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Testamentsauslegung hinsichtlich der Einsetzung der Erben

Erbstreit um mehrdeutiges Testament bringt Oberlandesgericht auf den Plan: Ehefrau erhält dank Zugewinngemeinschaft die Hälfte des Nachlasses. Erblasser hatte Firmenanteile Tochter zugedacht, doch das Gericht legte den letzten Willen als Einsetzung nach gesetzlichen Erbquoten aus.

➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Wx 43/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Das Gericht hatte zu entscheiden, wie die Erbanteile gemäß dem Testament des Verstorbenen aufgeteilt werden sollten.
  • Der Verstorbene hinterließ ein privatschriftliches Testament, in dem er bestimmte, dass seine Anteile an den H. Gesellschaften an seine Tochter K. D. gehen sollen.
  • Es bestand Streit darüber, ob diese Anteile als Erbeinsetzung oder als Vermächtnis anzusehen sind und wie der restliche Nachlass aufgeteilt werden sollte.
  • Die Erbfolge und die Höhe der Anteile waren unklar, insbesondere wegen eines Ehevertrags mit der dritten Ehefrau des Erblassers.
  • Das Nachlassgericht hatte die ursprünglichen Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) auf gemeinschaftlichen Erbschein zurückgewiesen.
  • Die Beschwerde der dritten Ehefrau führte zur Abänderung des Beschlusses des Nachlassgerichts.
  • Das Gericht entschied, dass die Erbanteile entsprechend der gesetzlichen Erbfolge, modifiziert durch das Testament, verteilt werden.
  • Es wurde festgestellt, dass die dritte Ehefrau einen Erbanteil von einem Halb erhält, was vom Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) abwich.
  • Das Gericht berücksichtigte die enge Verbindung der Eheleute zum deutschen Recht und die spezifischen Regelungen des Ehevertrags.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung klarer Formulierungen im Testament und die Berücksichtigung internationaler Eheschließungen bei der Testamentsauslegung.

Testamentauslegung: Wenn Unklarheit zu Erbstreit führt

Das Testament ist ein wichtiger Teil der Nachlassplanung, bei der der Erblasser frei über sein Vermögen verfügen kann. Doch was geschieht, wenn die Formulierungen im Testament unklar oder mehrdeutig sind? Wenn die Hinterbliebenen oder Erben sich nicht einig sind, wie das Testament auszulegen ist? In solchen Fällen kommt es oft zu Streitigkeiten und Rechtsstreiten.

Die Auslegung eines Testaments ist ein komplexes Rechtsgebiet, das juristische Fachkenntnisse erfordert. Doch auch Laien sollten wissen, wie sie ihr Testament so gestalten können, dass es später nicht zu Problemen kommt. Es gilt, die Formulierungen sorgfältig zu wählen und alle Eventualitäten zu bedenken.

Im Folgenden werden wir uns mit einem konkreten Fall beschäftigen, in dem ein Gerichtsurteil die Auslegung eines Testaments entschieden hat. Wir werden gemeinsam die Details dieses Falls analysieren  und die wichtigsten Aspekte der Testamentsauslegung hervorheben.

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✔ Der Fall vor dem Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt


Streit um die Erbquoten nach Testamentsauslegung

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hatte sich mit einem Erbstreit um die Auslegung eines Testaments und die sich daraus ergebenden Erbquoten zu befassen. Der Erblasser hinterließ ein privatschriftliches Testament, in dem er verfügte, dass seine „verbleiben Anteile an den H. Gesellschaften“ an seine Tochter K.D. überlassen werden sollen. „Wegen des großen Wertes der Firma“ solle „alles andere allein unter den verbleibenden Erben aufgeteilt werden.“

Strittig war insbesondere, ob der Erbanteil der Ehefrau des Erblassers nach § 1371 Abs. 1 BGB auf die Hälfte zu erhöhen ist. Dies hängt davon ab, ob für die Ehe der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft galt. Der Erblasser, deutscher Staatsangehöriger, und seine Ehefrau, thailändische Staatsangehörige, schlossen die Ehe 2010 in Thailand. Dort trafen sie auch eine Ehevereinbarung, die jedoch keine ausdrückliche Rechtswahl enthielt.

Ehegüterstatut nach Art. 15 EGBGB

Das Gericht stellte zunächst fest, dass mangels Rechtswahl für das Ehegüterstatut deutsches Recht gilt. Nach Art. 15 EGBGB ist das Recht des Staates anzuwenden, mit dem die Ehegatten bei Eheschließung am engsten verbunden waren. Das war hier Deutschland, da der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt weiterhin dort hatte und die Ehegatten planten, ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland zu begründen, was 2011 auch geschah.

Für die Ehe galt somit der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die in Thailand geschlossene Ehevereinbarung genügte nicht den Formerfordernissen eines Ehevertrags nach deutschem Recht. Der Zugewinnausgleich ist auch bei Beendigung der Ehe durch Tod zu berücksichtigen.

Erbeinsetzung nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge

Das Gericht legte das Testament so aus, dass der Erblasser seine Tochter K.D. und die übrigen gesetzlichen Erben (Ehefrau und weitere Kinder) zu den gesetzlichen Erbquoten als Erben einsetzte. Eine abweichende Erbquote für K.D. ließ sich dem Testament nicht entnehmen. Der große Wert der zugewendeten Firmenanteile sollte nur deren Erbanteil ausmachen, während der restliche Nachlass unter den übrigen Erben zu verteilen war.

Unter Anwendung des § 1371 BGB und der gesetzlichen Erbquoten ergaben sich folgende Erbanteile: Die Ehefrau erbte die Hälfte, die vier Kinder jeweils ein Achtel. Das Nachlassgericht hatte die für den beantragten gemeinschaftlichen Erbschein erforderlichen Tatsachen daher zu Unrecht festgestellt. Die Beschwerde der Ehefrau hatte Erfolg.

Das Urteil zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Formulierung letztwilliger Verfügungen ist, um Streit unter den Erben zu vermeiden. Gerade bei Ehen und Eheverträgen mit Auslandsbezug sind die erbrechtlichen Folgen genau zu prüfen. Eine individuelle Gestaltung der Erbquoten erfordert eindeutige Angaben im Testament. Im Zweifel wird auf die gesetzliche Erbfolge zurückgegriffen. Die erbrechtliche Stellung des überlebenden Ehegatten hängt zudem vom Güterstand ab. Ohne abweichende Vereinbarung gilt die Zugewinngemeinschaft, was zur Erhöhung des Erbteils führt.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Bei mehrdeutigen Testamenten wird im Zweifel auf die Regeln der gesetzlichen Erbfolge zurückgegriffen. Der Erbanteil des Ehegatten hängt vom Güterstand ab – bei Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil auf die Hälfte. Klarheit und Präzision in letztwilligen Verfügungen sind unerlässlich, um Erbstreitigkeiten zu vermeiden.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Testamentsauslegung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Was sind die häufigsten Fehler bei der Formulierung eines Testaments?

Hier sind die häufigsten Fehler bei der Formulierung eines Testaments in Bezug auf die Einsetzung der Erben:

  • Unklare Aufteilung des Vermögens: Häufig verwenden Erblasser schwammige Formulierungen wie „der Großteil meines Vermögens soll an XY gehen“. Solche Angaben sind zu unspezifisch und führen fast immer zu Streit unter den Erben. Es sollten stattdessen konkrete Quoten oder Gegenstände genannt werden, z.B. „Mein Sohn XY soll mein Haus in Z und 60% meines Bankguthabens erhalten“.
  • Widersprüchliche Verfügungen: Wenn an einer Stelle A als Alleinerbe eingesetzt, an anderer Stelle aber B als Erbe eines bestimmten Gegenstands genannt wird, ist unklar, was gelten soll. Solche Widersprüche müssen vermieden werden. Der Erblasser sollte klar festlegen, wer Erbe welchen Vermögensteils werden soll.
  • Fehlende Ersatzerben: Für den Fall, dass der eingesetzte Erbe vor dem Erblasser verstirbt, sollte immer ein Ersatzerbe bestimmt werden. Ansonsten fällt der Nachlass in die gesetzliche Erbfolge, was nicht immer dem Willen des Erblassers entspricht.
  • Unberücksichtigte gesetzliche Regelungen: Häufig werden Pflichtteilsansprüche von nahen Angehörigen nicht bedacht. Der Erblasser kann zwar Kinder oder Ehepartner enterben, ihnen steht aber der Pflichtteil zu. Dies sollte bei der Aufteilung des Erbes berücksichtigt werden, um Streit zu vermeiden.
  • Fehlende Teilungsanordnung: Wenn mehrere Erben eingesetzt werden, sollte geregelt sein, wie Vermögensgegenstände im Einzelnen verteilt werden. Fehlt eine solche Teilungsanordnung, müssen sich die Erben selbst einigen, was oft zu Konflikten führt.
  • Unklare Formulierungen: Der Erblasser sollte eindeutige Begriffe verwenden. Werden z.B. „Kinder“ als Erben eingesetzt, ist unklar, ob nur leibliche Kinder oder auch Adoptiv- und Stiefkinder gemeint sind. Hier empfiehlt es sich, die Erben namentlich zu benennen.

Um solche Fehler zu vermeiden, ist es ratsam, das Testament von einem im Erbrecht spezialisierten Anwalt oder Notar prüfen zu lassen. So lässt sich sicherstellen, dass der letzte Wille klar und eindeutig formuliert ist und dem geltenden Recht entspricht. Das erspart den Hinterbliebenen viel Streit und Unsicherheit bei der Umsetzung des Testaments.


Wie kann ich sicherstellen, dass mein Testament eindeutig ist?

Um sicherzustellen, dass ein Testament eindeutig ist und keine Missverständnisse aufkommen, sollten Erblasser bei der Formulierung ihres letzten Willens auf eine klare und juristisch präzise Sprache achten. Das beginnt schon bei der eindeutigen Bezeichnung der Erben. Werden mehrere Personen als Erben eingesetzt, empfiehlt es sich, deren vollständige Namen sowie Geburtsdaten anzugeben, um Verwechslungen auszuschließen.

Auch das zu vererbende Vermögen sollte möglichst genau beschrieben werden. Bei Immobilien bietet sich beispielsweise die Angabe von Flurstücknummern und Grundbuchblatt an. Bankkonten können mit Kontonummer und IBAN näher bezeichnet werden. So wird gewährleistet, dass die Erben später zweifelsfrei feststellen können, welche Vermögenswerte zum Nachlass gehören.

Wichtig ist zudem, juristische Fachbegriffe korrekt zu verwenden. Wer etwa den überlebenden Ehegatten und die gemeinsamen Kinder als Erben einsetzen möchte, sollte dies mit der Formulierung „zu gleichen Teilen“ tun. Der umgangssprachliche Ausdruck „zu gleichen Anteilen“ ist rechtlich nicht eindeutig definiert und kann zu Streitigkeiten führen.

Auch Bedingungen und Auflagen müssen unmissverständlich formuliert sein. Soll ein Erbe beispielsweise erst ausgezahlt werden, wenn der Begünstigte ein bestimmtes Alter erreicht hat, muss der genaue Zeitpunkt genannt werden. Unklare Angaben wie „wenn er erwachsen ist“ sind zu vermeiden.

Generell gilt: Je präziser und detaillierter die Formulierungen im Testament sind, desto geringer ist das Risiko von Auslegungsstreitigkeiten unter den Erben. Im Zweifel kann es sinnvoll sein, einen im Erbrecht versierten Anwalt oder Notar hinzuzuziehen, um ein juristisch einwandfreies Testament zu verfassen.


Welche gesetzlichen Regelungen müssen bei der Testamentsauslegung beachtet werden?

Bei der Auslegung eines Testaments sind verschiedene gesetzliche Regelungen zu beachten, die sich insbesondere auf die Einsetzung der Erben beziehen. Grundsätzlich gilt die gesetzliche Erbfolge, wenn der Erblasser keine abweichende Regelung im Testament getroffen hat. Die gesetzliche Erbfolge ist in den §§ 1924 ff. BGB geregelt und bestimmt, wer in welcher Reihenfolge und zu welchen Anteilen erbt. An erster Stelle stehen dabei die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, Enkel und Urenkel. Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erben die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.

Neben der gesetzlichen Erbfolge sind bei der Testamentsauslegung auch spezielle Regelungen des BGB zu berücksichtigen, die Einfluss auf die Erbquoten haben können. So bestimmt etwa § 1931 BGB die Erbquote des überlebenden Ehegatten, die je nach Güterstand und neben erbenden Verwandten unterschiedlich ausfällt. Bei der Zugewinngemeinschaft als gesetzlichem Güterstand erbt der überlebende Ehegatte neben Kindern des Erblassers zu 1/4, neben Eltern, Geschwistern oder Großeltern zu 1/2.

Weitere Sonderregelungen enthält das BGB für den Pflichtteil naher Angehöriger. Selbst wenn Kinder oder der Ehegatte im Testament enterbt wurden, steht ihnen ein Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils zu. Diesen Anspruch müssen sie allerdings aktiv gegen den oder die Erben geltend machen.

Bei Unklarheiten im Testament hält das Gesetz außerdem Auslegungsregeln bereit. So ist im Zweifel anzunehmen, dass der Erblasser seine Abkömmlinge auch dann bedacht hat, wenn sie im Testament nicht ausdrücklich erwähnt sind (§ 2069 BGB). Auch für das gemeinschaftliche Testament von Ehegatten sieht das Gesetz Auslegungsregeln vor, etwa in § 2269 BGB zur Vor- und Nacherbschaft.


Wie beeinflusst ein Ehevertrag die Erbfolge im Testament?

Ein Ehevertrag kann die gesetzliche Erbfolge und die Auslegung eines Testaments auf verschiedene Weise beeinflussen. Entscheidend ist dabei vor allem der im Ehevertrag vereinbarte Güterstand. Wenn Ehegatten keinen Ehevertrag schließen, leben sie automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dabei bleibt das Vermögen der Ehegatten während der Ehe getrennt. Im Todesfall erbt der überlebende Ehegatte neben Kindern des Erblassers ein Viertel, neben den Eltern des Erblassers die Hälfte des Nachlasses. Dieser Erbteil erhöht sich um ein weiteres Viertel als sogenannter Zugewinnausgleich.

Vereinbaren die Ehegatten im Ehevertrag dagegen Gütertrennung, entfällt der zusätzliche Erbteil für den Zugewinnausgleich. Der überlebende Ehegatte ist dann erbrechtlich schlechter gestellt. Er erbt neben Kindern zu gleichen Teilen, mindestens aber ein Drittel. Auch steuerrechtlich hat die Gütertrennung Nachteile, da der Freibetrag für den Ehegatten geringer ausfällt als bei Zugewinngemeinschaft.

Neben dem Güterstand können im Ehevertrag auch konkrete Regelungen zum Erbrecht getroffen werden, etwa der Verzicht auf das Pflichtteilsrecht. Solche Vereinbarungen gehen der gesetzlichen Erbfolge vor. Sie sind auch bei der Auslegung eines Testaments zu berücksichtigen. Hat der Erblasser beispielsweise seine Kinder enterbt und den Ehegatten zum Alleinerben eingesetzt, können die Kinder trotzdem ihren Pflichtteil verlangen, wenn im Ehevertrag kein Pflichtteilsverzicht vereinbart wurde.

Insgesamt zeigt sich: Ehevertrag und Testament sollten aufeinander abgestimmt sein, um Widersprüche zu vermeiden und den gewünschten Vermögensübergang zu gewährleisten. Eine individuelle Beratung durch einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt ist daher in jedem Fall empfehlenswert.


Welche Rolle spielt der Güterstand bei der Verteilung des Nachlasses?

Der Güterstand hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie der Nachlass zwischen dem überlebenden Ehegatten und anderen Erben aufgeteilt wird. Bei der gesetzlichen Erbfolge bestimmt der Güterstand maßgeblich die Erbquote des Ehegatten.

In der Zugewinngemeinschaft, dem gesetzlichen Güterstand, erbt der überlebende Ehegatte neben Kindern des Erblassers die Hälfte des Nachlasses. Diese Quote setzt sich zusammen aus dem gesetzlichen Erbteil von einem Viertel und einem weiteren Viertel als pauschaler Zugewinnausgleich. Neben anderen Verwandten erhöht sich die Erbquote des Ehegatten auf bis zu drei Viertel.

Haben die Ehegatten Gütertrennung vereinbart, fällt die Erbquote des überlebenden Partners deutlich geringer aus. Sie beträgt neben einem Kind die Hälfte, neben zwei Kindern ein Drittel und neben mehr als zwei Kindern lediglich ein Viertel des Nachlasses. Ein Zugewinnausgleich findet nicht statt.

Bei der selten gewählten Gütergemeinschaft erbt der überlebende Ehegatte unabhängig von der Zahl der Kinder stets ein Viertel. Ihm steht bereits die Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens zu, sodass die andere Hälfte zwischen ihm und den Kindern aufgeteilt wird.

Der Güterstand wirkt sich auch auf die Pflichtteilsquote aus. Diese beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Möchte ein Ehepaar ein Kind enterben, kann eine Gütertrennung im Vergleich zur Zugewinngemeinschaft nachteilig sein, da der Pflichtteil des enterbten Kindes höher ausfällt.

Beispiel: Ein Ehepaar mit drei Kindern und einem Vermögen von 1 Million Euro möchte ein Kind enterben. Bei Gütertrennung beträgt der Pflichtteil des Kindes 12,5% (125.000 Euro), bei Zugewinngemeinschaft nur 8,33% (83.333 Euro).

Ehepaare sollten die erbrechtlichen Folgen bedenken, wenn sie einen Güterstand wählen. Insbesondere Unternehmer, die oft Gütertrennung vereinbaren, können im Erbfall böse Überraschungen erleben. Um Nachteile zu vermeiden, kann eine modifizierte Zugewinngemeinschaft sinnvoll sein.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 1371 Abs. 1 BGB: Diese Regelung betrifft den gesetzlichen Zugewinnausgleich im Erbfall und erhöht den Erbanteil des überlebenden Ehegatten, wenn die Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand. Der Zusammenhang im vorliegenden Fall ist, dass die Ehefrau des Erblassers aufgrund dieser Regelung einen höheren Erbanteil beanspruchen könnte.
  • Art. 14, 15 EGBGB: Diese Artikel regeln das Ehegüterrecht bei internationalen Ehen. Sie bestimmen, welches nationale Recht auf die ehelichen Vermögensverhältnisse anzuwenden ist. Im konkreten Fall wurde festgestellt, dass deutsches Recht anzuwenden ist, weil die Ehegatten bei Eheschließung am engsten mit Deutschland verbunden waren.
  • § 2048 BGB: Diese Vorschrift betrifft Teilungsanordnungen im Testament. Sie ist wichtig, um zu verstehen, ob der Erblasser bestimmte Vermögensgegenstände einem oder mehreren Erben zuweisen wollte. Im vorliegenden Fall könnte die Zuwendung von Gesellschaftsanteilen an die Tochter als Teilungsanordnung interpretiert werden.
  • § 2087 Abs. 1 und 2 BGB: Diese Paragraphen definieren, was als Erbeinsetzung und was als Vermächtnis gilt. Im vorliegenden Fall ist zu klären, ob die Zuwendung an die Tochter eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis darstellt, was Auswirkungen auf die Verteilung des Nachlasses hat.
  • § 2094 BGB: Diese Regelung betrifft die Ausgleichung unter Abkömmlingen. Sie stellt sicher, dass frühere Zuwendungen an Abkömmlinge bei der Verteilung des Nachlasses berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall könnte dies relevant sein, wenn frühere Zuwendungen an eines der Kinder erfolgt sind.
  • § 1924 BGB: Dieser Paragraph regelt die gesetzliche Erbfolge der Abkömmlinge des Erblassers. Er ist relevant, um zu bestimmen, wer überhaupt erbberechtigt ist und wie die Erbquoten verteilt werden, falls das Testament keine eindeutigen Angaben macht.
  • § 1931 BGB: Diese Vorschrift bestimmt den gesetzlichen Erbteil des überlebenden Ehegatten. Sie ist relevant, wenn der Erbteil des Ehegatten nicht durch testamentarische Verfügung geregelt ist und in Verbindung mit § 1371 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen ist.
  • § 2069 BGB: Dieser Paragraph betrifft die Ersatzerbfolge und regelt, wer an die Stelle eines weggefallenen Erben tritt. Im vorliegenden Fall könnte dies relevant sein, falls einer der im Testament genannten Erben vor dem Erblasser verstorben ist.


⇓ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 2 Wx 43/21 – Beschluss vom 16.01.2023

I.  Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Magdeburg vom 12. Mai 2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Antrag der Beteiligten zu 1) und zu 2) auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins vom 6. September 2018 wird zurückgewiesen.

2. Über die Hilfsanträge des Beteiligten zu 1) vom 20. Oktober 2022 wird nicht entschieden.

3. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

II.  Der Beteiligten zu 3) wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für die Vertretung im Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt F.      aus M.     , bewilligt.

III.  Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.010.584,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

Der Erblasser war in erster, inzwischen geschiedener Ehe verheiratet mit B.      M.      geb. K.      . Aus dieser Ehe ging die Beteiligte zu 4) – geboren am 30.04.1983 – hervor. Der Beteiligte zu 1) – geboren am 26.04.1988 – ist ein nichteheliches Kind des Erblassers. Der Erblasser war in zweiter, inzwischen geschiedener Ehe verheiratet mit C.     M.      geb. E.    . Aus dieser Ehe ging der Beteiligte zu 2) – geboren am 25.07.1994 – hervor. Der Erblasser war schließlich in dritter Ehe mit der Beteiligten zu 3) verheiratet; diese Ehe wurde im Oktober 2010 in Thailand geschlossen. Aus dieser Ehe ging die mdj. Beteiligte zu 5) – geboren am 07.12.2010 – hervor. Weitere Nachkommen gibt es nicht.

Der Erblasser hinterließ in einem verschlossenen Umschlag ein privatschriftliches Testament vom 17.04.2018, welches am 20.08.2018 vom Nachlassgericht eröffnet worden ist (vgl. Beiakte 192 IV 397/18). Darin heißt es unter der Überschrift „Testament“:

„Mein letzter Wille

1Meine verbleiben Anteile an den H.              Gesellschaften möchte ich meinen Tochter K.    D.    überlassen. 2Wegen des großen Wertes der Firma, soll alles andere allein unter den verbleibenden Erben aufgeteilt werden.“ (Satzzählung durch den Senat)

Das Testament schließt mit der Angabe des Ortes und des Datums der Errichtung und einer eigenhändigen Unterschrift des Erblassers.

Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben zu UR Nr. 142/2018 der Notarin M.    N.     in B.         vom 06.09.2018 den Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins gestellt, welcher die Beteiligte zu 3) als Miterbin mit einem Anteil von einem Viertel sowie die Beteiligten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) als Miterben mit einem Anteil von jeweils 3/16 ausweisen soll. Sie haben sich auf den Eintritt der testamentarischen Erbfolge berufen.

Die hiesige Beteiligte zu 3) hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.08.2020 einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, welcher sie als Miterbin mit einem Anteil von einem Halb und die Beteiligten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) als Miterben mit einem Anteil von jeweils einem Achtel ausweisen soll. Dieses Verfahren, in dem das Nachlassgericht durch eine Zwischenverfügung u.a. auf Formmängel des Antrages hingewiesen hat, wird unter dem Aktenzeichen 192 VI 324/20 geführt.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Nachlassverfahren im Zusammenhang mit der Höhe der Erbanteile der Beteiligten zu 3) vor allem über den Güterstand der Ehe zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 3). Hierzu hat das Nachlassgericht, welches – übereinstimmend mit sämtlichen Beteiligten des Verfahrens – von der Anwendbarkeit der Art. 14, 15 EGBGB a.F. ausgegangen ist, folgende Feststellungen getroffen: Der Erblasser, welcher ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, und die Beteiligte zu 3), welche thailändische Staatsangehörige ist, lernten sich in Thailand kennen. Der Kontakt wurde durch mehrfache, jeweils mehrwöchige Besuche des Erblassers in Thailand aufrechterhalten; der Beteiligten zu 3) wurde eine besuchsweise Einreiseerlaubnis für Deutschland nicht erteilt. Am 12.10.2010 schlossen sie in Thailand in Anwesenheit zweier Zeugen einen Ehevertrag, welcher im Heiratsregister eingetragen wurde. Der Ehevertrag sollte nach seiner Präambel für den Fall gelten, dass Rechtsstreitigkeiten aus der Ehe in Thailand bzw. nach thailändischem Recht entschieden werden sollen. Er enthielt in Ziffer 2 die Regelung, dass durch die Ehe kein Gemeinschaftseigentum an den nach der Eheschließung erworbenen Vermögensgegenständen begründet werden sollte, in Ziffer 3 die weitere Regelung, dass es auch im Falle der Beendigung der Ehe keinen Ausgleich der u.U. unterschiedlichen Entwicklung des Privatvermögens der Eheleute geben sollte, und in Ziffer 5 die Abrede, dass im Falle einer Scheidung der Ehe sämtliche Schadensersatzansprüche nach thailändischem Recht ausgeschlossen sein sollten. Im Anschluss schlossen die Beteiligte zu 3) und der Erblasser vor der Bezirksverwaltung in R.       die Ehe. Am 07.12.2010 wurde die gemeinsame Tochter, die Beteiligte zu 5), in Thailand geboren. Die Beteiligten zu 3) und zu 5) reisten auf der Grundlage einer auf drei Monate befristeten Einreiseerlaubnis im März 2011 nach Deutschland ein, wo die Beteiligte zu 5) sich einer medizinischen Behandlung unterzog. Ab dem 01.04.2011 nahmen sie ihren Wohnsitz in der Wohnung des Erblassers, wo sie sich bis heute aufhalten.

Die Beteiligte zu 3) hat die Auffassung vertreten, dass wegen des Orts der Eheschließung in Thailand eine Zugewinngemeinschaft begründet worden sei. Die Beteiligte zu 4) hat auf den Wortlaut der Ehevereinbarung und darauf verwiesen, dass beide Ehegatten ungeachtet des Hochzeitsortes die engste Beziehung zu Deutschland pflegten bzw. anstrebten und dass sie in Gütertrennung lebten.

Das Nachlassgericht hat mit seinem Beschluss vom 12.05.2021 die zur Erteilung des Erbscheins gemäß dem Antrag der Beteiligten zu 1) und zu 2) vom 06.09.2018 erforderlichen Tatsachen festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe dieser Entscheidung Bezug genommen.

Gegen diese, ihr am 18.05.2021 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 3) mit ihrer am 04.06.2021 per beA beim Nachlassgericht eingegangenen Beschwerde, mit der sie die Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 1) und zu 2) vom 06.09.2018 begehrt. Sie wendet sich im Ergebnis nicht gegen die Auslegung des Testaments dahin, dass der Erblasser seine gesetzlichen Erben in gleicher Weise wie nach der gesetzlichen Erbfolge als testamentarische Erben eingesetzt hat. Sie wiederholt und vertieft jedoch ihre Ansicht, dass ihr eigener Erbanteil in Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB auf ein Halb zu erhöhen sei. Sie meint, dass, soweit überhaupt eine wirksame Ehevereinbarung getroffen worden sei, allenfalls Modifikationen des thailändischen Güterstandes verabredet worden sein, und zwar lediglich für den Fall der Ehescheidung in Thailand. Nach dem im EGBGB für Ehen mit Auslandsbezug geregelten Ehewirkungsstatut komme es auf das Recht desjenigen Staates an, mit dem die Ehegatten zur Zeit der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden waren. Das sei hier Deutschland, weil der Erblasser zu keiner Zeit eine Umsiedlung nach Thailand in Betracht gezogen habe und die durchaus konkreten Zukunftsplanungen eine Familienzusammenführung in Deutschland vorgesehen hätten.

Das Nachlassgericht hat nach Anhörung sämtlicher Beteiligter mit seinem Beschluss vom 15.09.2021 dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat am 19.07.2022 Hinweise zur vorläufigen Bewertung der Sach- und Rechtslage erteilt; hierauf wird Bezug genommen. Auf Anregung des Senats hat das Amtsgericht – Familiengericht – Magdeburg mit Beschluss vom 08.09.2022 Rechtsanwältin B.      als Ergänzungspflegerin der Beteiligten zu 5) im Rahmen der Klärung der vorliegenden Nachlassangelegenheit bestellt.

Sämtliche Verfahrensbeteiligte hatten Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme im Beschwerdeverfahren.

Die Beteiligte zu 5) hat in ihrer Stellungnahme vom 30.09.2022 die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, dass die in Thailand getroffene Vereinbarung der Gütertrennung keinen vorläufigen oder vorsorglichen Charakter gehabt habe. Entgegen der Annahme des Senats habe der Erblasser zur Zeit der Eheschließung auch einen hinreichenden Bezug zu Thailand gehabt.

Der Beteiligte zu 1) hat im Schriftsatz vom 20.10.2022 hilfsweise mehrere Anträge auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins jeweils mit abweichenden Erbquoten gestellt. Er macht insbesondere geltend, dass es für die vom Senat erwogenen Testamentsauslegung i.S. einer Vorauszuwendung an die Beteiligte zu 4) keine hinreichenden Anhaltspunkte im Testament oder im Vorbringen der Beteiligten gebe. Er wendet sich gegen die Annahme, dass die Eheleute mit dem Recht der Bundesrepublik Deutschland verbunden gewesen seien. Sie hätten den Ort der Eheschließung – in Thailand – nicht zufällig gewählt. Der Erblasser habe ca. ein Jahr vor dem Ende seiner beruflichen Tätigkeit gestanden und geplant, zu seiner Ehefrau und Tochter in Thailand umzusiedeln. Für den Fall des Festhaltens des Senats an seinen vorläufig geäußerten Rechtsansichten zur Quotenbestimmung bzw. zum Güterrechtsstatut hat er die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

B.

I.  Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) ist zulässig. Sie ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und die nach § 61 Abs. 1 FamFG notwendige Mindestbeschwer von 600,01 € ist überschritten. Die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG ist gewahrt worden.

II.  Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Das Nachlassgericht hat zu Unrecht die für die Erteilung des von den Beteiligten zu 1) und zu 2) beantragten gemeinschaftlichen Erbscheins erforderlichen Tatsachen festgestellt. Der Erbanteil der Beteiligten zu 3) ist – abweichend von der Auffassung der Beteiligten zu 1) und zu 2) und ihnen folgend des Nachlassgerichts – mit einem Halb bestimmt, so dass sich auch im Übrigen vom Antrag abweichende Erbquoten ergeben.

1. Die Rechtssache ist inzwischen entscheidungsreif, insbesondere ist auch der Beteiligten zu 5) hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden.

2. Das Testament des Erblassers vom 17.04.2018 ist dahin auszulegen, dass der Erblasser letztlich seine gesetzlichen Erben zu den sich jeweils nach der gesetzlichen Erbfolge ergebenden Quoten als testamentarische Erben eingesetzt hat.

a) Mit dem Satz 1 seiner Verfügung von Todes wegen bestimmte der Erblasser eine Zuwendung an die Beteiligte zu 4), K.    D.  . Darin ist jedenfalls keine isolierte Teilungsanordnung zu sehen, sondern eine unmittelbare Zuwendung, welche entweder den Charakter einer Erbeinsetzung i.S.v. § 2087 Abs. 1 BGB mit gleichzeitiger Teilungsanordnung i.S.v. § 2048 Satz 1 BGB oder den Charakter eines Vermächtnisses i.S.v. § 2087 Abs. 2 BGB haben kann. Die Formulierung in Satz 2, dass die nach der Umsetzung von Satz 1 verbleibenden Nachlassgegenstände („alles andere“) „unter den verbleibenden Erben“ (Hervorhebung durch den Senat) verteilt werden sollen, spricht dabei für die zuerst genannte Auslegung. Die Beteiligte zu 4) wird durch diese Formulierung dem Kreis der Erben zugeordnet. Hinzu kommt, dass es dem wirklichen Willen des Erblassers entsprochen haben dürfte, auch seiner ältesten Tochter einen unmittelbaren erbrechtlichen Anspruch zu verschaffen und nicht nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Nachlass. Davon gehen auch die Beteiligten im Verfahren – soweit ersichtlich: übereinstimmend – aus und haben hiergegen auch auf den entsprechenden Hinweis des Senats keine Einwendungen erhoben.

b) Die Beteiligten zu 1), zu 2), zu 3) und zu 5) wurden vom Erblasser zwar nicht namentlich benannt, mit der Bezeichnung „verbleibende Erben“ nahm der Erblasser jedoch offenkundig Bezug auf die nach der gesetzlichen Erbfolge als Erben berufenen Personen.

c) Der Senat geht – ebenso wie sämtliche Beteiligte – davon aus, dass der Umstand, dass der Erblasser für die Erben keine Erbquoten bestimmte, dahin auszulegen ist, dass auch die jeweiligen Erbquoten nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge ermittelt werden sollten. Der Senat nimmt unter Berücksichtigung der nach seinem Hinweis vom 19.07.2022 eingegangenen Stellungnahmen ausdrücklich Abstand von der zwar in Betracht kommenden, letztlich aber ohne hinreichende Anhaltspunkte im Testament oder in den äußeren Umständen gestützten Auffassung, dass der Erblasser für die Beteiligte zu 4) einen von der gesetzlichen Erbquote abweichenden und stattdessen vom Wert der zugewendeten Geschäftsanteile abhängigen Erbanteil bestimmte. Zwar ist aus dem Zusammenhang von Satz 1 und Satz 2 zu entnehmen, dass die Zuwendung für die Beteiligte zu 4), K.    D., deren gesamten Erbanteil bilden sollte, während der verbleibende Nachlass nur unter den anderen Erben, also den Erben ohne die Beteiligte zu 4), aufgeteilt werden sollte. Dem Wortlaut des Testaments ist aber auch zu entnehmen, dass der Erblasser insoweit von einem „großen Wert“ ausging, so dass die nachfolgende Zuordnung „alles andere“ nur in gegenständlicher, nicht in quotaler Hinsicht gemeint war.

3. Für die Ermittlung der Erbanteile der Beteiligten zu 1) bis zu 5) ist, wovon die Beteiligten zu Recht ausgehen, vorrangig zu klären, ob der Erbanteil der Beteiligten zu 3) nach § 1371 Abs. 1 BGB zu erhöhen ist im Hinblick auf die Verknüpfung von Erbrecht und ehelichem Güterrecht.

a) Eine Anwendbarkeit der Vorschrift des § 1371 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass für das Ehegüterstatut deutsches Recht gilt. Das ist hier der Fall.

aa) Da das Ehegüterrecht nicht zu den allgemeinen Ehewirkungen gehört, ist für die Bestimmung des Ehegüterstatuts in der dritten Ehe des Erblassers nach Art. 229 § 47 Abs. 2 EGBGB hier Art. 15 EGBGB in der vom 01.10.1994 bis einschließlich 28.01.2019 geltenden Fassung (künftig: EGBGB 1994) anzuwenden.

bb) Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB 1994 unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe bei fehlender Rechtswahl dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Die Möglichkeit der ausdrücklichen Rechtswahl wurde von den Ehegatten, d.h. vom Erblasser und der Beteiligten zu 3), weder zur Zeit der Eheschließung noch zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. nach Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in M.      ab dem 01.04.2011, genutzt. Die in Thailand geschlossene Ehevereinbarung enthält keine ausdrückliche Rechtswahl für die güterrechtlichen Regelungen, sondern lediglich Einzelbestimmungen. Für die Zeit nach der Eheschließung hat keiner der Beteiligten, insbesondere auch nicht die Beteiligte zu 3), den Abschluss einer neuen Ehevereinbarung vorgetragen; Anhaltspunkte sind auch sonst nicht ersichtlich.

cc) Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB ist – insoweit abweichend von der Regelung der allgemeinen Ehewirkungen – von der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts auszugehen, d.h., dass nur das bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebende Recht anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil v. 09.12.2009, XII ZR 107/08, BGHZ 183, 287, in juris Rz. 21; auch Siehr in: MüKo-BGB, Bd. 10, 5. Aufl. 2010, Art. 15 EGBGB Rn. 10). Eine Auflockerung bestand danach nur durch die – hier aber nicht genutzte – Möglichkeit der notariell zu beurkundenden (Art. 14 Abs. 4 Satz 1 EGBGB 1994) Vereinbarung einer ausdrücklichen Rechtswahl.

(1) Die Ehegatten hatten bei der Eheschließung weder eine gemeinsame Staatsangehörigkeit i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB 1994 – der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger, die Beteiligte zu 3) war und ist thailändische Staatsangehörige – noch einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 EGBGB 1994. Denn die Beteiligte zu 3) hatte zur Zeit der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand, der Erblasser hingegen in Deutschland. Die besuchsweisen Aufenthalte des Erblassers in Thailand für jeweils etwa drei Wochen begründeten keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand, sondern hatten objektiv einen eher flüchtigen Charakter; der Erblasser blieb seinem Herkunftsbereich verhaftet (vgl. AG Leverkusen, Urteil v. 22.12.2005, 34 WF 257/03, FamRZ 2006, 1384: Feststellung des Ehewirkungsstatuts einer deutsch-kubanischen Ehe, keine Erheblichkeit des kurzen gemeinsamen Aufenthalts und des Orts der Eheschließung in Kuba, in juris Rz. 9) und traf auch nicht etwa Vorkehrungen für eine Übersiedlung nach Thailand (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.06.2018, I-3 Wx 214/16, FamRZ 2018, 1783: Feststellung des Güterrechtsstatuts einer deutsch-chinesischen Ehe, zur Abgrenzung zwischen vorläufigem und auf Dauer angelegtem Aufenthalt im Ausland, in juris Rz. 37). Soweit der Beteiligte zu 1) auf den entsprechenden Hinweis des Senats vorgetragen hat, dass der Erblasser sich mit Gedanken einer Umsiedlung nach Thailand getragen habe, haben sich solche Erwägungen jedenfalls nicht manifestiert.

(2) Die Alt. 2 von Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB 1994 ist wegen der Unwandelbarkeit des Ehegüterstatuts nicht anwendbar (vgl. Mankowski in: Staudinger, BGB, 2010, Art. 25 EGBGB Rn. 28 m.w.N.).

(3) Aus den vorgenannten Gründen kommt es, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, für die Bestimmung des Ehegüterstatuts auf das Recht desjenigen Staates an, mit dem die Ehegatten bei der Eheschließung gemeinsam auf andere Weise als durch gemeinsame Staatsangehörigkeit oder gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt am engsten verbunden sind. Es muss sich um objektive Anhaltspunkte handeln, z.B. um gemeinsame soziale Bindungen, oder um subjektive Elemente wie gemeinsame Zukunftspläne der Ehegatten. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, Regelbeispiele aufzuführen, um der Rechtsprechung die Konkretisierung dieses Tatbestandsmerkmals zu überlassen (vgl. BGH, Beschluss v. 03.02.1993, XII ZB 93/90, FamRZ 1993, 798, in juris Rz. 25 m.w.N.). Die Gesetzesmaterialien zu Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB 1994 (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 10/5632, S. 41) nennen aber beispielhaft mehrere Faktoren, welche auch im Rahmen von Art. 15 Abs. 1 EGBGB 1994 beachtlich sind: die gemeinsame soziale Bindung der Ehegatten an einen Staat durch Herkunft im weitesten Sinne, Kultur, Sprache oder berufliche Tätigkeit; der gemeinsame einfache, nicht nur ganz vorübergehende Aufenthalt der Ehegatten in einem Staat; die gemeinsame Verbundenheit der Ehegatten mit einem Staat durch die beabsichtigte Begründung einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit oder eines ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in einem Staat, und zwar selbst dann, wenn sich diese Absicht nicht bzw. nicht unmittelbar verwirklichen lässt; u.U. auch der Ort der Eheschließung, wenn dieser Aspekt durch Momente gemeinsamer Verbindung verstärkt wird und nicht als zufällig erscheint (vgl. auch Ludwig in: jurisPK-BGB, 9. Aufl., Art. 14 EGBGB Rn. 71 m.w.N.; Mankowski, a.a.O., Art. 14 Rn. 65 ff. m.w.N.).

(4) Nach diesen Maßstäben ist zunächst festzustellen, dass es gemeinsame soziale Bindungen der Ehegatten an einen Staat nicht gab. Vielmehr waren beide Ehegatten jeweils ihrem Herkunftsbereich verhaftet. Die Beteiligte zu 3) hatte familiäre und im Zweifel auch andere soziale Bindungen ausschließlich in Thailand. Dort war sie erwerbstätig und hatte – ggf. mit finanzieller Unterstützung des Erblassers – Immobilieneigentum erworben. Dem gegenüber hatte der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland; dort hatte er seine familiären und sozialen Bindungen und ging seiner Erwerbstätigkeit nach. Es sind keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, dass sich der Erblasser in Thailand über seine Beziehung zur Beteiligten zu 3) hinaus um eine soziale Integration in Thailand bemüht hätte. So reiste er nach Thailand stets mit einem befristeten Visum, bemühte sich nicht um eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis, was ihm – im Gegensatz zur Beteiligten zu 3) im Hinblick auf Deutschland – möglich gewesen wäre, oder um eine sprachliche Eingliederung (vgl. hierzu auch Mankowski, a.a.O., Art. 14 EGBGB Rn. 54; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.06.2018, I-3 Wx 214/16, FamRZ 2018, 1783, Feststellung des Ehegüterrechtsstatuts einer deutsch-chinesischen Ehe, Kontakte des deutschen Partners zur chinesischen Partnerin jeweils mit „Business-/Tourist-Visa“, Deutsch-Unterricht der Partnerin, keine berufliche Zukunft des Partners in China, in juris Rz. 26 ff.). Selbst für eine alsbaldige Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit in Deutschland gab es im Jahre 2010 keine konkreten Anhaltspunkte. Das gilt insbesondere für das Lebensalter des Erblassers, denn er war selbständig tätig, so dass das gesetzliche Renteneintrittsalter für ihn keine Bedeutung hatte.

(5) Aus den vorgenannten Gründen ist entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts auch der Ort der Eheschließung hier nicht maßgeblich (vgl. zur allgemeinen Bewertung dieses Anknüpfungspunktes Mankowski, a.a.O., Art. 14 EGBGB Rn. 65 f., 70a, 73 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 28.08.2002, 3 Va 3/02, nach juris). Denn die Wahl des Ortes der Eheschließung resultierte nicht aus einer objektiv engsten Bindung zum Königreich Thailand, sondern daraus, dass der Beteiligten zu 3) eine – auch nur besuchsweise – Einreise nach Deutschland behördlich versagt blieb, so dass die Ehe nur in Thailand geschlossen werden konnte. Diese Anknüpfung ist zu schwach und zu wenig kennzeichnend, um die Ausstrahlungen in das internationale Familienrecht rechtfertigen und tragen zu können (ebenso OLG Celle, Bescheid v. 10.11.1997, 3465 I 301/97, FamRZ 1998, 686: Feststellung der allgemeinen Ehewirkungen einer japanisch-deutschen Ehe, dort keine Zufälligkeit der Wahl des Eheschließungsorts in Deutschland im Hinblick auf eine beiderseitige Erwerbstätigkeit in Deutschland; OLG München, Beschluss v. 31.01.2012, 34 Wx 80/10, FamRZ 2012, 1142: Feststellung der allgemeinen Ehewirkungen einer ägyptisch-deutschen Ehe, Ort der Eheschließung in Ägypten und gemeinsame Zugehörigkeit zum Islam treten hinter der Ausrichtung der beruflichen Tätigkeit und der nachträglichen Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland zurück; in juris Rz. 26 ff.).

(6) Den Vorausführungen steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die Ehegatten vor der Eheschließung einen Ehevertrag in Thailand schlossen. Der Ehevertrag enthielt, wie vorausgeführt, keine ausdrückliche Rechtswahl. Der Senat verbleibt trotz der entgegenstehenden Stellungnahmen der Beteiligten zu 1) und zu 5) bei seiner Auffassung, dass die Formulierungen einerseits in seiner Präambel und andererseits in den Einzelregelungen darauf schließen lassen, dass die Ehegatten lediglich die Geltung des thailändischen Ehegüterrechts vermeiden wollten. Deswegen ist es gerechtfertigt, die Regelungen als vorsorglich zu bewerten, mit denen sie die wesentlichen güterrechtlichen Rechtsfolgen ihrer Ehe individuell gestalten wollten, indem sie für den Fall der Beendigung der Ehe die Geltung thailändischen Schadensersatzrechtes ausschlossen.

(7) Der Senat verbleibt auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Beteiligten bei seiner Auffassung, dass die Ehegatten objektiv am engsten mit dem Recht der Bundesrepublik Deutschland verbunden waren. Dies gründet sich einerseits auf die bereits erwähnten starken Bindungen des Erblassers an Deutschland im Hinblick auf seine soziale Integration, seine aktive wirtschaftliche Tätigkeit – welche auch für die Ehe die entscheidende wirtschaftliche Grundlage bilden sollte – und seine Staatsangehörigkeit, deren Aufgabe für den Erblasser nicht in Betracht kam. Gegen diese für den Senat maßgeblichen Umstände haben die Beteiligten auch keine Einwendungen vorbringen können. Der Senat bewertet den mitgeteilten Sachstand weiter dahin, dass die Beteiligte zu 3) diesen Status ihres Ehemannes nicht ändern wollte. Die Auffassung des Senats gründet sich andererseits darauf, dass die Ehegatten bereits bei Eheschließung vom Leitbild der Ehe als gelebter Lebensgemeinschaft ausgingen, zumal die Eheschließung im Wissen um die baldige Geburt eines gemeinsamen Kindes erfolgte. Diese gelebte Familiengemeinschaft war nach den von den äußeren Gegebenheiten geprägten gemeinsamen Vorstellungen der Eheleute im Jahre 2010 nur in Deutschland denkbar.

(a) Insoweit ist darauf zu verweisen, dass es zulässig ist, auch subjektive Elemente, wie den bei Eheschließung geplanten (künftigen) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zu berücksichtigen und die relativ geringe Zeitspanne bis zum geplanten Zusammenleben für unerheblich zu erklären (vgl. nur Mankowski, a.a.O., Art. 15 EGBGB Rn. 29 f., 37). Eine hinreichende Konkretisierung dieser Pläne kann sich indiziell auch durch die Eheschließung nachfolgende Tatsachenentwicklung ergeben (vgl. BGH, Beschluss v. 26.06.2019, XII ZB 299/18, FamRZ 2019, 1535, in juris Rz. 31). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die nachfolgende Entwicklung nicht als ungewöhnlich oder überraschend darstellt.

(b) So liegt der Fall hier. Die Ehegatten begründeten nach der Eheschließung nicht etwa einen gemeinsamen ehelichen Wohnsitz in Thailand (so in: KG Berlin, Urteil v. 20.12.2006, 3 UF 59/06, FamRZ 2007, 1561: Feststellung des Güterrechtsstatuts einer deutsch-rumänischen Ehe mit ersten Wohnsitz in Nigeria, in juris Rz. 18), sondern planten ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt außerhalb Thailands. Das nachhaltige wirtschaftliche Fundament der Ehe war die Erwerbstätigkeit des Erblassers in Deutschland (vgl. auch OLG Köln, Beschluss v. 15.04.2015, II-4 WF 169/14, FamRZ 2015, 1617: Feststellung des Ehewirkungsstatuts, objektiv feststellbare, konkretisierte und verbindliche Zukunftsplanung im Hinblick auf den Arbeitsmittelpunkt, in juris Rz. 5). Dorthin bestanden die sozialen Bindungen des Erblassers, der deutscher Staatsangehöriger war. Dem Bedürfnis der Beteiligten zu 3) nach einer intensiven Pflege der sozialen und familiären Kontakte in Thailand war ohne weiteres auch mit einem Lebensmittelpunkt in Deutschland in Einklang zu bringen. Darauf, dass eine solche Planung selbst dann für die Bestimmung der relativ engsten Verbindung an einen Staat maßgeblich sein kann, wenn sich die Planungen nicht verwirklichen lassen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 06.02.1998, 25 WF 25/98, FamRZ 1998, 1590, in juris Rz. 3; Mankowski, a.a.O., Art. 14 EGBGB Rn. 79a m.w.N.), kommt es nicht an, weil die Ehegatten ab dem 01.04.2011 einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, am Wohnsitz des Erblassers, begründeten (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.06.2018, I-3 Wx 214/16, FamRZ 2018, 1783: Feststellung des Ehegüterrechtsstatuts einer deutsch-chinesischen Ehe, keine Anhaltspunkte für den Willen des deutschen Ehemannes, sich dauerhaft sozial und wirtschaftlich in China zu integrieren, und spätere Begründung eines gemeinsamen Wohnsitzes in Deutschland, in juris Rz. 34, 37).

b) Die Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB setzt weiter voraus, dass die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach § 1363 Abs. 1 BGB lebten. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist von der Frage der Anwendbarkeit des deutschen Rechts zu unterscheiden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.02.2018, 14 W 113/16 (Wx), FamRZ 2018, 858, in juris Rz. 14).

aa) Nach §§ 1408 Abs. 1, 1410 BGB können die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch einen Ehevertrag selbst regeln, insbesondere auch eine Gütertrennung vereinbaren. Ein solcher Ehevertrag ist formbedürftig, er muss zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. So ist der Erblasser in seinen vorherigen Ehen verfahren, hier aber nicht.

bb) Insbesondere erfüllt der in Thailand vor zwei Zeugen geschlossene Ehevertrag der Ehegatten diese Formanforderungen nicht, so dass es offen bleiben kann, ob die darin getroffenen Vereinbarungen als eine Gütertrennung i.S. von §§ 1388, 1414 BGB auszulegen sind.

cc) Danach galt für die Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 3) der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, welcher auch bei einer Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten zu berücksichtigen ist.

4. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergeben sich im Wege der Auslegung des Testaments des Erblassers vom 17.04.2018 und unter Rückgriff auf die Erbanteile nach der gesetzlichen Erbfolge folgende Erbquoten: Die Beteiligte zu 3) ist in entsprechender Anwendung von §§ 1931 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 1371 Abs. 1 BGB Miterbin zu 50 %, die Beteiligten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) sind Miterben zu einem Anteil von jeweils einem Achtel.

III.  Über die Hilfsanträge des Beteiligten zu 1) vom 20.10.2022 ist im Beschwerdeverfahren nicht zu befinden.

Die Entscheidung im Beschwerdeverfahren nach dem FamFG ist auf diejenigen Verfahrensgegenstände beschränkt, welche Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung waren. Mit den Hilfsanträgen vom 20.10.2022 verfolgt der Beteiligte zu 1) völlig neue, erstmals in der Beschwerdeinstanz bezeichnete Antragsziele. Ein erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellter Antrag auf Erteilung eines Erbscheins ist stets unzulässig (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 13.09.2022, 3 W 83/22, in juris Rz. 6 m.w.N.; so schon OLG Naumburg, Beschluss v. 31.01.2012, 2 Wx 13/10, unveröffentlicht; vgl. auch Sternal in: Keidel, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 68 Rn. 88 m.w.N.). In der hier vorliegenden Konstellation der erstmaligen Anbringung des Antrags nach Beendigung des Abhilfeverfahrens kommt es auf eine Entscheidung des in der Literatur geführten Streits nicht an, ob eine Befassung des Nachlassgerichts mit dem neuen Antrag im Rahmen des Abhilfeverfahrens noch ausreichend sein könnte. Angesichts der Unzulässigkeit der Anträge kommt eine Stellungnahme in inhaltlicher Hinsicht nicht in Betracht.

IV.  Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung – es geht im Kern um die Auslegung eines konkreten Testaments – noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung – der Senat hat lediglich eine tatsächliche Bewertung des konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung und ohne Abweichung hiervon vorgenommen.

C.

Der Antrag der Beteiligten zu 3) auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz ist zulässig und begründet.

I.  Die Voraussetzungen für die Bewilligung nach § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO liegen vor. Die Rechtsverfolgung hatte nach den Vorausführungen von Anfang an eine hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig. Die Beteiligte zu 3) ist nach der im Parallelverfahren eingereichten Erklärung über ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse bedürftig i.S.v. § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 115 ZPO.

II.  Die Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten ist nach § 78 Abs. 2 FamFG gerechtfertigt. Die Rechtssache weist besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf.

D.

I.  Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 und 82 FamFG.

II.  Die Festsetzung des Kostenwerts des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus §§ 36 Abs. 1, 40 Abs. 1 GNotKG. Der Senat ist dabei der Wertfestsetzung des Nachlassgerichts gefolgt.

 

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