OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 47/16 – Beschluss vom 08.11.2016
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe an das Grundbuchamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das beteiligte Land wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrages, den in Abteilung II lfd. Nr. 4 des Grundbuchs eingetragenen Testamentsvollstreckervermerk zu löschen. Der Beteiligte zu 2. ist aufgrund Erbfalles Eigentümer des betroffenen Grundstücks geworden. Das Grundstück stand ursprünglich im Eigentum seiner am 25. Dezember 2007 verstorbenen Tante (im Folgenden: Erblasserin). Der laut ihren Angaben im Testament am 11. August 1990 geborene Beteiligte zu 2. ist mit notariellem Testament vom 23. November 2006 zum alleinigen und befreiten Vorerben eingesetzt geworden. Der Nacherbfall soll mit dem Tod des Vorerben eintreten.
Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung für den Fall angeordnet, dass der Beteiligte zu 2. bei Eintritt des Erbfalles das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Unter Ziff. V. 1. hat sie u.a. Folgendes bestimmt:
„ …
Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich Frau Rechtsanwältin [Name der Beteiligten zu 3.], ersatzweise Herrn Rechtsanwalt R.O., … Der Testamentsvollstrecker hat das Recht, einen Nachfolger zu benennen. Ersatzweise soll das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennen.
Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, meinen Nachlass bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres meines Neffen [Name des Beteiligten zu 2.] zu verwalten. Er hat das angeordnete Vermächtnis zu erfüllen.“
Der Beteiligten zu 3. wurde am 4. Juli 2008 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, das – ihrem Antrag entsprechend – weder auf die zeitliche Beschränkung der Anordnung noch auf die im Testament vorgesehene Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB hinwies.
Auf Antrag des beteiligten Landes wurde am 19. März 2013 in Abt. III Nr. 4 des Grundbuchs eine Zwangssicherungshypothek über 100.000,00 € eingetragen. Ferner hat das beteiligte Land wegen Steuerforderungen (Erbschaftssteuer und Zinsen) den Anspruch des Beteiligten zu 2. auf Löschung des im Grundbuch eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks mit Verfügung vom 15. Oktober 2015 gemäß §§ 309 ff. AO gepfändet und eingezogen. Mit weiterer Verfügung vom 28. Januar 2016 hat es wegen der vorbezeichneten Steuerforderungen auch den Anspruch des Beteiligten zu 2. auf Herausgabe des Testamentsvollstreckerzeugnisses an das Nachlassgericht gepfändet und eingezogen.
Bereits am 12. Oktober 2015 beantragte das beteiligte Land die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks, weil die Testamentsvollstreckung mit Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. beendet sei. Das Grundbuchamt wies darauf hin, die Löschung könne (derzeit) nicht erfolgen, weil das Testamentsvollstreckerzeugnis keine Befristung enthalte. Daraufhin bat das beteiligte Land, bei der Entscheidung über seinen Antrag die Pfändungs- und Einziehungsverfügung zu berücksichtigen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Grundbuchamt den Löschungsantrag zurück. Die Unrichtigkeit des Grundbuches sei nicht nachgewiesen. Es sei zur eigenständigen Prüfung, ob die Testamentsvollstreckung mit Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. beendet sei, nicht befugt, da das Nachlassgericht das Testamentsvollstreckerzeugnis ohne entsprechende Einschränkung erteilt habe.
Dagegen wendet sich das beteiligte Land mit seiner Beschwerde. Es meint, das Testamentsvollstreckerzeugnis werde mit Beendigung des Amtes kraftlos, seine Beweiskraft sei mithin verloren.
Beim Nachlassgericht hat es zeitgleich angeregt, das Testamentsvollstreckerzeugnis wegen Unrichtigkeit einzuziehen. Das Nachlassgericht hat eine entsprechende Absicht mit Schreiben vom 10. Februar 2016 kundgetan, die Beteiligte zu 3. ist dieser Anregung beim Nachlassgericht mit Schriftsatz vom 17. April 2016 entgegengetreten.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 16. Februar 2016 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligte zu 3. meint, die Beendigung des Amtes sei nicht in einer den Anforderungen des § 29 GBO genügenden Form nachgewiesen. Die Beendigung sei nicht offenkundig, denn es bestünden nach wie vor erhebliche Steuerforderungen, deren Begleichung die Veräußerung des Grundbesitzes erfordere, was mit den hierzu notwendigen Rechtshandlungen zum Aufgabengebiet eines Testamentsvollstreckers zähle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1.
Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO sowohl statthaft als auch im Übrigen zulässig. Das beteiligte Land ist wegen der Zurückweisung seines Antrages und der Pfändung eines dem Beteiligten zu 2. als Eigentümer vermeintlich zustehenden Berichtigungsanspruches gemäß § 59 Abs. 1 und 2 FamFG beschwerdeberechtigt.
2.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache – jedenfalls vorläufig – Erfolg.
Die Löschung eines Testamentsvollstreckervermerks kommt nur aufgrund Unrichtigkeitsnachweises, § 22 GBO, oder nach Maßgabe der §§ 84 ff. GBO) in Betracht. Eine Bewilligung des Testamentsvollstreckers und der sonstigen Beteiligten ist nicht ausreichend, da sie auf die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht verzichten können (OLG München NJW 2015, 2271 [13], Demharter, Grundbuchordnung, 30. Aufl. 2016, § 52, Rdz. 27).
Eine Eintragung ist zu löschen, wenn sie unrichtig ist. Die Unrichtigkeit kann auch nachträglich aufgrund sich außerhalb des Grundbuches vollziehender Rechtsänderungen eintreten (Demharter, Grundbuchordnung, 30. Aufl., 2016, § 22, Rdz. 14). Der Nachweis obliegt dem Antragsteller. An den Nachweis der Unrichtigkeit sind hohe Anforderungen zu stellen, ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht (KG FamRZ 2015, 1055 [8]). Der Antragsteller hat alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten (neuen) Eintragung entgegenstehen würden.
Dies ist hier – mit Ausnahme des unter Ziff. 3. angeführten Umstandes – geschehen.
Die Voraussetzungen des § 22 GBO liegen vor.
Aus dem Inhalt des in beglaubigter Abschrift nebst Eröffnungsvermerk zur Akte gereichten notariell beurkundeten Testaments ergibt sich in einer den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Halbsatz 2 GBO genügenden Form, dass die Testamentsvollstreckung nach dem Willen der Erblasserin (nur) bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Erben bestehen soll. Dies folgt eindeutig aus der Formulierung: „Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, den Nachlass bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres meines Neffen … zu verwalten.“ Anhaltspunkte dafür, dass – über den maßgeblichen Inhalt der Urkunde hinaus – etwas anderes gewollt gewesen sei, fehlen. Insbesondere sollte die Testamentsvollstreckung – entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3. in ihrem Schriftsatz vom 13. Sept. 2016 – nicht erst dann enden, wenn „sämtliche ihr zugewiesenen Aufgaben“ erledigt waren.
Der Umstand, dass die Beendigung des Amtes der Testamentsvollstreckerin mit Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis nicht hervorgeht, steht dem Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob das Testamentsvollstreckerzeugnis eine solche Beschränkung hätte aufweisen müssen. Denn jedenfalls ist das Grundbuchamt bei der Prüfung des Nachweises der Unrichtigkeit des Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch nicht gehindert, die Beendigung der Testamentsvollstreckung selbst festzustellen (OLG München ZEV 2006, 173 [174]; Staudinger-Herzog, Bürgerliches Gesetzbuch, Neubearbeitung 2016, § 2368, Rdz.58, Demharter, Grundbuchordnung, 30. Aufl. 2016, § 35, Rdz. 61, 21), jedenfalls wenn es sich – wie hier – um einen einfach gelagerten und eindeutigen Fall handelt (vgl. Zimmermann, Anm. zu OLG München ZEV 2006, 173 [175a.E.], a.M. LG Köln MittRhNotK 1986, 49 [50]).
Der Senat hat die Nachlassakte beigezogen; aus ihr geht hervor, dass auch das Nachlassgericht zu der Ansicht neigt, dass die Testamentsvollstreckung nur bis zur Vollendendung des 25. Lebensjahres andauern sollte. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist zum einen aufschiebend bedingt dadurch, dass der Erbfall vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. eintritt, sie ist sodann auflösend bedingt durch die Vollendung des 25. Lebensjahres des Erben.
Dass – nach der Behauptung der Beteiligten zu 3. – zur Tilgung der verbleibenden Erbschaftssteuerschulden das Grundstück veräußert werden muss, ist ohne Bedeutung. Denn nach dem Inhalt des Testamentes ist die Anordnung der Testamentsvollstreckung gerade unabhängig von einer etwaigen Erledigung der Aufgaben auflösend bedingt durch die Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. („… meinen Nachlass bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres … zu verwalten.“).
Trotz des grundsätzlich bestehenden Zuweisungsvorranges an das Nachlassgericht (BayObLG DNotZ 1998, 138 [139]; Schöner/Stöber, HRP, Grundbuchrecht, 15. Aufl., 2012, Rdz. 3463/785; Demharter, Grundbuchordnung 30. Aufl., 2016, § 35, Rdz. 26) ist es hier daher gerechtfertigt, über den Löschungsantrag im Sinne der Beteiligten zu 1. zu entscheiden, ohne die vorherige Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses durch das Nachlassgericht abzuwarten.
Dem steht die vom Grundbuchamt angeführte Entscheidung des Landgerichts Köln (MittRhNotK 1986, 49) nicht entgegen. Das Landgericht Köln hat in der genannten Entscheidung näher ausgeführt, es können nicht allein aufgrund der Vorschrift des § 2210 BGB nach Ablauf von 30 Jahren das Ende der Testamentsvollstreckung als offenkundig angesehen werden mit der Folge, dass ein weiterer Nachweis nicht erforderlich sei. § 2210 BGB beziehe sich auf die beiden in § 2209 BGB genannten Spezialfälle einer Testamentsvollstreckung. Der Erblasser könne einem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses übertragen, ohne ihm andere Aufgaben zuzuweisen. Er könne aber auch anordnen, dass der Testamentsvollstrecker die Verwaltung nach der Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben fortzuführen habe (sog. Dauervollstreckung). Wenn die(se) Verwaltung als selbständige Aufgabe im Sinne des § 2209 BGB durch Zeitablauf beendet sei, so bedeutet dies nicht notwendigerweise, dass die Aufgaben des Testamentsvollstreckers schlechthin erloschen seien. Die Verwaltungsrechte nach § 2205 BGB und nach § 2209 BGB stünden selbständig und unabhängig voneinander.
Diese Erwägungen lassen sich jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Denn hier war dem Testamentsvollstrecker ausschließlich die Verwaltung des Nachlasses bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. übertragen, was sich zweifelsfrei aus der dem Grundbuchamt vorliegenden beglaubigten Abschrift des Testamentes ergibt.
Beruht die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks auf letztwilliger Verfügung nebst Eröffnungsniederschrift, so kann der Testamentsvollstreckervermerk gelöscht werden, wenn durch öffentliche Urkunde nachgewiesen wird, dass eine auflösende Bedingung oder Befristung eingetreten ist (BeckOK GBO/Zeiser, 27. Edition, Stand 01.06.2016, § 52, Rdz. 50)
3.
Dem Löschungsantrag ist somit zu entsprechen, wenn der Beteiligte zu 2. das 25. Lebensjahr vollendet hat.
Hierfür fehlt allerdings der gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO erforderliche Nachweis. Das Geburtsdatum des Beteiligten zu 2. ist dem Grundbuchamt weder offenkundig, noch ist es durch eine öffentliche Urkunde belegt. Öffentliche Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse beziehungsweise ihres Geschäftsbereiches aufgenommen sind, erbringen gemäß § 415 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis des durch die Behörde oder die Person beurkundeten Vorganges. Das Geburtsdatum des Beteiligten zu 2. wird weder durch das Testament, noch durch das Testamentsvollstreckerzeugnis oder die Eintragung im Grundbuch im Sinne des § 415 Abs. 1 ZPO beurkundet.
Mit einem notariellen Testament wird allein die Errichtung des Testaments durch den jeweiligen Erblasserin mit dem angegebenen Inhalt beurkundet, §§ 8, 9, 10 BeurkG, nicht jedoch die Richtigkeit, der darin enthaltenen tatsächlichen Angaben des Erblassers zur Person eines Begünstigten oder Beschwerten. Das Testamentsvollstreckerzeugnis erbringt gemäß §§ 2368, 2365 BGB Beweis dafür, dass die dort ausgewiesene Person zum Testamentsvollstrecker ernannt und dass ihr Amt nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt ist (Palandt-Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl., 2016, § 2368 Rdz. 8; Münchener Kommentar-Mayer, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl., § 2368, Rdz. 45). Mit der Eintragung im Grundbuch wird lediglich der Bestand eines Rechts oder einer Belastung für den angegebenen Berechtigten beurkundet, hier speziell die Anordnung der Testamentsvollstreckung. Die Richtigkeit der im Grundbuch enthaltenen Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Eigentümers oder Berechtigten wird jedoch weder beurkundet, noch genießen sie öffentlichen Glauben gemäß § 892 BGB (Schöner/Stöber HRP, Grundbuchrecht, 15. Aufl., 2012, Rdz. 336, 346).
Danach bedarf es hier noch der Vorlage einer Geburtsurkunde. Dies wird dem Antragsteller durch Zwischenverfügung, § 18 Abs. 1 GBO aufzugeben sein. Insoweit macht der Senat von seiner Befugnis Gebrauch, diesen Schritt dem Grundbuchamt zu überlassen (vgl. OLG München MittBayNot 2014, 47 [Rdz.12.m.w.N.]).
4.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das Grundbuchamt zu treffen, da der Ausgang des Beschwerdeverfahrens noch nicht endgültig feststeht.