscheidungen, stellt sicher, dass Betroffene vor der Entscheidung angehört werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneinte eine Verletzung dieses Rechts, da Herrn B. vor der Entscheidung über seinen Antrag Akteneinsicht gewährt wurde und weitere Möglichkeiten zur Stellungnahme bestanden.
  • § 771 ZPO (Zivilprozessordnung) – unechte Drittwiderspruchsklage: Bietet einem Dritten, der von einer Zwangsvollstreckung betroffen ist, die Möglichkeit, sich auf Rechte zu berufen, die eine Versteigerung verhindern können, außerhalb des Versteigerungsverfahrens. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Materielle Einwände wie die Möglichkeit der Realteilung oder das Teilungsverbot müssen durch eine solche Klage geltend gemacht werden; im Teilungsversteigerungsverfahren selbst sind sie nicht entscheidbar.

Das vorliegende Urteil


LG Cottbus – Az.: 7 T 128/21 – Beschluss vom 18.07.2022


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Erbrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Erbrecht. Vom rechtssicheren Testament über den Pflichtteilsanspruch bis hin zur Erbausschlagung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Erbrecht einfach erklärt

Erbrechtliche Urteile und Beiträge

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!