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Testamentsauslegung – Inhalt einschließlich aller Nebenumstände sind heranzuziehen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass die Nichten und Neffen des Erblassers zu gleichen Teilen erben sollen. Das Gericht legte das gemeinschaftliche Testament der kinderlosen Eheleute aus dem Jahr 1990 so aus, dass eine Gleichbehandlung aller vier Beteiligten beabsichtigt war. Somit sind die Nichte des Erblassers sowie die Kinder der verstorbenen Schwester der Ehefrau des Erblassers jeweils zu einem Viertel Erben geworden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 W 52/23

✔ Kurz und knapp


  • Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu ermitteln.
  • Es ist vom Wortlaut des Testaments auszugehen und der gesamte Inhalt einschließlich aller Nebenumstände heranzuziehen.
  • Im vorliegenden Fall führt eine am Wortlaut orientierte Auslegung zu einer Erbfolge nach Köpfen der bedachten Erben zu gleichen Teilen.
  • Äußere Umstände stehen diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, sondern deuten sogar auf den Willen der Gleichbehandlung hin.
  • Die gesetzliche Anwachsungsregelung (§ 2094 BGB) ist auf vermutete Ersatzerben gemäß § 2102 BGB analog anzuwenden.
  • Das Denken in Stämmen ist weder ausdrücklich angeordnet noch aus den Umständen ableitbar.
  • Die beklagten Erben haben zu gleichen Anteilen zu erben, nicht nach unterschiedlichen Stammanteilen.

Komplexe Testamentsauslegung führt zu Urteil über Erbenverteilung

Die Auslegung eines Testaments ist ein wichtiger und komplexer Bestandteil des Erbrechts. Oft sind die Formulierungen des Erblassers nicht eindeutig und es müssen weitere Umstände berücksichtigt werden, um den tatsächlichen Willen zu ergründen. Dabei kommt es nicht nur auf den Wortlaut an, sondern auch auf das gesamte Umfeld und Verhalten des Erblassers. Gerichte sehen es als ihre Aufgabe, den wahren letzten Willen des Verstorbenen zu ermitteln und umzusetzen, auch wenn dies nicht immer einfach ist.

In der Praxis führen Testamentsauslegungen mitunter zu Konflikten unter den Erben, da jeder seine eigene Interpretation des Testaments vertritt. Die Gerichte müssen dann sorgfältig alle relevanten Informationen abwägen, um zu einer gerechten Entscheidung zu kommen. Solche Auseinandersetzungen zeigen, wie wichtig es ist, ein Testament klar und eindeutig zu formulieren.

Im Folgenden soll ein konkretes Gerichtsurteil zur Testamentsauslegung näher beleuchtet werden, das exemplarisch die Herangehensweise der Rechtsprechung verdeutlicht.

✔ Der Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main


Streit um das Erbe: Eine komplexe Testamentsauslegung

Der vorliegende Fall behandelt die Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, welches die kinderlosen Ehegatten im Jahr 1990 errichtet haben. Beteiligt sind die Nichte des Erblassers (Beteiligte zu 1) sowie die Kinder der verstorbenen Schwester der Ehefrau des Erblassers (Beteiligte zu 2) bis 4). Der Erblasser setzte seine Ehefrau als Alleinerbin ein, mit der Anordnung, dass nach dem Tod des Letztversterbenden das Vermögen hälftig auf seinen Bruder und die Schwester seiner Frau übergehen sollte. Im Todesfall des Bruders sollte die Erbschaft an die Nichte Vorname3 B (Beteiligte zu 1)) und im Todesfall der Schwester an deren Kinder (Beteiligte zu 2) bis 4)) fallen.

Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Beteiligte zu 1) einen Erbschein, der sie als Erbin zu ½ und die Beteiligten zu 2) bis 4) als Erben zu jeweils 1/6 ausweisen sollte. Die Beteiligten zu 2) bis 4) widersprachen diesem Antrag und führten an, dass der Erblasser festgelegt habe, dass alle vier Nichten und Neffen gleiche Anteile erhalten sollten. Das Amtsgericht Bad Homburg hatte zunächst der Beteiligten zu 1) zugestimmt, was zu Beschwerden seitens der Beteiligten zu 2) bis 4) führte.

Gerichtliche Entscheidung: Änderung des Erbscheinsantrags

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied am 27. Juni 2023, den Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg abzuändern und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen. Die Entscheidung des Gerichts beruhte auf der Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute aus dem Jahr 1990. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Eheleute keine Aufteilung des Vermögens nach Stämmen, sondern nach Köpfen beabsichtigt hatten.

Das Nachlassgericht hatte zunächst angenommen, dass das Vermögen je zur Hälfte dem Stamm des Mannes und dem Stamm der Frau zukommen sollte. Diese Interpretation wurde jedoch durch das Oberlandesgericht verworfen. Es stellte fest, dass der Wortlaut des Testaments und die Äußerungen des Erblassers nahelegen, dass eine Gleichverteilung des Nachlasses auf alle vier Nichten und Neffen beabsichtigt war.

Auslegung des Testaments: Wortlaut und Umstände

Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den tatsächlichen Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist der gesamte Inhalt des Testaments und alle relevanten Nebenumstände zu berücksichtigen. Das Gericht stellte fest, dass sowohl der Wortlaut des Testaments als auch äußere Umstände darauf hinweisen, dass alle Beteiligten zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt werden sollten.

Eine wortlautorientierte Auslegung ergab, dass nach dem Tod des Letztverstorbenen das Vermögen auf die Nichte Vorname3 B und die Neffen Vorname4, Vorname5 und Vorname6 A zu gleichen Teilen übergehen sollte. Der Gerichtsbeschluss betonte, dass der Erblasser und seine Ehefrau keine Aufteilung nach Stämmen beabsichtigten, sondern eine gleichmäßige Verteilung des Erbes auf alle Nichten und Neffen.

Rechtliche Konsequenzen und Schlussfolgerungen des Gerichts

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass die Beteiligten zu 1) bis 4) zu gleichen Teilen erben und nicht, wie vom Amtsgericht angenommen, nach unterschiedlichen Anteilen. Diese Entscheidung berücksichtigt die gesetzliche Vermutungsregel des § 2102 BGB, wonach die Einsetzung als Nacherbe im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe umfasst.

Das Gericht betonte, dass keine Hinweise darauf bestehen, dass die Eheleute eine Anwachsung zwischen den Stämmen gemäß § 2094 Abs. 3 BGB ausschließen wollten. Auch äußere Umstände wie die Aussage des Erblassers, dass alle Nichten und Neffen gleich behandelt werden sollten, bestätigten diese Auslegung.

Insgesamt führt die Entscheidung dazu, dass alle Beteiligten jeweils zu ¼ Erben des Erblassers geworden sind. Diese Entscheidung beruht auf einer detaillierten Auslegung des Testaments und der Berücksichtigung aller relevanten Umstände.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt, dass bei der Auslegung eines Testaments der tatsächliche Wille des Erblassers maßgeblich ist. Durch eine sorgfältige Analyse des Wortlauts und der Gesamtumstände konnte das Gericht feststellen, dass eine Gleichbehandlung aller Nichten und Neffen beabsichtigt war. Diese Erkenntnis unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden Betrachtung aller relevanten Faktoren bei der Testamentsauslegung, um den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln und umzusetzen.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Testamentsauslegung


Was sind die wichtigsten Grundsätze bei der Auslegung eines Testaments?

Die Auslegung eines Testaments ist ein zentraler Aspekt des Erbrechts, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln und umzusetzen. Dabei sind mehrere Grundsätze und Methoden zu beachten:

1. Subjektiver Wille des Erblassers: Der wichtigste Grundsatz bei der Testamentsauslegung ist die Ermittlung des subjektiven Willens des Erblassers. Dies bedeutet, dass nicht nur der Wortlaut des Testaments, sondern auch die Absichten und Vorstellungen des Erblassers berücksichtigt werden müssen. Der subjektive Wille hat Vorrang vor dem buchstäblichen Sinn der verwendeten Ausdrücke (§ 133 BGB).

2. Wortlaut und Kontext: Der Wortlaut des Testaments ist der Ausgangspunkt der Auslegung. Dabei wird der Text im Zusammenhang betrachtet, um den Sinn der verwendeten Begriffe und Formulierungen zu erfassen. Es ist wichtig, den gesamten Text des Testaments zu analysieren und nicht nur einzelne Passagen isoliert zu betrachten .

3. Berücksichtigung äußerer Umstände: Neben dem Wortlaut des Testaments sind auch äußere Umstände und Nebenumstände zu berücksichtigen, die Rückschlüsse auf den Willen des Erblassers zulassen. Dazu gehören beispielsweise die Lebens- und Vermögensverhältnisse des Erblassers, seine Beziehungen zu den Bedachten und frühere Erklärungen oder Testamente.

4. Andeutungstheorie: Ein Auslegungsergebnis muss zumindest eine Andeutung im Wortlaut des Testaments finden. Diese Theorie besagt, dass der wahre Wille des Erblassers im Testament zumindest angedeutet sein muss, um berücksichtigt werden zu können.

5. Ergänzende Auslegung: Wenn der Wille des Erblassers nicht eindeutig aus dem Testament hervorgeht, kann eine ergänzende Auslegung vorgenommen werden. Dabei wird hypothetisch gefragt, wie der Erblasser verfügt hätte, wenn ihm bestimmte Umstände bewusst gewesen wären. Diese Methode wird angewendet, um Regelungslücken im Testament zu schließen.

6. Gesetzliche Auslegungsregeln: Wenn der subjektive Wille des Erblassers nicht eindeutig ermittelt werden kann, greifen die gesetzlichen Auslegungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Diese Regeln dienen als Hilfsmittel, um den mutmaßlichen Willen des Erblassers zu bestimmen (§§ 2066 ff. BGB).

7. Vorrang der individuellen Auslegung: Die individuelle Auslegung des Testaments hat Vorrang vor den gesetzlichen Auslegungsregeln. Dies bedeutet, dass die konkreten Umstände des Einzelfalls und der individuelle Wille des Erblassers vorrangig zu berücksichtigen sind.

8. Keine Bindung an den Empfängerhorizont: Im Gegensatz zu anderen Willenserklärungen ist bei Testamenten der Empfängerhorizont nicht maßgeblich. Entscheidend ist allein der Wille des Erblassers zur Zeit der Testamentserrichtung.

9. Testierfreiheit: Der Erblasser hat grundsätzlich die Freiheit, seine Erbfolge nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Diese Testierfreiheit wird jedoch durch das Pflichtteilsrecht und andere gesetzliche Beschränkungen begrenzt.

10. Praktische Anwendung: Die Auslegung von Testamenten ist eine komplexe juristische Aufgabe, die fundierte Kenntnisse des Erbrechts und der juristischen Methoden erfordert. Juristen müssen den genauen Wortlaut des Testaments analysieren und alle relevanten Umstände berücksichtigen, um den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln.

Diese Grundsätze sind entscheidend, um den letzten Willen des Erblassers korrekt zu interpretieren und umzusetzen, wodurch Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden können.

Welche Rolle spielen äußere Umstände und Aussagen des Erblassers bei der Testamentsauslegung?

Äußere Umstände und Aussagen des Erblassers spielen eine wesentliche Rolle bei der Auslegung eines Testaments, da sie helfen, den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln. Diese Faktoren sind besonders wichtig, wenn der Wortlaut des Testaments nicht eindeutig ist oder missverständlich interpretiert werden kann.

Äußere Umstände umfassen alle relevanten Informationen, die außerhalb des Testaments liegen, aber Rückschlüsse auf den Willen des Erblassers zulassen. Dazu gehören beispielsweise die Lebens- und Vermögensverhältnisse des Erblassers, seine Beziehungen zu den Bedachten, frühere Testamente oder Testamentsentwürfe sowie sonstige schriftliche oder mündliche Äußerungen des Erblassers. Diese Umstände können entscheidende Hinweise darauf geben, was der Erblasser tatsächlich beabsichtigte, auch wenn dies nicht explizit im Testament formuliert wurde.

Aussagen des Erblassers sind ebenfalls von großer Bedeutung. Hierzu zählen mündliche Äußerungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat, sowie schriftliche Dokumente wie Briefe oder Notizen, die nicht Teil des Testaments sind, aber Aufschluss über seine Absichten geben können. Solche Aussagen müssen jedoch durch Zeugen belegbar sein, um bei der Auslegung berücksichtigt zu werden.

Ein zentrales Prinzip bei der Berücksichtigung äußerer Umstände und Aussagen ist die Andeutungstheorie. Diese besagt, dass das gefundene Auslegungsergebnis zumindest eine Andeutung im Wortlaut des Testaments finden muss. Das bedeutet, dass die äußeren Umstände und Aussagen des Erblassers im Testament zumindest angedeutet sein müssen, um als Grundlage für die Auslegung dienen zu können.

Ein Beispiel für die Bedeutung äußerer Umstände ist der Fall, in dem der Erblasser in einem Testament eine Person als Alleinerben einsetzt, aber keine detaillierten Anweisungen zur Verteilung des Nachlasses gibt. Wenn der Erblasser zu Lebzeiten wiederholt geäußert hat, dass bestimmte Vermögenswerte an bestimmte Personen gehen sollen, können diese Äußerungen bei der Auslegung des Testaments berücksichtigt werden, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln.

Zusammengefasst tragen äußere Umstände und Aussagen des Erblassers wesentlich dazu bei, den wahren Willen des Erblassers zu verstehen und umzusetzen. Sie ergänzen den Wortlaut des Testaments und helfen, Unklarheiten zu beseitigen, indem sie den Kontext und die Absichten des Erblassers beleuchten.

Welche gesetzlichen Vermutungsregeln können bei der Testamentsauslegung eine Rolle spielen?

Äußere Umstände und Aussagen des Erblassers spielen eine zentrale Rolle bei der Auslegung eines Testaments, da sie helfen, den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln. Diese Faktoren sind besonders wichtig, wenn der Wortlaut des Testaments nicht eindeutig ist oder missverständlich interpretiert werden kann.

Äußere Umstände umfassen alle relevanten Informationen, die außerhalb des Testaments liegen, aber Rückschlüsse auf den Willen des Erblassers zulassen. Dazu gehören beispielsweise die Lebens- und Vermögensverhältnisse des Erblassers, seine Beziehungen zu den Bedachten, frühere Testamente oder Testamentsentwürfe sowie sonstige schriftliche oder mündliche Äußerungen des Erblassers. Diese Umstände können entscheidende Hinweise darauf geben, was der Erblasser tatsächlich beabsichtigte, auch wenn dies nicht explizit im Testament formuliert wurde.

Aussagen des Erblassers sind ebenfalls von großer Bedeutung. Hierzu zählen mündliche Äußerungen, die der Erblasser zu Lebzeiten gemacht hat, sowie schriftliche Dokumente wie Briefe oder Notizen, die nicht Teil des Testaments sind, aber Aufschluss über seine Absichten geben können. Solche Aussagen müssen jedoch durch Zeugen belegbar sein, um bei der Auslegung berücksichtigt zu werden.

Ein zentrales Prinzip bei der Berücksichtigung äußerer Umstände und Aussagen ist die Andeutungstheorie. Diese besagt, dass das gefundene Auslegungsergebnis zumindest eine Andeutung im Wortlaut des Testaments finden muss. Das bedeutet, dass die äußeren Umstände und Aussagen des Erblassers im Testament zumindest angedeutet sein müssen, um als Grundlage für die Auslegung dienen zu können.

Ein Beispiel für die Bedeutung äußerer Umstände ist der Fall, in dem der Erblasser in einem Testament eine Person als Alleinerben einsetzt, aber keine detaillierten Anweisungen zur Verteilung des Nachlasses gibt. Wenn der Erblasser zu Lebzeiten wiederholt geäußert hat, dass bestimmte Vermögenswerte an bestimmte Personen gehen sollen, können diese Äußerungen bei der Auslegung des Testaments berücksichtigt werden, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln.

Äußere Umstände und Aussagen des Erblassers tragen wesentlich dazu bei, den wahren Willen des Erblassers zu verstehen und umzusetzen. Sie ergänzen den Wortlaut des Testaments und helfen, Unklarheiten zu beseitigen, indem sie den Kontext und die Absichten des Erblassers beleuchten.

Wie kann man sicherstellen, dass das eigene Testament eindeutig formuliert ist und Streitigkeiten vermieden werden? (9)

Um sicherzustellen, dass ein Testament eindeutig formuliert ist und Streitigkeiten vermieden werden, sind mehrere Aspekte zu beachten. Diese betreffen sowohl die formalen Anforderungen als auch die inhaltliche Klarheit und Präzision der testamentarischen Verfügungen.

1. Klare und präzise Formulierungen: Es ist essenziell, dass das Testament in einer klaren und verständlichen Sprache verfasst wird. Mehrdeutige oder unklare Formulierungen sollten vermieden werden. Jede Verfügung sollte so präzise wie möglich beschrieben werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Beispielsweise sollten genaue Angaben zu den Erben und den ihnen zugedachten Vermögenswerten gemacht werden .

2. Eindeutige Benennung der Erben: Die Erben sollten eindeutig benannt werden, um Verwechslungen zu vermeiden. Dies umfasst den vollständigen Namen, das Geburtsdatum und gegebenenfalls die Adresse der Erben. Auch die Anteile, die jeder Erbe erhalten soll, sollten klar definiert werden, entweder in Prozent oder als Bruchteil .

3. Berücksichtigung aller Eventualitäten: Es ist ratsam, auch für unvorhergesehene Ereignisse Vorkehrungen zu treffen. Dazu gehört die Benennung von Ersatzerben für den Fall, dass ein vorgesehener Erbe vor dem Erblasser verstirbt. Ebenso sollten Regelungen für den Fall getroffen werden, dass ein Erbe das Erbe ausschlägt.

4. Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung: Ein Testament sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass es den aktuellen Lebensumständen und Wünschen des Erblassers entspricht. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen, wie Heirat, Scheidung oder Geburt von Kindern, können eine Anpassung des Testaments erforderlich machen .

5. Formale Anforderungen beachten: Ein handschriftliches Testament muss vollständig von Hand geschrieben und unterschrieben sein. Es sollte mit einer eindeutigen Überschrift wie „Mein Testament“ oder „Mein letzter Wille“ versehen sein und das Datum sowie den Ort der Erstellung enthalten. Diese formalen Anforderungen sind entscheidend für die Gültigkeit des Testaments.

6. Notarielle Beratung: Um sicherzustellen, dass das Testament rechtssicher und eindeutig ist, kann eine notarielle Beratung hilfreich sein. Ein Notar kann dabei helfen, das Testament korrekt zu formulieren und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Dies kann auch dazu beitragen, spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

7. Amtliche Verwahrung: Die amtliche Verwahrung des Testaments beim Nachlassgericht oder Notar bietet zusätzlichen Schutz vor Verlust, Fälschung oder Unterschlagung. Ein beim Nachlassgericht hinterlegtes Testament wird im Zentralen Testamentsregister eingetragen und ist somit sicher verwahrt .

8. Berücksichtigung der gesetzlichen Erbfolge: Auch wenn der Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge abweichen möchte, sollte er sich der gesetzlichen Pflichtteilsansprüche bewusst sein und diese in seinem Testament berücksichtigen. Dies kann helfen, spätere Anfechtungen des Testaments zu vermeiden.

9. Einbeziehung von Fachanwälten: Bei komplexen Vermögensverhältnissen oder besonderen Wünschen kann die Einbeziehung eines Fachanwalts für Erbrecht sinnvoll sein. Ein Fachanwalt kann dabei helfen, das Testament so zu gestalten, dass es den Wünschen des Erblassers entspricht und rechtlich unangreifbar ist.

Durch die Beachtung dieser 9 Punkte kann ein Testament so formuliert werden, dass es den letzten Willen des Erblassers klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringt und spätere Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 2084 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Maßgeblich für die Auslegung von Testamenten. Ziel ist es, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Der Wortlaut des Testaments und alle Umstände, die außerhalb des Testaments liegen, sind heranzuziehen. Dies betrifft das gesamte Verhalten, Äußerungen und Handlungen des Erblassers.
  • § 2247 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelung zur Formwirksamkeit von eigenhändigen Testamenten. Relevant, da das Testament im Fall handschriftlich und gemeinschaftlich von den Ehegatten errichtet wurde.
  • § 2102 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Bezieht sich auf die Ersatzerbeneinsetzung. Im Zweifel umfasst die Einsetzung als Nacherbe auch die Einsetzung als Ersatzerbe. Hier relevant, da beide Geschwister der Eheleute vorverstorben sind und die gesetzliche Vermutungsregel zur Anwendung kam.
  • § 2091 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt die Erbfolge bei Ersatzerbschaft. Bestimmt, dass die Ersatzerben zu gleichen Teilen erben, falls keine abweichende testamentarische Regelung getroffen wurde.
  • § 2094 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelung zur Anwachsung von Erbteilen. Hat zur Folge, dass die freiwerdenden Erbteile den übrigen Erben zufallen. Dies war relevant, da keine explizite Regelung für den Tod der Schwester der Ehefrau vorlag.
  • § 58 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit): Bestimmung über die Statthaftigkeit von Beschwerden im familiengerichtlichen Verfahren. Hier relevant für die Zulässigkeit der Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4).
  • § 63 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit): Fristregelung für Beschwerden im familiengerichtlichen Verfahren. Relevant, da die Beschwerden fristgerecht eingegangen sind.
  • § 81 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit): Bestimmung zur Kostenentscheidung. Hier wurde entschieden, dass Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.
  • § 70 Abs. 2 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit): Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Diese lagen hier nicht vor, weshalb die Entscheidung rechtskräftig wurde.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main

OLG Frankfurt – Az.: 21 W 52/23 – Beschluss vom 27.06.2023

Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4) wird der Beschluss des Amtsgericht Bad Homburg vdH vom 2. März 2023 abgeändert. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) vom 2. November 2022 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 500.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Erblasser war verwitwet. Die Ehe blieb kinderlos. Die Eltern beider Ehepartner sind vorverstorben. Die im Jahr 2018 verstorbene Ehefrau des Erblassers hatte eine Schwester, Frau Vorname1 A, die im Jahr 1929 geboren wurde und im Jahr 2013 verstarb. Bei den Beteiligten zu 2) bis 4) handelt es sich um die einzigen Kinder der Schwester. Der Erblasser selbst hatte einen im Jahr 1935 geborenen und 2015 vorverstorbenen Bruder, Herrn Vorname2 B. Die Beteiligte zu 1) ist dessen Tochter.

Am 30. Dezember 1990 errichteten die Ehegatten ein gemeinschaftliches, handschriftliches Testament. Dieses lautet wörtlich:

Unser letzter Wille!

Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Tode des Letztverstorbenen soll unser ganzer beiderseitiger Nachlass je zur Hälfte an Herrn Vorname2 B sowie an Frau Vorname1 A fallen. Nach dessen Tod soll die Erbschaft an die Nichte Vorname3 B (Beteiligte zu 1)), sowie die Neffen Vorname4, Vorname5 und Vorname6 A (Beteiligte zu 2) bis 4)) fallen.

Nach dem Tod des Erblassers hat die Beteiligte zu 1) einen Erbschein beantragt, der sie als Erbin zu ½ und die Beteiligten zu 2) bis 4) als Erben zu jeweils 1/6 ausweist. Sie hat sich dabei auf die letztwillige Verfügung der Eheleute aus dem Jahr 1990 berufen und ausgeführt, eine Auslegung des Testaments ergebe, dass die Eheleute die beiden Stämme nach ihm und ihr zu gleichen Teilen habe bedenken wollen. Dem sind die Beteiligten zu 2) bis 4) entgegengetreten. Eine Aufteilung nach Stämmen sei nicht gewollt gewesen. Vielmehr habe der Erblasser anlässlich eines Besuches des Beteiligten zu 3) diesem gegenüber geäußert, er und seine Frau hätten festgelegt, dass alle vier Nichten und Neffen den gleichen Anteil erhalten sollten. Sie hätten keinen von ihnen bevorzugen wollen.

Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung die für den Erlass des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen festgestellt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Ehegatten hätten ihr Vermögen als Einheit betrachtet. Das lege die Annahme nahe, dass beide kinderlose Ehegatten bei den gegenseitigen Erbeinsetzungen den übereinstimmenden Willen hatten, dass nach dem Tode des zuletzt Versterbenden noch vorhandene Vermögen dem Stamm des Mannes und der Frau gleichmäßig je zur Hälfte zukommen zu lassen. Dies ergebe sich auch aus der Anordnung einer Nacherbfolge zugunsten der Abkömmlinge von Schwester und Bruder.

Gegen die ihnen am 4. März 2023 bzw. 7. bzw. 20. März 2023 zugestellte Entscheidung haben die Beteiligten zu 2) bis 4) jeweils gesondert mit am 29. März bzw. am 5. April bzw. am 4. April 2023 beim Nachlassgericht eingegangenen Schriftsätzen Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, dass der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen wird. Sie sind der Auffassung, dass keine Vor- und Nacherbschaft angeordnet worden sei, vielmehr die Eheleute ihre Nichten und Neffen mit gleichen Erbanteilen als Ersatzerben des Letztverstorbenen berufen hätten.

Das Nachlassgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Gericht halte an seiner Auslegung fest, wonach Vor- und Nacherbschaft angeordnet worden sei. Insoweit wird Bezug genommen auf Bl. 61 d. A..

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Beschwerdeverfahren sowie die ihnen beigefügten Anlagen verwiesen. Der Berichterstatter hat den Beteiligten einen Hinweis gegeben (Bl. 64 d. A.), woraufhin die Beteiligte zu 1) ergänzend vorgetragen hat. Insoweit wird auf Bl. 74 ff. d. A. verwiesen.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Beschwerdeverfahren und die ihnen beigefügten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Rechtsmittel sind begründet. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) ist zurückzuweisen.

1. Die gemäß § 58 FamFG statthaften Beschwerden der Beteiligten zu 2) bis 4) sind zulässig und insbesondere fristgerecht beim Nachlassgericht eingegangen, § 63 FamFG. Ferner sind die Beteiligten zu 2) bis 4) jeweils als Erbprätendenten beschwerdebefugt (vgl. Sternal/Meyer – Holz, FamFG, 2023, § 59 Rn 78).

2. Die Beschwerden sind darüber hinaus erfolgreich. Zu Unrecht ist das Nachlassgericht von einer Erbfolge ausgegangen, nach der die Beteiligte zu 1) Erbin zu ½ und die Beteiligten zu 2) bis 4) Erben zu jeweils 1/6 geworden sind. Vielmehr erben – ohne, dass es hierauf streitentscheidend ankäme – alle Beteiligten zu jeweils gleichen Teilen.

Noch zutreffend ist das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass sich die Erbfolge nach der letztwilligen Verfügung der Eheleute aus dem Jahr 1990 richtet. Maßgeblich ist daher eine Auslegung des formwirksam errichteten gemeinschaftlichen Testaments. Aus einer verständigen Auslegung der letztwilligen Verfügung ergibt sich aber keine Verteilung des Vermögens des Letztverstorbenen nach Stämmen sondern nach Köpfen.

a) Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, wobei maßgeblich allein das subjektive Verständnis des Erblassers von den von ihm verwendeten Begriffen ist (vgl. BGH FamRZ 1987, 475, 476; Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2084 Rn. 1). Zur Ermittlung des Inhalts der testamentarischen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen (vgl. BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Solche Umstände können vor oder auch nach der Errichtung des Testamentes liegen. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers, seine Äußerungen und Handlungen (vgl. Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2084 Rn 2 m.w.N.), jedoch müssen sich mit Blick auf die Formerfordernisse des § 2247 BGB für einen entsprechenden Willen des Erblassers in der letztwilligen Verfügung – wenn auch nur andeutungsweise – Anhaltspunkte finden lassen (vgl. BGHZ 80, 242, 244; BGHZ 86, 41; Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2084 Rn. 4).

b) Hiernach ist zunächst vom Wortlaut der letztwilligen Verfügung auszugehen. Eine vornehmlich am Wortlaut orientierte Auslegung führt aber zu einer Erbfolge nach Köpfen der in der letztwilligen Verfügung bedachten Beteiligten zu 1) bis 4) (aa). Außerhalb der Urkunde sich ergebende Umstände führen zu keinem anderen Ergebnis (bb). Schließlich ergäbe sich auch kein anderes Ergebnis, wenn man eine hier nicht fernliegende, den Wortlaut korrigierende Auslegung unterstellte (cc).

aa) Zutreffend und zwischen den Beteiligten unstreitig ergibt eine am Wortlaut orientierte Auslegung zunächst, dass sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. Nach dem Tod des Letztverstorbenen haben die Eheleute sodann den Bruder des Erblassers und die Schwester dessen Ehefrau als Schlusserben zu gleichen Teilen eingesetzt. Dabei haben sie – dem Wortlaut zufolge – keine weitere Regelung für den Tod der Schwester der Ehefrau getroffen, hingegen bestimmt, dass nach dem Tod des Bruders („dessen“) die Erbschaft an die Nichte Vorname3 B sowie die Neffen Vorname4, Vorname5 und Vorname6 A fallen soll. Hierzu geht das Nachlassgericht insoweit zu Recht davon aus, dass Vor- und Nacherbschaft diesbezüglich angeordnet worden ist.

Soweit die Beteiligten zu 2) bis 4) die Anordnung einer Nacherbschaft ablehnen, weil zum einen das Wort „dessen“ sich auf den Erblasser und nicht dessen Bruder beziehe und weil zum anderen die mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft verbundenen Einschränkungen des Vorerben unüblich und zudem aus dem Testament nicht ersichtlich seien, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen.

Das Wort „dessen“ kann bereits deshalb nicht auf den Erblasser bezogen werden, weil schon im vorstehenden Satz geregelt ist, welche Erbfolge nach dessen Tod gelten soll. Beide Sätze würden sich damit widersprechen und ganz unterschiedliche Erbfolgeregelungen beinhalten. Vielmehr kann der Satz streng vom Wortlaut ausgehend nur dahin verstanden werden, dass er eine Regelung dahingehend enthält, was nach dem Tod des zunächst als Schlusserben Bedachten geschehen soll, dass nämlich dann das Erbe auf die Beteiligten zu 1) bis 4) übergeht. Gerade das beinhaltet aber die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft, wobei sich etwaige Beschränkungen des Vorerben – auf die es vorliegend ohnehin mangels Grundbesitz des Erblassers nicht vornehmlich ankommt – aus dem Gesetz ergeben und nicht von den Testierenden ausdrücklich genannt werden müssen.

Allerdings ist diese zunächst sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung nicht zum Tragen gekommen, da beide Geschwister der Eheleute vorverstorben sind. Mangels anderweitiger Auslegungskriterien kommt mithin die gesetzliche Vermutungsregel des § 2102 BGB zum Tragen. Hiernach enthält die Einsetzung als Nacherbe im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe. Das hat zur Folge, dass alle vier Beteiligten zugleich als Ersatzerben des Schlusserben Vorname2 B anzusehen sind, mithin beim Tod des Erblassers an die Stelle dessen Bruder getreten sind und zwar – wie sich mangels abweichender testamentarischer Regelung ergibt – gemäß § 2091 BGB zu gleichen Teilen. Demgegenüber ist auch bei Heranziehung der gesetzlichen Auslegungsvermutung aus § 2102 BGB für den hier ebenfalls eingetretenen Fall des Vorversterbens der Schwester der Ehegattin von den Eheleuten dem Wortlaut zufolge keine Regelung getroffen worden.

Dies wiederum hat zur Folge, dass deren Erbteil gemäß § 2094 Abs. 1 BGB den übrigen Erben, d.h. ursprünglich dem Bruder des Erblassers und aufgrund des Vorversterbens vorliegend den Ersatzerben des vorverstorbenen Bruders des Erblassers, anwächst und zwar nach dem Verhältnis ihrer Erbteile also wiederum zu gleichen Teilen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute die Anwachsung zwischen ihren als Vorerben vorgesehenen Geschwistern gemäß § 2094 Abs. 3 BGB ausgeschlossen haben könnten, sind nicht ersichtlich. Dies wäre nur dann der Fall, sofern sich eine Erbfolge nach Stämmen und nicht nach Personen ausmachen ließe. Gerade dies ist aber nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht bereits daraus, dass die jeweiligen Geschwister der Eheleute als Erben eingesetzt worden sind. Bei denen handelt es sich lediglich um die nächsten Angehörigen der gleichen Generation, wobei jeder der Eheleute ein Geschwister hatte.

Dass dabei die Vorschrift des § 2094 Abs. 1 BGB auf die Einsetzung nach § 2102 BGB vermuteter Ersatzerben nicht anwendbar sein soll, ist nicht ersichtlich. Das Institut der Anwachsung beruht auf dem Gedanken, dass die Erblasser mit ihrer Erbeinsetzung zugleich die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen haben. Deswegen wird bei Wegfall eines Eingesetzten vermutet, dass den freiwerdenden Erbteil die übrigen Testamentserben erhalten sollen und nicht die gesetzlichen Erben (vgl. Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2094 Rn. 1). Ist eine Ersatzerbschaft ausdrücklich angeordnet, kann kein durchgreifender Zweifel daran bestehen, dass sodann die in § 2094 BGB angeordnete Anwachsung auch zugunsten des ausdrücklich eingesetzten Ersatzerben zu erfolgen hat. Auch insoweit wird die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen. Dann aber besteht kein Grund, die Anwachsung auch dem nach § 2102 BGB vermuteten Ersatzerben anzugedeihen lassen. Denn auch hier besteht der Ansatz darin, dass die Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge gerade abweichen wollten.

Vorliegend kommt hinzu, dass andernfalls mit Blick auf den freigewordenen Erbteil der Schwester der Ehefrau die gesetzlichen Erben des letztverstorbenen Ehemannes zum Zuge kämen, mithin die Beteiligten zu 1). Wenn aber – dem Wortlaut zufolge – die Nachkommen der Schwester der Ehefrau als Nacherben bereits Teil haben am Erbteil, der dem Bruder des Erblassers zufallen sollte, ist schwer einsehbar, warum sie sodann nicht wenigstens auch Teil haben sollten an dem Erbteil, der ursprünglich der Schwester der Ehegattin zufallen sollte.

Folglich führt eine am Wortlaut orientierte Auslegung der letztwilligen Verfügung dazu, dass die Beteiligten zu 1) bis 4) zu gleichen Teilen Ersatzerben des Bruders des Erblassers geworden sind und in dieser Eigenschaft ihnen der Erbteil der Schwester der Ehefrau des Erblassers ebenfalls zu gleichen Teilen angewachsen ist mit der Folge, dass alle Beteiligten zu jeweils ¼ Erben des Erblassers geworden sind.

bb) Umstände, die diesem am Wortlaut orientierten Auslegungsergebnis entgegenstehen könnten, sind von den Beteiligten trotz eines entsprechenden Hinweises des Berichterstatters nicht vorgetragen worden. Im Gegenteil haben die Beteiligten zu 2) bis 4) angegeben, der Erblasser habe dem Beteiligten zu 3) gegenüber geäußert, er und seine Ehefrau hätten eine Gleichbehandlung aller Nichten und Neffen gewollt. Zwar handelt es sich hierbei nur um eine Aussage des Ehegatten und nicht beider Testatoren, die dazu noch in einem Zeitraum erfolgte, der vom maßgeblichen Zeitpunkt der Testamentserrichtung abweicht. Gleichwohl ist ihr – so sie denn in dieser Form gefallen ist – eine indizielle Bedeutung dahingehend beizumessen, dass die Eheleute jeweils eine Gleichverteilung nach Köpfen und nicht nach Stämmen innerhalb der jeweiligen Generation, sprich der Geschwister einerseits und den Nichten und Neffen andererseits, anstrebten. Umgekehrt ist nichts Wesentliches dafür ersichtlich, dass es den Eheleuten um eine endgültige Erbfolge nach Stämmen ging. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass in den Nachlass kein Immobilienvermögen fällt, bei dem noch am Ehesten von dem Wunsch ausgegangen werden kann, dass dem jeweiligen Stamm das Vermögen zufallen soll. Auch der Umstand, dass im Schlusssatz des Testaments die Nichte Vorname3 B auf der einen Seite und die Neffen Vorname4, Vorname5 und Vorname6 A auf der anderen Seite genannt sind, spricht vorliegend nicht für ein Denken der Eheleute in Stämmen, sondern dürfte sich aus dem Geschlecht und der damit verbundenen sprachlich möglichst knappen Fassung erklären. Schließlich ergibt sich aus dem Vorbringen der Beteiligten – wenn überhaupt – ein besonders enges Verhältnis des Beteiligten zu 3) als dem Neffen seiner Ehefrau zum Erblasser. Auch dies spricht gegen ein Denken in Stämmen und vielmehr für ein von der Blutsverwandtschaft unabhängiges Verhältnis der Eheleute zu deren gemeinsamen Nichten und Neffen.

Soweit die Beteiligte zu 1) dagegen einwendet, der Auslegung des Senats zufolge würden die Stämme unterschiedlich bedacht, ist dies selbstverständlich zutreffend, spricht aber nicht gegen das Auslegungsergebnis, da kein überzeugender Anhalt dafür ersichtlich ist, dass die Eheleute in Stämmen gedacht haben.

cc) Schließlich ergibt sich auch kein anderes Ergebnis, sofern man den Wortlaut korrigierend dahin auslegt, dass der dritte Satz des Testaments lautet: „Nach deren Tod soll die Erbschaft …“. Hierfür mag sprechen, dass – worauf die Beteiligte zu 1) zu Recht hinweist – mangels Anordnung einer Ersatzerbschaft für die Schwester der Ehefrau es hinsichtlich deren Erbteils zur gesetzlichen Erbfolge im Fall deren Nachversterbens gekommen wäre und ein Anhalt, dass die Eheleute diese Erbfolge gewünscht haben könnten, nicht ersichtlich ist. Gleichwohl vermag die Beteiligte zu 1) aus dieser Überlegung kein Argument für ihre Position ableiten. Denn in diesem Fall bezöge sich die angeordnete Nacherbschaft sowohl auf den Bruder des Erblassers als auch auf die Schwester dessen Ehefrau. Jeweils wären alle vier Nichten und Neffen als Nacherben eingesetzt und wiederum – mangels Zuweisung anderer Erbteile – gemäß § 2094 BGB zu gleichen Teilen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Dabei entspricht es der Billigkeit, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen. Gleichzeitig besteht keine Veranlassung dafür, der unterlegenen Beschwerdegegnerin die außergerichtlichen Kosten anderer Verfahrensbeteiligter aufzuerlegen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Entscheidungen sind folglich rechtskräftig.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 61, 40 GNotKG. Sie richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert der Interessen, denen die Rechtsmittel ausweislich des Antrags der Beschwerdeführer dienen. Ziel des Antrags des Beteiligten zu 2) bis 4) ist die Verhinderung der Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, wie er von der Beteiligten zu 1) beantragt worden ist. Damit ist für den Geschäftswert auch des Beschwerdeverfahrens die spezielle Regelung in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GNotKG heranzuziehen, wonach der Geschäftswert dem Nachlasswert im Zeitpunkt des Erbfalls entspricht, wobei Nachlassverbindlichkeiten nicht abzuziehen sind. Den Wert des Nachlasses bemisst der Senat auf der Grundlage der Angaben der Beteiligten zu (Bl. 3 d. A.) auf bis zu 500.000 €. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Beschwerdewert.

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