Ein handschriftliches Testament setzte die Betreuerin als Erbin ein, knüpfte die Zuwendung aber an eine unbestimmte Erbeinsetzung: Sie müsse ihn bis zum Tode pflegen. Obwohl der Erblasser seinen Willen zur Belohnung klar äußerte, machte die vage Formulierung die gesamte Verfügung vor Gericht unwirksam.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Warum kann die Erbeinsetzung einer Pflegeperson im Testament unwirksam sein?
- Was war der genaue Hintergrund dieses Falles?
- Welche juristischen Prinzipien stehen hier im Widerstreit?
- Warum war die Erbeinsetzung für das Gericht nicht bestimmbar?
- Was bedeutet dieses Urteil für Ihr eigenes Testament?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Kann ich meine Pflegeperson als Erben einsetzen und welche Fehler muss ich dabei vermeiden?
- Wann gilt ein Testament als zu unbestimmt formuliert und wer erbt dann tatsächlich?
- Wie muss ich die Erbeinsetzung von Pflegern oder Betreuern juristisch wasserdicht formulieren?
- Was passiert, wenn das Nachlassgericht meine Erbeinsetzung wegen Unklarheit ablehnt?
- Welche Alternativen zur Erbeinsetzung (z.B. Vermächtnis) gibt es, um meine Helfer sicher zu belohnen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 33 Wx 38/23e | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 25.09.2023
- Aktenzeichen: 33 Wx 38/23e
- Verfahren: Verfahren der Erbscheinsbeschwerde
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Testamentsauslegung
- Das Problem: Eine Frau nannte in ihrem handschriftlichen Testament die pflegende Person als Alleinerbin. Die namentlich genannte Betreuerin beantragte nach dem Tod der Erblasserin einen Erbschein. Eine Gegenseite legte Beschwerde ein, weil sie das Testament für ungültig hielt.
- Die Rechtsfrage: Ist eine Person wirksam als Erbin eingesetzt, wenn das Testament sie zwar namentlich nennt, die Erbeinsetzung aber an das vage Kriterium „Pflege und Betreuung bis zum Tode“ koppelt?
- Die Antwort: Nein, der Erbscheinsantrag der Betreuerin wurde zurückgewiesen. Die Formulierung des Testaments war zeitlich und inhaltlich zu unbestimmt. Das Gericht konnte nicht zweifelsfrei feststellen, wer nach dem Willen der Erblasserin Erbe sein sollte.
- Die Bedeutung: Diese Entscheidung bekräftigt strenge Anforderungen an Testamente. Eine Erbeinsetzung darf nicht von Kriterien abhängen, die nachträglich nur durch Dritte oder den Zufall bestimmt werden können. Vage Formulierungen wie „Pflege bis zum Tod“ können zur Ungültigkeit der Erbeinsetzung führen.
Warum kann die Erbeinsetzung einer Pflegeperson im Testament unwirksam sein?

Ein letzter Wille erscheint oft als eine zutiefst persönliche und klare Anweisung: Wer Gutes tut, soll belohnt werden. Doch was passiert, wenn ein gut gemeinter Dank in einem Testament so formuliert ist, dass er vor Gericht scheitert? Genau diese Frage musste das Oberlandesgericht München am 25. September 2023 (Az. 33 Wx 38/23e) klären. Im Zentrum stand ein handschriftlicher letzter Wille mit dem Satz: „Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen!“ Obwohl die Verfasserin sogar eine konkrete Person namentlich erwähnte, befand das Gericht die gesamte Erbeinsetzung für unwirksam. Diese Entscheidung zeigt eindrücklich, dass der Wunsch des Erblassers allein nicht genügt – er muss auch juristisch unmissverständlich formuliert sein.
Was war der genaue Hintergrund dieses Falles?
Die Geschichte beginnt mit einer verwitweten und kinderlosen Frau, die im Jahr 2021 verstarb. Bereits 1965 hatte sie mit ihrem Mann einen Erbvertrag geschlossen, der dem überlebenden Partner das Recht einräumte, die Erbfolge nach dem zweiten Todesfall frei zu gestalten. Von diesem Recht machte sie am 1. April 2011 Gebrauch und verfasste ein handschriftliches Testament. Der entscheidende Satz lautete:
„Mein letzter Wille! Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es: Frau … [Name und Adresse], wohnhaft … Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.“
Die im Testament namentlich genannte Frau war für die Erblasserin tatsächlich eine wichtige Bezugsperson. Ab 2014 wurde sie auf Wunsch der Erblasserin offiziell als eine von mehreren Betreuerinnen bestellt. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte diese Frau folgerichtig einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Sie argumentierte, die Erblasserin habe mit „pflegen und betreuen“ vor allem persönliche Zuwendung gemeint – und genau diese habe sie ihr über Jahre hinweg zukommen lassen.
Das Nachlassgericht in München folgte dieser Sichtweise zunächst und kündigte an, den Erbschein auszustellen. Dagegen legte jedoch eine andere Partei Beschwerde ein. Ihr zentrales Argument: Das Testament sei viel zu unbestimmt. Es lege nicht eindeutig fest, wer Erbe werden soll, sondern überlasse diese entscheidende Frage dem Zufall oder der Auslegung durch Dritte. Der Fall landete daraufhin beim Oberlandesgericht München zur endgültigen Entscheidung.
Welche juristischen Prinzipien stehen hier im Widerstreit?
Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man zwei fundamentale, aber potenziell widersprüchliche Grundsätze des deutschen Erbrechts verstehen.
Einerseits gilt der Grundsatz der wohlwollenden Auslegung. Nach § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Für Testamente wird dies in § 2084 BGB noch verstärkt: Wenn eine Formulierung mehrere Deutungen zulässt, ist im Zweifel diejenige Auslegung zu wählen, bei der die Verfügung wirksam bleibt. Das Gesetz will also den letzten Willen des Erblassers so weit wie möglich zur Geltung bringen.
Andererseits steht dem das Prinzip der „Höchstpersönlichkeit“ des Testaments gegenüber. § 2065 BGB verbietet es einem Erblasser, die Bestimmung des Erben einem Dritten zu überlassen. Der Erblasser muss diese entscheidende Auswahl zwingend selbst treffen. Er kann zwar Bedingungen festlegen, aber diese müssen so objektiv und klar sein, dass die Identität des Erben allein durch die Anwendung dieser Kriterien zweifelsfrei ermittelt werden kann – ohne dass ein Dritter eigenes Ermessen ausüben muss.
In diesem Fall prallten beide Prinzipien aufeinander: Sollte das Gericht den mutmaßlichen Willen der Erblasserin, ihre Pflegerin zu belohnen, um jeden Preis durchsetzen? Oder war die Formulierung so vage, dass sie die Grenze des § 2065 BGB überschritt und die Erbenbestimmung unzulässig an unklare Umstände delegierte?
Warum war die Erbeinsetzung für das Gericht nicht bestimmbar?
Das Oberlandesgericht München entschied sich klar für die zweite Option und hob den Beschluss der Vorinstanz auf. Der Erbscheinsantrag wurde zurückgewiesen. Die Richter kamen nach sorgfältiger Analyse zu dem Schluss, dass das Testament keine wirksame Erbeinsetzung enthielt. Ihre Argumentation stützte sich auf mehrere, ineinandergreifende Unklarheiten.
Das verräterische Wort: Warum „zurzeit“ die Erbeinsetzung schwächt
Auf den ersten Blick schien die namentliche Nennung der Frau eine klare Sache zu sein. Das Gericht sah dies jedoch anders. Die entscheidende Schwachstelle war das Wort „zurzeit“. Diese Formulierung deutet nach Ansicht der Richter gerade nicht auf eine endgültige und abschließende Entscheidung hin. Vielmehr drücke sie einen gegenwärtigen, aber potenziell veränderbaren Zustand aus.
Im Kontext des vorangehenden Satzes („Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut…“) wurde die Namensnennung so zu einer bloßen Momentaufnahme – einer beispielhaften Feststellung, wer zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung die Kriterien erfüllte. Es war keine unbedingte Einsetzung dieser spezifischen Person als Erbin, unabhängig von zukünftigen Entwicklungen.
Das zeitliche Dilemma: Was bedeutet „bis zu meinem Tode“?
Die nächste unüberwindbare Hürde war die zeitliche Dimension der Bedingung. Die Formulierung „bis zu meinem Tode“ ließ entscheidende Fragen offen, die sich durch Auslegung nicht mehr sicher beantworten ließen:
- Beginn: Ab wann musste die Pflegeleistung erbracht werden? Schon ab dem Datum der Testamentserrichtung 2011 oder reichte es aus, die Pflege irgendwann vor dem Tod zu übernehmen?
- Kontinuität: Musste die Pflege ununterbrochen bis zum Tod andauern? Wären Unterbrechungen, etwa durch Krankheit der pflegenden Person oder einen vorübergehenden Heimaufenthalt der Erblasserin, schädlich gewesen?
- Exklusivität: Bezog sich der Wille nur auf eine einzige Person (der Wortlaut nutzt den Singular „Die Person“), oder hätten auch mehrere Personen, die sich die Pflege teilen, als Erben in Frage kommen können?
Diese Unklarheiten machten es unmöglich, objektiv festzustellen, wer am Ende die Bedingung erfüllt hätte.
Der inhaltliche Nebel: Was genau meint „pflegt und betreut“?
Auch inhaltlich war die Bedingung für das Gericht nicht greifbar. Die Begriffe „pflegen und betreuen“ sind im Alltag zwar gebräuchlich, juristisch aber extrem vieldeutig. Das Testament ließ völlig offen, was die Erblasserin konkret darunter verstand:
- Art der Leistung: Ging es um körperliche Grundpflege, Hilfe im Haushalt, die Organisation des Alltags, emotionale Zuwendung oder die Übernahme der rechtlichen Betreuung und Vermögenssorge?
- Umfang der Leistung: Wäre ein täglicher Besuch erforderlich gewesen oder hätten wöchentliche Hilfen genügt?
- Professionalität: War ausschließlich private, aufopferungsvolle Zuwendung gemeint, oder hätte auch eine professionelle Pflegekraft, die für ihre Dienste bezahlt wird, Erbin werden können?
Die Antragstellerin hatte zwar erklärt, die Erblasserin habe darunter verstanden, dass jemand „für sie da ist“ und „sich um sie kümmert“. Doch selbst diese Umschreibung löst die grundlegenden Probleme nicht auf und bleibt ebenso vage wie die Formulierung im Testament selbst.
Warum die Argumente der Antragstellerin nicht überzeugten
Das Gericht setzte sich explizit mit den Gegenargumenten auseinander und legte dar, warum diese nicht ausreichten, um die Unwirksamkeit abzuwenden.
- Argument: Die namentliche Nennung beweist den Willen der Erblasserin.
- Antwort des Gerichts: Nein, die Nennung erfolgte im Zusammenhang mit dem Wort „zurzeit“ und hatte daher nur beispielhaften Charakter. Sie definierte nicht die Erbin, sondern illustrierte nur, wer aktuell die Kriterien erfüllte.
- Argument: Die Antragstellerin hat die Erblasserin nachweislich bis zum Tod betreut.
- Antwort des Gerichts: Die tatsächlichen Handlungen einer Person können ein fehlerhaftes Testament nicht heilen. Entscheidend ist allein der im Testament formulierte Wille. Wenn dieser so unklar ist, dass der Erbe nicht zweifelsfrei identifiziert werden kann, ist die Verfügung unwirksam – unabhängig davon, wie sehr sich jemand bemüht hat. Die Feststellung, wer die vagen Kriterien erfüllt, wäre genau jene unzulässige Bestimmung durch Dritte, die § 2065 BGB verbietet.
- Argument: Eine später hinzugezogene Vereinsbetreuerin könnte die Pflegeleistungen bezeugen.
- Antwort des Gerichts: Diese Betreuerin wurde erst 2017 bestellt, also sechs Jahre nach der Errichtung des Testaments. Ihre Aussagen könnten zwar die Situation in den letzten Lebensjahren beleuchten, aber keinen verlässlichen Rückschluss auf den Willen und die Vorstellungen der Erblasserin im entscheidenden Moment der Testamentserrichtung im Jahr 2011 zulassen.
Im Ergebnis führte die Summe dieser Unklarheiten dazu, dass die Erbeinsetzung unwirksam war. Das Gericht konnte und durfte die Lücken nicht durch eigene Mutmaßungen füllen, denn damit hätte es sich an die Stelle der Erblasserin gesetzt und selbst den Erben bestimmt.
Was bedeutet dieses Urteil für Ihr eigenes Testament?
Die Entscheidung des OLG München ist eine eindringliche Warnung an alle, die ihren letzten Willen an Bedingungen wie Pflege oder Betreuung knüpfen möchten. Ein emotional nachvollziehbarer Wunsch nach Dankbarkeit reicht nicht aus. Damit Ihr Wille auch wirklich umgesetzt wird, muss er juristisch wasserdicht sein.
Checkliste: So formulieren Sie eine rechtssichere Erbeinsetzung
- Benennen Sie Erben eindeutig: Der sicherste Weg ist immer die namentliche Nennung der Person mit vollem Namen, Geburtsdatum und aktueller Adresse.
- Vermeiden Sie vage Bedingungen: Verzichten Sie auf unbestimmte Begriffe wie „wer sich um mich kümmert“, „wer mich pflegt“ oder „wer für mich da ist“.
- Definieren Sie Bedingungen präzise: Wenn Sie eine Erbeinsetzung ausnahmsweise an eine Bedingung knüpfen wollen, müssen die Kriterien objektiv nachprüfbar sein. Definieren Sie exakt, welche Leistungen in welchem Umfang und über welchen Zeitraum erbracht werden müssen.
- Formulieren Sie unmissverständlich: Vermeiden Sie einschränkende oder aufweichende Wörter wie „derzeit“, „voraussichtlich“ oder „im Moment“. Ihr Wille muss endgültig und klar formuliert sein.
- Erwägen Sie Alternativen: Statt einer unklaren Erbeinsetzung können Sie einer Person auch ein konkretes Vermächtnis (z.B. einen festen Geldbetrag oder eine Immobilie) als Dank für erwiesene Hilfe zukommen lassen.
- Ziehen Sie juristischen Rat hinzu: Insbesondere bei komplexeren Wünschen ist die Beratung durch einen Anwalt oder Notar unerlässlich. So stellen Sie sicher, dass Ihr letzter Wille nicht an Formulierungsfehlern scheitert und am Ende die Gesetzliche Erbfolge eintritt, die Sie vielleicht gerade verhindern wollten.
Die Urteilslogik
Der Wunsch nach Dankbarkeit ersetzt im Erbrecht nicht die notwenige juristische Präzision, wenn der Erblasser die Erbeinsetzung an zukünftige Leistungen koppelt.
- Bestimmung des Erben: Der Erblasser muss den Erben persönlich und unmissverständlich benennen; das Gesetz verbietet es strikt, die Identität des Begünstigten der Interpretation Dritter oder zukünftigen, unklaren Umständen zu überlassen.
- Anforderungen an Bedingungen: Koppelt der Erblasser die Erbeinsetzung an Pflege- oder Betreuungsleistungen, muss er den Umfang, die Art und den genauen zeitlichen Rahmen der Leistung präzise festlegen, damit die Bedingung objektiv nachprüfbar bleibt und der Erbe zweifelsfrei identifizierbar ist.
- Temporale Einschränkungen schwächen ab: Eine namentliche Nennung des Begünstigten verliert ihre bindende Wirkung, wenn sie durch Worte wie „zurzeit“ eingeschränkt wird, da diese Formulierung lediglich einen gegenwärtigen und potenziell veränderbaren Zustand beschreibt, nicht jedoch eine abschließende Erbenbestimmung.
Die rechtssichere Gestaltung eines Testaments erfordert stets Klarheit und die Vermeidung jeglicher Auslegungsspielräume, da nachträgliche Handlungen die ursprüngliche Unbestimmtheit des Wortlauts nicht heilen können.
Benötigen Sie Hilfe?
Besteht Unsicherheit über die Wirksamkeit Ihrer testamentarischen Erbeinsetzung? Lassen Sie sich beraten und fordern Sie eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falles an.
Experten Kommentar
Das Nennen eines Namens im Testament kann zur großen Falle werden, wenn diese Person nur als „zurzeit“ erfüllte Beispiel für eine viel zu vage Bedingung aufgeführt wird. Das Gericht zieht hier eine klare rote Linie: Der Erblasser darf die Wahl des Erben nicht an so unbestimmte Kriterien wie „pflegen und betreuen“ delegieren, selbst wenn die Absicht dahinter edel ist. Entscheidend ist, dass die Erbeinsetzung endgültig und juristisch nachprüfbar definiert ist, nicht nur eine Momentaufnahme des aktuellen Betreuungsverhältnisses. Wer Dankbarkeit zeigen will, muss messbare Kriterien für die Leistung festlegen oder besser, die Person direkt und unbedingt einsetzen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann ich meine Pflegeperson als Erben einsetzen und welche Fehler muss ich dabei vermeiden?
Ja, Sie können Ihre Pflegeperson als Erben bestimmen, um Ihre Dankbarkeit auszudrücken. Der häufigste und teuerste Fehler liegt jedoch in der Formulierung der Bedingung. Verknüpfen Sie die Erbeinsetzung mit unklaren oder zeitlich begrenzten Pflegeleistungen (z.B. „wer mich am Ende pflegt“), verstößt dies direkt gegen das Höchstpersönlichkeitsprinzip des Testaments (§ 2065 BGB).
Das Gesetz verlangt, dass Sie den Erben zwingend selbst bestimmen müssen. Die Auswahl darf niemals dem Zufall oder der späteren Auslegung durch Dritte überlassen werden. Deshalb muss die pflegeperson als Erbe klar identifizierbar sein. Eine Formulierung, die die Erbeinsetzung an die unbestimmte Kontinuität der Pflege knüpft, ist meist zu vage. Unklarheiten über Beginn, Dauer oder den genauen Umfang der Pflegeleistung können die gesamte Verfügung unwirksam machen.
Ein typischer Formfehler ist außerdem die temporale Einschränkung. Nehmen wir an, Sie schreiben in Ihren letzten Willen: „Zurzeit ist es Frau X.“ Solche Worte deuten lediglich auf eine Momentaufnahme hin und signalisieren keine endgültige Einsetzung. Die namentliche Nennung wird dadurch nur beispielhaft und die Erbeinsetzung unwirksam. Der sicherste Weg ist die präzise Benennung der gewünschten Person mit vollem Namen, Geburtsdatum und Adresse – unabhängig von ihrer Pflegerolle.
Nehmen Sie Ihr aktuelles Testament zur Hand und ersetzen Sie alle bedingten Formulierungen wie „wer mich pflegt“ sofort durch den vollständigen Namen des gewünschten Erben.
Wann gilt ein Testament als zu unbestimmt formuliert und wer erbt dann tatsächlich?
Ein Testament gilt als unbestimmt, wenn die Person des Erben nicht zweifelsfrei identifiziert werden kann. Das Gesetz verlangt, dass der Erblasser die Entscheidung über den Erben höchstpersönlich trifft. Wenn die Formulierung so vage ist, dass Dritte oder das Nachlassgericht Interpretationsspielraum haben, verstößt sie gegen § 2065 BGB und ist unwirksam. Die Erbeinsetzung delegiert dann die Auswahl des Erben unzulässig an äußere Umstände oder das Ermessen des Gerichts.
Unbestimmtheit liegt vor, sobald die Kriterien für die Erbenbestimmung zu schwammig sind („inhaltlicher Nebel“). Das passiert häufig, wenn Begriffe wie „pflegen“ oder „betreuen“ ohne konkrete Definition von Art, Umfang oder Dauer verwendet werden. Die Regel: Der Erbe muss allein durch den Text des Testaments eindeutig feststehen. Das Gericht darf nachträglich keine Mutmaßungen über den mutmaßlichen Willen des Erblassers anstellen oder die Lücken selbst füllen.
Die harte Konsequenz einer unbestimmten Erbeinsetzung ist, dass die gesamte Verfügung für unwirksam erklärt wird. Es greift dann nicht die wohlwollende Auslegung nach § 2084 BGB, die das Testament oft retten soll. Stattdessen tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Konkret: Selbst wenn die ursprünglich intendierte Pflegeperson jahrelang ihre Leistungen erbracht hat, erbt sie nichts. Das Vermögen geht an die nächsten Verwandten des Erblassers, was den ursprünglichen letzten Willen vollständig ignoriert.
Überprüfen Sie Ihr Testament sofort auf jedes Wort, das eine temporale (z.B. „zurzeit“) oder inhaltliche Einschränkung enthält, und definieren Sie im Zweifel die Leistung in klaren, messbaren Fakten.
Wie muss ich die Erbeinsetzung von Pflegern oder Betreuern juristisch wasserdicht formulieren?
Um eine Erbeinsetzung juristisch wasserdicht zu gestalten, müssen Sie die begünstigte Person im Testament namentlich und bedingungslos bestimmen. Vermeiden Sie jegliche Formulierungen, die die Auswahl der Erben dem Zufall oder späteren Interpretationen überlassen. Das Bürgerliche Gesetzbuch verlangt eine höchstpersönliche und klare Entscheidung des Erblassers, die keinen Interpretationsspielraum lässt, damit die Begünstigung nicht anfechtbar ist.
Der Schlüssel zur Rechtssicherheit liegt in der eindeutigen Identifizierung des gewünschten Erben. Nennen Sie die Person stets mit vollem Namen, Geburtsdatum und aktueller Adresse, um jede Verwechslungsgefahr auszuschließen. Signalisieren Sie Endgültigkeit und verzichten Sie unbedingt auf einschränkende Zusätze wie „zurzeit“, „derzeit“ oder „voraussichtlich“. Solche Worte deuten auf einen veränderbaren Zustand hin und schwächen die Erbeinsetzung, da sie lediglich eine beispielhafte Momentaufnahme darstellen.
Verbinden Sie die Erbeinsetzung nicht mit der Bedingung einer Dauerpflege, etwa „die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt“. Solche zeitlichen Vorgaben sind zu vage und führen zu unklaren Fragen nach Beginn, Umfang oder Kontinuität der Leistung. Wenn Sie eine Belohnung an eine Leistung knüpfen wollen, definieren Sie die Kriterien objektiv nachprüfbar. Nutzen Sie Fakten wie abgeschlossene Verträge oder Rechnungen anstelle emotionaler Umschreibungen wie „wer für mich da ist“.
Bei komplexen Dankeswünschen oder hohen Vermögenswerten sollten Sie die Formulierung unbedingt durch einen Notar oder Fachanwalt für Erbrecht prüfen lassen.
Was passiert, wenn das Nachlassgericht meine Erbeinsetzung wegen Unklarheit ablehnt?
Wenn das Nachlassgericht eine Erbeinsetzung als unklar ablehnt, wird die betreffende testamentarische Verfügung unwirksam. Die Folge ist, dass die Vermögensnachfolge nicht dem testamentarischen Wunsch, sondern den Regeln der gesetzlichen Erbfolge folgt. Dies bedeutet meistens, dass die Familie des Erblassers erbt, nicht die favorisierte Pflegeperson. Die bereits geleistete Mühe, den Erbschein zu beantragen, war damit erfolglos.
Der juristische Ablauf beginnt häufig mit der Ankündigung einer Erteilung durch das Nachlassgericht selbst. Dagegen können gesetzliche Erben sofort eine Beschwerde einlegen und den Fall an das Oberlandesgericht (OLG) verweisen. Richter dürfen keine Mutmaßungen über den mutmaßlichen Willen anstellen, da sie sich sonst selbst an die Stelle des Erblassers setzen würden. Sie müssen den Erben strikt anhand der Formulierung im Testament identifizieren können.
Die tatsächliche und nachweisliche Pflegeleistung bis zum Tod kann einen unklaren Text leider nicht heilen. Entscheidend bleibt allein der im Testament formulierte Wille zum Zeitpunkt der Errichtung. War die Bestimmung des Erben zu vage – etwa durch die Bedingung „Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt“ –, liegt ein Verstoß gegen das Höchstpersönlichkeitsprinzip vor. Die Ablehnung des Erbscheins führt somit unweigerlich zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, wodurch der geplante Dank an die Pflegekraft ignoriert wird.
Lassen Sie den Ablehnungsbeschluss sofort von einem Fachanwalt für Erbrecht prüfen, ob im Testament neben der unwirksamen Erbeinsetzung noch wirksame Vermächtnisse oder Auflagen zugunsten der Pflegeperson existieren.
Welche Alternativen zur Erbeinsetzung (z.B. Vermächtnis) gibt es, um meine Helfer sicher zu belohnen?
Die sicherste und juristisch präziseste Methode, Helfer zu belohnen, ohne das Risiko der Unwirksamkeit einzugehen, ist das Vermächtnis. Ein Vermächtnis macht die Person nicht zum Erben, sondern verschafft ihr lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die tatsächlichen Erben. Der Vorteil liegt in der Klarheit der Zuwendung und der Umgehung komplizierter juristischer Prinzipien. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass Ihre gesetzlichen Erben das Vermögen erhalten, die Pflegeperson aber eine definierte Belohnung bekommt.
Ein Vermächtnis vermeidet die strengen Anforderungen des Höchstpersönlichkeitsprinzips, das bei der Erbeinsetzung gilt. Sie müssen hierbei nicht befürchten, dass vage Formulierungen über Pflegeleistungen das gesamte Testament zu Fall bringen. Das Vermächtnis stellt eine Zweckzuwendung dar, die Sie spezifisch an die Pflege oder Betreuung knüpfen können. Die gesetzlichen Erben bleiben erhalten, müssen aber die definierte Zuwendung aus dem Nachlass erfüllen, sobald das Erbe angetreten wurde.
Für die Sicherheit der Verfügung ist die Spezifität entscheidend. Sie legen im Testament exakt fest, welchen Vermögenswert die Person erhalten soll. Konkret: Formulieren Sie beispielsweise „Frau Schmidt erhält 20.000 Euro in bar“ oder „Herr Müller erhält mein Depot bei der Bank Z“. Durch diese präzise Benennung des Gegenstandes vermeiden Sie jegliche Auslegung und unklare Bedingungen. Streitigkeiten über die Aufteilung des Nachlasses werden ebenfalls minimiert, da die pflegende Person nicht Teil der Erbengemeinschaft wird.
Erstellen Sie eine detaillierte Liste aller gewünschten Vermächtnisse, um Beträge und Objekte exakt zu definieren und so Ihren Dank unanfechtbar zu machen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erbeinsetzung
Eine Erbeinsetzung ist die vom Erblasser im letzten Willen getroffene Verfügung, durch die er bestimmt, welche Person nach seinem Tod dessen Gesamtrechtsnachfolger wird. Juristen nennen das die Berufung zum Erben; sie überträgt die gesamte rechtliche Stellung des Verstorbenen (inklusive aller Schulden) in einem einzigen Schritt auf den oder die Erben.
Beispiel: Im vorliegenden Fall versuchte die Erblasserin, ihre Pflegeperson durch eine bedingte Erbeinsetzung zu begünstigen, was an der mangelnden Bestimmtheit der Leistung scheiterte.
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge tritt automatisch immer dann ein, wenn der Verstorbene keinen gültigen letzten Willen (Testament oder Erbvertrag) hinterlassen hat oder die vorhandenen testamentarischen Verfügungen unwirksam sind. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt diese Erbfolge nach einem strikten Verwandtschaftsprinzip (Ordnungssystem), um zu verhindern, dass Vermögen nach dem Tod des Eigentümers herrenlos wird.
Beispiel: Weil die Richter die Erbeinsetzung der Pflegerin für unwirksam erklärten, trat die gesetzliche Erbfolge in Kraft und die Verwandten der Erblasserin erbten ihr gesamtes Vermögen.
Höchstpersönlichkeitsprinzip
Das Höchstpersönlichkeitsprinzip (§ 2065 BGB) ist ein zentraler Grundsatz des deutschen Erbrechts, der zwingend vorschreibt, dass der Erblasser die Person des Erben selbst bestimmen muss. Dieses Prinzip verbietet es, die entscheidende Auswahl des Erben unklaren Umständen, dem Zufall oder dem Ermessen eines Dritten zu überlassen.
Beispiel: Das Oberlandesgericht München urteilte, dass die vage Formulierung, die die Erbeinsetzung an unbestimmte Pflegeleistungen knüpfte, direkt gegen das Höchstpersönlichkeitsprinzip verstieß.
Unbestimmtheit
Unbestimmtheit liegt im Erbrecht vor, wenn die Formulierung im Testament so vage ist, dass die Person des Erben nicht allein durch die Auslegung des Textes zweifelsfrei identifiziert werden kann. Ist die Erbeinsetzung unbestimmt, wird die gesamte Verfügung unwirksam, weil das Gericht die entstehenden Lücken nicht durch eigene Mutmaßungen über den mutmaßlichen Willen füllen darf.
Beispiel: Die Verwendung des einschränkenden Wortes „zurzeit“ und der inhaltliche Nebel über den Umfang der Pflegeleistungen führten zur Unbestimmtheit der gesamten testamentarischen Bedingung.
Vermächtnis
Ein Vermächtnis ist eine testamentarische Zuwendung, die den Begünstigten nicht zum Erben macht, sondern ihm lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben auf einen bestimmten Vermögenswert verschafft. Diese Alternative zur komplexen Erbeinsetzung dient dazu, einzelnen Personen eine Belohnung (etwa einen festen Geldbetrag oder eine Immobilie) zukommen zu lassen, ohne sie Teil der Erbengemeinschaft werden zu lassen.
Beispiel: Statt einer unklaren Erbeinsetzung hätte die Erblasserin die Pflegerin durch ein Vermächtnis sicher belohnen können, indem sie ihr einen konkret bezifferten Geldbetrag zuwies.
Wohlwollende Auslegung
Die wohlwollende Auslegung (§ 2084 BGB) ist die gesetzliche Vorgabe, dass bei mehreren möglichen Deutungen einer letztwilligen Verfügung jene Auslegung zu wählen ist, bei der die Verfügung rechtlich wirksam bleibt. Das Gesetz will damit den tatsächlichen Willen des Erblassers so weit wie möglich respektieren und zur Geltung bringen, solange der Wille nicht zwingenden gesetzlichen Verboten widerspricht.
Beispiel: Obwohl das Nachlassgericht zunächst versuchte, die Erbeinsetzung im Sinne der wohlwollenden Auslegung zu retten, scheiterte dieser Versuch letztlich an dem strengen Höchstpersönlichkeitsprinzip.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 33 Wx 38/23e – Beschluss vom 25.9.2023
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Dr. jur. Christian Gerd Kotz ist Notar in Kreuztal und seit 2003 Rechtsanwalt. Als versierter Erbrechtsexperte gestaltet er Testamente, Erbverträge und begleitet Erbstreitigkeiten. Zwei Fachanwaltschaften in Verkehrs‑ und Versicherungsrecht runden sein Profil ab – praxisnah, durchsetzungsstark und bundesweit für Mandanten im Einsatz.
