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Testament – Anforderungen an Wirksamkeit einer Testamentsänderung

OLG Köln – Az.: 2 Wx 131/20 – Beschluss vom 22.07.2020

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 17.06.2020 wird der am 20.05.2020 erlassene Beschluss des Amtsgerichts Leverkusen – 9 VI 174/19 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag des Beteiligten zu 1) vom 29.10.2019 auf Erteilung eines Alleinerbscheins wird zurückgewiesen.

Die durch das Verfahren entstandenen gerichtlichen Kosten einschließlich denjenigen des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.

Gründe

1.

Die am xx.xx.2019 verstorbene Erblasserin war verheiratet mit dem am xx.xx.1979 vorverstorbenen A B. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Söhne der Erblasserin.

Am 11.10.1978 schlossen die Erblasserin und ihr Ehemann einen Erbvertrag, mit dem sie sich gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt haben, gleichviel ob Pflichtteilsberechtigte vorhanden sein sollten (Bl. 4 f. BA 9 IV 127/2019 AG Leverkusen).

Weiter hinterließ die Erblasserin ein handschriftliches Testament vom 15.01.2002 (Bl. 22 BA 9 IV 127/2019 AG Leverkusen) mit folgendem Inhalt:“

Mein Testament

Mein Sohn C B, …, setze ich nach meinem Ableben als Alleinerbe für das Haus und Grundstück, D, E Str. 24 ein.

Grundbuch von D, Blatt 1434, Flur 3 Flurstück 68

Die Grundschuld von 50.000 DM muss von C übernommen werden …Dafür soll die Sicherungshypothek von DM 120.000 DM ….für meinen Sohn C B, eingetragen im Grundbuch meines Sohnes F B …. E, G 15, gelöscht werden. Grundbuch E Blatt 2178, Flur 47, Flurstück 148 lt. Vertrag vom 28.8.1992 Notar H, I.

Mein 2. Haus Grundstück in E-J K 19, Grundbuch von J Blatt 1611 Flur 17…. sollen meine beiden Söhne C und F B je zur Hälfte bekommen.

Die Schulden gehen auch zur Hälfte, sowie alle beweglichen Gegenstände. E, den 15.1.2002 L B

geb. M (Mutter) “

Dieses Testament wurde auf Veranlassung der Erblasserin hin in einem Schließfach bei der Sparkasse E-J verwahrt. Die Erblasserin fertigte Kopien von dem Testament an, die sie in ihrer Wohnung aufbewahrt hat.

Auf einer der Fotokopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen vor. Mit der ersten Ergänzung vermerkte sie nach der Regelung über die Löschung der Sicherungshypothek innerhalb des Textes

„dies ist erledigt lt. Vertrag

17.1.2008 L B“

Die zweite Ergänzung bzw. Streichung betraf die Regelung über ihr zweites Hausgrundstück; so ist das Wort „Söhne“ gestrichen und durch das Wort „Sohn“ ergänzt worden; weiter ist der Name des Beteiligten zu 2) gestrichen worden und innerhalb des Textes oberhalb der (fotokopierten) Unterschrift hinzugefügt worden „Mein Sohn F soll das Pflichtteil bekommen 01.01.2019“ (Bl. 41 BA 9 IV 127/2019 AG Leverkusen) .

Am 29.10.2019 hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt und sich dabei auf das Testament vom 15.01.2008 sowie die Änderungen und Streichungen vom 01.01.2019 berufen (Bl. 5 ff. d. A.). Der Beteiligte zu 2) ist diesem Antrag entgegengetreten. Er vertritt die Ansicht, dass die Streichung und Änderung vom 01.01.2019 mangels neuerlicher Unterschrift nicht wirksam sei.

Durch am 20.05.2020 erlassenen Beschluss hat das Amtsgericht – Nachlassgericht – Leverkusen die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 1) erforderlich sind, für festgestellt erachtet und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt (Bl. 73 ff. d. A.).Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 17.06.2020.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.06.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 85  d. A.).

2.

Die Beschwerde ist gemäß 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Erteilung des von dem Beteiligten zu 1) beantragten Teilerbscheins nach testamentarischer Erbfolge nicht vorliegen.

Für die Bestimmung der Erben der Erblasserin ist lediglich das Originaltestament vom 15.01.2002, nicht jedoch die mit handschriftlichen Zusätzen vom 01.01.2019 versehene Fotokopie als maßgebend anzusehen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat die Erblasserin durch ihre eigenhändigen Zusätze vom 01.01.2019 auf der Fotokopie des Originaltestaments kein formwirksames eigenhändiges Testament in Gestalt eines einheitlichen Ganzen errichtet.

Ein formwirksames Testament kann zwar auch dadurch hergestellt werden, dass der Testierenden die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments eigenhändig ändert, wenn der im vorhandenen Original und auf dessen Kopie niedergelegte Text ein einheitliches Ganzes bildet. Unter dieser Voraussetzung können auch Änderungen in Form von eigenhändigen Durchstreichungen des fotokopierten Textes Teil eines formwirksamen Testaments sein.

Die formwirksame Errichtung eines eigenhändig geschriebenen ordentlichen Testaments muss dabei weder in einem einheitlichen Akt noch in einer einzigen Urkunde erfolgen. Vielmehr kann der Erblasser auch das zur Errichtung eines formgerechten Testaments benutzen, was er als früheres Testament niedergeschrieben hat, um es durch eigenhändige Ergänzung so zu vollenden, dass es sein nunmehr gewolltes Testament darstellt. Es ist unschädlich, wenn die Niederschrift auf mehreren, nicht miteinander verbundenen Blättern erfolgt, sofern diese inhaltlich ein Ganzes sind und eine einheitliche Willenserklärung enthalten. Maßgeblich ist daher, dass die letztwillige Verfügung am Ende der erforderlichen Form entspricht und der Erblasser sie als seine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung ansah und als solche behandelt wissen wollte (vgl. OLG München, Beschluss v. 25.10.2005, 31 Wx 72/05 m.w.N.).

Voraussetzung ist dabei allerdings, um den Formerfordernissen des § 2247 BGB zu entsprechen, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sind. Nichts anderes folgt auch aus der vorgenannten Entscheidung des OLG München, der abweichend von der vorliegenden Fallkonstellation eine Änderung zugrunde lag, die nicht nur mit Datumsangabe sondern auch mit (erneuter) eigenhändiger Unterschrift abgefasst war (vgl. hierzu auch OLG München, Beschlüsse vom 31.08.2011, 31 Wx 179/10 und vom 13.09.2011, 31 Wx 298/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2019, 25 Wx 65/18).Dies gilt umso mehr, als die Erblasserin ihre erste Änderung vom 17.01.2008 unterzeichnet hat und lediglich die zweite Änderung vom 01.01.2019 nicht erneut unterschrieben hat. Auch insofern ist nicht auszuschließen, dass es sich lediglich um einen Entwurf handeln sollte.

3.

Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten beruht auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten hat der Senat von einer Kostenerstattung abgesehen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss nach § 70 Abs. 2 FamFG sind nicht erfüllt.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 290.257,00 EUR

(auf der Grundlage des Nachlassverzeichnisses vom 29.10.2019, wonach Bargeld i.H.v. 40 EUR, Guthaben i.H.v. 38.503 EUR und i.H.v. 3.514 EUR vorhanden waren, außerdem ein Pkw im Wert von 10.800 EUR und ein Elektromobil im Wert von 1.400 EUR sowie Grundbesitz im Verkehrswert von 236.000 EUR, Bl. 8 d. A.)

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