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Testament – Wann liegt Testierunfähigkeit vor?

Testamentarische Echtheit und Testierfähigkeit: Ein Blick auf den Fall des OLG Köln

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte sich mit einem komplexen erbrechtlichen Fall zu befassen, in dem es um die Echtheit eines Testaments und die Testierfähigkeit des Erblassers ging.

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Streit um die Echtheit des Testaments

Herr A, der Erblasser, verstarb im Jahr 2017. Ein handgeschriebenes Testament aus dem Jahr 2010 setzte seine Nichte als Alleinerbin ein und schloss seine beiden Kinder von der gesetzlichen Erbfolge aus. Eines der Kinder, der Beteiligte zu 2), zweifelte die Echtheit des Testaments an. Er argumentierte, dass die Unterschrift auf dem Testament nicht der typischen Unterschrift des Erblassers entsprach. Zudem vermutete er, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung möglicherweise aufgrund von Medikamenten nicht testierfähig war.

Medikamenteneinfluss und Testierfähigkeit

Ein zentrales Argument des Beteiligten zu 2) war, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung unter dem Einfluss von Medikamenten stand, die seine Testierfähigkeit beeinflussen könnten. Er verwies auf die Einnahme von Tilidin und Gabapentin nach einer Beinamputation im Jahr 2006. Das Nachlassgericht holte Stellungnahmen der behandelnden Ärzte ein, um Klarheit über den geistigen Zustand des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu erhalten.

Entscheidung des Nachlassgerichts und Beschwerde

Das Nachlassgericht kam zu dem Schluss, dass das Testament vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben wurde. Der Beteiligte zu 2) legte jedoch Beschwerde ein und forderte weitere Untersuchungen, insbesondere die Vorlage von Schriftproben an einen Sachverständigen und weitere Ermittlungen zur Testierfähigkeit.

OLG Köln bestätigt die Entscheidung des Nachlassgerichts

Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts. Es wurde festgestellt, dass die Echtheit des Testaments durch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme eines Sachverständigen bestätigt wurde. Bezüglich der Testierfähigkeit wies das OLG darauf hin, dass ein Erblasser als testierfähig angesehen wird, solange seine Testierunfähigkeit nicht zur vollen Gewissheit des Gerichts feststeht. Es gab keine Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Erblassers oder andere Beeinträchtigungen, die seine Testierfähigkeit in Frage stellen könnten.

Abschließende Anmerkungen und Kostenentscheidung

Das OLG entschied, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens vom Beteiligten zu 2) zu tragen sind. Zudem wurde festgestellt, dass keine Rechtsbeschwerde zuzulassen ist, da die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Schließlich wurden die Beteiligten aufgefordert, Angaben zum Wert des Nachlasses zu machen und diese durch entsprechende Unterlagen zu belegen.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: 2 Wx 13/20 – Beschluss vom 20.01.2020

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 11.01.2019 gegen den am 06.12.2018 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Köln, 34 VI 666/17, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen D hat der Beteiligte zu 2) zu tragen.

Gründe

I.

Am xx.xx.2017 ist Herr A (im Folgenden: Erblasser) verstorben. Er war verwitwet. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind seine Kinder, die Beteiligte zu 1) seine Nichte.

Am 01.12.2017 hat das Nachlassgericht ein handgeschriebenes und mit „A“ unterschriebenes Testament vom 30.08.2010 eröffnet, in dem die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin eingesetzt und die Beteiligten zu 2) und 3) von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen worden sind (Bl. 40 d. Testamentsakte 34 IV 390/17). Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Testaments Bezug genommen.

Am 18.12.2017 hat die Beteiligte zu 1) zur Niederschrift des Nachlassgerichts beantragt, ihr einen Alleinerbschein zu erteilen. Zur Begründung hat sie sich auf das Testament vom 30.08.2010 gestützt und vorgetragen, dass das Testament vom Erblasser geschrieben und unterschrieben worden sei.

Der Beteiligte zu 2) ist dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) entgegengetreten. Er hat vorgetragen, dass das Schriftstück vom 30.08.2010 nicht vom Erblasser stamme, jedenfalls nicht von ihm unterschrieben worden sei. Der Erblasser habe immer mit vollem Namen „A“ unterschrieben. Die Buchstaben „L“ und „i“ habe der Erblasser immer deutlich ausgeschrieben, anders als bei der Unterschrift auf dem Schriftstück vom 30.08.2010. Er habe auch immer ein deutliches „o“ geschrieben, in der Unterschrift sei aber nur ein „e“ zu erkennen. Zudem bestehe die „dringende Möglichkeit“, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Der Erblasser habe nach einer Beinamputation im Jahr 2006 ständig starke Schmerzen gehabt. Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung habe er unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden, und zwar Tilidin und Gabapentin. Diese Medikamente seien geeignet, die Testierfähigkeit zu beeinflussen.

Das Nachlassgericht hat zur geistigen Verfassung des Erblassers bei Errichtung des Testaments vom 30.08.2010 schriftliche Stellungnahmen der behandelnden Ärzte des Erblassers, Herrn B (Bl. 83 ff. d.A.) und Herrn C (Bl. 93 d.A.), eingeholt.

Durch am 06.12.2018 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Alleinerbscheins erforderlich sind, für festgestellt erachtet (Bl. 105 ff. d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es davon überzeugt sei, dass das Testament vom 30.08.2010 vom Erblasser handschriftlich abgefasst und auch unterschrieben worden sein. Für die vom Beteiligten zu 2) behauptete Testierunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des am 06.12.2018 erlassenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen dem Beteiligten zu 2) am 13.12.2018 zugestellten Beschluss hat dieser mit am Montag, den 14.01.2019 beim Amtsgericht Köln eingegangenen Schriftsatz vom 11.01.2019 Beschwerde eingelegt (Bl. 123 f. d.A.) und mit Schriftsatz vom 25.01.2019 (Bl. 126 ff. d.A.) beantragt, den Beschluss vom 06.12.2018 aufzuheben und einen Erbschein zu erteilen, der ihn und die Beteiligte zu 3) als gesetzliche Erben zu je ½-Anteil ausweist. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Nachlassgericht den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe. Schriftproben seien im Wesentlichen nur von der Beteiligten zu 1) eingereicht worden. Das Nachlassgericht habe sich nicht bemüht, Schriftproben auch woanders beizuziehen. Die vorhandenen Schriftproben hätten einem Sachverständigen vorgelegt werden müssen. Es hätten weitere Ermittlungen zur Testierunfähigkeit durchgeführt werden müssen. Es hätten Auskünfte bei den verschiedenen Kliniken, in denen sich der Erblasser in der Zeit von 2006 bis zu seinem Tod aufgehalten habe, eingeholt werden müssen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Beteiligten zu 2) wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 25.01.2019 Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1) hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt (Bl. 125 d.A.) und ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 28.02.2019, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, entgegengetreten (Bl. 144 ff. d.A.).

Die Beteiligte zu 3) ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 19.03.2019 ebenfalls entgegengetreten (Bl. 150 f. d.A.).

Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 06.06.2019 hat das Nachlassgericht Beweis erhoben über die Frage, ob das Testament vom 30.08.2010 vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben worden ist, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 239 d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens der D vom 01.10.2019 (Bl. 261 ff. d.A.) und ihre ergänzende Stellungnahme vom 19.11.2019 (Bl. 336 ff. d.A.) Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 03.01.2020 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 351 ff. d.A.).

II.

Soweit der Beteiligte zu 2) mit der Beschwerde beantragt hat, einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 2) und 3) als gesetzliche Erben zu je ½-Anteil, ausweist, bestehen bereits Bedenken, ob die Beschwerde insoweit zulässig ist. Denn ein Antrag auf Erteilung eines Erbscheins ist beim örtlich zuständigen Nachlassgericht zu stellen und nicht – erstmals – beim Beschwerdegericht (Keidel/Zimmermann, 19. Aufl. 2017, § 352 Rn. 12 m.w.N.). Hier hatte der Beteiligte zu 2) beim Nachlassgericht Köln keinen Erbscheinsantrag gestellt. Er hat im Schreiben vom 01.12.2017 (Bl. 10 d.A.) lediglich ausgeführt, dass er „beim Oberlandesgericht Köln einen Erbschein beantrage“. Unabhängig davon erfüllt der mit der Beschwerde gestellte Erbscheinsantrag nicht die gesetzlichen Voraussetzungen, weil (zumindest) die eidesstattliche Versicherung gem. § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG fehlt.

Ob die Beschwerde – insgesamt – zulässig ist, kann letztlich aber offen bleiben, weil die Beschwerde jedenfalls in der Sache insgesamt keinen Erfolg hat.

Das Nachlassgericht hat die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Alleinerbscheins erforderlich sind, zu Recht für festgestellt erachtet. Zudem ist ein – etwa zulässiger – Antrag des Beteiligten zu 2) auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn und die Beteiligte zu 3) als gesetzliche Erben zu je ½-Anteil ausweist, jedenfalls unbegründet. Denn die Erbfolge nach dem Erblasser richtet sich nach dem Testament vom 30.08.2010, durch das er die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin eingesetzt hat.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass der Erblasser das Testament vom 30.08.2010 geschrieben und unterschrieben hat. Insoweit schließt sich der Senat den überzeugenden Ausführungen des Nachlassgerichts in der Nichtabhilfeentscheidung vom 03.01.2020 vollumfänglich an. Der Beweis der Echtheit ist durch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen D sowie die weiteren vom Nachlassgericht aufgeführten Umstände, die für die Echtheit des Testaments sprechen, erbracht. Die Einwände des Beschwerdeführers gegen die Echtheit des Testaments hatte das Nachlassgericht schon in der angefochtenen Entscheidung überzeugend ausgeräumt. Durch das im Abhilfeverfahren eingeholte Gutachten ist diese Einschätzung bestätigt worden.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 30.08.2010 gem. § 2229 Abs. 4 BGB testierunfähig gewesen ist. Wie schon das Nachlassgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, ist ein Erblasser solange als testierfähig anzusehen, als nicht seine Testierunfähigkeit zur vollen Gewissheit des Gerichts feststeht. Bei bloßen Zweifeln muss von der Testierfähigkeit ausgegangen werden. Es besteht auch kein Grund, weitere Ermittlungen bezüglich der Testierfähigkeit anzustellen. Zwar hat das Gericht die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen Ermittlungen gem. § 26 FamFG von Amts wegen durchzuführen. Allerdings gilt dies nur für erforderliche Ermittlungen. Es besteht keine Amtsermittlungspflicht „ins Blaue“ hinein (Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 26 Rn. 17 m.w.N.). Es reicht daher nicht, dass eine Testierunfähigkeit nur pauschal behauptet wird, ohne dass hierfür ausreichende Anhaltspunkte vorliegen. Hier liegen keine Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Erblassers vor. Es werden auch keine auffälligen Verhaltensweisen oder Besonderheiten im geistig-seelischen Bereich aufgezeigt. Auch der vom Beteiligten zu 2) vorgetragene Krankheitsverlauf des Erblassers, der im Wesentlichen die Zeit nach Errichtung des Testaments vom 30.08.2010 betrifft, gibt keinen Anhalt für psychische Beeinträchtigungen des Erblassers. Hierfür sprechen weder die Beinamputation noch die Prostatakrebserkrankung. Die Behauptung, die Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten hätten zur Testierunfähigkeit des Erblassers geführt, erfolgt offensichtlich „ins Blaue“ hinein. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Erblasser solche Medikamente zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments tatsächlich auch eingenommen hat, unabhängig davon, ob ihm solche Medikamente verschrieben worden sind. Der Senat schließt sich daher den Ausführungen des Nachlassgerichts an, dass hier keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen ersichtlich sind und der Erblasser im Zweifel testierfähig war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

IV.

Die Beteiligten werden aufgefordert, binnen 2 Wochen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses Angaben zum Wert des Nachlasses zu machen und diese Angaben durch aussagekräftige Unterlagen zu belegen.

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