OLG Köln – Az.: 2 Wx 266 – 270/18 – Beschluss vom 19.07.2018
Die Beschwerden der Beteiligten zu 1), 2) und 3) vom 20.03.2018 gegen den am 14.02.2018 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Köln vom 06.02.2018, 33 VI 293/16, werden zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten der Beschwerdeverfahren 2 Wx 261/18 und 2 Wx 268/18 zu tragen.
Die Beteiligte zu 2) hat die Kosten der Beschwerdeverfahrens 2 Wx 266/18 und 2 Wx 269/18 zu tragen.
Der Beteiligte zu 3) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens 2 Wx 267/18 und 2 Wx 270/18 zu tragen.
Gründe
I.
Der zwischen dem 13.05. und dem 14.05.2016 verstorbene V L (im Folgenden: Erblasser) war verwitwet. Er hatte keine Abkömmlinge. Die Beteiligte zu 4) ist die Tochter seiner verstorbenen Ehefrau. Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) sind seine Halbgeschwister. Die Eltern des Erblassers sind vorverstorben.
Am 02.06.2016 hat der Beteiligte zu 1) beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins nach der gesetzlichen Erbfolge beantragt, der ihn sowie die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils als Erben zu 1/3 – Anteil ausweist (Bl. 1 ff. d. A.). Die Beteiligte zu 4) ist dem Antrag zunächst nicht entgegengetreten.
Durch am 15.06.2016 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) bis 3) erforderlich sind, für festgestellt erachtet und auch am gleichen Tag den beantragten Erbschein erlassen (Bl. 14, 15 d. A.).
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.08.2016 (Bl. 25 ff. d. A.) und sodann am 16.08.2016 beim Amtsgericht – Nachlassgericht – hat die Beteiligte zu 4) beantragt, ihr einen Erbschein auszustellen, der sie als Alleinerbin ausweist sowie den Erbschein vom 15.06.2016 einzuziehen. Sie beruft sich darauf, dass der Erblasser am 13.02.2016 ein privatschriftliches Testament errichtet habe, mit dem er sie als Alleinerbin eingesetzt habe. Dieses Testament habe er in einer Küchenschublade abgelegt. Dort habe sie im Mai 2016, nach dem Tod des Erblassers auch den entsprechenden Umschlag vorgefunden, der allerdings leer gewesen sei. Wegen der Umstände der Testamentserrichtung hat sie sich auf das Zeugnis von zwei Freundinnen sowie ihres Lebensgefährten berufen, die bei Errichtung anwesend gewesen seien (Bl. 31 f. d. A.).
Demgegenüber berufen sich die Beteiligten zu 1) bis 3) darauf, dass nicht nachzuvollziehen sei, aus welchem Grund die Beteiligte zu 4) zunächst gegen den von den Beschwerdeführern beantragten Erbschein keine Einwendungen erhoben habe. Dies spreche gegen die behauptete Testamentserrichtung. Im Übrigen habe der Erblasser dem als Zeugen benannten Lebensgefährten der Beteiligten zu 4) Hausverbot erteilt. Hierfür sowie für das aus ihrer Sicht distanzierte Verhältnis des Erblassers zu seiner Stieftochter haben die Beschwerdeführer ebenfalls Zeugen benannt. Das Amtsgericht hat am 03.03.2017 und am 01.12.2017 die von den Beteiligten benannten Zeugen gehört. Mit Beschluss vom 14.02.2018 hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Erbscheinantrags der Beteiligten zu 4) erforderlich sind, für festgestellt erachtet und den Erbschein vom 15.06.2016 eingezogen (Bl. 353 ff. d. A.).
Gegen diesen den Beteiligten zu 1) bis 3) am 20.02.2018 zugestellten Beschluss richten sich ihre am 20.03.2018 beim Amtsgericht Köln eingegangenen Beschwerden vom selben Tag. Mit Schriftsatz vom 19.04.2018 haben sie diese Beschwerden begründet. Bezüglich der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten zu 1) bis 3) wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug genommen (Bl. 420 ff. d. A.).
Das Nachlassgericht hat den Beschwerden der Beteiligten zu 1) bis 3) durch am 11.07.2018 erlassenen Beschluss nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 461 ff. d. A.).
II.
Die Beteiligten zu 1) bis 3) wenden sich gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, den ihnen erteilten Erbschein einzuziehen, ebenso wie gegen die Feststellung, dass die Voraussetzungen für den von der Beteiligten zu 4) beantragten Erbschein vorliegen. Da es sich bei der Einziehung des Erbscheins um ein eigenständiges Verfahren handelt, liegen insgesamt sechs Beschwerdeverfahren der drei Beschwerdeführer vor, nämlich drei Verfahren wegen der Einziehung des Erbscheins (2 Wx 261/18, 2 Wx 266/18, 2 Wx 267/18) und drei Verfahren wegen der Feststellung (2 Wx 268/18, 2 Wx 269/18, 2 Wx 270/18). Die Beschwerden sind statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache haben sie indes aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen am 14.02.2018 erlassenen Beschlusses und des am 11.07.2018 erlassenen Nichtabhilfebeschluss, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt, keinen Erfolg.
Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Erblasser am 13.02.2016 ein wirksames privatschriftliches Testament aufgesetzt hat, mit dem er die Beteiligte zu 4) als Alleinerbin eingesetzt hat. Ein nicht mehr vorhandenes Testament ist nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig. Vielmehr können Form und Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. 2018, § 2255 Rn. 9). Es besteht im Fall der Unauffindbarkeit eines Testaments insbesondere auch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet worden und deshalb gemäß § 2255 BGB als widerrufen anzusehen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 26.02.2018, 2 Wx 115/18; OLG Schleswig, Beschluss vom 12.08.2013 – 3 Wx 27/13, NJW-RR 2014, 73-76; Staudinger/Baumann, BGB, Neubearb. 2018, § 2255 Rn. 34). Soweit die Beschwerdeführer sich erneut darauf berufen, dass die Beteiligte zu 4) nicht bereits anlässlich der Anhörung zum Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge die Errichtung des Testaments erwähnt habe, ist auf die zutreffenden Ausführungen des Nachlassgerichts in dem Nichtabhilfebeschluss zu verweisen. Die Antragstellerin hat nachvollziehbar dargelegt, als juristischer Laie nicht davon ausgegangen zu sein, dass auch ein nicht auffindbares Testament rechtlich von Bedeutung sein könne. Dies sei ihr vielmehr erst im Rahmen der anwaltlichen Beratung bekannt geworden.
Weiter hat das Amtsgericht einen Widerruf mit zutreffenden Überlegungen verneint. Die Tatsache, dass das Testament nicht aufzufinden war, lässt keinen Rückschluss auf seine Vernichtung zu. Indizien, die auf eine Willensänderung des Erblassers schließen lassen könnten, haben die Beschwerdeführer auch in ihrer Beschwerdebegründung nicht vorgetragen. Dagegen spricht insbesondere die Aussage der Eheleute H., die übereinstimmend angegeben haben, dass der Erblasser noch eine Woche vor seinem Tod von dem Testament berichtet habe. Im Übrigen erscheint es auch nicht nachvollziehbar, dass der Erblasser das Testament vernichtet, den Umschlag aber in der Küchenschublade liegen gelassen hätte.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführer zu den Angaben der Zeugen hat das Amtsgericht – Nachlassgericht – bereits mit zutreffenden Erwägungen in dem angegriffenen Beschluss bzw. dem Nichtabhilfebeschluss zurückgewiesen. Weitere Erwägungen werden auch mit der Beschwerdebegründung nicht vorgetragen.
III.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 70 Abs. 2 FamFG).
Geschäftswert der Beschwerdeverfahren: betreffend die Einziehung des Erbscheins insgesamt 481.346 EUR (Nachlasswert entsprechend dem Beschluss des Amtsgerichts vom 04.06.2018)
Geschäftswert der Beschwerdeverfahren betreffend die Feststellung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins an die Beteiligte zu 4) insgesamt 481.346,- EUR.