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Testament – Anwendbarkeit der Zweifelsregelung über Einsetzung als Nacherbe und als Ersatzerbe

Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 2 W 85/19 – Beschluss vom 30.01.2020

1. Die Beschwerde vom 14.10.2019 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 11.9.2019 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem vorläufigen Verfahrenswert in Höhe von 200.000 € als Gesamtschuldner.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein Beschluss Hamburg-Blankenese, mit dem ein Erbscheinsantrag des Beschwerdeführers Markus S vom 30.4.2019 zurückgewiesen worden ist.

Der angefochtene Beschluss ist den Beschwerdeführern am 16. September 2019 zugestellt worden. Sie haben mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2019, eingegangen bei Gericht am 15. Oktober 2019, Beschwerde eingelegt.

eintreten soll, soll die

Das letztgültige Testament der Erblasserin vom 20.12.2010 lautet unter anderem: „Zu meinem Erben setze ich allein meinen Sohn Martin F, geboren am …, wohnhaft am … 20a, in … Hamburg ein. Soweit mein Sohn Martin zum Erben berufen ist, erhält er die Stellung eines Vorerben, von allen Beschränkungen befreit, soweit das Gesetz es zulässt. Nacherbe nach ihm, wobei der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintreten soll, soll die Hamburger Gemeinschaftsstiftung für behinderte Menschen werden, geschäftsansässig Hamburg 22303, Südring 36.“

Die Beschwerdeführer tragen vor, aus einem Gesamtverhalten der Erblasserin ergebe sich, dass diese nach dem Tod ihres Sohnes Martin F und auch bereits zuvor die Einsetzung des Nacherben als Ersatzerben des vorverstorbenen Martin F nicht wünschte. Im November 2017, anlässlich des Umzugs der Erblasserin in das H.. Haus habe sich die Erblasserin entschlossen, das ihr gehörende, nicht mehr bewohnte Reihenhaus zu verkaufen. Seit Mitte 2018 habe sie den Wunsch geäußert, ihren Nachlass neu zu ordnen und ihre aktuellen Vorstellungen zu dokumentieren. Bereits 2018 habe die Erblasserin den Wunsch nach einer Testamentsänderung geäußert und dementsprechend einen Testamentsentwurf mit der Rechtsanwältin Frau H besprochen. Dieser gegenüber habe sie auch erklärt, dass die Hamburger Gemeinschaftsstiftung für behinderte Menschen vom Nachlass nichts mehr erhalten solle. Insgesamt ergebe sich, dass die Erblasserin eindeutig aufgrund des gravierenden Einschnitts, bestehend in dem Tod ihres Sohnes Martin, keine Ersatzerbeinsetzung des zuvor eingesetzten Nacherben mehr gewünscht habe und beabsichtigte, ihr Testament zu korrigieren.

Mit Nichtabhilfebeschluss vom 15. Oktober 2019 hat das Nachlassgericht die Beschwerde dem Hanseatischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Begründung hat das Nachlassgericht nochmals darauf abgestellt, dass die Vermutung des § 2102 Abs. 1 BGB bezogen auf den Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes vom 20.12.2010 eingreife, ohne dass es auf Änderungsabsichten ankomme. Maßgeblich seien allein die Vorstellungen der Erblasserin bei der Errichtung des Testamentes. Gerade der Umstand, dass die Erblasserin beabsichtigte, ihr Testament zu ändern, spreche für einen anderen Erblasserwillen bei Abfassung des Testamentes im Jahre 2010 als im Jahre 2019. Zu einem wirksamen Widerruf des Testamentes sei es nicht gekommen, ein bloßer Widerrufswille sei unerheblich.

Die Beschwerdeführer haben auf den Nichtabhilfebeschluss nur vorgetragen, die Erblasserin habe aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes keine Möglichkeit gehabt, das Testament zu vernichten.

II

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht und mit vollständig zutreffender Begründung sowohl in dem angefochtenen Ausgangsbeschluss vom 11.9.2019 als auch im Nichtabhilfebeschluss vom 15.10.2019 hat das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag, mit dem der Beschwerdeführer Markus S einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, der ihn und seinen Bruder als Erben zu jeweils 1/2 ausweist, zurückgewiesen.

Dem Nachlassgericht ist dahingehend zuzustimmen, dass vorliegend dass vorliegend die Zweifelsregelung in § 2102 Abs. 1 BGB Anwendung findet, wonach die Einsetzung als Nacherbe im Zweifelsfalle auch die Einsetzung als Ersatzerbe bedeutet.

Eine vorrangig vorzunehmende Auslegung des Testamentes unter Gesamtumstände führt im vorliegenden Fall nicht zu einer Entkräftung de Abs. 1 BGB.

Das Testament selbst enthält nach seinem Wortlaut keine Anhaltspunkte hinsichtlich der Frage, wer Ersatzerbe für den Fall des Vorversterbens des als Erben eingesetzten Sohnes Martin werden sollte. Sonstige Umstände, die für einen Willen der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testierung dahingehend sprechen, dass die Ersatzerbenregelung der gesetzlichen Erbfolge entsprechen soll, liegen nicht vor. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dem die Erblasserin gut bekannt war, insbesondere im Schriftsatz vom 14. Oktober 2019, ist vielmehr zu entnehmen, dass es ab 2017 zu einem Sinneswandel bei der Erblasserin gekommen ist. Dementsprechend hat sie den Wunsch geäußert, ihren Nachlass in einem neuen Testament neu zu ordnen und ihre aktuellen Vorstellungen zu dokumentieren. Aus dieser Schilderung der Beweggründe für die beabsichtigte neue Testierung ist der Umkehrschluss zu ziehen, dass die Erblasserin selbst ihr früheres Testament derart verstand, dass die Hamburger Gemeinschaftsstiftung für behinderte Menschen Ersatzerbin würde und dass sie damals eben andere Vorstellungen hatte. Die Erblasserin erklärte dementsprechend den Wunsch nach einer Testamentsänderung, die sich wiederum von einer Testamentsklarstellung unterscheidet. Wenn vorgetragen wird: „Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Erblasserin eindeutig, und dies auch über einen längeren Zeitraum hinweg, aufgrund des gravierenden Einschnitts, dem Tod ihres Sohns Martin, keine Ersatzerben-Einsetzung des zuvor eingesetzten Nacherben wünschte.“ betont dies nochmals, dass es erst nach dem Tod des Sohnes zu einer Änderung des Willens der Erblasserin gekommen sein kann.

Maßgeblich ist jedoch der Zeitpunkt der Testierung. Ein späterer Sinneswandel ist unerheblich, sofern nicht das frühere Testament widerrufen oder durch ein neues Testament ersetzt wird.

Zu einer Neutestierung ist es nicht gekommen.

Die Fertigung eines Testamentsentwurfs stellt keinen Widerruf eines früheren Testamentes dar. Zu der angedachten Erstellung eines notariellen Testamentes ist es nicht mehr gekommen.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, der festgesetzte Verfahrenswert entspricht dem geschätzten Nachlasswert.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

 

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