Testamentsinterpretation: Stiftung als Alleinerbin und die Bedeutung des Erblasserwillens
Das Oberlandesgericht Hamburg befasste sich in einem Beschluss vom 05.02.2020 mit der Auslegung eines Testaments, in dem eine Organisation als Alleinerbin benannt wurde. Im Kern ging es um die Frage, welche Organisation tatsächlich als Erbin gemeint war und wie der Wille der Erblasserin zu interpretieren ist.
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Übersicht
Namensänderung und Stiftungszweck
Im Jahr 2010 änderte die „Stiftung-Tierpark-H…“ ihren Namen in „Stiftung H…“. Mit dieser Namensänderung ging auch eine Änderung des Stiftungszwecks einher. Während zuvor eine enge Zusammenarbeit mit der „Gesellschaft mit beschränkter Haftung Tierpark H…“ im Fokus stand, erweiterte sich der Zweck der Stiftung um diverse andere Ziele, darunter Tierschutz und Artenschutz. Seit 2012 unterstützte die Stiftung den Tierpark nur noch eingeschränkt, hauptsächlich aufgrund interner Familienstreitigkeiten und der drohenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit einer anderen beteiligten Partei.
Beziehung zwischen Erblasserin und Stiftung
Die Erblasserin hatte während ihres Lebens eine enge Verbindung zur „Stiftung H…“. Dies zeigte sich durch zahlreiche Spenden, die sie der Stiftung zukommen ließ, sowie durch ihre aktive Beteiligung an Veranstaltungen der Stiftung. Zudem war sie persönlich mit dem Vorstand der Stiftung bekannt. Diese Faktoren lassen darauf schließen, dass die Erblasserin mit der Bezeichnung „Tierpark H…“ im Testament tatsächlich die „Stiftung H…“ meinte und ihr Vermögen dieser zukommen lassen wollte.
Interpretation des Testaments
Die Auslegung eines Testaments muss sich immer am Willen des Erblassers orientieren. Selbst wenn die Formulierung im Testament eindeutig erscheint, kann der tatsächliche Wille des Erblassers davon abweichen. Das Gericht muss daher alle Umstände berücksichtigen und versuchen, den wahren Willen des Erblassers herauszufinden. In diesem Fall kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Erblasserin trotz der Namensänderung und der geänderten Stiftungssatzung die „Stiftung H…“ als Alleinerbin einsetzen wollte.
Schlussbetrachtung
Das Beschwerdegericht bestätigte die Ansicht des Nachlassgerichts, dass die „Stiftung H…“ die beabsichtigte Alleinerbin ist. Die enge Beziehung zwischen der Erblasserin und der Stiftung, ihre zahlreichen Spenden und ihre aktive Beteiligung an Veranstaltungen der Stiftung waren ausschlaggebend für diese Entscheidung. Es wurde deutlich, dass die Erblasserin ihren letzten Willen klar zum Ausdruck gebracht hat und dieser respektiert werden sollte.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 2 W 2/20 – Beschluss vom 05.02.2020
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg – Nachlassgericht – vom 01.11.2019 (Az.: 72-76 VI 3699/18) wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligte zu 3) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 643.487,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 2) und 3) streiten um die Frage, wer von ihnen testamentarische Alleinerbin der Erblasserin geworden ist.
Die ledige und kinderlose Erblasserin hatte ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte sie in Hamburg. Sie verstarb am 18.9.2018. Von der Erblasserin wurden zwei handschriftliche Testamente erstellt. Eines datierte sie auf den 13.01.2006 und versah es mit dem handschriftlichen Vermerk „ungültig!“. Ein weiteres handschriftliches Testament der Erblasserin trägt das Datum 08.11.2015. In diesem Testament listete sie insgesamt acht Verwandte auf, die „je 50.000 € erben sollen“. Ferner verfügte sie wörtlich:
„Der nach Auszahlung dieser Legate verbleibende Rest meines Vermögens soll dem Tierpark H… zugutekommen. Sollte einer der oben genannten Erben zum Zeitpunkt meines Todes nicht mehr am Leben sein, erhöht sich damit der Anteil des Tierparks H….“
Das Testament enthält ferner die Einsetzung des Beteiligten zu 1.) als Testamentsvollstrecker, worüber ihm das Nachlassgericht am 7.11.2018 ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausstellte.
In der Freien und Hansestadt Hamburg existieren mehrere Einrichtungen und Gesellschaften, in deren Namen oder in deren Firma der Familienname „H…“ auftaucht. Hierzu gehören unter anderem die Beteiligte zu 3), die unter dem Namen „Tierpark H… Gemeinnützige Gesellschaft mbH“ firmiert und die den Tierpark H… betreibt sowie die Beteiligte zu 2), die unter dem Namen „Stiftung H…“ auftritt.
Im März 2010 änderte die Beteiligte zu 2), die bis dahin unter der Bezeichnung „Stiftung-Tierpark-H…“ auftrat, ihren Namen in „Stiftung H…“. Neben der Namensänderung wurde in diesem Jahr auch eine Änderung der Stiftungssatzung beschlossen. Sah § 2 der Satzung bis zu diesem Zeitpunkt als Stiftungszweck „insbesondere eine enge Zusammenarbeit mit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung Tierpark H… Gemeinnützige Gesellschaft mbH“ vor, verfolgt die Stiftung seit der Neufassung des § 2 Abs. 2 der Satzung nun neben vielen anderen Zwecken wie dem Tierschutz, der Tierzucht, dem Artenschutz, der Volksbildung, wissenschaftlichen Zwecken etc. auch eine Förderung der Beteiligten zu 3). Des Weiteren wurde im Jahr 2010 § 2 Abs. 2 g) in die Satzung der Beteiligten zu 2) eingefügt. § 2 Abs. 2 g) sieht vor, dass Mittel von nun an auch an andere unbeschränkt steuerbegünstigte Körperschaften des Privatrechts weitergegeben werden können. Seitdem erfolgt die Förderung des Tierparks H… auf freiwilliger Basis. Auch faktisch findet seit dem Jahr 2012 eine Förderung des Tierparks H… durch die Beteiligte zu 2) aus unterschiedlichen Gründen, zu denen unter anderem die drohende Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Beteiligten zu 3) zählt, nur noch eingeschränkt statt. Ferner wurde die projektbezogene Förderung des Tierparks H… von der Beteiligten zu 2) gänzlich eingestellt, da eine diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten aufgrund von internen Familienstreitigkeiten derzeit nicht möglich ist. Gegenwärtig werden infolgedessen von der Beteiligten zu 2) ausschließlich Gelder für Futtermittel u.ä. bereitgestellt. Dies geschieht in der Form, dass die Beteiligte zu 2) Zahlungen an die Lieferanten der Beteiligten zu 3) leistet. Diejenigen monetären Mittel, die bei der Beteiligten zu 2) für eine projektbezogene Förderung des Tierparks H… vorgesehen sind, werden hingegen aktuell „zurückgehalten“, bis eine projektbezogene Zusammenarbeit wieder möglich ist.
Zu Lebzeiten hatte die Erblasserin mehrfach persönlichen Kontakt zu der Beteiligten zu 2) und trat dort als langjährige Spenderin in Erscheinung. Spätestens seit dem Jahr 2007 erhielt sie von der Beteiligten zu 2) jährlich die sog. Ehrenanstecknadel für ihre finanzielle Förderung. Auf der Ehrenanstecknadel sind die jeweilige Jahreszahl, ein Elefant sowie das Logo der Beteiligten zu 2) (bis einschließlich 2009 „Stiftung Tierpark H…“, ab 2010 „Stiftung H…“) zu sehen (Anlage 1, Bl. 110 – 113 d.A.). Anlässlich ihrer Geburtstage initiierte die Erblasserin mehrfach Spendenaufrufe zugunsten der Beteiligten zu 2). In der Einladung zu ihrem Geburtstag im März 2016 formulierte die Erblasserin wörtlich:
„Und damit sich keiner über ein Geschenk den Kopf zerbrechen muß, (ich habe auch wirklich alles, was ich brauche!) würde ich mich am meisten freuen über eine Spende für H… Tierpark unter der IBAN Nr. …“ (vgl. Anlage 3, Bl. 116 d.A.).
Bei der angegebenen internationalen Bankkontonummer handelt es sich um die Bankverbindung der Beteiligten zu 2). Diese Bankkontonummer gab die Erblasserin auch in den Jahren 2012 und 2018 in ähnlich formulierten Geburtstagseinladungen an und nannte dort als Kontoinhaberin die „Stiftung H…“.
Die Beteiligte zu 2) ist der Auffassung, dass sie durch das handschriftliche Testament vom 08.11.2015 Alleinerbin der Erblasserin geworden sei.
Die Beteiligte zu 2) hat daher erstinstanzlich die Erteilung eines Erbscheins dahingehend beantragt, dass die Erblasserin beerbt wird von der
Stiftung H…,
…, … Hamburg
allein.
Mit Schriftsatz vom 22.02.2019, eingegangen beim Nachlassgericht am 25.02.2019, hat die Beteiligte zu 3) erstinstanzlich beantragt,
1. den Erbscheinsantrag der Stiftung H… vom 14. Januar 2019 (Notariat S… Hamburg, UR-Nr. …) auf Erteilung des Erbscheins zurückzuweisen,
2. einen Erbschein folgenden Inhalts zu erteilen:
Erbin der Erblasserin H… H… M… S…, geboren am …, verstorben am 18. September 2018, letzte Anschrift: …, … Hamburg, ist gemäß der letztwilligen Verfügung vom 8. November 2015, eröffnet am 16. Oktober 2018, die Tierpark H… Gemeinnützige Gesellschaft mbH, …, … Hamburg zu 1/1 des Nachlasses.
Die Beteiligte zu 3) wendet ein, dass die Erblasserin den ausdrücklichen Willen geäußert habe, ihren Nachlass dem Tierpark H… zugutekommen zu lassen. Dies spreche gegen eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2). Denn durch eine solche Erbeinsetzung würde gerade nicht der Tierpark selbst zwingend unterstützt werden. Im Falle einer – derzeit drohenden – Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Beteiligten zu 3) wäre eine Unterstützung dieser durch die Beteiligte zu 2) zukünftig sogar gar nicht mehr möglich. Die Einsetzung der Beteiligten zu 2) als Alleinerbin sei daher nicht vom Willen der Erblasserin gedeckt. Der Wortlaut spreche vielmehr für eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 3).
Das Nachlassgericht hat die Beteiligten bzw. deren Vertreter am 25.06.2019 persönlich angehört. Hinsichtlich des Inhaltes dieser Anhörung wird auf das Protokoll vom 25.06.2019 verwiesen (Bl. 154 d.A.).
Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrages der Beteiligten wird auf die Schriftsätze in der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 01.11.2019 (Az.: 72-76 VI 3699/18), der Beteiligten zu 3) zugestellt am 11.11.2019, hat das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 2) auf Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet; den Antrag der Beteiligten zu 3) auf Erteilung eines Erbscheins hat das Nachlassgericht zurückgewiesen. Zur Begründung führt das Nachlassgericht aus, dass die Beteiligte zu 2) aufgrund des Testaments vom 08.11.2015 Alleinerbin der Erblasserin geworden sei. Eine Auslegung des Testamentes ergebe, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 2) und nicht die Beteiligte zu 3) zur Alleinerbin habe bestimmen wollen. Zwar lasse der Wortlaut der letztwilligen Verfügung im vorliegenden Fall keine zweifelsfreie Bestimmung einer der Beteiligten als Alleinerbin zu, der Wortlaut einer letztwilligen Verfügung sei nach §§ 133, 2084 BGB jedoch ohnehin nur ein Auslegungskriterium für die Erforschung des wirklichen Willens des Erblassers, der Vorrang vor dem Wortlaut habe. Eine Erforschung des wirklichen Willens der Erblasserin ergebe, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 2) mit „Tierpark H…“ gemeint habe. Dies folge aus einer Gesamtbetrachtung derjenigen Handlungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten mit der Beteiligten zu 2) verbunden haben. Hervorzuheben seien hier speziell die Vielzahl von Spenden, die die Erblasserin an die Beteiligte zu 2) tätigte, die Aufforderungen zu Spenden an ihre Freunde anlässlich ihrer Geburtstage, die Teilnahme an Veranstaltungen der Beteiligten zu 2) sowie die persönliche Bekanntschaft der Erblasserin mit dem Vorstand der Beteiligten zu 2). Die Erblasserin könne unter einer Förderung des Tierparks H… daher nur Vermögenszuwendungen an die Beteiligte zu 2) verstanden haben. Insbesondere würden nach Auffassung des Nachlassgerichts weder die Satzungsänderung der Beteiligten zu 2) im Jahr 2010 noch die faktischen Probleme in der derzeitigen Zusammenarbeit mit der Beteiligten zu 3) etwas an der Bestimmung der Beteiligten zu 2) als Alleinerbin ändern. Einer ergänzenden Auslegung des Testaments nach § 2084 BGB bedürfe es nicht, da die Bestimmung der Beteiligten zu 2) als Erbin nicht dem von der Erblasserin angestrebten Zweck, einer Förderung des Tierparks H… als Einrichtung, entgegenlaufe. Denn der Beteiligten zu 2) sei es zum gegenwärtigen Zeitpunkt sowohl rechtlich als auch faktisch möglich, den Tierpark H… durch eine Zahlung der Lieferanten der Beteiligten zu 3) zu fördern. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3) greife auch § 2073 BGB nicht ein, da eine klare Erforschung des Willens der Erbin durch Auslegung des Erblasserwillens im vorliegenden Fall möglich sei.
Mit Schriftsatz vom 25.11.2019, eingegangen beim Nachlassgericht am 26.11.2019, hat die Beteiligte zu 3) einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt.
Sie macht geltend, dass die Firma der Beteiligten zu 2) keinerlei Bezug zum Tierpark H… habe. Auch habe sie nach ihrem inhaltlichen Zweck keinen besonderen Bezug zum Tierpark H…. Die Feststellung des Gerichts, in der Firma der Beteiligten zu 2) sei ein Bezug zum Tierpark H… vorhanden, sei offensichtlich unzutreffend. Im Übrigen würden in Hamburg mehr als zwei Gesellschafen existieren, die in ihrer Firma den Namen „H…“ verwenden.
Die Beteiligte zu 3) beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 01.11.2019 wie folgt zu berichten:
Auf S. 2, 4. Absatz unter I., 1. Satz des Beschlusses heißt es:
„Es existieren in Hamburg zwei Gesellschaften, die in ihrer Firma Bezug zum Tierpark H… haben, die beiden Beteiligten.“
Diese Ausführungen sind wie folgt zu korrigieren:
Es existieren in Hamburg mehrere Gesellschaften, die in ihrer Firma den Namen „H…“ tragen, u.a. die Beteiligten. Bezug zum Tierpark H… hat nur die Beteiligte zu 2) in ihrer Firma, nicht aber die Antragstellerin.“
Die Beteiligte zu 2) tritt dem Tatbestandsberichtigungsantrag der Beteiligten zu 3) mit Schriftsatz vom 16.12.2019, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, entgegen. Sie meint, dass sie bereits deshalb Bezug zum Tierpark H… habe, weil sie bis 2010 unstreitig unter dem Namen „Stiftung-Tierpark-H…“ auftrat. Auch sei es für das vorliegende Verfahren unerheblich, ob außer den Beteiligten in Hamburg weitere Gesellschaften existieren, die den Namen „H…“ in der Firma führen oder einen Bezug zum Tierpark H… haben.
Die Beteiligte zu 2) beantragt, den Berichtigungsantrag der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Über den Tatbestandsberichtigungsantrag hat das Nachlassgericht bisher nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 11.12.2019, eingegangen bei der gemeinsamen Annahmestelle am gleichen Tag, hat die Beteiligte zu 3) Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichtes vom 01.11.2019 eingelegt.
Die Beteiligte zu 3) meint, das Nachlassgericht habe zu Unrecht die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 2) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Außerdem hätte ihr eigener Erbscheinsantrag nicht zurückgewiesen werden dürfen. Die Erblasserin habe sie zweifelsfrei als Alleinerbin eingesetzt. Das Nachlassgericht habe bei seiner Entscheidung eine Auslegung des Testaments entgegen dem Wortlaut vorgenommen, obwohl eine solche Auslegung nicht angezeigt gewesen sei. Denn bereits der Wortlaut des Testaments entspreche dem Willen der Erblasserin. Diese habe offenkundig die Beteiligte zu 3) als Erbin gewollt, weshalb diese ausdrücklich im Testament benannt sei. Zudem verkenne das Gericht, dass die Erblasserin bereits zu Lebzeiten einem Irrtum unterlegen sei. Denn sie sei davon ausgegangen, dass ihre Spenden an die Beteiligte zu 2) unmittelbar dem Tierpark H… zugutekommen würden, was seit dem Jahr 2012 nicht mehr der Fall sei. Die testamentarische Formulierung „Tierpark H…“ ohne weitere Ergänzungen oder Relativierungen verdeutliche, dass es der Erblasserin darauf angekommen sei, gerade den Tierpark erben zu lassen und nicht „irgendein gemeinnütziges Projekt der Antragstellerin“ zu fördern. Das Gericht gehe außerdem fehl in der Annahme, dass der Wortlaut der letztwilligen Verfügung einer Auslegung zugänglich sei. Der Wille der Erblasserin sei durch den eindeutigen Wortlaut zugunsten des „Tierpark H…“ klar definiert. Insofern verbiete sich jede weitere Auslegung. Im Übrigen sei zumindest § 2073 BGB anwendbar gewesen, sodass der Nachlass hätte zwischen den Beteiligten geteilt werden müssen. Weiter ist sie der Auffassung, dass die vom Nachlassgericht vorgenommene Auslegung entgegen dem Wortlaut schon aus formalen Gründen Fall nicht möglich sei und verweist hierzu auf die vom Bundesgerichtshof entwickelte „Andeutungstheorie“. Auch spreche das Verhalten der Erblasserin zu Lebzeiten ganz eindeutig für eine Begünstigung der Beteiligten zu 3). Aus den angeführten Geburtstagseinladungen sowie den von der Beteiligten zu 2) ausgegebenen Ehrenanstecknadeln gehe stets der Bezug zum Tierpark H… hervor. Dieser Bezug korrespondiere mit dem Willen der Erblasserin, den Tierpark unterstützen zu wollen.
Die Beteiligte zu 3) beantragt,
1. der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 7. November 2019, Az. 72 – 76n VI 36699/18 wird aufgehoben;
2. der Erbscheinsantrag der Stiftung H… vom 14. Januar 2019 (Notariat S… Hamburg, UR-Nr. …) auf Erteilung des Erbscheins wird zurückgewiesen;
3. ein Erbschein folgenden Inhalts wird erteilt:
Erbe der Erblasserin … H… M… S…, geboren am …, verstorben am 18. September 2018, letzte Anschrift: …, … Hamburg, ist gemäß der letztwilligen Verfügung vom 8. November 2015, eröffnet am 16. Oktober 2018, die Tierpark H… Gemeinnützige Gesellschaft mbH, …, … Hamburg zu 1/1 des Nachlasses;
Mit Beschluss vom 07.01.2020 hat das Nachlassgericht der Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss vom 01.11.2019 nicht abgeholfen. Zur Begründung führt das Nachlassgericht aus, dass der Beschwerdevortrag keine tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte enthalte, mit denen sich die angefochtene Entscheidung nicht befasst hätte. Das Nachlassgericht halte daher an der Begründung seiner Entscheidung fest. Insbesondere bleibe das Nachlassgericht bei seiner Auffassung, dass der Wortlaut des Testamentes gerade nicht eindeutig sei. Insofern sei das Testament durchaus einer Auslegung zugänglich. Auch greife das Argument der Beteiligten zu 3), dass viele Gesellschaften in ihrer Firma das Wort H… führen würden, ohne dass sich hieraus ein Bezug zum Tierpark ergebe, nicht durch. Denn sowohl aus der historischen Entwicklung der Beteiligten zu 2) als auch aus ihrer Satzung und ihrem Außenauftritt folge der Bezug zum Tierpark H…. Maßgeblich sei, dass ein neutraler Dritter in der Bezeichnung der Beteiligten zu 2) einen Bezug zum Tierpark H… erkennen würde. Auch finde der vom Nachlassgericht festgestellte Wille der Erblasserin durchaus eine hinreichende Stütze im Text des Testamentes. Denn das Testament sei fast wortgleich zu den Spendenaufrufen der Erblasserin zu Lebzeiten. Auch hier habe sie die Beteiligte zu 2) als „Tierpark H…“ bezeichnet. Es leuchte nicht ein, warum die Erblasserin in ihrem Testament auf einmal etwas anderes wollen würde als in den zahlreichen Spendenaufrufen anlässlich ihrer Geburtstage. Denn die Erblasserin habe zu ihren Lebzeiten unter „Spenden an den Tierpark H…“ niemals „Spenden an die Beteiligte zu 3)“ verstanden. Auch könne der Umstand, dass die Beteiligte zu 2) die Beteiligte zu 3) seit dem Jahr 2012 faktisch nur sehr eingeschränkt gefördert habe, keinen Einfluss auf die Auslegung des Testamentes haben. Denn der Erblasserin seien die Schwierigkeiten zwischen der Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 3) sowie deren Auswirkungen auf den Umfang der Förderung überhaupt nicht bekannt gewesen. Das Gericht habe darüber hinaus beträchtliche Zweifel daran, dass die Erblasserin bei Kenntnis dieser Umstände eine andere letztwillige Verfügung getroffen hätte. Denn zum einen sei die Förderung des Tierparks H… auch noch heute durch die Beteiligte zu 2) – wenn auch derzeit stark eingeschränkt – möglich und werde auch im Rahmen von Zahlungen für Futtermittel u.ä. durchgeführt. Zum anderen habe die Erblasserin zu ihren Lebzeiten die steuerrechtliche Privilegierung der Spenden geschätzt. Im Übrigen habe sicherlich auch die persönliche Verbindung der Erblasserin zur Beteiligten zu 2), unter anderem zu Herrn C…, der am 25.06.2019 als Vertreter der Beteiligten zu 2) vom Nachlassgericht angehört wurde, eine Rolle für ihre Spendenbereitschaft gespielt habe.
Mit Schriftsatz vom 14.01.2020 hat die Beteiligte zu 3) Stellung zum Nichtabhilfebeschluss des Nachlassgerichtes vom 07.01.2020 genommen und wiederholt hier im Wesentlichen ihren bisherigen Sach- und Rechtsvortrag.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsvortrages der Beteiligten wird auf die Schriftsätze in der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das Nachlassgericht hat die Akte dem Beschwerdegericht gem. § 68 Abs. 1 S. 1 FamFG zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass es in Ziffer 1) der Anträge (Bl. 186 f. d.A.) der Beteiligten zu 3) „der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 1. November 2019, Az. 72 – 76n VI 3699/18 wird aufgehoben“ statt „der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 7. November, Az. 72 – 76n VI 3699/18 wird aufgehoben“ heißen soll. Da der Beschluss (Az.: 72-76 VI 3699/18) vom 01. November 2019 am 07. November 2019 an die Geschäftsstelle übergeben wurde (§ 38 Abs. 3 S. 3 FamFG), scheint der Beteiligten zu 3) hier lediglich eine Datumsverwechslung unterlaufen zu sein.
Den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beteiligten zu 3) versteht das Beschwerdegericht dahingehend, dass hier „die Beteiligte zu 3)“ statt „die Beteiligte zu 2)“ gemeint ist. Da die Antragstellerin bereits im Rubrum des erstinstanzlichen Beschlusses als Beteiligte zu 2) aufgeführt ist, erscheint aus Sicht der Beteiligten zu 3) nur ein in dieser Form verstandener Tatbestandsberichtigungsantrag sinnvoll.
2. Über den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beteiligten zu 3) vom 25.11.2019 (Bl. 180 f. d.A.) kann das Beschwerdegericht zwar nicht selbst entscheiden, weil die Entscheidung hierüber, anders als die Berichtigung nach § 42 FamFG (Keidel, FamFG, 20. Aufl, § 42 Rn. 31 m.w.N.), allein dem Ausgangsgericht obliegt (z.B. Zöller, ZPO, § 320 Rn. 14). Die Beteiligte zu 3) begehrt auch in der Sache eine Änderung des „Tatbestandes“ des Beschlusses des Nachlassgerichts und keine Berichtigung nach § 42 FamFG. Denn sie möchte, dass in den Beschluss zusätzlich aufgenommen wird, dass in Hamburg neben der Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 3) weitere Gesellschaften existieren, die in ihrer Firma den Familiennamen „H…“ tragen und dass von diesen Gesellschaften ausschließlich die Beteiligte zu 3) in ihrer Firma Bezug zum Tierpark H… habe. Eine solche Änderung inhaltlicher Art wäre nur nach § 320 ZPO möglich, da eine Berichtigung des Tatbestandes über § 42 FamFG, der nur versehentliche Abweichungen der gerichtlichen Willenserklärung von der Willensbildung umfasst (Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 20. Auflage, § 42 Rn. 3), insoweit ausscheidet. Gleichwohl braucht das Beschwerdegericht das Beschwerdeverfahren nicht bis zur Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag durch das Nachlassgericht auszusetzen. Denn Beschlüsse nach § 38 FamFG unterliegen grundsätzlich nicht der Tatbestandsberichtigung. Das FamFG enthält nämlich bewusst keine dem § 320 ZPO entsprechende Vorschrift. Unrichtigkeit i.S.v. § 320 ZPO meint nämlich, dass das Gericht den Sach- oder Streitstand unzutreffend wiedergibt und im Tatbestand etwas beurkundet, was die Parteien nicht oder nicht so vorgetragen haben (Elzer, in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 34. Edition Stand: 01.09.2019, § 320 Rn. 21). § 320 ZPO soll verhindern, dass infolge der Beweiskraft des § 314 S. 1 ZPO ein unrichtig beurkundeter Parteivortrag oder Prozessstoff Grundlage für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird (BVerwG, Beschluss vom 12.03.2014 – 8 C 16.12 = BeckRS 2014, 49844 Rn. 9 = NVwZ 2013, 1237 Rn. 3; BFH, Beschluss vom 24.08.1967 – IV 410/61 = BeckRS 1967, 21003840; BGH, Beschluss vom 27.06.1956 – IV ZR 317/55 = NJW 1956, 1480). Eine Tatbestandsberichtigung setzt also voraus, dass der Tatbestand die verstärkte (positive) Beweiskraft nach § 314 S. 1 ZPO besitzt (BGH, Urteil vom 10.03.1983 – VII ZR 135/92 = NJW 1983, 2030; BGH, Beschluss vom 27.06.1956 – IV ZR 317/55 = NJW 1956, 1480; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.08.2016 – VI-Kart 3/16 (V) = BeckRS 2016, 15503; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.11.2008 – 17 U 364/08 = OLGR 2009, 147). Fehlt es daran, ist die Berichtigung unzulässig (BGH, Urteil vom 10.03.1983 – VII ZR 135/92 = NJW 1983, 2030; BGH, Beschluss vom 27.06.1956 – IV ZR 317/55 = NJW 1956, 1480; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2018 – U (Kart) 1/17 = BeckRS 2018, 29476). § 314 S. 1 ZPO findet im FamFG-Verfahren aber keine Anwendung. Das ergibt sich daraus, dass der Mündlichkeitsgrundsatz dort nicht gilt und der gesamte Akteninhalt Entscheidungsgrundlage ist (§ 37 Abs. 1 FamFG), so dass der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Beschluss nicht der Beweiskraft eines Tatbestands nach § 314 ZPO zukommt (Meyer-Holz in: Keidel, FamFG, 20. Auflage 2020, § 42 Rn. 23 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat daher konsequenterweise im FamFG-Verfahren keine Tatbestandsberichtigung vorgesehen (BT-Drs. 16/6308, 197; Meyer-Holz in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 42 Rn. 23). Allenfalls in dem hier nicht vorliegenden Fall der Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an tatsächliche Feststellungen im angefochtenen Beschluss (§ 74 Abs. 3 S. 4 FamFG iVm § 559 ZPO) wäre sie daher im Wege der Analogie denkbar (Meyer-Holz in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 42 Rn. 23). Scheidet damit aber schon von vornherein eine Tatbestandsberichtigung aus, bzw. wäre der Senat an eine gleichwohl durchgeführte Berichtigung ohnehin nicht gebunden, braucht die Entscheidung des Nachlassgerichts über den Tatbestandsberichtigungsantrag nicht abgewartet werden sondern kann der Senat sofort in der Sache über die Beschwerde entscheiden.
3. Die Beschwerde ist nach § 58 FamFG statthaft und in der rechten Form und Frist eingelegt, §§ 63, 64 FamFG. Die Beteiligte zu 3) ist nach § 59 FamFG beschwerdebefugt. Der Beschwerdewert ist erreicht, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt, § 61 Abs. 1 FamFG.
In der Sache ist die Beschwerde allerdings unbegründet, da das Nachlassgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat, dass die für die Erteilung des von der Beteiligten zu 2) mit Antrag vom 14.01.2019 beantragten Erbscheins notwendigen Tatsachen vorliegen. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Nachlassgericht weiter den Antrag der Beteiligten zu 3) zurückgewiesen. Wie das Nachlassgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Beteiligte zu 2) aufgrund des Testaments vom 08.11.2015 Alleinerbin der Erblasserin geworden. Dies ergibt eine Auslegung desselbigen. Das Beschwerdegericht erachtet die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 2) erforderlichen Tatsachen i.S.d. § 352e Abs. 1 S. 1 FamFG daher für festgestellt. Demgegenüber enthält das von der Erblasserin hinterlassene Testament weder ausdrücklich eine Berufung der Beteiligten zu 3) zur Alleinerbin noch kann diese der letztwilligen Verfügung im Wege der Auslegung entnommen werden. Hierzu im Einzelnen wie folgt:
a) Auch das Beschwerdegericht ist der Ansicht, dass das Testament der Erblasserin vom 08.11.2015 auslegungsbedürftig ist, da der Wortlaut der Erbeinsetzung mehrdeutig ist. Nur anhand des Wortlautes der Erbeinsetzung lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, wen die Erblasserin zur Alleinerbin bestimmen wollte. In dem Testament der Erblasserin heißt es: „Der nach Auszahlung dieser Legate verbleibende Rest meines Vermögens soll dem Tierpark H… zugutekommen.“ Sowohl die Beteiligte zu 2), die den Namen (§ 81 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BGB) „Stiftung H…“ trägt, als auch die Beteiligte zu 3), die als „Tierpark H… gemeinnützige Gesellschaft mbH“ firmiert, weisen einen Bezug zum Familiennamen „H…“ auf, der gedanklich gemeinhin mit dem Hamburger Tierpark „H…“ verknüpft wird. Nach dem Wortlaut ist daher eine Erbeinsetzung sowohl der Beteiligten zu 2) als auch der Beteiligten zu 3) denkbar, da beide Erbeinsetzungen dem Grunde nach geeignet wären, das Vermögen der Erblasserin dem genannten „Tierpark H…“ zugutekommen zu lassen. Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung – und in eingeschränktem Umfang auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt – war bzw. ist es beiden Beteiligten möglich, entgegengenommene Gelder für die Förderung des Tierparks H… zu verwenden. Es bedarf somit einer Auslegung des Wortlautes („Tierpark H…“) der letztwilligen Verfügung, um zu ermitteln, wen die Erblasserin als Alleinerbin einsetzen wollte.
b) Bei der Auslegung eines jeden Testaments ist der wirkliche Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist zwar zunächst vom Wortlaut auszugehen dieser ist jedoch nicht bindend. Insbesondere ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (vgl. § 133 BGB). Vielmehr sind der Wortsinn und die vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH, Urteil vom 07.10.1992 – IV ZR 160/91 = NJW 1993, 256 m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit allein sein subjektives Verständnis der von ihm verwendeten Begriffe (BGH, Urteil vom 28.01.1987 – IVa ZR 191/19 = FamRZ 1987, 475 (476); Weidlich in: Palandt BGB, 77. Auflage 2018, § 2084 Rn. 1). Selbst in den – seltenen – Fällen „klaren und eindeutigen Wortlauts“ ist der Auslegung eines Testaments eben durch diesen Wortlaut keine Grenze gesetzt (BGH, Beschluss vom 09.04.1981 – IVa ZB 6/80 = BGHZ 80, 246 (249) = NJW 1981, 736 = BeckRS 9998, 103668; BGH, Urteil vom 08.12.1982 – IVa ZR 94/81 = BGHZ 86, 41 = NJW 1983, 672; BayObLG, Beschluss vom 18.12.2003 – 1Z BR 130/02 = FGPrax 2004, 80 (81) = FamRZ 2004, 1235; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Juli 2014, 15 W 98/14). Zur Ermittlung des Inhalts der testamentarischen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen (BGH, Urteil vom 07.10.1992 – IV ZR 160/91 = NJW 1993, 256 m.w.N.). Solche Umstände können vor oder auch nach der Errichtung des Testaments liegen. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers, seine Äußerungen und Handlungen (Weidlich, in Palandt BGB, 77. Auflage 2018, § 2084 BGB Rn. 2 m.w.N.). Es geht dabei also nicht um die Ermittlung eines von der Erklärung losgelösten Willens, sondern um die Klärung der Frage, was der Erblasser mit seinen Worten sagen wollte. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass der Sprachgebrauch nicht immer so exakt ist oder sein kann, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er zum Ausdruck bringen wollte. Gerade deshalb ordnet § 133 BGB an, den Wortsinn der benutzten Ausdrücke unter Heranziehung aller Umstände zu „hinterfragen“. Nur dann kann die Auslegung der Erklärung gerade die Bedeutung ermitteln und ihr die rechtliche Wirkung zukommen lassen, die der Erklärende seiner Willenserklärung „wirklich“ beilegen wollte (BGH, Urteil vom 07.10.1992 – IV ZR 160/91 = NJW 1993, 256). Dem folgend hat der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass der Richter auch bei einer dem Wortlaut nach scheinbar eindeutigen Willenserklärung an den Wortlaut nicht gebunden ist, wenn der Erklärende mit seinen Worten einen anderen Sinn verbunden hat, als es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht (BGH, Urteil vom 08.12.1982 – IVa ZR 94/81 = BGHZ 86, 41 = NJW 1983, 672). Der Erblasserwille ist als sogenannte innere Tatsache der Beweisaufnahme zugänglich und geht, wenn er feststeht und formgerecht erklärt ist, jeder anderen Interpretation vor (BGH, Urteil vom 08.12.1982 – IVa ZR 94/81 = BGHZ 86, 41 = NJW 1983, 672). Kann sich der Richter aber trotz Auswertung aller Umstände von dem tatsächlich vorhandenen wirklichen Willen des Erblassers nicht überzeugen, dann muss er sich – wiederum unter Auswertung von Wortlaut und allen Umständen – notfalls mit dem Sinn begnügen, der dem Erblasserwillen mutmaßlich am ehesten entspricht (BGH, Urteil vom 07.10.1992 – IV ZR 160/91 = NJW 1993, 256). Von diesem durch Wortlaut und Umständen nahegelegten Verständnis darf er nur dann abgehen, wenn weitere Umstände mit mindestens annähernd gleich großem Gewicht für ein Verständnis in einem anderen Sinne dargetan und bewiesen sind (vgl. zu allem BGH Urteil vom 07.10.1992 – IV ZR 160/91 = NJW 1993, 256; OLG Hamm, Beschluss vom 22.07.2014 – 15 W 98/14 = NJW-RR 2015, 9 = FGPrax 2014, 264; OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2014 – I-15 W 136/13 = ZErb 2014, 167 = NJW-RR 2014, 781). Eine Ausnahme gilt dabei dort, wo das Gesetz selbst Auslegungsregelungen oder Vermutungen enthält. In diesen Fällen ist, wenn sich das Gericht nicht von dem tatsächlichen Willen des Erblassers überzeugen kann, allerdings auch erst dann, auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen (OLG Hamm, Beschluss vom 18.07.2013 – 15 W 88/13 = NJW-RR 2014, 9 = FGPrax 2013, 268).
c) Das Beschwerdegericht kann in Anwendung dieser Grundsätze dem Nachlassgericht beipflichten, dass sich dem verfahrensgegenständlichen Testament der Wille der Erblasserin, die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin einzusetzen, mit hinreichender Sicherheit entnehmen lässt. Diese Erkenntnis stützt sich zuvörderst auf eine Betrachtung der Handlungen der Erblasserin zu deren Lebzeiten. Denn in einer Gesamtschau vermögen diese den Willen der Erblasserin deutlich abzubilden:
aa) Wie die erstinstanzliche Anhörung des Herrn C… als Vertreter der Beteiligten zu 2.) ergab, pflegte die Erblasserin zu ihren Lebzeiten persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern der Beteiligten zu 2), um beispielsweise die Kontoverbindung für ihre Spendenaufrufe mit diesen abzustimmen. Es bestehen für das Beschwerdegericht keine Anhaltspunkte dafür, dass den Ausführungen des Herrn C… nicht zu glauben wäre. Auch die Beteiligte zu 3.) führt diesbezüglich keine Umstände an, die Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen aufkommen lassen. Hinzu kommt, dass auch der Beteiligte zu 1.) im Rahmen der persönlichen Anhörung am 25.06.2019 ergänzend glaubhaft ausführte, dass die Erblasserin einerseits die Steuerbegünstigungen durch Spenden an die Beteiligte zu 2) geschätzt habe und andererseits von den Jahresveranstaltungen geschwärmt habe, an denen sie mehrere Male teilnahm. Bereits diese Verbindung zwischen der Erblasserin und der Beteiligten zu 2) stellt auch aus Sicht des Beschwerdegerichts ein starkes Indiz dafür dar, dass die Erblasserin diese als Alleinerbin einsetzen wollte. Eine Verbindung zwischen der Erblasserin und der Beteiligten zu 3) ist hingegen nicht ersichtlich. Insoweit zutreffend führt das Nachlassgericht aus, dass ein Erblasser, der lediglich einen bestimmten Organisationstypus benennt, regelmäßig derjenigen Organisation etwas zuwenden will, der er sich durch Mitgliedschaft verbunden fühlt, deren Ziele, Repräsentanten und Mitglieder er wegen dieser Zugehörigkeit kennt und von der er deshalb annehmen kann, dass sie das Zugewendete in dem von ihm gewünschten Sinn verwenden wird (BayObLG, Beschluss vom 10.07.1998 – 3Z BR 104/98 = BayObLGZ, 160). Aus Sicht der Erblasserin ist dies zweifelsohne die Beteiligte zu 2) und nicht die Beteiligte zu 3). Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Überlegungen, die das Bayerische Oberste Landesgericht hierzu in der vom Nachlassgericht zitierten Entscheidung (BayObLG, Beschluss vom 10.07.1998 – 3Z BR 104/98 = BayObLGZ, 160) anstellt, auf den hiesigen Fall übertragbar sind. Denn eine solche Vorgehens- und Sichtweise scheint dem Beschwerdegericht sowohl lebensnah als auch praktikabel.
bb) Für eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) als Alleinerbin streitet auch eine Betrachtung der von der Erblasserin zu ihren Lebzeiten durchgeführten Spendenaufrufe. In ihrer Geburtstagseinladung aus dem Monat Februar des Jahres 2012 schrieb die Erblasserin wörtlich: „[…] Ich würde mich sehr über eine Spende für H… Tierpark freuen. Stiftung H…, Postbank Hamburg, Kontonr. … BLZ … .“ Auch im März 2016 (Bl. 116 d.A.) schrieb die Erblasserin: „[…] würde ich mich am meisten freuen über eine Spende für H… Tierpark und zwar unter der IBAN-Nr.: DE … […] DE ….“ Im März 2018 hieß es dann: „Und wie schon gewohnt, würde ich mich wieder an Stelle von Geschenken für mich über Spenden für H… am meisten freuen, bitte auf das Konto: Stiftung H…, IBAN DE ….“ Alle von der Erblasserin in ihren Geburtstagseinladungen angegebenen Bankverbindungen gehören dabei zu der Beteiligten zu 2). Auch zeigt der Wortlaut der Einladungen, dass die Erblasserin den Zufluss von monetären Mitteln an die Stiftung H… stets als „Spende für H… Tierpark“ oder „Spende für H…“ bezeichnete, was nahezu exakt der Wortwahl in ihrer letztwilligen Verfügung („[…] soll dem Tierpark H… zugutekommen“) gleicht. Bei objektiver Betrachtung spricht dies deutlich stärker für eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) als für eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 3), zu der die Erblasserin zu Lebzeiten weder Kontakt noch sonst eine Verbindung gehabt hat. Vielmehr bedeutete eine Förderung des Tierparks H… für die Erblasserin Zufluss monetärer Mittel an die Beteiligte zu 2). Im Übrigen erscheint es aus Sicht des Beschwerdegerichtes nicht abwegig, dass der Erblasserin bewusst war, dass die Stiftung H… auch weitere Projekte fördert. Denn einerseits waren die Ehrenanstecknadeln, die sie von der Beteiligten zu 2) in den Jahren 2007 bis 2014 erhielt, wie folgt überschrieben: „Arche H… – für den Erhalt des Tierparks und der Artenvielfalt“ (Hervorhebung durch das Gericht). Bei verständiger Würdigung kann der Zusatz „und der Artenvielfalt“ durchaus so interpretiert werden, dass die Beteiligte zu 2) die ihr zufließenden Vermögenszuwendungen auch nutzt, um generell an einem Erhalt der Artenvielfalt zu arbeiten. Darüber hinaus ist das Beschwerdegericht davon überzeugt, dass es der Erblasserin durchaus bewusst war, dass sich bei der Beteiligten zu 2) im Laufe der Jahre Veränderungen vollzogen haben. Schließlich bezeichnete sie die Beteiligte zu 2) bereits in ihrem Spendenaufruf aus dem Jahr 2012 mit dem neuen Namen „Stiftung H…“. Wenn die Erblasserin sich so intensiv mit ihren Finanzen beschäftigt hat und sich dabei sogar Gedanken über steuerliche Vorteile von im Wege der Spende zugewendeten Mitteln machte, erscheint es dem Beschwerdegericht lebensfremd, dass die Erblasserin sich nicht damit auseinandergesetzt haben soll, wofür die von ihr gespendeten Gelder konkret von der Beteiligten zu 2) genutzt werden. Im Übrigen weist § 2 der Stiftungssatzung in der Fassung vom 20. April 2010 ausdrücklich darauf hin, dass der Stiftungszweck insbesondere durch die Nutzung der Einrichtungen des Tierparks H… als kulturelle Institution Hamburgs sowie durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Tierpark H… und dem Tropen-Aquarium H…, die durch finanzielle und ideelle Mittel in ihrer Arbeit unterstützt werden sollen, verwirklicht wird.
cc) Auch die von der Beteiligten zu 3) angeführten Differenzen zwischen ihr und der Beteiligten zu 2) führen zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Denn auch wenn die Beteiligte zu 2) gegenwärtig keine Projekte der Beteiligten zu 3) fördert, leistet sie Zahlungen an Lieferanten für Tierfutter u.ä. Damit wird aus objektiver Sicht genau das erreicht, was die Erblasserin wollte. Ihr Vermögen wird verwendet, um Leistungen zu finanzieren, die unmittelbar den Tieren des Parkes zu Gute kommen. Im Übrigen erspart sich die Beteiligte zu 3) durch die Zahlungen der Beteiligten zu 2) diese Aufwendungen und kann das gesparte Geld folglich für andere tierparkbezogene Projekte aufwenden. Da der Beteiligten zu 3) die Gemeinnützigkeit bisher nicht aberkannt wurde, ist der Beteiligten zu 2) eine solche Förderung auch weiterhin ohne rechtliche oder tatsächliche Probleme möglich.
dd) Ferner finden sich auf den Dankeskarten (Bl. 110 – 113 d.A.), die den Ehren-Anstecknadeln beigefügt waren, die die Erblasserin in den Jahren 2007 bis 2017 für ihre Spenden erhielt, Aufschriften wie „Eine exklusive Auszeichnung für besondere Förderer“ (2007 – 2011), „Für besondere Förderer – Eine exklusive Auszeichnung der Stiftung H…“ (2012 u. 2013), „Für besondere H…-Förderer – Eine exklusive Auszeichnung der Stiftung H…“ (2015), „Für ausgezeichnete Förderer – Eine exklusive Auszeichnung der Stiftung H…“ (2016) oder „Für herausragende Förderer – Eine exklusive Auszeichnung der Stiftung H…“ (2017). Auch diese kontinuierliche Verleihung der Anstecknadeln, die stets mit dem Zusatz „eine exklusive Auszeichnung der Stiftung H…“ versehen waren, spricht deutlich dafür, dass die Erblasserin über die Jahre eine enge persönliche Verbindung zu der Beteiligten zu 2) aufgebaut hat und diese auch über ihren Tod hinaus finanziell unterstützen wollte. Eine solche Auslegung erscheint dem Beschwerdegericht deutlich wahrscheinlicher, als anzunehmen, dass die Erblasserin ihr Vermögen einer juristischen Person zuwenden wollte, zu der sie in der Vergangenheit weder Kontakt hatte noch der sie bisher jemals direkt finanzielle Mittel zugewendet hätte.
d) Ebenfalls zutreffend, wenn auch mit anderer Begründung, stellte das Nachlassgericht vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten fest, dass eine ergänzende Auslegung nach § 2084 BGB im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt. Lässt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zu, so ist nach § 2084 BGB im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann. Bereits der Anwendungsbereich des § 2084 BGB ist jedoch nicht eröffnet. Denn die Sonderregelung des § 2084 BGB betrifft nur die relativ seltenen Fälle mehrdeutiger Verfügungen, in denen eine von mehreren Auslegungsmöglichkeiten zur Unwirksamkeit führen würde. Für diesen Fall werden die allgemeinen Auslegungsregeln durch § 2084 BGB um den Grundsatz der wohlwollenden Auslegung ergänzt (Weidlich, in: Palandt BGB, 77. Auflage. 2018, § 2084 Rn. 13). Weder eine Auslegung zugunsten der Beteiligten zu 2) noch eine Auslegung zugunsten der Beteiligten zu 3) würde jedoch zu einer Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung führen.
e) Auch eine Anwendung des § 2073 BGB kommt nicht in Betracht. Denn § 2073 BGB fingiert nur dann bei objektiv mehrdeutiger Bezeichnung des Bedachten, dass mehrere in Betracht kommende Personen als zu gleichen Teilen bedacht gelten, wenn sich durch die vorrangige Auslegung der wirklich Bedachte nicht ermitteln lässt (Weidlich, in: Palandt BGB, 77. Auflage 2018, § 2073 Rn. 1). Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, liegt ein solcher Fall hier gerade nicht vor. Denn die Auslegung der letztwilligen Verfügung führt zu einem hinreichend sicheren Auslegungsergebnis zu Gunsten der Beteiligten zu 2).
f) Ebenfalls nicht überzeugend erscheint dem Beschwerdegericht der Verweis der Beteiligten zu 3) auf die vom Bundesgerichtshof entwickelte sogenannte „Andeutungstheorie“, da auch deren Beachtung bzw. Anwendung kein anderes Ergebnis herbeizuführen vermag. Die Andeutungstheorie wurde vom Bundesgerichtshof entwickelt, um dem Erblasserwillen einerseits und den strengen Formerfordernissen für die Errichtung letztwilliger Verfügungen andererseits Rechnung zu tragen und diese in Einklang zu bringen. Sinn und Zweck der Formvorschriften letztwilliger Verfügungen ist es, dem wahren Willen des Erblassers zur Geltung zu verhelfen, nach Möglichkeit die Selbstständigkeit dieses Willens zu verbürgen und die Echtheit seiner Erklärungen sicher zu stellen (BGH, Beschluss vom 09.04.1981 – IVa ZB 6/80 = NJW 1981, 1736). Der Erblasser soll durch die einzuhaltenden Formvorschriften dazu veranlasst werden, sich selbst darüber klar zu werden, welchen Inhalt seine letztwillige Verfügung haben soll. Dies soll ihm dabei helfen, seinen Willen möglichst deutlich zum Ausdruck zu bringen. Auch sollen die strengen Formvorschriften dazu dienen, Vorüberlegungen und Entwürfe von der eigentlichen Verfügung von Todes wegen bestmöglich abzugrenzen. Die Eigenhändigkeit soll darüber hinaus eine gesteigerte Sicherheit vor nachträglichen Veränderungen und Verfälschungen des Erblasserwillens bieten (BGH, Beschluss vom 09.04.1981 – IVa ZB 6/80 = NJW 1981, 1736). Aus diesem Erfordernis der Erklärung und deren Formgebundenheit folgt nach der Andeutungstheorie, dass der Rechtsfolgewille in dem Testament jedenfalls irgendwie zum Ausdruck gekommen sein muss. Es ist daher mit der Andeutungs- oder Anhaltstheorie ein – wenn auch unvollkommener oder versteckter – Anhaltspunkt in der Verfügung zu verlangen (Leipold, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 2084 Rn. 16; BGH, Urteil vom 04.12.1969 – III ZR 31/68 = WM 1970, 221; BGH, Urteil vom 24. 10. 1979 – IV ZR 31/78 = NJW 1980, 1276; BGH, Beschluss vom 09.04.1981 – IVa ZB 4/80 = BGHZ 80, 242 = NJW 1981, 1737; RGZ 160, 109 (111); RG LZ 1932, 388; KG, Beschluss vom 30. 1. 1970 – 1 W 9679/69 = NJW 1970, 758; OLG Hamm, Beschluss vom 17.10.1973 – 15 W 285/72 = NJW 1974, 60; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.8.1999 – 14 Wx 44/99 = ZEV 1999, 438 = FamRZ 2000, 914 (915); OLG Düsseldorf ZEV 1998, 229 (230); BayObLG, Beschluss vom 30.12.1985 – 1 Z 96/85 = FamRZ 1986, 608 (609) = BeckRS 2009, 27968; BayObLG, Beschluss vom 22.04.1988 – BReg. 1 Z 64/87 = NJW 1988, 2742; BayObLG, Beschluss vom 31.08.1990 – BReg. 1 a Z 60/89 = FamRZ 1991, 231 (232) = NJW-RR 1991, 6; BayObLG, Beschluss vom 16.11.1993 – 1Z BR 73/93 = FamRZ1994, 853 (854) = DNotZ 1994, 399; BayObLG ZEV 1994, 47 (49); BayObLG, Beschluss vom 18.12.2003 – 1Z BR 130/02 = ZEV 2004, 200). Das OLG Hamm (Beschluss vom 06.01.2011 – 15 Wx 484/10 = ZEV 2011, 427) vertritt in diesem Zusammenhang allerdings die Ansicht, dass es im Rahmen der Andeutungstheorie genügen soll, die Auslegungsnotwendigkeit und die generelle Willensrichtung aus dem Wortlaut der letztwilligen Verfügung herzuleiten. Dieser Auffassung vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen. Vielmehr ist es in Übereinstimmung mit dem OLG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 23.10.2018 – 21 W 38/18 = DNotZ 2019, 368) der Auffassung, dass eine solche Lesart der Andeutungstheorie zu einem Zirkelschluss führen würde. Denn der Ausgangspunkt einer Testamentsauslegung ist für das Gericht die Notwendigkeit einer Testamentsauslegung. Gleichzeitig stellt die Notwendigkeit der Testamentsauslegung eine unabdingbare Voraussetzung dafür dar, dass das Gericht das Kriterium der Andeutung im Wortlaut überhaupt überprüfen darf. Damit ist es bereits denklogisch unmöglich, dass die Auslegungsnotwendigkeit gleichzeitig als Kriterium dafür dient, ob der Erblasserwille in der dafür vorgesehenen Form zum Ausdruck gebracht wurde. Im Rahmen der Andeutungstheorie ist demgemäß nach Auffassung des Beschwerdegerichts vielmehr zu prüfen, ob das Auslegungsergebnis Andeutung im Inhalt des Testaments findet. Diese zweistufige Vorgehensweise entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Denn auch nach dieser ist zunächst der Erblasserwille zu ermitteln und sodann zu überprüfen, ob dieser Wille des Erblassers – also das Auslegungsergebnis – formgültig erklärt ist (BGH, Beschluss vom 09.04.1981 – IVa ZB 6/80 = BGHZ 80, 246 = NJW 1981, 1736 (1737) = DNotZ 1982, 323). Wie sich vorstehend gezeigt hat, führt die Auslegung der letztwilligen Verfügung zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin einsetzen wollte. Dieses Auslegungsergebnis findet im Wortlaut der letztwilligen Verfügung auch eine deutliche Stütze, da die Formulierung „Tierpark H…“ einen offensichtlichen Bezug zum Namen „Stiftung H…“ hat. Der Bezugspunkt „H…“ ist nicht nur angedeutet, sondern sogar ausdrücklich so von der Erblasserin erklärt worden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 40 Abs. 1, 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG. In einem Verfahren der Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichts, mit welchem dieses die Voraussetzungen zur Erteilung eines Erbscheins festgestellt oder den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zurückgewiesen hat, ist auf den Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen (vgl. u.a. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27.06.2017 – 20 W 35/16 = ZEV 2017, 649 = FamRZ 2018, 703; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.03.2015 – 20 W 380/13 = BeckRS 2016, 8635; OLG Schleswig, Beschluss vom 16.10.2014 – 3 Wx 104/13 = NJW-RR 2015, 767 = FamRZ 2015, 786; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.07.2015 – 11 Wx 123/14 = BWNotZ 2015, 115; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.12.2015 – 14 Wx 56/15 = FGPrax 2016, 182; OLG Köln, Beschluss vom 08.11.2016 – 2 Wx 160/16 = FGPrax 2017, 40 = FamRZ 2017, 1418). Soll der Erbschein, wie vorliegend, die Erbfolge über den gesamten Nachlass ausweisen, ist auch der Wert des gesamten Nachlasses maßgeblich, und zwar unabhängig davon, welchen Anteil davon ein Beschwerdeführer für sich selbst in Anspruch genommen hat. Der von der Gegenansicht (OLG Hamm, Beschluss vom 05.08.2015, I-15 W 341/14 = FGPrax 2015, 277; OLG Dresden, Beschluss vom 19.01.2016, 17 W 1275/15 = BeckRS 2016, 14932; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2016, I-3 Wx 20/15 = MDR 2016, 415) vertretenen Ansicht, nach der es für den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf die von dem Beschwerdeführer in Anspruch genommene eigene erbrechtliche Position und die sich daraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Folgen ankomme, vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen. Denn für den Gegenstandswert im Rechtsmittelverfahren sind nach § 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG grundsätzlich die Anträge des Rechtsmittelführers maßgeblich, wobei der Wert nach § 61 Abs. 2 S. 1 GNotKG durch den Gegenstandswert des ersten Rechtszugs begrenzt ist. Nur wenn ein Beschwerdeverfahren endet, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, ist nach § 61 Abs. 1 S. 2 GNotKG die Beschwer des Beschwerdeführers maßgeblich. Wie in der Beschwerdebegründung (Bl. 187 ff. d.A.) ausdrücklich ausgeführt ist, legte die Beteiligte zu 3) ihre Beschwerde mit dem Ziel ein, dass der von ihr beantragte Erbschein erteilt, also der angefochtene Beschluss abgeändert und vom Beschwerdegericht die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Voraussetzungen festgestellt werden sollten. Zugleich begehrte die Beteiligte zu 3) die Zurückweisung des von der Beteiligten zu 2) gestellten Antrags auf Erteilung eines Alleinerbscheins. Da demnach ein Antrag der Beteiligten zu 3) im Sinne des § 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG im Beschwerdeverfahren vorliegt, ist bei der Wertfestsetzung auf diesen Antrag abzustellen. Zur Bewertung des maßgeblichen Antrages der Beschwerdeführerin ist bei der Beschwerde im Erbscheinserteilungsverfahren die für das erstinstanzliche Verfahren geltende spezielle Geschäftswertvorschrift des § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 GNotKG heranzuziehen. Denn für die Bewertung des Antrags sind keine anderen Gesichtspunkte vom Gesetz vorgegeben. Ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 36 GNotKG ist ausgeschlossen, da mit § 40 GNotKG eine spezielle Wertvorschrift vorhanden ist. Grundsätzlich ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GNotKG dabei der Wert des gesamten Nachlasses für die Wertfestsetzung heranzuziehen. Der tatsächliche Nachlasswert beträgt, abzüglich der treuhänderisch von der Erblasserin verwalteten 47.114,00 €, 643.487,00 € (Bl. 19 u. 20 d.A.). In Anwendung der dargelegten Grundsätze ist der Gegenstandswert somit auf 643.487,00 € festzusetzen. Demgegenüber kommt eine Verdoppelung des Verfahrenswertes weil letztlich eine Entscheidung über zwei Erbscheinsanträge Gegenstand des Verfahrens war nicht in Betracht. Denn § 40 GnotKG stellt auf das Verfahren insgesamt und nicht auf den einzelnen Antrag ab. Nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage, ob je Erbscheinsantrag eine gesonderte Gebühr nach den Nr. 12210 ff- KV GNotKG anfällt (siehe zum Streitstand Bornmann/Diehn/Sommerfeld, GNotKG Nr. 12210 KV Rn. 50).
Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.