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Handschriftliches Testament: Hatte es trotz Gehirntumor Gültigkeit?

Nach dem Tod eines Familienvaters tauchte ein handschriftliches Testament auf, das eine andere Frau als Alleinerbin bestimmte, nicht die Ehefrau. Diese unerwartete Verfügung entzündete sofort einen erbitterten Streit unter den Hinterbliebenen. Seine Witwe zweifelte vehement die Echtheit des Testaments an und behauptete, der Verstorbene sei aufgrund eines Gehirntumors gar nicht mehr fähig gewesen, seinen letzten Willen zu äußern.

Zum vorliegenden Urteil Az.: VI 999/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Urteil in 30 Sekunden

  • Das Problem: Eine Witwe und eine andere Frau stritten um das Erbe eines verstorbenen Familienvaters. Es gab ein handgeschriebenes Testament, das die andere Frau als Erbin benannte.
  • Die Frage: War das handgeschriebene Testament gültig?
  • Die Antwort: Ja, das Gericht entschied: Das Testament ist gültig. Es wurde vom Vater selbst geschrieben und er war beim Schreiben bei klarem Verstand.
  • Das bedeutet das für Sie: Ein handgeschriebenes Testament ist gültig, wenn es echt ist. Es zählt auch, ob der Verfasser beim Schreiben klar denken konnte.

Die Fakten im Blick

  • Gericht: Amtsgericht Nördlingen
  • Datum: 30. Oktober 2023
  • Aktenzeichen: VI 999/21
  • Verfahren: Erbscheinsverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Familienverfahrensrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Frau, die einen Erbschein beantragte. Sie wollte als Alleinerbin des Verstorbenen anerkannt werden.
  • Beklagte: Die Ehefrau und die Tochter des Verstorbenen. Sie bestritten das Erbrecht der Antragstellerin und forderten die gesetzliche Erbfolge.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Eine Frau beantragte einen Erbschein aufgrund eines handschriftlichen Testaments, das sie als Alleinerbin einsetzt. Die Ehefrau und die Tochter des Verstorbenen bestritten die Echtheit des Testaments und die Fähigkeit des Erblassers, ein gültiges Testament zu erstellen.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: War das handschriftliche Testament des Verstorbenen wirklich von ihm geschrieben und war er zum Zeitpunkt der Erstellung geistig fähig, es zu verfassen?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Das Gericht stellte die notwendigen Tatsachen für die Erteilung des Erbscheins an die Antragstellerin fest.
  • Zentrale Begründung: Das Gericht sah es aufgrund eines Sachverständigengutachtens und ärztlicher Auskünfte als erwiesen an, dass der Erblasser das Testament selbst verfasst hat und zum Zeitpunkt der Erstellung geistig voll fähig war.
  • Konsequenzen für die Parteien: Die Antragstellerin erhält den gewünschten Erbschein, während die Ehefrau und die Tochter des Verstorbenen den Großteil der Verfahrenskosten tragen müssen.

Der Fall vor Gericht


Was stand im Zentrum des Familienstreits nach dem Tod des Vaters?

Nach dem Tod eines Familienvaters in einer süddeutschen Stadt stand die Familie vor einer unerwarteten Situation. Ein handschriftliches Testament tauchte auf, das eine Frau als Alleinerbin auswies, die nicht die Ehefrau des Verstorbenen war. Dies löste einen tiefgreifenden Streit aus, der schließlich vor dem Nachlassgericht landete. Im Kern ging es um die Frage: War dieser letzte Wille tatsächlich gültig?

Wer beanspruchte das Erbe und wer widersprach?

Eine junge Frau hält das handschriftliche Testament des Verstorbenen in der Hand, während die anderen Familienmitglieder mit ernsten Gesichtern dessen Gültigkeit und die Testierfähigkeit des Erblassers anzweifeln.
Ein handgeschriebenes Testament sorgt für Streit, als die Alleinerbin es der misstrauischen Witwe präsentiert und die Tochter skeptisch beobachtet. Wie viel Vertrauen darf man in letzte Wünsche wirklich setzen? | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die antragstellende Frau, die sich auf das handschriftliche Testament des verstorbenen Mannes vom 10. Juni 2021 berief, beantragte einen Erbschein, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte. Sie argumentierte, der Erblasser, also der Verstorbene, sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, ungeachtet seiner schweren Erkrankung, bei vollem Verstand gewesen und habe seinen Willen frei äußern können.

Ganz anders sah dies die Witwe des Verstorbenen. Sie bestritt vehement das Erbrecht der antragstellenden Frau und forderte stattdessen, die gesetzliche Erbfolge anzuwenden. Ihre Einwände waren zweigeteilt: Zum einen behauptete sie, das Testament sei gar nicht vom Erblasser selbst geschrieben worden, da die Handschrift nicht mit seiner übereinstimme. Zum anderen machte sie geltend, der verstorbene Mann sei zum Zeitpunkt der Testamentsabfassung aufgrund eines bösartigen Gehirntumors mit erheblichen Gedächtnis- und Orientierungsstörungen nicht mehr in der Lage gewesen, einen gültigen letzten Willen zu formulieren. Sie sprach ihm die sogenannte Testierfähigkeit ab. Die Tochter des Verstorbenen schloss sich diesen Einwänden zunächst an, zog ihre Bedenken aber im Verlauf des Verfahrens zurück.

Was prüfte das Gericht, bevor es eine Entscheidung traf?

Bevor das Gericht eine Entscheidung treffen konnte, musste es umfassend ermitteln. Das Nachlassgericht ist in solchen Fällen verpflichtet, von sich aus alle notwendigen Tatsachen zu sammeln, wenn es objektive Anhaltspunkte für Zweifel an der Gültigkeit eines Testaments gibt. Dabei orientiert es sich an klaren rechtlichen Grundsätzen.

Ein wichtiger Grundsatz ist, dass grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass ein Mensch testierfähig ist, also in der Lage, einen gültigen letzten Willen zu verfassen. Eine Störung der Geistestätigkeit, die diese Fähigkeit ausschließt, ist die Ausnahme. Die Anforderungen an den Beweis einer Testierunfähigkeit sind daher sehr streng: Es muss lückenlos nachgewiesen werden, dass der freie Wille des Menschen vollständig ausgeschlossen war. Schon das Vorhandensein einer Krankheit, die die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen könnte, reicht allein nicht aus, um dies zu vermuten. Das Gericht prüft zunächst alle verfügbaren Tatsachen, bevor es zum Beispiel ein medizinisches Sachverständigengutachten anordnet. Selbst für Menschen, die unter Betreuung stehen, gilt der Grundsatz der Testierfähigkeit, solange ihre Unfähigkeit nicht zweifelsfrei bewiesen ist.

Mit diesen Vorgaben im Hinterkopf machte sich das Gericht daran, die beiden zentralen Einwände der Witwe – die Frage der Handschrift und die Frage der Testierfähigkeit – genau zu prüfen.

Stammte das Testament wirklich von der Hand des Verstorbenen?

Die erste große Frage war die Echtheit des Testaments. Hatte der verstorbene Mann das Dokument wirklich selbst geschrieben und unterschrieben? Um dies zu klären, beauftragte das Gericht einen Schriftsachverständigen, also einen Experten für Handschriftenanalyse.

Dieser Gutachter untersuchte das Testament akribisch. Er kam zu der Überzeugung, dass es sich um eine sogenannte primäre Schreibleistung handelte – also, dass der Text direkt und eigenständig vom Erblasser verfasst wurde und nicht etwa abgepaust oder nachgeahmt worden war. Der Sachverständige identifizierte zahlreiche Übereinstimmungen zwischen der Schrift auf dem Testament und bekannten Schriftproben des Verstorbenen. Dazu gehörten die Genauigkeit und die leichte Unregelmäßigkeit der Zeilenführung, eine leichte Rechtsneigung der Schrift, die Schriftgröße und die Größenverhältnisse der einzelnen Buchstaben, aber auch die Schulform und der Grad der Verbindung von Zeichen.

Aufgrund dieser detaillierten Analyse gelangte der Sachverständige zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit extrem hoch war, dass sowohl der Text als auch die Unterschrift des Testaments tatsächlich vom Erblasser stammten. Die Annahme, dass eine andere Person das Testament geschrieben haben könnte, schätzte der Experte als äußerst unwahrscheinlich ein. Das Gericht schloss sich dieser überzeugenden und nachvollziehbar begründeten Einschätzung an und sah damit den ersten Einwand der Witwe als widerlegt an: Das Testament war, so die richterliche Feststellung, tatsächlich vom Erblasser selbst verfasst worden.

War der verstorbene Mann überhaupt noch fähig, einen letzten Willen zu äußern?

Die zweite, noch entscheidendere Frage war die der Testierfähigkeit: Konnte der verstorbene Mann trotz seiner schweren Erkrankung, eines bösartigen Gehirntumors, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 10. Juni 2021 noch seinen freien Willen bilden und formulieren?

Die Witwe und anfangs auch die Tochter hatten argumentiert, die Krankheit habe ihn so stark beeinträchtigt, dass er dazu nicht mehr in der Lage gewesen sei. Das Gericht jedoch hatte daran keine Zweifel und sah auch keinen Anlass, ein zusätzliches medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Es befand, dass die vorliegenden ärztlichen Auskünfte ausreichten und die Einwände der Witwe keine verlässlichen Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit darlegten.

Besonders ausschlaggebend waren für das Gericht die Feststellungen des behandelnden Arztes und Palliativmediziners, bei dem der Erblasser mehrfach persönlich vorstellig gewesen war. Dieser Arzt kannte den Erblasser gut und hatte seine kognitive Situation, also seine geistige Verfassung, sehr genau untersucht. Er stellte fest, dass der Erblasser seine Lebenssituation einschätzen und seinen Willen frei formulieren konnte.

Das Gericht stützte sich dabei auf mehrere Punkte:

  • Klinikumsauskunft: Obwohl eine frühere Anamnese des Klinikums ein fortschreitendes Verwirrtheitssyndrom erwähnte, beschrieb der Aufnahmebefund des Klinikums – der auf eigenen Feststellungen des behandelnden Personals beruhte und vom Gericht als wesentlich aussagekräftiger erachtet wurde – den Erblasser als „wach und voll orientiert“ zum Zeitpunkt der Aufnahme.
  • Behandelnder Arzt: Der behandelnde Palliativmediziner gab an, keinerlei Hinweise auf eine Unfähigkeit zur Willensbildung beim Erblasser gesehen zu haben. Er bestätigte, dass zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung keine Psychopharmaka oder Schmerzmittel verabreicht wurden, die die Kognition beeinträchtigen könnten. Im Gegenteil, ein verabreichtes Medikament, Dexamethason, diente gerade dazu, Hirndruck zu vermeiden und somit die geistige Klarheit zu erhalten.
  • Betreuungsverfahren: Acht Tage nach der Testamentserrichtung hatte auch ein anderes Gericht in einem Betreuungsverfahren den Erblasser als geschäftsfähig eingestuft und festgestellt, dass er in der Lage war, eine Person seines Vertrauens rechtlich zu bevollmächtigen. Dies untermauerte die Schlussfolgerung des Nachlassgerichts, dass der Erblasser zu diesem Zeitpunkt sehr wohl in der Lage war, seinen Willen zu äußern.

Das Gericht verwies auch darauf, dass ein Gehirntumor allein nicht zwingend auf kognitive Beeinträchtigungen schließen lässt. Die von der Witwe geschilderten Verhaltensweisen des Erblassers, die auf Verwirrtheit hindeuten sollten, wurden der damals noch unbehandelten Krankheit zugeordnet, nicht aber dem Zeitpunkt der Testamentserrichtung, zu dem der Erblasser nach den überzeugenden Aussagen seines behandelnden Arztes voll testierfähig war. Auch das Argument eines Alkoholmissbrauchs wurde verworfen, da keinerlei Hinweise aus den ärztlichen Auskünften hervorgingen und dies ohnehin nicht zwingend einen Rückschluss auf die Testierfähigkeit zulassen würde.

Angesichts dieser klaren und übereinstimmenden ärztlichen Befunde sah das Gericht die Testierfähigkeit des Erblassers als erwiesen an. Die Einwände der Witwe und der Tochter wurden auch in diesem Punkt zurückgewiesen.

Wer musste die Kosten des Verfahrens tragen und warum?

Nachdem das Gericht die Gültigkeit des Testaments und die Testierfähigkeit des Erblassers festgestellt hatte, stand die Frage der Verfahrenskosten im Raum. Das Gericht entschied, dass die Witwe vier Fünftel der Kosten des Verfahrens tragen muss, während die Tochter ein Fünftel zu tragen hatte. Die Kosten für den ursprünglichen Erbscheinsantrag der antragstellenden Frau musste diese selbst übernehmen.

Das Gericht hatte den starken Eindruck, dass die Witwe ihre Einwände nicht aus echten Zweifeln erhoben hatte, sondern aus verfahrensfremden Motiven, die mit persönlichen Differenzen zur Familie der antragstellenden Frau zusammenhingen. Dieser Eindruck verstärkte sich durch den Inhalt der Gerichtsakten, in denen auch ein früheres Zivilverfahren um den Beisetzungsort des Erblassers und mehrere Strafanzeigen der Witwe gegen Angehörige der Familie der Antragstellerin vermerkt waren. In der mündlichen Verhandlung trat die Witwe zudem als sehr bestimmt, eigensinnig und der Gegenseite gegenüber äußerst abgeneigt auf. Ihr Verhalten machte umfangreiche und kostspielige Beweiserhebungen, wie das graphologische Gutachten und zahlreiche ärztliche Auskünfte, überhaupt erst notwendig. Das Gericht hielt es für angemessen, ihr den wesentlichen Teil der Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie ihre erfolglosen Einwände wahrscheinlich sogar wider besseres Wissen erhoben hatte.

Die Tochter des Erblassers musste ebenfalls einen Teil der Kosten tragen, da ihr eine fahrlässige Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt zur Last gelegt wurde. Sie hatte angegeben, erst durch das Schreiben des Gerichts vom Tod ihres Vaters erfahren zu haben und hatte offensichtlich lange Zeit keinen Kontakt zu ihm gehabt. Dem Gericht erschloss sich nicht, wie sie sich unter diesen Umständen den Einwänden der Witwe ohne eigene Prüfung anschließen konnte. Dieses fahrlässige Verhalten trug mit zur Einleitung des aufwendigen und kostenintensiven Beweiserhebungsverfahrens bei. Auch die spätere Rücknahme ihrer Einwände änderte nichts an dieser Mitverursachung. Eine gemeinsame Haftung für die Kosten verneinte das Gericht, da keine Hinweise auf einen gemeinsamen Plan vorlagen.

Die Urteilslogik

Gerichte prüfen die Gültigkeit eines Testaments streng, indem sie die Echtheit der Handschrift und die volle Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung akribisch klären.

  • Testierfähigkeit wird vermutet: Ein Mensch gilt als testierfähig, solange seine Unfähigkeit zur Willensbildung nicht zweifelsfrei und lückenlos nachgewiesen ist; eine schwere Krankheit allein beweist dies nicht.
  • Echtheit der Handschrift bestimmt die Gültigkeit: Die Authentizität eines handschriftlichen Testaments bestätigt ein Gericht durch genaue Schriftvergleiche und expertengestützte Analysen.
  • Verfahrenskosten spiegeln Verhaltensursachen wider: Parteien, die umfangreiche und kostspielige Beweiserhebungen durch unbelegte oder motivationsfremde Einwände verursachen, tragen die Verfahrenskosten.

Gerichte stellen sicher, dass der letzte Wille eines Menschen respektiert wird und schützen zugleich vor missbräuchlichen oder leichtfertigen Anfechtungen.


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Das Urteil in der Praxis

Wer ein Testament anfechten will, nur weil es ihm nicht passt, spielt mit dem Feuer – und das kann teuer werden. Dieses Urteil unterstreicht gnadenlos: Die Hürden für die Anfechtung der Testierfähigkeit sind selbst bei schwersten Erkrankungen extrem hoch; entscheidend ist der konkrete Geisteszustand zum Zeitpunkt der Errichtung, nicht die Diagnose an sich. Besonders bemerkenswert ist die knallharte Kostenentscheidung, die zeigt, dass Gerichte nicht zögern, Klägern, deren Motive eher persönlichen Animositäten als echten Zweifeln entspringen, die volle finanzielle Last aufzubürden. Das ist eine klare Ansage an alle, die Prozessrecht als Werkzeug für persönliche Vendetten missbrauchen wollen.


Das Bild zeigt auf der linken Seite einen großen Text mit "ERBRECHT FAQ Häufig gestellte Fragen" vor einem roten Hintergrund. Auf der rechten Seite sind eine Waage, eine Schriftrolle mit dem Wort "Testament", ein Buch mit der Aufschrift "BGB", eine Taschenuhr und eine Perlenkette zu sehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann gilt eine Person als testierunfähig und wie wird dies rechtlich festgestellt?

Eine Person gilt dann als testierunfähig, wenn ihre freie Willensbildung aufgrund einer geistigen Störung vollständig ausgeschlossen war. Grundsätzlich geht man davon aus, dass ein Mensch testierfähig ist. Eine Störung der Geistestätigkeit, die diese Fähigkeit ausschließt, stellt eine Ausnahme dar und muss lückenlos bewiesen werden.

Man kann es sich so vorstellen: Allein das Vorhandensein einer Krankheit, die die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen könnte, reicht nicht aus, um Testierunfähigkeit zu vermuten. Es muss zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der freie Wille einer Person zum maßgeblichen Zeitpunkt der Testamentserrichtung vollständig fehlte.

Die rechtliche Feststellung erfolgt durch eine genaue Prüfung aller relevanten Tatsachen durch das zuständige Gericht. Ärztliche Auskünfte und Gutachten spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Der behandelnde Arzt kann wichtige Hinweise zur kognitiven Verfassung des Erblassers geben. Selbst für Menschen, die unter Betreuung stehen, gilt die Testierfähigkeit, solange ihre Unfähigkeit nicht zweifelsfrei bewiesen ist.

Diese strengen Anforderungen schützen die Selbstbestimmung des Einzelnen und gewährleisten, dass der letzte Wille eines Menschen nur in Ausnahmefällen angezweifelt werden kann.


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Wie wird die Echtheit eines handschriftlichen Testaments im Streitfall überprüft?

Die Echtheit eines handschriftlichen Testaments wird im Streitfall durch einen Schriftsachverständigen überprüft. Dieser Experte analysiert das Dokument sehr detailliert, um festzustellen, ob es wirklich vom mutmaßlichen Verfasser stammt.

Man kann sich das wie bei einem Detektiv vorstellen, der Fingerabdrücke am Tatort mit bekannten Abdrücken eines Verdächtigen vergleicht. Auch der Schriftsachverständige gleicht das strittige Testament akribisch mit zweifelsfrei echten Schriftproben des Erblassers ab.

Dabei untersucht der Experte zahlreiche individuelle Schriftmerkmale. Dazu gehören die Genauigkeit und eventuelle Unregelmäßigkeit der Zeilenführung, die Neigung der Schrift, die Schriftgröße und die Größenverhältnisse der einzelnen Buchstaben, sowie die Schulform und der Grad der Verbindung von Zeichen.

Ziel dieser genauen Analyse ist es, eine „primäre Schreibleistung“ des Erblassers zu identifizieren. Das bedeutet, es soll ausgeschlossen werden, dass das Testament eine Fälschung oder Nachahmung ist. Die Ergebnisse dieses Gutachtens sind für das Gericht in der Regel entscheidend.

Dieses Verfahren schützt das Erbrecht und stellt sicher, dass der tatsächliche Wille des Verstorbenen respektiert wird.


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Welche wesentlichen rechtlichen Gründe können die Gültigkeit eines Testaments infrage stellen?

Die Gültigkeit eines Testaments kann hauptsächlich infrage gestellt werden, wenn Zweifel an der geistigen Fähigkeit des Erblassers zur Testamentserrichtung bestehen oder wenn die Echtheit des Dokuments nicht gesichert ist. Auch erhebliche Formfehler, wie eine fehlende eigenhändige Unterschrift bei einem handschriftlichen Testament, können zur Ungültigkeit führen.

Stellen Sie sich vor, man möchte sicherstellen, dass ein wichtiges persönliches Schreiben wirklich vom angegebenen Verfasser stammt und dieser auch wirklich verstanden hat, was er niedergeschrieben hat. Bloße Behauptungen reichen hier nicht aus. Für eine erfolgreiche Anfechtung müssen vielmehr strenge Beweise vorliegen.

Ein zentraler Grund ist die sogenannte mangelnde Testierfähigkeit. Dies bedeutet, dass der Verfasser des Testaments zum Zeitpunkt der Erstellung nicht in der Lage war, seinen Willen frei zu bilden oder die Bedeutung seiner Anordnung zu erfassen. Selbst bei einer Krankheit wird die Testierfähigkeit grundsätzlich angenommen, es sei denn, das Gegenteil ist zweifelsfrei nachgewiesen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die fehlende Echtheit oder Authentizität des Testaments. Hier wird geprüft, ob das Dokument tatsächlich eigenhändig vom Erblasser verfasst und unterschrieben wurde.

Gerichte prüfen diese Einwände umfassend und ziehen dabei häufig Gutachten von Sachverständigen heran, um die Wahrheit zu ermitteln und das Vertrauen in die Gültigkeit letzter Verfügungen zu schützen.


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Welche Aufgaben hat ein Nachlassgericht bei der Prüfung eines Testaments?

Die zentrale Aufgabe eines Nachlassgerichts bei der Prüfung eines Testaments ist es, dessen Gültigkeit umfassend zu ermitteln, insbesondere wenn Zweifel oder Anfechtungen vorliegen. Dabei handelt das Gericht nach dem sogenannten Amtsermittlungsgrundsatz: Es ist nicht nur auf die Argumente der beteiligten Parteien angewiesen, sondern muss von sich aus alle notwendigen Tatsachen sammeln, wenn es objektive Anhaltspunkte für die Ungültigkeit eines Testaments gibt.

Man kann sich das Gericht wie einen neutralen Ermittler vorstellen, der wie ein Schiedsrichter bei einem Spiel nicht nur den Spielern zuhört, sondern selbst aktiv Beweise sammelt, um eine faire und regelkonforme Entscheidung zu treffen.

Das Gericht orientiert sich dabei an klaren rechtlichen Grundsätzen. Beispielsweise wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass eine Person testierfähig ist, also in der Lage, einen gültigen letzten Willen zu verfassen. Eine Testierunfähigkeit ist die Ausnahme und muss lückenlos nachgewiesen werden. Das Gericht kann konkrete Schritte unternehmen, um die Sachlage zu klären. Dazu gehört das Einholen von ärztlichen Auskünften, die Anordnung medizinischer Gutachten oder von Gutachten eines Schriftsachverständigen, um beispielsweise die Echtheit der Handschrift zu prüfen.

Dieser umfassende Prüfungsprozess sichert eine gerechte und rechtlich fundierte Entscheidung über den letzten Willen eines Verstorbenen.


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Welche finanziellen Risiken sind mit einer Testamentsanfechtung verbunden?

Eine Testamentsanfechtung kann für die anfechtende Partei erhebliche finanzielle Risiken bergen, besonders wenn die Einwände gegen das Testament nicht erfolgreich sind oder diese auf unzureichender Grundlage erhoben werden. In solchen Fällen kann die anfechtende Partei einen großen Teil der Verfahrenskosten selbst tragen müssen.

Man kann dies mit einem Verkehrsteilnehmer vergleichen, der einen Unfall verursacht und dann versucht, die Schuld abzustreiten, obwohl die Beweise klar gegen ihn sprechen. Die dadurch nötig werdenden, weiteren Ermittlungen oder Gutachten muss er am Ende selbst zahlen.

Die finanzielle Belastung entsteht insbesondere durch umfangreiche Beweiserhebungen, die das Gericht anordnet. Dazu zählen beispielsweise kostspielige Sachverständigengutachten, wie Gutachten zur Handschrift, oder die Einholung umfangreicher ärztlicher Auskünfte, um die Fähigkeit des Erblassers zur Willensbildung (Testierfähigkeit) zu prüfen.

Das Gericht kann die Kostenlast auch nach dem Verhalten der Parteien bemessen. Erhebt eine Partei Einwände mutwillig oder fahrlässig und lösen diese dadurch aufwendige und teure Verfahrensschritte aus, kann dies dazu führen, dass die anfechtende Partei einen Großteil der anfallenden Verfahrenskosten selbst tragen muss. Dies gilt auch, wenn Bedenken ohne eigene Prüfung übernommen und so unnötige Ermittlungen ausgelöst werden.

Diese Regelung soll sicherstellen, dass Anfechtungen nur mit stichhaltigen Gründen und nach sorgfältiger Abwägung der Risiken erfolgen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Amtsermittlungsgrundsatz

Der Amtsermittlungsgrundsatz besagt, dass ein Gericht in bestimmten Verfahrenstypen, wie Erbsachen, von sich aus alle notwendigen Fakten sammeln muss, um die Wahrheit zu finden, und sich nicht nur auf die Angaben der Parteien verlassen darf. Dieses Prinzip stellt sicher, dass das Gericht eine umfassende und gerechte Entscheidung treffen kann, insbesondere wenn es um sensible Angelegenheiten wie den letzten Willen eines Verstorbenen geht. Es dient dem Schutz der Rechtssicherheit und der Ermittlung der objektiven Wahrheit.

Beispiel: Im vorliegenden Fall musste das Nachlassgericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes von sich aus umfassend ermitteln und Beweise sammeln, wie das graphologische Gutachten zur Handschrift und die ärztlichen Auskünfte zur Testierfähigkeit, obwohl die Witwe die Einwände erhoben hatte.

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Echtheit des Testaments

Die Echtheit eines Testaments bezieht sich auf die Frage, ob das handschriftliche Dokument tatsächlich vom Erblasser selbst verfasst und unterschrieben wurde und nicht eine Fälschung oder Nachahmung ist. Diese Prüfung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass der letzte Wille eines Menschen unverfälscht und authentisch ist und das Erbe wirklich nach den Wünschen des Verstorbenen verteilt wird. Besonders bei handschriftlichen Testamenten ist dies eine wichtige Absicherung.

Beispiel: Das Nachlassgericht beauftragte einen Schriftsachverständigen, um die Echtheit des handschriftlichen Testaments des Familienvaters zu prüfen, da die Witwe behauptete, es sei nicht von seiner Hand geschrieben worden.

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Erblasser

Als Erblasser wird in der juristischen Fachsprache die Person bezeichnet, die verstorben ist und deren Vermögen (der Nachlass) auf die Erben übergeht. Dieser Begriff ist wichtig, um klar zwischen dem Verstorbenen und den potenziellen Erben zu unterscheiden und die Rolle der Person zu benennen, die ihren letzten Willen in einem Testament festgehalten hat oder deren Vermögen nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt wird.

Beispiel: Im Artikel ist der verstorbene Familienvater der Erblasser; sein handschriftliches Testament wies eine andere Frau als seine Ehefrau als Alleinerbin aus, was den Familienstreit auslöste.

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Kostenlast im Erbscheinsverfahren

Die Kostenlast im Erbscheinsverfahren regelt, wer die finanziellen Aufwendungen für das gerichtliche Verfahren zur Klärung der Erbfolge zu tragen hat, insbesondere wenn Streitigkeiten entstehen oder Einwände erhoben werden. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Parteien ihre Einwände nur mit triftigen Gründen und nicht aus mutwilligen oder unüberlegten Motiven erheben, da sie sonst für die dadurch verursachten Mehrkosten haften müssen. Es dient der Verfahrensökonomie und der gerechten Verteilung der Prozessrisiken.

Beispiel: Die Witwe musste vier Fünftel der Kosten des Erbscheinsverfahrens tragen, weil das Gericht den Eindruck hatte, dass ihre Einwände gegen das Testament aus persönlichen, verfahrensfremden Motiven erhoben wurden und umfangreiche und kostspielige Beweiserhebungen nötig machten.

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Testierfähigkeit

Testierfähigkeit ist die juristische Fähigkeit einer Person, ein gültiges Testament zu errichten, das heißt, ihren letzten Willen frei und selbstbestimmt zu bilden und dessen Bedeutung zu verstehen. Sie ist eine grundlegende Voraussetzung für die Gültigkeit eines Testaments, denn nur so kann sichergestellt werden, dass der erklärte Wille des Erblassers auch wirklich sein eigener, bewusster Wille war und er die Tragweite seiner Entscheidungen über sein Erbe erfassen konnte. Es schützt vor Verfügungen, die unter Zwang, im Zustand der Verwirrtheit oder ohne vollständiges Verständnis getroffen wurden.

Beispiel: Die Witwe bestritt die Testierfähigkeit des verstorbenen Familienvaters zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und argumentierte, er sei aufgrund eines Gehirntumors nicht in der Lage gewesen, einen gültigen letzten Willen zu formulieren.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Testierfähigkeit (§ 2229 Abs. 4 BGB)
    Nur wer zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung geistig in der Lage ist, die Bedeutung seiner Anordnungen zu erkennen und seinen Willen frei zu bilden, kann ein gültiges Testament verfassen.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Witwe bestritt, dass der verstorbene Ehemann aufgrund seines Gehirntumors zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch testierfähig war, doch das Gericht bestätigte seine Fähigkeit, seinen Willen frei zu bilden.
  • Eigenhändiges Testament (§ 2247 Abs. 1 BGB)
    Ein handschriftliches Testament ist nur gültig, wenn es vom Erblasser persönlich, vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben wurde.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Witwe zweifelte die Echtheit der Handschrift an, aber ein Sachverständigengutachten bestätigte, dass das Testament tatsächlich vom Erblasser selbst geschrieben und unterschrieben wurde.
  • Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG)
    Das Gericht ist verpflichtet, alle notwendigen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Nachlassgericht musste aufgrund der Zweifel an der Testamentsgültigkeit von sich aus umfangreiche Ermittlungen, wie die Beauftragung eines Schriftsachverständigen und die Einholung ärztlicher Auskünfte, durchführen.
  • Kostenentscheidung (§ 81 FamFG)
    Das Gericht kann die Kosten eines Verfahrens nach billigem Ermessen auf die Beteiligten verteilen, insbesondere unter Berücksichtigung des Erfolges der Anträge und des Verhaltens der Beteiligten.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht legte der Witwe und der Tochter einen Großteil der Verfahrenskosten auf, weil ihre Einwände die aufwendige Beweiserhebung notwendig machten und die Witwe möglicherweise sogar wider besseres Wissen handelte.

Das vorliegende Urteil


AG Nördlingen – Az.: VI 999/21 – Beschluss vom 30.10.2023


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