Erbverträge sind oft komplexe Dokumente, die das Vermögen einer Person nach deren Tod regeln. In einem bemerkenswerten Fall hat das Oberlandesgericht Oldenburg eine Entscheidung getroffen, die weitreichende Auswirkungen auf solche Verträge haben könnte. Das Gericht hat entschieden, dass ein Erbvertrag zwischen dem Erblasser und seinen Eltern aufgrund der Scheidung der Eltern des Erblassers insgesamt unwirksam ist. Das Gericht argumentierte, dass aufgrund der gesetzlichen Auslegungsregeln die Grundlagen eines solchen Vertrages durch die Scheidung grundlegend verändert wurden.
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Übersicht
Wichtige Überlegungen des Gerichts
In ihren Urteilsbegründungen stellten die Richter fest, dass die Eltern des Erblassers bei der Unterzeichnung des Vertrags eine eventuell spätere Scheidung nicht berücksichtigt hatten. Dies könnte auf ihr hohes Alter und die Tatsache zurückzuführen sein, dass sie bereits 50 Jahre verheiratet waren. Trotzdem argumentierte das Gericht, dass eine Scheidung die Grundlagen eines Erbvertrags so grundlegend verändert, dass der Gesetzgeber dies zum Anlass genommen hat, grundsätzlich von der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung auszugehen.
Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers
Einer der wichtigsten Aspekte dieses Falls war die Frage der Testierfähigkeit des Erblassers. Es gab Hinweise darauf, dass die Großeltern versprochen hatten, ihren Familienbesitz an ihre Enkel weiterzugeben. Dies stand jedoch im Widerspruch zum Testament der Großmutter, in dem sie nur den Erblasser als Alleinerben eingesetzt hatte und keine weiteren Bestimmungen im Hinblick auf die Enkel getroffen hatte. Das Gericht sah keine Veranlassung, an der Testierfähigkeit des Erblassers zu zweifeln.
Weitere Entwicklungen im Fall
Trotz Einsprüchen und Widersprüchen von verschiedenen Parteien bestätigte das Gericht seine Entscheidung und hielt an der Unwirksamkeit des Erbvertrags fest. Ein Beteiligter, der einen Widerspruch gegen eine frühere Entscheidung eingelegt hatte, hatte zwar eine Begründung angekündigt, diese war jedoch nicht innerhalb der angemessenen Wartezeit von zwei Wochen beim Gericht eingegangen.
Diese Entscheidung zeigt, wie komplex Erbverträge sein können und wie wichtig es ist, dass sie korrekt ausgearbeitet und an veränderte Familienverhältnisse angepasst werden. Sie unterstreicht auch die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Überlegung bei der Erstellung eines Erbvertrags. […]
Das vorliegende Urteil
OLG Oldenburg – Az.: 3 W 86/20 (NL) – Beschluss vom 25.11.2020
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Varel vom 11. August 2020 abgeändert und das Amtsgericht angewiesen, den von der Beteiligten zu 1. beantragten Erbschein, nachdem sie den Erblasser AA, verstorben am TT.MM.JJJJ, allein beerbt hat, zu erteilen.
2. Die Beteiligten werden aufgefordert, binnen 2 Wochen Angaben zum Geschäftswert (Wert des Nachlasses) zu machen.
Gründe
Zur Begründung verweist der Senat vollumfänglich auf die nach wie vor für zutreffend erachteten Ausführungen in seinem Hinweisbeschluss vom 06. Oktober 2020. Die Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2. mit Schriftsatz vom 6.11.2020 führen zu keiner anderen Betrachtungsweise. Sie wiederholen im Wesentlichen lediglich nochmals den bisherigen Vortrag. Im Ergebnis muss es dabei bleiben, dass aufgrund der gesetzlichen Auslegungsregeln der Erbvertrag aufgrund der Scheidung der Eltern des Erblassers insgesamt unwirksam ist. Ein anderslautender Wille der Vertragsschließenden kann positiv nicht festgestellt werden.
Gleiches gilt auch für die Ausführungen der weiteren Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 9. November 2020. So vermag der Senat in dem Übertragungsvertrag der Großeltern mit dem Erblasser vom 1. Juli 1987 keine Vorkehrung für den Fall der Scheidung zu erblicken. Im Erbvertrag vom 26. Juni 1987 haben die Eltern des Erblassers eine eventuell spätere Scheidung nicht im Blick gehabt. Dies mag seine natürliche Erklärung in dem Alter der Beteiligten haben und zudem dem Umstand geschuldet sein, dass sie bereits 50 Jahre verheiratet waren, ändert aber nichts daran, dass sich mit einer Scheidung die Grundlagen eines Erbvertrages grundlegend ändern, so dass der Gesetzgeber dies zum Anlass genommen hat, nach §§ 2279 Absatz 2 i.V.m. 2077 Absatz 1 BGB dem Grunde nach von der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung auszugehen.
Die weiteren Ausführungen vermögen gleichfalls zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Insbesondere besteht für den Senat keine Veranlassung, aufgrund der weiteren Schilderungen der Beteiligten zu 3. Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers aufkommen zu lassen. Soweit nochmals darauf hingewiesen wird, dass die Großeltern zeitlebens den Enkeln versichert hätten, ihnen ihren Familienbesitz zukommen zu lassen, so lässt sich dieser Hinweis bereits nicht mit dem weiteren Testament der Großmutter, Frau JJ in Übereinstimmung bringen, in dem sie zunächst nur den Erblasser als Alleinerben eingesetzt hat und keine weiteren Bestimmungen im Hinblick auf die Enkel getroffen hat.
Auch die weiteren Ausführungen der Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 26. November 2020 führen zu keiner anderen Betrachtungsweise, insbesondere nicht zur Unwirksamkeit des Testaments des Erblassers vom 28. Januar 2001. Der notarielle Übertragungsvertrag vom 27.07.1987 stellt kein Hinderungsgrund für das privatschriftliche Testament vom Januar 2001 dar. Dies gilt auch, soweit die Beteiligte anmerkt, dass Herr KK zum Zeitpunkt der Abfassung des privatschriftlichen Testaments des Erblassers noch gelebt hat.
Soweit die weitere Beteiligte zu 4. mit undatiertem Schreiben, welches bei Gericht am 4. November 2020 eingegangen ist, Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2020 erhoben hat (mit dem offensichtlich der Hinweisbeschluss des Senats gemeint ist) und angekündigt hat, dass eine Begründung folgt, ist diese entgegen der Ankündigung innerhalb angemessener Wartezeit von weiteren 2 Wochen nicht bei Gericht eingegangen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Tragung der Gerichtskosten ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG.