nn kann man ein Testament anfechten? Welche Voraussetzungen müssen für eine erfolgreiche Anfechtung erfüllt sein?
Es kommt nicht selten vor, dass Verwandte eines Verstorbenen in der letztwilligen Verfügung des Erblassers keine Berücksichtigung finden. Zwar ist der gesetzliche Pflichtanteil von dem Testament unberührt, doch wird bei Weitem nicht jeder Verwandte in dem Ausmaß berücksichtigt, welches von der verwandten Person als angemessen empfunden wird. Es gibt in Deutschland die Möglichkeit, ein Testament anzufechten. Hierbei müssen jedoch einige Aspekte berücksichtigt werden, die bei Weitem nicht jeder juristische Laie weiß. Diese Aspekte betreffen sowohl den Zeitpunkt der Anfechtung als auch die weitergehenden gesetzlichen Kriterien, die mit einer Anfechtung eines Testaments einhergehen.
Zunächst muss erst einmal unterschieden werden, ob die Anfechtung des Testaments noch zu Lebzeiten von dem Erblasser erfolgen soll oder ob die Anfechtung der letztwilligen Verfügung posthum des Erblassers vorgenommen wird.
Die gesetzliche Grundlage für die Anfechtung eines Testaments stellen die Paragrafen 2078 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches dar. Diese Paragrafen regeln jedoch ausschließlich die Verfügungen eines sogenannten einseitigen Testaments. Diese sind für den Erblasser an sich nicht rechtlich bindend, da der Erblasser zu seinen Lebzeiten diese Verfügungen jederzeit ohne Angabe von Gründen nach Belieben ändern kann. Auch vollständige Widerrufe von Verfügungen sind problemlos möglich.
Ein Erblasser kann die Verfügungen eines einseitigen Testaments zwar ändern, die Anfechtung an sich ist jedoch ausschließlich das Recht der Beteiligten.
Sollte ein Erblasser aus einer rechtlichen Konstellation heraus an die Verfügung gebunden sein, so wie es beispielsweise bei Berliner Testamenten sowie auch Erbverträgen der Fall sein, so fallen dem Erblasser auf der Grundlage der Paragrafen 2281 ff. Bürgerliches Gesetzbuch durchaus Anfechtungsgründe zu. Eine Anfechtung hat in diesem Fall, ebenso wie bei einem einseitigen Testament, die rechtliche Wirkung der Ungültigkeit von gewissen Teilen eines Testaments. Das gesamte Testament an sich wird durch die Anfechtung nicht ungültig. Diejenige Person, die ein Testament anfechten möchte, hat auch die Aufgabe, den Aspekt des Testaments, der angefochten werden soll, exakt darzulegen. Der § 2085 Bürgerliches Gesetzbuch schützt dabei ausdrücklich diejenigen Passagen des Testaments, welche nicht angefochten werden. Dies bedeutet, dass diese Passagen auch weiterhin rechtliche Gültigkeit besitzen.
Der § 2085 Bürgerliches Gesetzbuch greift nicht, wenn das vollständige Testament von vornherein als nichtig angesehen wird.
Welche Fristen gibt es für die Anfechtung eines Testaments?
Im Grunde genommen gibt es bei einer Anfechtung eines Testaments keine starr definierten Fristen, da es in erster Linie auf die Art der Anfechtung sowie den Anfechtungsgrund ankommt. Im Fall eines
- Irrtums
- Drohfalls
ist es möglich, innerhalb eines Jahres mit Beginn der Kenntnis des Anfechtungsgrund eine Anfechtung vorzunehmen. Diese Frist hat rechtlich gesehen die Wirkung einer Ausschlussfrist. Dies bedeutet, dass nach Ablauf dieser Zeitspanne gem. § 2082 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch keine Anfechtung mehr vorgenommen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der angegebene Anfechtungsgrund ohne jeden Zweifel tatsächlich vorliegt. Diese Frist ist überdies auch an den tatsächlichen Erbfall gebunden, sodass auch die Kenntnis des Erbfalls eine wesentliche Rolle spielt.
Auch dann, wenn keiner dieser beiden Anfechtungsgründe vorliegt, gibt es auf der Grundlage des § 2082 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch eine sogenannte Anfechtungsfrist. Diese ist allerdings in der Regel mit 30 Jahren beziffert und sollte dementsprechend mehr als ausreichend Zeit darstellen.
Eine Anfechtung kann jedoch auch von vornherein ausgeschlossen sein.
Dies ist dann der Fall, wenn
- ein Vorausverzicht
- die Bestätigung der letztwilligen Verfügung
- ein Verzicht aus vertraglichen Gründen
vorliegt.
Die Demenz des Erblassers
Ein sehr häufiger Anfechtungsgrund ist die Demenz des Erblassers, welche posthum geltend gemacht wird. Sollte dies tatsächlich der Fall sein kann durchaus vorgebracht werden, dass der Erblasser zu dem Zeitpunkt der Testamentsverfassung keine Testierfähigkeit mehr besaß und dass dementsprechend das Testament angefochten wird. Die Frage der Testierfähigkeit ist zwar durchaus wichtig, doch wird aus diesem Grund heraus das Testament aus juristischer Sicht überhaupt nicht angefochten. Vielmehr richtet sich der Hinterbliebende letztlich gegen die vollständige Wirksamkeit des Testaments. Gegen ein unwirksames Testament jedoch muss nicht das Mittel der Anfechtung eingesetzt werden. Vielmehr würde in diesem Fall die Feststellungsklage zum Einsatz kommen, sodass es zu einem Gerichtsverfahren kommen würde. Grundlage hierfür ist der § 256 Absatz 1 der Zivilprozeßordnung. Ziel der Feststellungsklage ist die Feststellung der gesetzlichen Erbfolge.
Grundsätzlich kann die Feststellungsklage bereits während des laufenden Erbverfahrens eröffnet werden. Es ist jedoch auch möglich, die Feststellungsklage nach einem bereits abgeschlossenen Erbverfahren einzureichen.
Eine Feststellungsklage muss natürlich per entsprechenden Antrag an das zuständige Amtsgericht / Nachlassgericht eingereicht werden. Juristischer Beistand ist hierfür auf jeden Fall Pflicht, da das Erbrecht verschiedene Aspekte kennt und dementsprechend eine Feststellungsklage sehr gut vorbereitet werden muss. Ein juristischer Laie wird dies auf gar keinen Fall bewerkstelligen können.
Die Dinge, die bei einer Anfechtung eines Testaments beachtet werden sollten
Es gibt, wie bereits erwähnt, eine wahre Vielzahl von verschiedenen Anfechtungsgründen. In der gängigen Praxis kommen diese Gründe am häufigsten in Betracht
- Erklärungsirrtum auf der Grundlage des § 2078 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches
- Inhaltsirrtum auf der Grundlage des § 119 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches
- Täuschung und Drohung
- Motivirrtum auf der Grundlage des § 2078 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches
- Übergang von Pflichtteilsberechtigten gem. § 2079 des Bürgerlichen Gesetzbuches
- allgemeine Unwirksamkeit des Testaments
Bei einem Erklärungsirrtum wird angenommen, dass der Testator zum Zeitpunkt des Verfassens seines Testaments lediglich einen Schreibfehler begangen hat. Bei einem Inhaltsirrtum wird davon ausgegangen, dass der Testator im Hinblick auf die rechtliche Wirkung seines Testaments einem Irrtum aufgesessen ist. Dies ist gerade bei einem Berliner Testament sehr häufig ein Anfechtungsgrund.
Sollte der Testator zum Zeitpunkt des Verfassens seines Testaments bereits auf Hilfe angewiesen gewesen sein, so kann auch die Täuschung und Drohung ein Anfechtungsgrund darstellen.
Bei einem Motivirrtum wird davon ausgegangen, dass der Testator selbst davon ausging, dass der Erbnehmer ihn pflegen wird. Bei einem Übergang eines Pflichtteilsberechtigten hat der Erblasser erst nach dem Verfassen seines Testaments davon Kenntnis bekommen, dass ein weiterer Abkömmling überhaupt existiert.
In der gängigen Praxis stellt die Unwirksamkeit eines vorhandenen Testaments die häufigste Form dar. Mittels einer Erbenfeststellungsklage wird dann gerichtlich über die Erbschaftsangelegenheit entschieden. Eine Anfechtung im juristischen Sinne stellt die Erbenfeststellungsklage jedoch nicht dar.
Wenn auch Sie sich mit dieser Thematik zwangsläufig auseinandersetzen müssen, so sollten Sie auf gar keinen Fall in Eigenregie an die ganze Angelegenheit herangehen. In der Regel bringt die Anfechtung eines Testaments oder die Feststellungsklage fast zwangsläufig eine Konfrontation mit anderen Erbnehmern mit sich, die sich ihrerseits wiederum eines Rechtsanwalts bedienen werden. Diesen Schritt sollten Sie auf jeden Fall auch gehen, da Ihr Recht schließlich davon betroffen ist und Sie sich dementsprechend dem Rat eines starken juristischen Partners einholen sollten. Wir verfügen über ein großes Team aus entsprechend kompetenten und engagierten Rechtsanwälten, die sich gerne Ihrer Angelegenheit annehmen und Ihren Fall für Sie prüfen. Selbstverständlich stehen wir Ihnen sowohl außergerichtlich als auch auf dem gerichtlichen Weg zur Seite und geben Ihnen fachkundigen Rat im Hinblick auf Ihre Erfolgschancen. Die Anfechtung eines Testaments ist ein enorm komplizierter und auch zeitaufwendiger Schritt, der wohlüberlegt sein will.
Viele Menschen denken im Zusammenhang mit einem Testament fast automatisch daran, dass dieses ja schließlich bei einem Notar aufgesetzt und dementsprechend auch beglaubigt wurde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein derartiges Testament nicht auch angefochten werden kann. Wenn Sie ein Testament aufsetzen möchten und dabei gänzlich auf Nummer sicher gehen möchten, dass die Erblasser später Ihren letzten Willen nicht anfechten werden, so können Sie sich selbstverständlich ebenfalls mit uns in Verbindung setzen und einen Termin mit uns vereinbaren.