Skip to content

Testament – Anforderungen an Auslegung

Ein scheinbar widersprüchliches Testament stürzte zwei Brüder nach dem Tod ihrer Mutter in einen erbitterten Erbschaftsstreit. Während der eine Sohn sich enterbt sah, forderte der andere seinen Anteil – gestützt auf verschiedene Schriftdokumente der Verstorbenen. Dabei spielten nicht nur unklare Formulierungen, sondern auch eine Jahrzehnte alte, traumatische Familiengeschichte eine entscheidende Rolle. Wie löst ein Gericht diesen Knoten: Zählt der genaue Wortlaut oder der mutmaßliche, von tragischen Ereignissen geprägte letzte Wille?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 O 206/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Lübeck
  • Datum: 13.12.2023
  • Aktenzeichen: 6 O 206/22
  • Verfahrensart: Feststellung des Erbrechts
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Testamentsauslegung

Worum ging es genau?
Zwei Brüder stritten um das Erbe ihrer verstorbenen Mutter. Der Kläger meinte, er sei Miterbe geworden, während der Beklagte behauptete, der Kläger sei durch ein Testament der Mutter wirksam enterbt worden.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?
Ist der Kläger Miterbe der verstorbenen Erblasserin geworden, oder wurde er durch eine letztwillige Verfügung seiner Mutter wirksam von der Erbfolge ausgeschlossen?

Wie hat das Gericht entschieden?

  • Klage abgewiesen: Die Klage des Klägers auf Feststellung des Miterbenstatus wurde abgewiesen.
  • Kernaussagen der Begründung:
    • Testament gültig und auslegungsfähig: Das handschriftliche Testament der Mutter aus dem Jahr 2016 war ein formgültiges Testament, dessen Inhalt umfassend nach dem tatsächlichen Willen der Erblasserin ausgelegt werden musste. Dabei kommt es nicht auf die exakte Bezeichnung der Verfügung (hier: „Pflichtteilentzug“) an.
    • Enterbung des Klägers gewollt: Aus dem Testament von 2016 und dem erklärten Wunsch der Mutter, einen Streit zwischen den Söhnen zu verhindern, schloss das Gericht, dass die Erblasserin den Kläger nicht als Erben neben dem Beklagten zulassen wollte.
    • Weitere Umstände stützen Auslegung: Ein späteres, nicht formgültiges Schreiben von 2022, in dem die Mutter den Kläger ebenfalls vom Erbe ausschloss, und die glaubhaften Schilderungen des Beklagten über traumatische Gewalttaten des Klägers gegen die Mutter und ihn selbst in der Vergangenheit bestätigten den dauerhaften Willen der Mutter, den Kläger von der Erbfolge auszuschließen.
  • Folgen für den Kläger:
    • Er ist nicht Miterbe der verstorbenen Mutter geworden.
    • Er muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Der Fall vor Gericht


Ein zerstrittenes Erbe: Wenn der letzte Wille nicht eindeutig ist

Jeder kennt die Situation aus Filmen oder Erzählungen: Eine Person stirbt und hinterlässt ein Testament. Doch anstatt Klarheit zu schaffen, sorgt das Dokument für Verwirrung und Streit unter den Hinterbliebenen. Formulierungen sind unklar, oder es gibt mehrere, sich scheinbar widersprechende Schriftstücke. Genau solch ein Fall landete vor dem Landgericht Lübeck, wo zwei Brüder darüber stritten, was ihre verstorbene Mutter wirklich gewollt hatte.

Der Fall dreht sich um eine grundlegende Frage im Erbrecht: Was passiert, wenn der aufgeschriebene Text eines Testaments auf den ersten Blick etwas anderes zu sagen scheint als das, was die verstorbene Person vermutlich beabsichtigte?

Zwei Brüder im Streit vor Gericht

Testament-Streit der Brüder: Ein handschriftliches Testament der Mutter löst erbitterten Erbschaftskonflikt um Erbe & Schriftstücke aus.
Symbolbild: KI generiertes Bild

Die Ausgangslage war denkbar einfach und zugleich emotional aufgeladen. Nach dem Tod ihrer Mutter im Februar 2022 waren ihre beiden Söhne die einzigen verbliebenen Nachkommen. Der jüngere Sohn, der in diesem Verfahren der Kläger war, ging davon aus, dass er zur Hälfte Miterbe geworden sei. Seine Logik war simpel: Wenn es kein klares Testament gibt, das ihn ausschließt, greift die sogenannte Gesetzliche Erbfolge. Das ist die gesetzlich festgelegte Erb-Reihenfolge, wenn es kein gültiges Testament gibt, die vorsieht, dass Kinder zu gleichen Teilen erben.

Sein älterer Bruder, der Beklagte im Verfahren, sah das völlig anders. Er war der Meinung, die Mutter habe ihn zum alleinigen Erben bestimmt und den jüngeren Bruder vollständig vom Erbe ausgeschlossen, also enterbt. Er stützte sich dabei auf schriftliche Erklärungen der Mutter. Um diese Pattsituation zu klären, reichte der jüngere Sohn Klage ein. Er wollte vom Gericht offiziell feststellen lassen, dass er Miterbe zu einer Hälfte ist.

Die zwei Dokumente der Mutter: Ein handschriftliches Testament und ein späterer Brief

Im Mittelpunkt des Streits standen zwei Dokumente, die die Mutter hinterlassen hatte. Um die Entscheidung des Gerichts zu verstehen, müssen wir uns beide genau ansehen.

Das erste Dokument war ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2016. Ein solches Dokument ist nur gültig, wenn es vollständig von Hand geschrieben und unterschrieben ist, was hier der Fall war. Die Überschrift lautete jedoch: „Betr.: Pflichtteilentzug wegen körperlicher Mißhandlung“. Darin schilderte die Mutter schwere Vorwürfe gegen den Kläger, ihren jüngeren Sohn. Sie schrieb von Schlägen, Geldforderungen und demütigenden Beschimpfungen. Sie erwähnte auch ein Zitat des damals jugendlichen Klägers, das von Zeugen bestätigt werden könne: „Am besten schlagen wir die Mutter tot, dann kommen wir ans Erbe.“

Aber was bedeutet Pflichtteilentzug? In Deutschland haben nahe Angehörige wie Kinder einen Anspruch auf einen Pflichtteil. Das ist ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Erbe, selbst wenn sie im Testament enterbt wurden. Dieser Pflichtteil kann nur unter extremen Umständen entzogen werden, etwa bei schweren Straftaten gegen den Erblasser. Die Überschrift des Testaments legte also nahe, dass die Mutter dem Kläger nur diesen Mindestanteil wegnehmen wollte, aber vielleicht nicht das gesamte Erbe.

Das zweite Dokument war ein maschinengeschriebener und unterschriebener Brief vom Januar 2022, kurz vor ihrem Tod. Darin stand unmissverständlich, dass der ältere Sohn das Haus und alle Vermögenswerte erhalten und der jüngere Sohn „vom Erbe ausgeschlossen sein“ solle. Das Problem hierbei: Ein maschinengeschriebenes Testament ist in Deutschland nicht formgültig und daher als eigenständiges Testament unwirksam. Es muss, von wenigen Ausnahmen abgesehen, vollständig handschriftlich sein.

Die zentrale Frage: Was wollte die Mutter wirklich?

Das Gericht stand nun vor einer kniffligen Aufgabe. Auf der einen Seite gab es ein formgültiges Testament von 2016, dessen Überschrift auf eine reine Pflichtteilsentziehung hindeutete, was dem Kläger recht geben würde. Auf der anderen Seite gab es den klaren, aber formungültigen Brief von 2022 und die schweren Vorwürfe, die auf einen kompletten Ausschluss hindeuteten.

Was wiegt schwerer? Der genaue Wortlaut eines Testaments oder der erkennbare Wille der Person, die es verfasst hat? Das deutsche Erbrecht gibt hier eine klare Antwort: Der wirkliche Wille des Erblassers hat Vorrang. Juristen nennen diesen Vorgang die Testamentsauslegung. Das bedeutet, ein Gericht muss versuchen, durch Interpretation herauszufinden, was die verstorbene Person tatsächlich regeln wollte, selbst wenn die Worte unklar oder missverständlich gewählt wurden.

Mehr als nur der Wortlaut zählt

Bei dieser Auslegung darf das Gericht nicht nur den reinen Text des Testaments betrachten. Es muss alle verfügbaren Umstände berücksichtigen, die Aufschluss über den Willen der Person geben können. Das können andere Briefe, mündliche Äußerungen gegenüber Freunden oder der Familie oder das gesamte Verhalten der Person sein. Man kann es mit dem Versuch vergleichen, die wahre Bedeutung einer Nachricht von einem Freund zu verstehen: Man liest nicht nur die Worte, sondern berücksichtigt auch den Kontext, frühere Gespräche und die allgemeine Beziehung zueinander.

Genau das tat das Gericht. Es zog sowohl den formungültigen Brief von 2022 als auch die persönliche Anhörung des älteren Sohnes, des Beklagten, als Beweismittel heran, um den wahren Willen der Mutter zu ergründen, den sie bereits 2016 in ihrem Testament zum Ausdruck bringen wollte.

Die traumatische Vergangenheit als Schlüssel zur Auslegung

Besonders entscheidend war die Aussage des Beklagten vor Gericht. Er schilderte ein Ereignis aus dem Jahr 1997, das für die Mutter zutiefst traumatisch gewesen sei. Der Kläger, sein jüngerer Bruder, habe damals unter Drogeneinfluss die Haustür eingetreten, sei mit einem Messer auf die Mutter losgegangen und habe dann den Beklagten, der dazwischenging, mit dem Messer gestochen.

Laut dem Beklagten habe die Mutter seit diesem Vorfall in panischer Angst vor dem Kläger gelebt, jeden Kontakt abgebrochen und ihn für sich als „bereits gestorbene Person“ betrachtet. Sie habe immer wieder betont, dass der Kläger nach ihrem Tod absolut nichts bekommen solle. Das Gericht hielt diese Schilderung für vollkommen glaubhaft, auch weil der Beklagte seinen Bruder nicht nur schlecht darstellte, sondern auch Verständnis für dessen Drogenkrankheit zeigte. Diese Aussage malte ein klares Bild: Die Haltung der Mutter war nicht nur eine kurzfristige Verärgerung, sondern ein seit Jahrzehnten bestehender, unumstößlicher Wille, den jüngeren Sohn vollständig aus ihrem Leben und damit auch aus ihrem Erbe auszuschließen.

Die Entscheidung des Gerichts: Keine Erbschaft für den Kläger

Auf Basis dieser Auslegung wies das Gericht die Klage des jüngeren Sohnes ab. Er wurde nicht Miterbe zu einer Hälfte. Die Begründung folgte einer klaren Logik: Das handschriftliche Dokument von 2016 war zwar mit „Pflichtteilentzug“ überschrieben, aber der Inhalt und alle Umstände zeigten, dass die Mutter viel mehr wollte. Sie wollte den Kläger nicht nur vom Mindestanteil, sondern vom gesamten Erbe ausschließen.

Das Gericht argumentierte, dass die falsche juristische Bezeichnung – „Pflichtteilentzug“ statt „Enterbung“ – für eine juristische Laiin wie die Mutter nicht entscheidend sein kann. Wichtiger ist, was sie mit ihren Worten meinte. Ihr Hinweis im Testament, sie wolle einen „Streitfall zwischen den Brüdern“ verhindern, stützte diese Auslegung. Ein Streit über die Erbteilung kann nämlich nur entstehen, wenn es mehrere Erben gibt. Indem sie einen Sohn komplett ausschloss, verhinderte sie genau diesen Streit.

Warum die formungültige Erklärung von 2022 trotzdem wichtig war

Doch warum war das formungültige Schreiben aus dem Jahr 2022 so entscheidend? Es wurde nicht als eigenständiges Testament gewertet, sondern als ein wichtiges Puzzleteil zur Auslegung des gültigen Testaments von 2016. Es bestätigte den Willen, den die Mutter bereits Jahre zuvor hatte. Es war wie eine zusätzliche Notiz, die den Inhalt eines früheren Briefes verdeutlicht.

Zusammenfassend kam das Gericht zu dem Schluss: Auch wenn die Wortwahl im Testament von 2016 unpräzise war, zeigte die Gesamtschau aller Beweise – die schweren Vorwürfe im Testament selbst, das spätere Schreiben und die traumatischen Erlebnisse – eindeutig, dass der unumstößliche Wille der Mutter eine vollständige Enterbung des Klägers war. Der ältere Bruder wurde somit zum Alleinerben.



Die Schlüsselerkenntnisse

Dieses Urteil zeigt, dass bei unklaren Testamenten der wahre Wille des Verstorbenen wichtiger ist als der genaue Wortlaut – Gerichte schauen also auf das, was gemeint war, nicht nur auf das, was geschrieben steht. Auch wenn ein Testament formal nicht perfekt formuliert ist, können zusätzliche Briefe, Aussagen von Familienmitgliedern und die Lebensumstände dabei helfen, den echten Willen zu ermitteln. Das Gericht kann sogar Dokumente berücksichtigen, die als Testament ungültig wären, wenn sie dabei helfen, ein gültiges Testament richtig zu verstehen. Für Erblasser bedeutet das: Es ist zwar wichtig, Testamente klar zu formulieren, aber selbst bei unpräzisen Formulierungen ist nicht alles verloren – entscheidend ist, was man wirklich wollte.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was geschieht, wenn ein Testament unklar formuliert ist oder widersprüchlich wirkt?

Wenn ein Testament unklar formuliert ist oder scheinbare Widersprüche aufweist, führt dies in den allermeisten Fällen nicht automatisch dazu, dass es ungültig ist. Der letzte Wille einer verstorbenen Person, des sogenannten Erblassers, soll grundsätzlich so weit wie möglich beachtet und umgesetzt werden. Das deutsche Erbrecht legt großen Wert darauf, den tatsächlichen Wunsch des Erblassers zu ermitteln.

Die Bedeutung der Testamentsauslegung

Das zentrale Instrument zur Klärung von Unklarheiten oder Widersprüchen in einem Testament ist die Testamentsauslegung. Stellen Sie sich vor, der Erblasser hat vielleicht eine Formulierung gewählt, die im Alltag verständlich klingt, aber rechtlich oder im Kontext des gesamten Testaments doppeldeutig ist. Oder es scheint, als würden sich zwei Anordnungen im Testament widersprechen.

Bei der Auslegung geht es darum, den wahren Willen des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu erforschen. Es wird versucht herauszufinden, was der Erblasser wirklich gemeint hat, selbst wenn seine Worte nicht eindeutig waren. Dies ist in § 2084 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert, der besagt, dass bei der Auslegung von Verfügungen der Wille des Erblassers erforscht werden soll und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks gehaftet werden darf.

Wie die Auslegung erfolgt

Um den Willen des Erblassers zu ermitteln, werden verschiedene Anhaltspunkte herangezogen:

  • Der Wortlaut des Testaments: Zunächst wird versucht, den Sinn der verwendeten Worte zu verstehen.
  • Der Gesamtzusammenhang: Das gesamte Testament wird betrachtet. Manchmal klärt sich eine unklare Formulierung in einem Absatz durch eine andere Bestimmung im selben Dokument.
  • Umstände außerhalb des Testaments: Hierzu gehören beispielsweise die Lebensumstände des Erblassers, seine Beziehungen zu den genannten Personen, frühere Äußerungen zu seinem Vermögen oder zu seinen Wünschen für die Zeit nach seinem Tod. Auch Entwürfe oder Notizen des Erblassers können zur Auslegung herangezogen werden. Es wird also nicht nur das geschriebene Wort, sondern auch der „Blick hinter die Kulissen“ gewagt.

Ziel der Auslegung ist es immer, das Testament so auszulegen, dass es Gültigkeit behält, anstatt es für unwirksam zu erklären.

Was passiert, wenn Auslegung nicht zum Erfolg führt?

Nur wenn selbst durch umfassende Auslegung der wahre Wille des Erblassers nicht eindeutig ermittelt werden kann oder ein Widerspruch nicht auflösbar ist, kann dies dazu führen, dass einzelne Verfügungen oder im äußersten Fall das gesamte Testament unwirksam sind.

In solchen seltenen Fällen treten für die unwirksamen Teile die gesetzlichen Erbfolgeregeln in Kraft. Das bedeutet, dass dann das Erbe oder die betroffenen Teile des Erbes gemäß der im Gesetz vorgesehenen Reihenfolge an die gesetzlichen Erben verteilt werden, als hätte der Erblasser hierzu keine Anordnung getroffen.

Für Sie als Laie ist es wichtig zu verstehen, dass Unklarheiten in einem Testament zunächst einen Klärungsbedarf und nicht sofort eine Ungültigkeit bedeuten. Die juristische Praxis ist darauf ausgelegt, den letzten Willen zu schützen und so weit wie möglich zur Geltung zu bringen.


zurück

Wie wird der wahre Wille einer verstorbenen Person bei der Auslegung eines Testaments ermittelt?

Bei der Auslegung eines Testaments steht immer der tatsächliche Wille der Person im Vordergrund, die das Testament verfasst hat. Es geht nicht nur darum, was wortwörtlich im Testament steht, sondern darum, was der Erblasser oder die Erblasserin wirklich gemeint hat. Gerichte versuchen, sich in die Lage des Erblassers zu versetzen, um seine oder ihre Absichten zu verstehen.

Die Suche nach der wahren Absicht

Um den wahren Willen zu ermitteln, betrachten Gerichte zunächst den gesamten Wortlaut des Testaments. Ein einzelner Satz oder ein einzelnes Wort wird dabei nicht isoliert betrachtet, sondern im Zusammenhang mit dem gesamten Text. Das ist vergleichbar damit, wie man ein Buch liest: Um die Geschichte zu verstehen, liest man nicht nur einzelne Sätze, sondern das gesamte Werk.

Darüber hinaus werden sogenannte außenliegende Umstände herangezogen. Das sind Tatsachen und Ereignisse, die außerhalb des eigentlichen Testamentstextes liegen, aber Aufschluss über die Absicht des Erblassers geben können. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Die persönlichen Beziehungen des Erblassers zu den im Testament genannten oder nicht genannten Personen.
  • Die Lebensverhältnisse des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (z.B. finanzielle Situation, familiäre Umstände).
  • Gewohnheiten, sprachliche Besonderheiten oder frühere Äußerungen des Erblassers. Wenn jemand beispielsweise ein Wort in einem Testament verwendet, das er im Alltag stets in einer bestimmten, vielleicht ungewöhnlichen Weise benutzt hat, kann das für die Auslegung wichtig sein.
  • Vorentwürfe des Testaments oder andere schriftliche Notizen, die die Gedanken des Erblassers verdeutlichen.

Ziel ist es, Hinweise zu finden, die über den reinen Wortlaut hinausgehen und erahnen lassen, was der Erblasser mit seinen Verfügungen bezwecken wollte.

Wenn Worte mehrdeutig sind

Manchmal sind Formulierungen im Testament nicht eindeutig oder können auf verschiedene Weisen verstanden werden. In solchen Fällen ist die Auslegung besonders wichtig. Die Gerichte versuchen dann, aus all diesen Umständen – dem Testamentstext, den äußeren Gegebenheiten und dem Verhalten des Erblassers – das wahrscheinlichste Verständnis für den Ausdruck seines Willens zu finden. Es ist ein komplexer Prozess, der oft Detektivarbeit gleicht, um die genaue Absicht der verstorbenen Person zu entschlüsseln und sicherzustellen, dass ihr letzter Wille bestmöglich umgesetzt wird.


zurück

Welche Rolle spielen Dokumente, die nicht als Testament gültig sind, bei der Auslegung eines wirksamen Testaments?

Wenn eine Person ein gültiges Testament hinterlässt, aber auch andere schriftliche Äußerungen zu ihrem Nachlass, die nicht die gesetzlich vorgeschriebene Form eines Testaments erfüllen, stellt sich oft die Frage nach deren Bedeutung. Solche Dokumente – das können Entwürfe, Briefe, Notizen oder Tagebucheinträge sein – können nicht selbst als Testament gelten. Sie sind formungültig, weil sie beispielsweise nicht eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurden oder nicht notariell beurkundet sind, wie es das Gesetz für ein Testament vorschreibt.

Wie formungültige Dokumente bei der Testamentsauslegung helfen können

Obwohl diese Schriften keine eigenständige rechtliche Wirkung als Testament haben, können sie eine wichtige Rolle bei der Auslegung eines vorhandenen, formgültigen Testaments spielen. „Auslegung“ bedeutet hier, dass man versucht, den wahren Willen der Person herauszufinden, die das Testament verfasst hat. Der Fokus liegt darauf, zu verstehen, was mit den Worten im gültigen Testament wirklich gemeint war, insbesondere wenn Formulierungen unklar oder missverständlich sind.

Diese formungültigen Dokumente dienen in solchen Fällen als Beweismittel oder Anhaltspunkte, um den Willen des Erblassers (der Person, die das Testament gemacht hat) zu ermitteln. Sie können beispielsweise dazu beitragen:

  • Unklare Formulierungen zu präzisieren: Wenn im gültigen Testament Begriffe verwendet werden, die mehrdeutig sind (z.B. „mein Schmuck“, obwohl es sich um mehrere Sammlungen handelt), können andere Aufzeichnungen aufzeigen, welche spezifischen Gegenstände damit gemeint waren.
  • Bedeutung von Begriffen zu klären: Manchmal gibt es persönliche Bezeichnungen oder Abkürzungen im Testament. Zusätzliche Schriften können erklären, wen oder was der Erblasser damit meinte.
  • Hintergründe zu verstehen: Sie können Aufschluss über die Motive oder die Lebensumstände des Erblassers geben, die für das Verständnis bestimmter Verfügungen im Testament relevant sind.

Es ist jedoch entscheidend zu verstehen, dass diese formungültigen Schriften niemals den Inhalt eines gültigen Testaments verändern oder ersetzen können, wenn das Testament selbst eindeutig ist. Sie können auch keine neuen Verfügungen ins Leben rufen, die nicht bereits im formgültigen Testament angelegt sind. Ihre Funktion ist es, das bereits Vorhandene zu beleuchten und zu klären, nicht aber, es neu zu schaffen oder ihm zu widersprechen. Sie helfen somit, die tatsächliche Absicht hinter den Worten eines wirksamen Testaments zu entdecken und sicherzustellen, dass der letzte Wille so gut wie möglich umgesetzt wird.


zurück

Was ist der Unterschied zwischen einer kompletten Enterbung und dem Entzug des Pflichtteils?

Wenn ein Erblasser, also die Person, die ein Testament aufsetzt, verhindern möchte, dass jemand von seinem Vermögen erbt, stehen ihm prinzipiell zwei Wege offen, die juristisch jedoch sehr unterschiedlich wirken: die komplette Enterbung und der Entzug des Pflichtteils. Für Sie als juristischen Laien ist das Verständnis dieses Unterschieds entscheidend, um die Wirkung eines Testaments richtig einzuordnen.

Die komplette Enterbung

Die komplette Enterbung bedeutet, dass eine Person, die nach der gesetzlichen Erbfolge eigentlich Erbe wäre – das sind typischerweise Kinder, der Ehepartner oder unter Umständen auch die Eltern – durch ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Der Erblasser legt also fest, dass dieser Angehörige nicht sein Erbe werden soll.

Stellen Sie sich vor, ein Erblasser hat ein Kind, möchte aber nicht, dass dieses Kind Erbe wird. Er kann dies in seinem Testament klar festhalten: „Ich enterbe mein Kind [Name].“
Die wichtigste Folge der Enterbung ist jedoch, dass der Enterbte in der Regel trotzdem einen Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil behält. Der Pflichtteil ist ein gesetzlich garantierter Mindestanspruch in Geld und beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Der Enterbte wird also nicht Erbe, hat aber einen finanziellen Anspruch gegen die Erben.

Der Entzug des Pflichtteils

Der Entzug des Pflichtteils geht einen deutlichen Schritt weiter als die bloße Enterbung. Hier wird nicht nur das Erbrecht, sondern auch der gesetzlich garantierte Anspruch auf den Pflichtteil entzogen. Das bedeutet, die betroffene Person erhält gar nichts vom Nachlass.

Ein solcher Entzug ist allerdings nur unter sehr strengen gesetzlichen Voraussetzungen möglich und stellt eine Ausnahme dar. Das Gesetz sieht nur in wenigen, schwerwiegenden Fällen einen Grund für den Entzug des Pflichtteils vor. Diese Gründe müssen im Testament ausdrücklich genannt und begründet werden.

Beispiele für Gründe, die einen Entzug des Pflichtteils rechtfertigen können, sind:

  • Der Pflichtteilsberechtigte hat dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Person nach dem Leben getrachtet (versucht, sie zu töten).
  • Der Pflichtteilsberechtigte hat sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person schuldig gemacht.
  • Der Pflichtteilsberechtigte hat die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt.

Für Sie ist es wichtig zu wissen, dass ein Erblasser also nur unter diesen engen, gesetzlich definierten Bedingungen den Pflichtteil entziehen kann. Die bloße Unzufriedenheit mit einem Angehörigen oder eine einfache persönliche Zerwürfnis reichen hierfür in der Regel nicht aus. Der Entzug muss juristisch sauber formuliert und die Gründe nachweisbar sein, da er sonst unwirksam ist und der Pflichtteilsanspruch trotzdem besteht.


zurück

Welche weiteren Umstände können bei der Testamentsauslegung berücksichtigt werden?

Bei der Auslegung eines Testaments geht es darum, den wahren Willen der Person zu ermitteln, die das Testament verfasst hat (des Erblassers). Gerichte schauen dabei nicht nur auf den genauen Wortlaut des Dokuments. Oftmals sind die Formulierungen in einem Testament nicht eindeutig oder lassen mehrere Deutungen zu. Um den ursprünglichen Gedanken und die tatsächliche Absicht des Erblassers zu verstehen, zieht das Gericht eine Vielzahl von zusätzlichen Informationen und Umständen heran.

Das Gesamtbild des Erblasserwillens

Das Ziel der Auslegung ist es, ein umfassendes Bild davon zu erhalten, was der Erblasser mit seinem Testament tatsächlich erreichen wollte. Manchmal widerspricht das, was der Erblasser geschrieben hat, dem, was er eigentlich gemeint hat. Dann versucht das Gericht, diese eigentliche Absicht zu entschlüsseln. Dafür werden alle relevanten Umstände zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und auch davor und danach berücksichtigt, sofern sie Rückschlüsse auf den Willen zulassen.

Welche Umstände sind relevant?

Gerichte berücksichtigen eine breite Palette von Faktoren, um den wahren Willen zu finden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Persönliche Verhältnisse und Lebensumstände: Wie sah das Leben des Erblassers aus? Welche Beziehungen hatte er zu den im Testament genannten Personen oder auch zu anderen Familienmitgliedern? Gab es besondere Lebensereignisse, wie zum Beispiel traumatische Erlebnisse oder wichtige Veränderungen im Familienkreis, die Einfluss auf die Testamentsgestaltung gehabt haben könnten? Wenn zum Beispiel ein Testament „meinem Kind“ etwas zuwendet, aber der Erblasser später ein weiteres Kind adoptiert hat, kann die Gerichtsentscheidung davon abhängen, wie die Beziehung zu beiden Kindern war.
  • Die Vorgeschichte des Testaments: Gab es frühere Testamente, die vielleicht Hinweise auf die Entwicklung des Willens geben? Wie ist das aktuelle Testament entstanden? Wurde es alleine verfasst oder mit der Hilfe Dritter, und welche Anweisungen wurden dabei gegeben?
  • Mündliche Äußerungen und früheres Verhalten: Was hat der Erblasser zu Lebzeiten über seinen Nachlass oder über die im Testament bedachten Personen gesagt? Hat er mündliche Aussagen gegenüber Freunden, Familie oder auch nur Notizen hinterlassen, die seine Absichten klarer machen? Auch das frühere Verhalten des Erblassers gegenüber bestimmten Personen kann Aufschluss über seinen Willen geben. Hat er eine Person immer besonders unterstützt oder eine andere gemieden?
  • Zweck und Beweggründe: Warum hat der Erblasser eine bestimmte Regelung getroffen? Welche Ziele oder Beweggründe steckten dahinter? Vielleicht wollte er jemanden besonders belohnen oder versorgen.

All diese Faktoren helfen dem Gericht, über den reinen Wortlaut des Testaments hinauszublicken und die tatsächliche Bedeutung der Anordnungen zu erfassen. Es geht darum, das Gesamtbild zu verstehen und nicht nur isolierte Formulierungen. Dabei ist es stets wichtig, dass diese zusätzlichen Umstände einen klaren und nachvollziehbaren Bezug zum Testament und den dort getroffenen Verfügungen haben.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer erbt, wenn eine Person ohne Testament gestorben ist oder wenn Teile des Testaments unwirksam sind. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erben nahe Verwandte wie Ehepartner und Kinder grundsätzlich zu gleichen Teilen. Diese Regelung sorgt dafür, dass das Erbe automatisch und klar verteilt wird, wenn kein gültiges Testament vorliegt. Im dargestellten Fall ging der jüngere Sohn davon aus, dass er nach der gesetzlichen Erbfolge die Hälfte des Nachlasses erhalten müsse, da kein eindeutiges Ausschluss-Testament existierte.

Beispiel: Stirbt jemand ohne Testament und hinterlässt zwei Kinder, erben diese automatisch je zur Hälfte nach der gesetzlichen Erbfolge.

Zurück

Enterbung

Enterbung bedeutet, dass eine Person durch das Testament ausdrücklich vom Erbe ausgeschlossen wird. Der Enterbte erhält in der Regel keinen Anteil am Nachlass, aber oft bleibt ihm dennoch der Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Die Enterbung erfolgt durch eine klare testamentarische Verfügung, die den Erblasserwillen dokumentiert, eine bestimmte Person nicht als Erben anzusetzen. Im Fall wurde der jüngere Sohn vom älteren Bruder als enterbt angesehen, also komplett vom Erbe ausgeschlossen.

Beispiel: Ein Erblasser setzt in seinem Testament schriftlich fest: „Ich enterbe meinen Sohn Max.“ Max wird dadurch nicht Erbe, behält aber ggf. einen Mindestanspruch auf den Pflichtteil.

Zurück

Pflichtteil und Pflichtteilentzug

Der Pflichtteil ist ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Erbe für nahe Angehörige wie Kinder, der auch dann gilt, wenn diese durch Testament enterbt wurden (§ 2303 BGB). Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und wird in Geld ausgezahlt. Ein Pflichtteilentzug bedeutet, dass der enterbte Erbe auch diesen Mindestanspruch verliert. Das ist jedoch nur in engen gesetzlich vorgegebenen Ausnahmefällen möglich, etwa bei schweren Straftaten gegen den Erblasser (§ 2333 BGB). Die Mutter wollte im Testament offenbar den Pflichtteilentzug beim jüngeren Sohn erreichen, was besondere Voraussetzungen erfordert.

Beispiel: Ein Sohn wird enterbt und erhält normalerweise mindestens die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil. Wird ihm aber wegen schwerer Misshandlungen der Pflichtteil entzogen, bekommt er gar nichts vom Erbe.

Zurück

Testamentsauslegung

Testamentsauslegung ist die gerichtliche Prüfung und Interpretation eines Testaments, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln, wenn der Wortlaut unklar oder widersprüchlich ist (§ 2084 BGB). Dabei betrachtet das Gericht nicht nur den Text, sondern auch äußere Umstände wie frühere Erklärungen, Lebenssituationen oder andere Dokumente, um den Sinn des Testaments zu erfassen. Ziel ist es, den echten Willen des Erblassers zu verstehen und umzusetzen, selbst wenn die Formulierungen fehlerhaft sind. Im vorliegenden Fall war die Testamentsauslegung entscheidend, um den entgegenstehenden Willen aus dem gültigen Testament und dem formungültigen Brief zu klären.

Beispiel: Wenn ein Testament schreibt „an meinen Sohn“ und der Erblasser später noch ein weiteres Kind aufnimmt, prüft das Gericht, wen mit „mein Sohn“ gemeint war, und berücksichtigt alle Umstände.

Zurück

Formgültigkeit eines Testaments

Ein Testament ist nur rechtswirksam, wenn es bestimmte gesetzliche Formvorschriften erfüllt (§ 2247 BGB). Zum Beispiel muss ein eigenhändiges Testament vollständig handschriftlich geschrieben und eigenhändig unterschrieben sein. Ein maschinengeschriebener Brief oder ein notarlos verfasstes Dokument ohne Unterschrift ist formungültig, also unwirksam als Testament. In dem beschriebenen Fall war der maschinengeschriebene Brief von 2022 formungültig und konnte nicht selbst als Testament gelten, spielte aber eine Rolle bei der Auslegung des gültigen handschriftlichen Testaments von 2016.

Beispiel: Eine Erblasserin tippt ein Testament am Computer und druckt es nur aus, unterschreibt aber nicht selbst. Dieses Dokument ist formungültig und bindet rechtlich nicht.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Testamentsauslegung (Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 133, 2070 ff. BGB): Wenn der Wortlaut eines Testaments unklar oder missverständlich ist, muss ein Gericht den wahren Willen der verstorbenen Person ermitteln. Hierbei dürfen nicht nur die geschriebenen Worte betrachtet werden, sondern alle Umstände außerhalb des Testaments, wie frühere Äußerungen oder das allgemeine Verhalten des Erblassers, können zur Auslegung herangezogen werden. Ziel ist es, herauszufinden, was die Person tatsächlich mit ihrer Verfügung regeln wollte, auch wenn die Formulierung ungenau war. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kernaufgabe des Gerichts war es, den wahren Willen der Mutter hinter der Überschrift „Pflichtteilentzug“ im handschriftlichen Testament von 2016 zu entschlüsseln.
  • Formvorschriften für Testamente (Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 2247 BGB): Damit ein Testament in Deutschland rechtsgültig ist, muss es bestimmte Formvorschriften erfüllen. Ein eigenhändiges Testament muss beispielsweise vollständig von Hand geschrieben und unterschrieben sein. Werden diese Formvorschriften nicht eingehalten, ist das Dokument als eigenständiges Testament ungültig und entfaltet keine direkte rechtliche Wirkung. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das handschriftliche Testament von 2016 war formgültig, der maschinengeschriebene Brief von 2022 jedoch nicht und konnte daher nicht als eigenständiges Testament wirken.
  • Enterbung und Pflichtteilsentzug (Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1938 BGB und 2333 BGB): Eine Enterbung bedeutet, dass ein gesetzlicher Erbe durch letztwillige Verfügung vollständig vom Erbe ausgeschlossen wird. Der Pflichtteilsentzug ist ein streng geregeltes Ausnahmefeld, bei dem nahe Angehörige ihren gesetzlich garantierten Mindestanteil am Erbe aufgrund schwerwiegender Verfehlungen gegenüber dem Erblasser verlieren. Diese beiden Konzepte unterscheiden sich erheblich in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Entscheidend war, ob die Mutter den Kläger komplett enterben wollte oder nur den ihm zustehenden Pflichtteil entziehen sollte, wie die Überschrift ihres Testaments nahelegte.
  • Gesetzliche Erbfolge (Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1924 ff. BGB): Existiert kein wirksames Testament oder regelt dieses nicht die gesamte Erbfolge, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Hierbei legt das Gesetz eine feste Reihenfolge der Erbberechtigten fest, wobei Kinder des Erblassers als Erben erster Ordnung zu gleichen Teilen erben. Diese Regelung stellt sicher, dass ein Nachlass auch ohne ausdrückliche letztwillige Verfügung eine klare Zuweisung findet. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Der jüngere Sohn berief sich auf die gesetzliche Erbfolge, da er argumentierte, dass ohne ein klares, ihn ausschließendes Testament diese greifen müsse.
  • Grundsätze der Beweiswürdigung (Zivilprozessordnung (ZPO), § 286 ZPO): Im Zivilprozess entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung über die Wahrheit der vorgebrachten Tatsachen. Es würdigt alle Beweismittel wie Zeugenaussagen, Urkunden oder Sachverständigengutachten eigenständig und umfassend. Dieses Prinzip ermöglicht es dem Gericht, aus der Gesamtheit der Beweise die relevanten Schlussfolgerungen zu ziehen und den Sachverhalt umfassend aufzuklären. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht nutzte die Aussage des älteren Sohnes und den formunwirksamen Brief von 2022 als Beweismittel, um den wahren Willen der Mutter bei der Auslegung ihres Testaments zu ermitteln.

Das vorliegende Urteil


LG Lübeck – Az.: 6 O 206/22 – Urteil vom 13.12.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Erbrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Erbrecht. Vom rechtssicheren Testament über den Pflichtteilsanspruch bis hin zur Erbausschlagung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Erbrecht einfach erklärt

Erbrechtliche Urteile und Beiträge

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!