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Testamentsvollstreckerentlassung bei grober Pflichtverletzung

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 2/18 – Beschluss vom 06.08.2018

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Homburg vom 3.11.2017 – 8 VI 505/13 – aufgehoben.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, den Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstrecker zu entlassen und die Beteiligte zu 5 als Ersatztestamentsvollstreckerin zu entlassen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen tragen der Beteiligte zu 4 zu 4/5 und die Beteiligte zu 5 zu 1/5. Außergerichtliche Kosten werden in beiden Instanzen nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 (im Folgenden: die Antragstellerinnen) sind neben dem Beteiligten zu 3 Miterbinnen nach dem Tod der Erblasserin, ihrer Großtante (gemeinschaftlicher Erbschein des Amtsgerichts Homburg vom 23.2.2017, Bl. 319 d.A.). Der Beteiligte zu 4 ist Rechtsanwalt und betreibt seine Kanzlei (auch) in dem der Erblasserin gehörenden und bis zu ihrem Tod von ihr bewohnten Wohn- und Geschäftsanwesen … pp.. Auch seine Tochter, die Beteiligte zu 5, ist Rechtsanwältin. Die Antragstellerinnen begehren die Entlassung des Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstreckers sowie der Beteiligten zu 5 als Ersatztestamentsvollstreckerin. Die Antragstellerinnen hegen den Verdacht, die Familie der Beteiligten zu 4 und 5 habe sich rechtswidrig an Immobilien- und Geldvermögen der Erblasserin bereichert.

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung findet sich in dem von der Erblasserin errichteten notariellen Testament vom 6.9.2010 (Urkundenrolle Nr. …/… der Notarin E. O., Bl. 17 der Beiakte 8 IV 570/04, im Folgenden: Beiakte). Sie bestimmte darin die Beteiligten zu 1 bis 3 zu ihren Erben und setzte Vermächtnisse aus. Unter anderem vermachte sie dem Beteiligten zu 4 und seiner Ehefrau ein Grundstück in B1, des Weiteren den Eheleuten und deren drei Kindern – darunter die Beteiligte zu 5 – sämtliche Möbel, den Hausrat und das Inventar ihrer Wohnung in B2 sowie einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 50.000 €. Unter Ziff. V. findet sich zur Anordnung einer Testamentsvollstreckung folgende Regelung (Bl. 23 der Beiakte):

„Zum Testamentsvollstrecker berufe ich Herrn Rechtsanwalt L. W., vorgenannt, ersatzweise dessen Tochter, Frau Rechtsanwältin A. G., vorgenannt.

Der Testamentsvollstrecker/Ersatztestamentsvollstrecker ist ermächtigt, einen Nachfolger zu ernennen. Ersatzweise ersuche ich das Nachlassgericht, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen.

[…]

Aufgabe des Testamentsvollstreckers/Ersatztestamentsvollstreckers ist die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses, insbesondere die Ausschüttung des Vermögens an die Erben sowie der Vollzug der vorstehend unter Ziffer III. angeordneten Vermächtnisse […]“

Am Tag der Testamentserrichtung erteilte die Erblasserin dem Beteiligten zu 4 eine widerrufliche Generalvollmacht/Vorsorgevollmacht, die auch für den Fall des Eintritts einer Geschäftsunfähigkeit fortgelten sollte (Bl. 457 d.A.). Im März 2011 wurde der Beteiligte zu 4 – nach eigenen Angaben mit „Unterstützung“ der Beteiligten zu 5 – in Vermögensangelegenheiten der Erblasserin tätig. Am 30.3.2011 forderte er die Volksbank S. auf, sämtliche Kontoauszüge künftig ihm vorzulegen. Ab dem 7.4.2011 wurde er als Berechtigter der dortigen Bankkonten geführt (Bl. 372, 465 f. d.A.). Als die Erblasserin ihm am 6.10.2011 mitteilte, ab jetzt solle sich ihr Schwiegersohn – der Vater und Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 und 2 – um ihre Angelegenheiten kümmern, gab der Beteiligte zu 4 auf ihre Kosten ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag (Bl. 503 d.A.). Der Gutachter gelangte zu der Annahme eines demenziellen Syndroms (Gutachten Prof. Dr. R. Bl.160 d.A.), der Beteiligte zu 4 setzte seine Tätigkeit fort.

Die Erblasserin verstarb am 5.11.2011.

Der Beteiligte zu 4 erklärte die Annahme seines Amts als Testamentsvollstreckers gegenüber dem Nachlassgericht am 10.11.2011 (Bl. 1 der Akte AG Homburg, 8 VI 452/11). Mit Schreiben vom 25.4.2012 informierte er die Erben unter anderem darüber, dass „die Umschreibung des Hausanwesens … pp. im Grundbuch“ – auf seine Ehefrau – am 2.2.2012 erfolgt sei (Bl. 524 d.A.); nähere Angaben dazu erfolgten nicht. Die Antragstellerinnen hatten davon gehört, dass es in den 1990er Jahren ein Grundstücksgeschäft zwischen den Eheleuten H.-P. und dem Beteiligten zu 4 bzw. seiner Ehefrau betreffend das werthaltige Wohn- und Geschäftsanwesen in B2 gegeben hatte und dass die Gegenleistung in Form langjähriger monatlicher Rentenzahlungen in vierstelliger Höhe erbracht worden sein soll. In einer Vielzahl von Schreiben verlangten sie Auskünfte dazu, insbesondere über den Verbleib der geflossenen Zahlungen. Die Beteiligten zu 4 und 5 bestritten das Geschäft nicht, gaben aber auch keine Antwort auf die wiederholten, im Wesentlichen identischen Anfragen der Antragstellerinnen zu Inhalt und Vollzug. Insbesondere erklärten sie sich weder zur rechtlichen Grundlage der Grundbuchumschreibung auf die Ehefrau des Beteiligten zu 4 noch zum Schicksal der Gegenleistung. Eine Kopie des Kaufvertrags, wie sie etwa mit Schreiben vom 8.6.2016 erbeten worden war (Bl. 383 d.A.), wurde nicht vorgelegt.

Aus den vom Senat beigezogenen Grundbuchunterlagen ergibt sich, dass die Eheleute H.-P. das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 26.9.1997 (Urkundenrolle. Nr. …/… des Notars Prof. Dr. Z.) an Frau M. G. W., die Ehefrau des Beteiligten zu 4, verkauft hatten. Letztere hatte sich zur Zahlung einer monatlichen Rente bis zum Tod des Längstlebenden der Verkäufer verpflichtet, die zunächst auf 2.000 DM beziffert und an die Entwicklung des Lebenshaltungs-Preisindexes des Statistischen Bundesamts angepasst wurde. Die Veräußerer erteilten der Erwerberin eine unwiderrufliche, über den Tod hinausgehende Vollmacht zum dinglichen Vollzug des Grundstücksgeschäfts unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Am 23.1.2012 erklärte diese die Auflassung und bewilligte und beantragte ihre Eintragung als Eigentümerin ins Grundbuch (notarielle Urkunde des Notars Dr. K., Urkundenrolle Nr. …/… …).

Die Antragstellerinnen haben darum gebeten, die Beteiligten zu 4 und als Testamentsvollstrecker bzw. Ersatztestamentsvollstreckerin zu entlassen und einen neutralen Testamentsvollstrecker zu benennen (Bl. 324, 364 d.A.). Sie haben dieses Begehren darauf gestützt, dass diese ihnen hartnäckig die – u.a. mit Ersuchen vom 8.6.2016 (Bl. 322 d.A.) – erbetenen Auskünfte verweigerten und daher der Verdacht bestehe, die Familie der Beteiligten zu 4 und 5 habe sich des für den Immobilienerwerb insgesamt gezahlten Betrags – nach ihrer Schätzung ca. 630.000 € – bemächtigt (Schreiben vom 31.3.2017 Bl. 323 f. d.A.). Der Beteiligte zu 4 hat zu jenem Ansinnen unter dem 22.5.2017 „letztmalig“ Stellung genommen (Bl. 358 d.A.); er werde den Nachlass „sach- und fachgerecht“ auseinandersetzen und sich zu den wiederholten Vorwürfen nicht mehr äußern. Er habe mit Blick auf die gutachterlich festgestellte Geschäftsunfähigkeit „die laufenden Geschäfte im Sinne der Erblasserin“ weitergeführt, nach ihrem Tod die bei der Deutschen Bank vorhandenen Vermögenswerte aufgelöst und auf dem Konto bei der Volks- und Raiffeisenbank S. (Nummer …) zusammengezogen; die Annahme der Antragstellerinnen, er habe monatliche Zahlungen an die Erblasserin geleistet, sei falsch; ein Nachlasskonto mit einem Guthaben von mehr als einer halben Million Euro sei nicht vorhanden gewesen (Bl. 373 d.A.).

Die Beteiligte zu 5 hat sich die Ausführungen des Beteiligten zu 4 zu Eigen gemacht und erklärt, für den Fall seiner Entlassung das Amt der Testamentsvollstreckerin zu übernehmen (Bl. 380, 391 d.A.).

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Entlassung der Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstrecker und der als Ersatztestamentsvollstreckerin bestimmten Beteiligten zu 5 mit Beschluss vom 3.11.2017 zurückgewiesen (Bl. 409 d.A.).

Die Antragstellerinnen haben gegen den Beschluss am 30.11.2017 Beschwerde erhoben (Bl. 417 d.A.). Zur Erklärung des Beteiligten zu 4, er habe der Erblasserin nichts gezahlt, weisen sie darauf hin, dass die Zahlungen wohl tatsächlich nicht von ihm, sondern von seiner Ehefrau gestammt hätten. Die Antragstellerinnen schildern familiäre Anlässe, bei welchen von dem Geld die Rede gewesen sei (Bl. 419 d.A.). Sie vermuten, dass der Beteiligte zu 4 und seine Ehefrau sich des Guthabens auf dem Konto, auf welches die monatlichen Rentenzahlungen geflossen sein müssten, bemächtigt hätten (Bl. 529 d.A.).

Die Beteiligten zu 4 und 5, die sich im Beschwerdeverfahren wechselseitig vertreten, beantragen die Zurückweisung der Beschwerde (Bl. 485, 432, 527 d.A.). Letztere erklärt, als Ersatztestamentsvollstreckerin in jedem Fall zur Verfügung zu stehen (Bl. 432 d.A.).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 4.12.2017 (Bl. 422 d.A.) dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat den Beteiligten aufgegeben, die Berichte des Beteiligten zu 4 vom 26.2.2018 und vom 4.6.2012 sowie sämtliche übrigen schriftlichen Auskünfte über den Nachlass jeweils vollständig vorzulegen (Bl. 484 d.A.). Der Beteiligte zu 4 hat verschiedene Unterlagen zur Akte gereicht (Bl. 486 d.A.). In diesen finden sich verstreute und vereinzelte Angaben zum Komplex des Grundstücksgeschäfts zwischen der Erblasserin und der Ehefrau des Beteiligten zu 4. Dem „Bericht des Testamentsvollstreckers“ vom 26.2.2018 (Bl. 492 d.A.) ist „eine Abschrift des Nachlassverzeichnisses“ beigefügt, in welcher zum Wert der Immobilie „Wohn- und Geschäftshaus … pp., Grundbuch von B., Bl. …, Flur …, Nr. …“ angegeben ist: „Wert zum Tod“ und „0,00 übertragen per unwiderruflicher Vollmacht“ (Bl. 557 d.A.). Informationen zu den seinerzeit vereinbarten Vertragspflichten und ihrer Erfüllung fehlen.

II.

Die nach den §§ 342 Abs. 1 Nr.7, 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet.

1.

Dem Entlassungsantrag der Antragstellerinnen ist zu entsprechen und das Nachlassgericht anzuweisen, den Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstrecker sowie die in sein Amt nachrückende Beteiligte zu 5 als Ersatztestamentsvollstreckerin zu entlassen.

a.

Nach § 2227 Abs. 1 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Die gesetzliche Aufzählung ist nicht abschließend. Daneben kommen als wichtige Entlassungsgründe Verstöße des Testamentsvollstreckers gegen Anordnungen des Erblassers, grobe Verstöße gegen seine Pflicht zur Rechnungslegung, Auskunftserteilung und zur ordnungsgemäßen Unterrichtung der Erben in Betracht. Schließlich kann auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker und (einzelnen) Erben ein wichtiger Grund zur Entlassung sein (BayObLG, Beschl. v. 08.06.2001 – 1Z BR 74/00 – BeckRS 2001, 30185322), ebenso ein auf Tatsachen beruhendes Misstrauen der Erben gegen die Amtsführung des Testamentsvollstreckers, wenn dieser dazu, sei es auch ohne Verschulden, Anlass gegeben hat (BayObLG, FamRZ 1996, 186; OLG Frankfurt, FamRZ 1998, 926). Allerdings hat der Testamentsvollstrecker im Rahmen seines Verwaltungsermessens den Erblasserwillen im Grundsatz unabhängig vom Vertrauen der Erben auszuführen und diese dürfen nicht in die Lage versetzt werden, einen ihnen lästigen Testamentsvollstrecker durch feindseliges Verhalten oder aus für sich genommen unbedeutendem Anlass aus dem Amt zu drängen. Daher ist an eine Entlassung wegen berechtigten Misstrauens ein strenger Maßstab anzulegen; die (Senat, Beschl. v. 30.10.2017 – 5 W 31/17; OLG München FamRZ 2008, 2153; BayObLG FamRZ 2004, 740). Die Anforderungen können etwa dann erfüllt sein, wenn der Testamentsvollstrecker durch sein Verhalten den Eindruck hervorruft, er setze sich grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben hinweg (vgl. Senat, Beschl. v. 30.10.2017 – 5 W 31/17; OLG Frankfurt, FamRZ 1998, 926), oder wenn ein Missbrauch des vom Erblasser in den Testamentsvollstrecker gesetzten Vertrauens durch schwere Verfehlungen im Raum steht, welche die Fortsetzung der Zusammenarbeit für die Beteiligten unzumutbar machen. Das ist der Fall, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Testamentsvollstrecker seine Rechtsstellung dazu nutzt, sich aus der ihm anvertrauten Vermögensmasse unberechtigt zu bereichern. Ein entsprechender Verdacht braucht sich zwar nicht erhärtet zu haben, darf aber auch nicht widerlegt sein (BayObLG, FamRZ 1996, 186; OLG Frankfurt, FamRZ 1998, 926; Werner, ZEV 2010, 126).

b.

Nach diesen Grundsätzen geht der Senat anders als das Nachlassgericht, auch unter Berücksichtigung der in der Beschwerdeinstanz gewonnenen, die Befürchtungen der Antragstellerinnen untermauernden weiteren Erkenntnisse davon aus, dass der Beteiligte zu 4 nicht in seinem Amt verbleiben kann.

Es gibt nämlich eine Vielzahl objektiver Hinweise, welche geeignet waren, bei den Erben massives Misstrauen hervorzurufen, verbunden mit einem erheblichen Interessengegensatz zwischen ihm und den Antragstellerinnen. Diese Umstände sind geeignet, den Verdacht nahezulegen, dass der Beteiligte zu 4 sowohl in seiner Eigenschaft als Generalbevollmächtigter der Erblasserin als auch später bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Testamentsvollstrecker in hohem Maße die Interessen seiner eigenen Familie im Auge hatte und Belange der Erblasserin bzw. der Erbengemeinschaft hintanstellte und sogar ignorierte (zur Relevanz auch eines vor Amtsantritt gezeigten Verhaltens BayObLG, FamRZ 1996, 186).

(1)

Das folgt schon aus den Abläufen im Zusammenhang mit der dem Beteiligten zu 4 im September 2010 von der Erblasserin eingeräumten Generalvollmacht.

Zwar kann ein wichtiger Grund zur Entlassung nicht allein daraus hergeleitet werden, dass das Zusammentreffen der Stellung eines Vermächtnisnehmers, eines Testamentsvollstreckers und eines Generalbevollmächtigten in der Person des Beteiligten zu 4 die Gefahr eines Interessenwiderstreits birgt. Denn wenn der Erblasser eine Person mit einer derart umfassenden Rechtsmacht ausstattet, nimmt er diese Gefahr in Kauf; dies darf bei der Beurteilung der Entlassungsvoraussetzungen nicht außer Acht gelassen werden (vgl. BayObLG, FamRZ 1996, 186). Jedoch hat die hiesige Situation durch die Art und Weise des Agierens des Beteiligten zu 4 ein Gepräge erhalten, welches nach Ansicht des Senats den Anschein erweckt, er verfolge vor allem wirtschaftliche Interessen seiner Familie und sei mit Nachdruck darum bemüht, dies ohne Einmischung zunächst der Erblasserin und dann ihrer Rechtsnachfolger zu tun und gegebenenfalls auch bereit, deren Bedürfnisse und Anliegen zu vernachlässigen bzw. ihnen sogar zuwider zu handeln.

Schon das Schreiben vom 4.6.2012 (Bl. 465 f. d.A.) deutet eine Haltung an, wonach der Beteiligte zu 4 in den Vermögensangelegenheiten der Erblasserin mit einer gewissen Eigenmächtigkeit handelte und nicht recht differenzierte, inwieweit er von der ihm erteilten abstrakten Rechtsmacht im Innenverhältnis zur Erblasserin überhaupt Gebrauch machen durfte, um deren Geschäfte zu führen. So hat er nach eigenen Angaben für eine Zuleitung von Kontoauszügen an sich selbst gesorgt, nachdem für ihn „der Eindruck entstanden“ sei, dass der Erblasserin „der Haushalt über den Kopf“ wachse.

Auffällig ist die Intensität, mit der der Beteiligte zu 4 dann verhinderte, dass ihm die Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen der Erblasserin genommen werden sollte. Seit April 2011 war er als Berechtigter der Konten der Erblasserin bei der Volks- und Raiffeisenbank S. geführt (Bl. 372 d.A.). Im Herbst 2011 kam es zu Unstimmigkeiten, infolge deren die Erblasserin ihm – unstreitig – ihr Vertrauen entzog. Daraufhin ließ der Beteiligte zu 4 ihre Geschäftsfähigkeit gutachterlich überprüfen. Den Hintergrund dieses Procedere hatte er im hiesigen Verfahren zunächst mit „erhebliche[n] Zweifel[n]“ an der „Ordnungsmäßigkeit“ von „Anweisungen“ der Erblasserin begründet (Seite 3 des Schriftsatzes vom 4.7.2017, Bl. 373 d.A.). Tatsächlich ging es ihm indes nicht etwa, wie jene Erklärung nahelegen könnte, darum, wirtschaftlich unvernünftige Vermögensentscheidungen der Erblasserin in deren Interesse zu verhindern. Vielmehr war diese zwischenzeitlich wieder ihrer Familie nähergekommen und hatte den Beteiligten zu 4 aufgefordert, seine Tätigkeit einzustellen. Er nahm das nicht hin und gab ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag, dessen Kosten er als „selbstverständlich“ die Erblasserin belastend erachtete (Seite 2/3 des Schreibens vom 1.3.2013, Bl. 503/504 d.A.). Unabhängig von der Frage, ob der von der Erblasserin erklärte Widerruf der Vollmacht rechtsgeschäftlich wirksam gewesen ist, steht jedenfalls fest, dass sie seinerzeit zumindest einen natürlichen Willen zu bilden und zu äußern imstande war und dass der Beteiligte zu 4 sich darüber hinwegsetzte. Welche anderen Ziele als eigennützige er mit dem Beharren auf seiner Stellung als Bevollmächtigter hätte verfolgen sollen, vermag der Senat nicht zu erkennen.

(2)

Hinzu kommt das hartnäckig renitente Verhalten des Beteiligten zu 4 im Zusammenhang mit Auskunftsersuchen der Erbinnen.

Das gilt insbesondere, was die für die Antragstellerinnen naturgemäß höchst bedeutsame Offenlegung der Umstände beim Erwerb der nach dem Erbfall auf die Ehefrau des Beteiligten zu 4 umgeschriebene Wohn- und Geschäftsimmobilie der Erblasserin anbelangt, in welcher sich auch Räume der Rechtsanwaltskanzlei des Beteiligten zu 4 befinden und die im Jahr 2012 Mieteinnahmen von monatlich über 3.000 € einbrachte (siehe Kontenschreibung Bl. 572 d.A.). Entweder beantwortete der Beteiligte zu 4 Fragen nach den vereinbarten Konditionen und den geflossenen Zahlungen überhaupt nicht, oder aber derart ausweichend, verworren und unklar, dass bis zur Beiziehung der Grundbuchunterlagen durch den Senat weder die Antragstellerinnen noch das Gericht auch nur im Ansatz wissen konnten, was genau geschuldet war, und nach wie vor ist ungewiss, wer zu welchem Zeitpunkt welche Zahlungen auf welches Konto geleistet hat und was mit dem Geld geschehen ist.

Zum ausweichenden und widerstrebenden Erklärungsverhalten des Beteiligten zu 4 im Einzelnen:

In einem Informationsschreiben an die Erben vom 4.6.2012 (Bl. 515 d.A.) teilte der Beteiligte zu 4 mit, er habe nach der Begutachtung des Geisteszustandes der Erblasserin deren „laufenden Geschäfte in ihrem Sinne“ weitergeführt. Dem Schreiben waren Abschriften von Kontoauszügen ab April 2011 beigefügt. Der Beteiligte zu 4 wertet das offenbar als hinreichende Auskunft über das Nachlassvermögen (siehe Schreiben vom 4.7.2017, Bl. 371 d.A.).

Mit Schreiben vom 1.3.2013 legte der Beteiligte zu 4 dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen dar, zum Nachlass gehörten „keine Kontoverbindungen, wie sie durch Sie benannt wurden“; neben „diversen Sparkonten“ habe es zwei Konten bei der Volksbank S. gegeben; die Kontoauszüge gehörten zum Nachlass; nach Abschluss der Testamentsvollstreckung würden „sämtliche Unterlagen an die Erben gemeinschaftlich herausgeben“; sofern die Vorlage von Kontoauszügen für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 11.10.2011 angefordert würden, weise er darauf hin, dass diese einen Zeitraum beträfen, zu dem er „die tagtäglichen Geschäfte der Verstorbenen organisiert habe“ (Bl. 502 f., 542 f. d.A.).

Mit Schreiben vom 23.3.2017 hatten die Antragstellerinnen auf ein Auskunftsersuchen vom 8.6.2016 (Bl. 322 d.A.) verwiesen, in welchem sie nochmals gefragt hatten, auf welches Konto der Erblasserin monatliche Zahlungen als Gegenleistung für das zu übertragende Grundstück geflossen seien, und eine Kopie des den Zahlungen zu Grunde liegenden Vertrags erbeten hatten. In seinem Antwortschreiben vom 27.3.2017 erklärte der Beteiligte zu 4, es obliege ihm nicht, ohne konkrete Anhaltspunkte irgendwelche Nachforschungen über weiteres vorhandenes Vermögen zu betreiben; er berief sich darauf, bereits im Jahr 2012 „Ausführungen über den Bestand des Nachlasses getätigt zu haben“; die Antragstellerinnen hätten allerdings ihrerseits noch immer nicht substanziiert dargelegt, dass sie ihrerseits bereit seien, an der Verwertung von Grundbesitz mitzuwirken (Bl. 325 f. d.A.).

Unter dem 22.5.2017 nahm der Beteiligte zu 4 „letztmalig“ Stellung (Bl. 358 f. d.A.). Er berief sich darauf, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen ihn und die Beteiligte zu 5 eingestellt habe. Er kündigte an, nunmehr auf die Vorwürfe nicht mehr einzugehen, und verwies die Antragstellerinnen darauf, die ihnen „zur Verfügung stehenden Mittel des Rechtsstaats weiter auszuschöpfen“.

Auf die erneute Rüge der Antragstellerinnen mit Schreiben vom 10.6.2017 (Bl. 363 d.A.), der Beteiligte zu 4 sei auf das Konto mit den hierauf geflossenen monatlichen Rentenzahlungen nach wie vor schlicht nicht eingegangen, beschränkte dieser sich nochmals auf den Hinweis, er habe „die laufenden Geschäfte im Sinne der Erblasserin“ weitergeführt. Im Schriftsatz vom 4.7.2017 bezeichnete er die Annahme der Antragstellerinnen, er habe monatliche Zahlungen an die Erblasserin geleistet, als falsch, sagte aber auch nicht, auf welcher vertraglichen Grundlage seine Ehefrau Eigentümerin wurde und in welcher Weise die auf jener Grundlage geschuldete Gegenleistung erbracht wurde. Resümierend behauptete er, „alle Rechte, die der Erblasserin zur Verfügung gestanden“ hätten, seien „erfüllt worden“ (Bl. 373 d.A.). Diese substanzlose Information genügte dem berechtigten Ansinnen der eben jene Rechte erbenden Antragstellerinnen evident nicht.

Auch im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens suchte der Beteiligte zu 4 seine Verweigerungshaltung, soweit wie möglich, aufrecht zu erhalten. So erklärte er nach der Aufforderung des Senats zur Vorlage sämtlicher Unterlagen mit bislang erteilten Auskünften, es sei nicht beabsichtigt, „zu den ständigen unqualifizierten Vorwürfen der Beschwerdeführer substantiiert Stellung zu nehmen“. Er reichte unter anderem ein Schreiben vom 12.3.2018 zur Akte (Bl. 490 d.A.), in welchem er darüber informierte, dass der „wirtschaftliche Übergang“ des Anwesens … pp. auf seine Ehefrau „mit dem Tod des Längstlebenden der Verkäufer G. H. und Dr. G. H.-P.“ am 5.11.2011 erfolgt sei. In einem weiteren, vom 30.4.2018 datierenden Schreiben (Bl. 488 d.A.) hieß es, Anfang 2012 hätten die Mieter des Anwesens … pp. die Miete noch geraume Zeit auf das Konto der Erblasserin gezahlt; diese Zahlungen hätten „wegen des Nutzungsübergangs gem. Übergabevertrag jedoch Frau M. W.“ zugestanden, so dass er diese jeweils dorthin weiter überwiesen habe (siehe hierzu bereits Seite 3 des Schreibens vom 28.12.2012, Bl. 508 d.A.). Den erwähnten Vertrag stellte er noch immer nicht zur Verfügung, ebenso wenig legte er die Zahlungsflüsse zur Erfüllung der geschuldeten Gegenleistung offen. Nicht nachzuvollziehen ist der Hintergrund der Erklärung, er habe, nachdem seine Ehefrau „über die Wohnung im Anwesen … pp., die Erblasserin vorher innehatte“ nicht habe verfügen können, „zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen von Frau W. gegenüber der Erbengemeinschaft das Umzugsunternehmen G.“ mit der Räumung der Wohnung beauftragt, die Rechnung des Umzugsunternehmens über 1.735,62 € – mit Mitteln des Nachlasses? – beglichen und den Hausrat für eine Monatsmiete von 50 € eingelagert. Des Weiteren heißt es „soweit Guthaben größeren Umfangs erfolgt waren, handelt es sich um die Auflösung der Anlagen bei der Volksbank und bei der Deutschen Bank, die dann alle auf diesem Konto gesammelt wurden“. Diese Auskünfte waren in keiner Weise geeignet, den Kenntnisstand der Antragstellerinnen in den sie berechtigter Weise interessierenden Punkten signifikant zu verbessern.

Die Neigung, den Erben Informationen vorzuenthalten und sie von der Durchsetzung ihrer Auskunftsansprüche geradezu abzuschrecken, offenbart sich etwa auch im Schreiben an den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen vom 31.7.2017. Darin nahm der Beteiligte zu 4 Bezug auf eine außergerichtlich unter Fristsetzung auf den 2.8.2017 angeforderte Rechnungslegung für die Zeit seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker (Bl. 394 f. d.A.). Obgleich die Testamentsvollstreckung bereits im Jahr 2011 begann und § 2218 Abs. 2 BGB den Testamentsvollstrecker im Falle einer „länger dauernden Verwaltung“, die im hiesigen Fall zweifellos vorliegt (vgl. BayObLG, Beschl. v. 08.06.2001 – 1Z BR 74/00 – BeckRS 2001, 30185322: länger als ein Jahr), verpflichtet, auf Verlangen der Erben jährlich Rechnung zu legen, antwortete der Beteiligte zu 4, eine Rechnungslegung sei nur bei einer „besonders lang andauernden“ Testamentsvollstreckung geschuldet; er lasse sich keine Fristen setzen und werde eine vorzeitige Rechnungslegung mit 170 € stündlich zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung stellen (Bl. 396 f. d.A.).

(3)

Zu all dem tritt ein erheblicher Gegensatz der Interessen der Antragstellerinnen zu denen des Beteiligten zu 4 hinzu, der bei der Gesamtbeurteilung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Entlassung als Testamentsvollstrecker gegeben ist, mit zu berücksichtigen ist (vgl. BayObLG, FamRZ 1996, 186).

Gemäß § 2215 BGB hat der Testamentsvollstrecker den Erben ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen. Gemäß § 2204 BGB hat er die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Erben nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2056 BGB zu bewirken. Zur Erfüllung dieser Aufgaben muss unter Umständen geklärt werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang (Schadensersatz-)Ansprüche der Erben gegen den Beteiligten zu 4, der auf die Konten der wohlhabenden Erblasserin schon zu deren Lebzeiten zugreifen konnte, bzw. gegen seine Ehefrau als Erwerberin des Anwesens in B. bestehen. Im Rahmen der dem Testamentsvollstrecker obliegenden Verwaltung des Nachlasses (§ 2205 BGB) kann auch eine gerichtliche Durchsetzung solcher Ansprüche erforderlich werden. Es liegt auf der Hand, dass die Prüfung und Geltendmachung solcher Ansprüche zu einem massiven Interessengegensatz zwischen dem Beteiligten zu 4 und den Miterben führen muss.

(4)

All die vorstehend aufgelisteten, objektiv feststellbaren Umstände mussten bei den Antragstellerinnen den Verdacht schüren, dass der Beteiligte zu 4 etwas zu verbergen hatte und dass sein Handeln von der Motivation (mit-)getragen war, ihnen Rechte abzuschneiden. Allem Anschein hielt er sich für berechtigt, ihnen nach Gutdünken Informationen vorzuenthalten, deren sie bedurft hätten, um zu überprüfen, ob es beim Erwerb des in den Nachlass fallenden Grundeigentums durch die Ehefrau des Beteiligten zu 4 mit rechten Dingen zuging und ob ihnen insoweit gegebenenfalls noch Ansprüche zustanden (zur Entlassungsrelevanz des vom Testamentsvollstrecker hervorgerufenen Eindrucks, er wolle, von den Erben nicht kontrollierbar, die mit der Abwicklung verbundenen Geschäfte möglichst lange in einer für ihn günstigen Weise durchführen, BayObLG, FamRZ 1996, 186). Das dadurch hervorgerufene Misstrauen, verbunden mit dem oben dargelegten Interessengegensatz wiegt schwer. Es bestehen durchschlagende Zweifel daran, dass der Beteiligte zu 4 die ihm übertragene Auseinandersetzung des Nachlasses und den Vollzug der Vermächtnisse auf der Grundlage sachlicher Erwägungen ordnungsgemäß durchführen wird. Ein wichtiger Grund für seine Entlassung ist auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs zu bejahen.

c.

Der Umgang des Beteiligten zu 4 mit den Anfragen der Antragstellerinnen rechtfertigt eine Entlassung auch unter dem Gesichtspunkt der groben Pflichtverletzung (§ 2227 Halbs. 2 BGB).

(1)

Gemäß § 2218 Abs. 1 BGB i.V.m. § 666 BGB ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, den Erben unaufgefordert die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen Auskunft zu erteilen und Rechenschaft abzulegen.

Welche Informationen „erforderlich“ sind, bestimmt sich danach, ob der Erbe sie benötigt, etwa um seine Rechte wahrnehmen und insoweit sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. Für die Bestimmung dessen, was zur Erfüllung der Benachrichtigungspflicht genügt, sind Art und Umfang der dem Testamentsvollstrecker übertragenen Aufgaben sowie die vorhandenen Vermögens- und Familienverhältnisse und die sonstigen Umstände maßgeblich, von denen die Erben wissen müssen, damit sie einen Überblick über das Geschehen erhalten und die Ordnungsmäßigkeit der Amtsführung, Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker sowie Entlassungsgründe prüfen können. Die gebotenen Mitteilungen müssen so schnell erfolgen, dass die Erben etwaige Rechte wirksam geltend machen können. Zu den Informationen, die ein Testamentsvollstrecker von sich aus zur Verfügung zu stellen hat, gehören insbesondere solche über wesentliche Veränderungen im Wert des Nachlassvermögens (Tolksdorf in: beck-online Großkommentar BGB, 2018, § 2218 Rdn. 50-53, 56).

Ist der Erbe sich über die Konsequenzen einer bestimmten Information unsicher, kann er vom Testamentsvollstrecker weitergehende Auskünfte verlangen. Dokumente, die er benötigt, um seine rechtliche Situation, insbesondere auch zur Vorbereitung der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Testamentsvollstrecker, einschätzen zu können, sind ihm zur Verfügung zu stellen (Tolksdorf in: beck-online Großkommentar BGB, 2018, § 2218 Rdn. 50 iV.m. Rdn. 61 f.).

(2)

Der Beteiligte zu 4 hat durch seine Verweigerungshaltung, was das auf seine Ehefrau überschriebene Wohn- und Geschäftsanwesen der Erblasserin anbelangt, nachhaltig und gravierend gegen seine Pflichten zur unaufgeforderten Benachrichtigung sowie zur Erteilung begehrter Auskünfte nebst Unterlagen verstoßen (vgl. Senat, Beschl. v. 30.10.2017 – 5 W 31/17; BayObLG, FamRZ 1988, 436; Heilmann in jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 2227 Rdn. 12, zur Pflichtverletzung durch Nichtbeachtung von Auskunftsersuchen des Erben; siehe auch – ebenfalls die Versagung von Auskünften eines generalbevollmächtigten Testamentsvollstreckers zur Abwicklung von Grundstücksgeschäften betreffend – BayObLG, FamRZ 1996, 186).

Das Eigentum an dem im Jahr 1997 verkauften Anwesen (mit einem Wert in Millionenhöhe) war zu Lebzeiten der Erblasserin nicht übertragen worden, demnach zunächst einmal in den Nachlass gefallen. Entsprechendes galt für etwaige noch vorhandene Vermögenswerte aus den seit 1997 geschuldeten Rentenzahlungen der Ehefrau des Beteiligten zu 4 bzw. für insoweit möglicherweise noch offene Zahlungsansprüche der Erblasserin. Es liegt auf der Hand, dass die Antragstellerinnen ein erhebliches und berechtigtes Interesse daran hatten, dass der mit der Nachlassauseinandersetzung und Vermögensausschüttung an die Erben betraute Beteiligte zu 4 als Ehemann der das Nachlassgrundstück auf sich selbst übertragenden Käuferin ihnen insoweit umfassende Informationen nebst Belegen zur Verfügung stellte. Nur so konnten sie überprüfen, ob ihnen in diesem Zusammenhang irgendwelche Rechte und (Schadensersatz-)Ansprüche zustehen. Indem der Beteiligte zu 4 sich in seinem Schreiben vom 4.6.2012 auf die knappe Mitteilung beschränkte, die „Umschreibung des Hausanwesens … pp. im Grundbuch“ sei „am 2.2.2012 erfolgt“ (Bl. 524 d.A.), das wiederholte Verlangen der Antragstellerinnen nach Aufklärung über die Hintergründe indessen für geraume Zeit vollständig ignorierte und auch im Laufe des hiesigen Verfahrens marginale Einzelheiten allenfalls stückweise und auch insoweit nicht die primär interessierende Kernvereinbarung und ihre Erfüllung betreffend mitteilte, hat er seine Pflichten gemäß den §§ 2218, 666 BGB massiv verletzt.

d.

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes genügt zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers noch nicht. Vielmehr ist auch in einem solchen Fall zu prüfen, ob überwiegende Gründe für dessen Verbleiben im Amt sprechen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.5.2017 – IV ZB 25/16 – NJW 2017, 2112; OLG Düsseldorf, MDR 2017, 464; OLG Stuttgart, ZEV 2017, 269). Dass solche überwiegenden Gründe hier nicht gegeben sind, liegt auf der Hand. Eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Testamentsvollstreckers kann vom Beteiligten zu 4 im Hinblick auf den durch sein Gesamtverhalten naheliegenden Verdacht, er nutze sein Amt mit dem Ziel der vermögensmäßigen Bevorteilung seiner Familie und versuche, den Antragstellerinnen einen Einblick in die Verhältnisse des Nachlasses zu verwehren und ihnen ihre Informations- und Auskunftsrechte abzuschneiden, nicht erwartet werden.

e.

Der Senat kann die Entlassung des Beteiligten zu 4 nicht selbst aussprechen. Die erforderliche Ausführungshandlung obliegt dem dafür allein funktionell zuständigen, vom Senat in diesem Sinne angewiesenen Nachlassgericht (vgl. Obermann in: Hahne/Schlögel/Schlünder, FamFG, Ed. 27, 2018, § 69 Rdn. 15; siehe auch KG, FamRZ 2011, 930).

2.

Auch was die Beteiligte zu 5 als Ersatztestamentsvollstreckerin anbelangt, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Nachlassgericht anzuweisen, die Entlassung auszusprechen.

a.

Allerdings setzt eine Entlassung voraus, dass der zu entlassene Testamentsvollstrecker sein Amt bereits innehat (Reimann/Klinger, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 6. Aufl. 2017, § 7 Rdn. 22). Das ist bei der Beteiligten zu 5 nicht der Fall, solange das Amtsgericht der vom Senat mit dieser Beschwerdeentscheidung ausgesprochenen Anweisung zur Entlassung des Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstrecker noch nicht nachgekommen ist. Gleichwohl sieht der Senat sich in der hiesigen besonderen Konstellation prozessual nicht daran gehindert, das Amtsgericht schon jetzt anzuweisen, auch die Beteiligte zu 5 zu entlassen.

Es steht jetzt schon fest, dass die von der Erblasserin ausdrücklich als Ersatztestamentsvollstreckerin bestimmte Beteiligte zu 5 mit der vom Nachlassgericht auszusprechenden Entlassung des Beteiligten zu 4 in dessen Amt nachrücken wird. Die für den Amtsbeginn nach § 2202 BGB erforderliche Annahmeerklärung liegt vor. Sie ist dem Schreiben der Beteiligten zu 5 an das Nachlassgericht vom 4.7.2017 zu entnehmen, wonach sie um eine zeitnahe Entscheidung über die Entlassung ihres Vaters bitte, da sie „dann das Amt des Testamentsvollstreckers übernehmen“ müsse (Bl. 380 d.A.). Dass die Annahme damit für einen aus ihrer damaligen Sicht in der Zukunft liegenden und noch ungewissen Fall erklärt wurde, schadet nicht. Zwar ist die Annahmeerklärung bedingungsfeindlich (§ 2202 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Die Beteiligte zu 5 hat indessen nicht die Annahme als solche unter eine Bedingung gestellt, sondern sie lediglich vorab, aber ihrerseits unbedingt erklärt, falls die Testamentsvollstreckung ihr zufallen werde. Die Wirksamkeit einer vorzeitigen Annahmeerklärung ist für den Fall, dass ein vom Erblasser unter einer aufschiebenden Bedingung ernannter Testamentsvollstrecker sein Amt vor dem Eintritt der Bedingung annimmt, anerkannt. Hier kann nichts anderes gelten (MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 2202 Rdn. 3).

b.

Auch bei der Beteiligten zu 5 liegt ein wichtiger Entlassungsgrund vor.

Ebenso wie der Beteiligte zu 4 hat ihr Verhalten bei den Antragstellerinnen Anlass zu berechtigtem und massivem Misstrauen gegeben, indem sie den Eindruck erweckte, mit ihrem Vater zusammenzuwirken, um die Hintergründe des ihre Familie begünstigenden Grundstücksgeschäfts zu verschleiern und die Bedürfnisse der Erben weitestgehend zu ignorieren. Dass sie dieses Verhalten – naturgemäß – vor Amtsantritt zeigte, steht der Annahme eines wichtigen Entlassungsgrunds nicht entgegen (vgl. BayObLG, FamRZ 1996, 186). Als Tochter des Beteiligten zu 4 ist ihre Interessenverstrickung mit derjenigen ihres Vaters vergleichbar und auch sie hat im Entlassungsverfahren mit ihren Äußerungen klar signalisiert, keinerlei Veranlassung zu sehen, berechtigten Auskunftsersuchen der Antragstellerinnen nachzukommen. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beteiligte zu 5 und der Beteiligte zu 4 sich im hiesigen Verfahren wechselseitig anwaltlich vertreten, so dass sich ihre die Anliegen der Antragstellerinnen zurückweisende, in den von ihnen beiden gefertigten Schriftsätzen zum Ausdruck kommende Haltung als untrennbar miteinander verwoben darstellt.

Auch in Bezug auf die Beteiligte zu 5 sind keine überwiegenden Gründe ersichtlich, die für ein Verbleiben im Amt sprechen würden.

3.

Der Senat weist das Amtsgericht für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:

Die Entlassung der Beteiligten zu 4 und 5 führt nicht automatisch dazu, dass die Testamentsvollstreckung entfiele. Für das Gegenteil spricht, dass die Erblasserin dem Beteiligten zu 4 und der Beteiligten zu 5 das Recht zur Benennung eines Nachfolgers eingeräumt (§ 2199 Abs. 2 BGB) und ersatzweise das Nachlassgericht ersucht hat, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen (vgl. KG, FamRZ 2011, 930).

Die Ermächtigung eines Testamentsvollstreckers nach § 2199 Abs.2 BGB kann nur so lange gemäß §§ 2199 Abs.3, 2198 Abs.1 Satz 2 BGB ausgeübt werden, wie der Testamentsvollstrecker selbst noch im Amt ist. Das Amtsgericht wird daher vor der Entlassung darüber zu befinden haben, ob ein Benennungsrecht der Beteiligten zu 4 und 5 für einen Nachfolger besteht oder ob das Testament – was aus Sicht des Senats naheliegt – dahin auszulegen ist, dass das Benennungsrecht entfallen soll, wenn der Testamentsvollstrecker, wie hier, wegen erheblicher Verdachtsmomente im Sinne einer eigenen Bevorteilung und grober Verkennung und Vernachlässigung der den Erben gegenüber bestehenden Pflichten entlassen wird (vgl. dazu OLG München, FamRZ 2008, 2153). Dem Senat ist insoweit eine eigene Beurteilung verwehrt, da das Beschwerdegericht nur in den Grenzen des Rechtsmittels an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts tritt und ihm notwendige Ausführungshandlungen nicht obliegen (vgl. KG, FamRZ 2011, 930).

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Dem Senat erscheint eine Verteilung der Kosten auf den Beteiligten zu 4 und die erst durch dessen Wegfall nachrückende Beteiligte zu 5 im Verhältnis 4/5 zu 1/5 als angemessen.

Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens setzt der Senat gemäß §§ 65, 61 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 3 GNotKG auf 10 % des auf der Grundlage des zur Akte gereichten Nachlassverzeichnisses geschätzten Bruttonachlasses fest, mithin auf 25.000 € (vgl. OLG Stuttgart, ZEV 2017, 269; OLG Düsseldorf, MDR 2017, 464). Er lässt den Wert des Anwesens … pp. außer Betracht, da die Eigentumsumschreibung ohne Mitwirkung des Beteiligten zu 4 erfolgen konnte (vgl. § 65 i.V.m. 40 Abs. 3 GNotKG).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.

 

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