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Testamentsauslegung – individuelle Auslegung vor Ersatzerbfolge eines nichtehelichen Abkömmlings

OLG Celle – Az.: 6 W 17/12 – Beschluss vom 02.02.2012

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1 trägt die zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens notwendigen Aufwendungen des Beteiligten zu 2 a.

Beschwerdewert: 95.000 €

Gründe

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 2 a, ihm einen Erbschein zu erteilen, der seine nachverstorbene Mutter I. K., die Beteiligte zu 2, als Alleinerbin des Erblassers ausweist, erforderlichen Tatsachen sind für festgestellt zu erachten (§ 2359 BGB). Dem Testament des Erblassers vom 6. Dezember 2005 ist durch ergänzende Auslegung (§ 133 BGB) der Wille des Erblassers zu entnehmen, die Beteiligte zu 2 zu seiner Alleinerbin zu bestimmen.

a) Dieses Testament enthält eine planwidrige Regelungslücke.

aa) Der Erblasser hat für den eingetretenen Fall, dass der Beteiligte zu 2 a, den er als Alleinerben eingesetzt hatte, die Erbschaft wirksam ausschlüge, nichts geregelt. Er hat nur bestimmt, „dass (sein) Sohn B. “ (der Beteiligte zu 2 a) „(sein) Haus erbt, (sein) Sohn S. “ (der Beteiligte zu 2 b) „den Pflichtanteil und die Wohnung im Dachgeschoß bekommt (und) seine Frau I. “ (die Beteiligte zu 2) „… den Nießbrauch des Hauses erhält.“

bb) Auch hat der Erblasser die Regelung nicht bewusst unterlassen, indem er die Ausschlagung in Betracht gezogen hat, als er sein Testament errichtete. Er konnte nicht damit rechnen, dass der Beteiligte zu 2 a die Erbschaft ausschlüge wegen seines Erbteils an dem Nachlass P. K.s, zu welchem ein Ruinengrundstück in S. gehört, das erhebliche Kosten verursacht (fernmündliche Mitteilung der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 a gegenüber dem Nachlassgericht vom 27. August 2010 ausweislich Vermerks der Rechtspflegerin von diesem Tage – Bl. 10 R d. A.). Der Beteiligte zu 2 a hatte keinen Grund, wegen dieser Kostenbelastung die werthaltige Erbschaft nach dem Erblasser auszuschlagen. Um der Beteiligten zu 2 und ihrer Mutter, beide schwerstpflegebedürftig, das Weiterleben in dem Hause auf dem ihm vererbten Grundstück wie bisher ohne Gefährdung durch seine Gläubiger wegen der Kosten des Ruinengrundstücks zu ermöglichen (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes der Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2010 – Bl. 39 d. A.), musste die Beteiligte zu 2 nicht nach Erbausschlagung aller anderen Erbprätendenten Alleinerbin des Erblassers werden, sondern genügte es, dass sie den ihr vermachten Nießbrauch an dem Hausgrundstück nach Bewilligung durch den Beteiligten zu 2 a im Grundbuch eintragen ließ. Dann blieb er im Falle der Zwangsversteigerung des Grundstücks auf Betreiben eines Gläubigers des Beteiligten zu 2 a bestehen (§ 44 Abs. 1 Fall 1, § 49 Abs. 1 Fall 4, § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG).

b) Der Erblasser hätte die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin eingesetzt, wenn er bedacht hätte, dass der von ihm zum Alleinerben bestimmte Beteiligte zu 2 a infolge Erbausschlagung wegfiele.

aa) Sein Testament enthält eine in sich geschlossene Regelung, welche in genau genannten Einzelheiten nur die Beteiligte zu 2 sowie die Beteiligten zu 2 a und b berücksichtigt, keine Ersatzpersonen bei Wegfall eines der Beteiligten bezeichnet und für die Beteiligte zu 2 nach dem Beteiligten zu 2 a die stärkste Stellung vorsieht, indem ihr der Nießbrauch an dem Hausgrundstück vermacht ist, während der Beteiligte zu 2 nur seinen Pflichtteil und ein Wohnungsrecht erhalten sollte. Der außereheliche Enkel des Erblassers sollte nicht erben. Beide verband, als der Erblasser im Jahre 2005 testierte, nichts Wesentliches, wie die Darstellung seitens der Mutter des Beteiligten zu 1 vom 20. Juli 2011 nebst Anlagen (Anlage zum Schriftsatz vom 25. Juli 2011 in Hülle) zeigt. Der Erblasser hatte lediglich der Mutter zur Geburt des Beteiligten zu 1 am 16. Mai 1988 gratuliert, Kontakt zu der Mutter nur bis zum zweiten Lebensmonat des Beteiligten zu 1, der zwischen seinem 14. und 19. Lebensjahr von seinen Großeltern (dem Erblasser und der Beteiligten zu 2) kleine Geldbeträge zu Weihnachten und zum Geburtstag erhielt, während weitergehender Kontakt zwischen dem Erblasser und dem Beteiligten zu 1 nicht bestand.

bb) Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1, Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO), welche der Beteiligte zu 1 anregt, ist kein Raum. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der Senat stimmt mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Zerb 2011, 336 ff.), auf welche der Beteiligte zu 1 sich stützt, überein. Genau wie dieses legt er seiner Entscheidung zugrunde, dass die individuelle Auslegung des Testamentes der Anwendung des § 2069 BGB vorgeht, nur dass er anders als dieses die individuelle Auslegung für möglich gehalten hat, was eine Frage der tatsächlichen Würdigung des Einzelfalls ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Entscheidung zum Beschwerdewert stützt sich auf § 30 Abs. 1 Halbs. 1, § 131 Abs. 4 KostO. Zur Begründung verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen in seinem Beschluss vom 30. Juni 2011 in diesem Erbscheinsverfahren.

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