LG Kleve – Az.: 1 O 199/15 – Teilurteil vom 18.01.2017
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8693 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. April 2015 zu zahlen.
Dem Beklagten bleibt die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass vorbehalten.
Die Widerklage wird hinsichtlich der Anträge I, II, III und IV abgewiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 110 % der vollstreckenden Forderung vorläufig vollstreckbar
Tatbestand
Die Parteien sind Geschwister. Ihre Mutter Frau E2 ist am 27. Januar 2014 verstorben. Sie ist durch notariellen Erb-und Erbverzichtsvertrag vom 16. Februar 1993 durch den Beklagten beerbt worden.
Bis September 2011 wohnte die Erblasserin aufgrund eines bestehenden Wohnrechtes unentgeltlich beim Kläger. Sie hatte lediglich die Nebenkosten zu zahlen. In der Folge zog sie – nachdem sie am 20.08.2011 einen Schlaganfall erlitten hatte und sich bis zum 30.08.2011 in stationärer Behandlung und bis zum 03.10.2011 in einer Rehabilitationsklinik befand – unter Aufrechterhaltung des Wohnrechtes zu der Beklagten und erteilte dieser am 13.09.2011 ebenso wie ihrer Enkelin Jaqueline S, der Tochter des Klägers, eine Vorsorgevollmacht unter Befreiung von den Einschränkungen des §§ 181 BGB. In der Folge kümmerte sich die Klägerin teilweise unter Hinzuziehung der Zeugin S um die Erblasserin. Dabei tätigte sie aufgrund der Vorsorgevollmacht verschiedene Abhebungen vom Girokonto der Erblasserin Nummer ###### bei der Stadtsparkasse Schmallenberg.
Mit Kaufvertrag vom 23.11.2011 veräußerte die Klägerin für die Erblasserin eine Teilfläche von 1000 m² eines der Erblasserin gehörenden Waldgrundstückes für einen Kaufpreis von 20.000 EUR. Der Kaufpreis floss auf ein Konto der Klägerin dass sie extra zu diesem Zweck eingerichtet hatte. In der Folge nahm die Klägerin von diesem Konto verschiedene Überweisungen vor.
Nach dem Tode der Erblasserin kümmerte sich die Klägerin um die Bestattung und verauslagte hierfür 8693 EUR. Hinsichtlich der Zusammensetzung der Kosten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift (Blatt 2 Gerichtsakten) verwiesen.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin Zahlung der Bestattungskosten, der Beklagte seinerseits Auskunft über die von der Klägerin im Rahmen der Vorsorgevollmacht geführten Geschäfte.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte sei als Erbe verpflichtet, die Bestattungskosten zu tragen. Im übrigen ist sie der Auffassung, sie sei zur Rechenschaft liegen hinsichtlich der von ihr geführten Geschäfte nicht verpflichtet, weil die Erblasserin ihr gegenüber darauf verzichtet habe. Im übrigen lägen ihr auch keine Unterlagen mehr vor um die entsprechenden Auskünfte zu erteilen.
Die Klägerin beantragt, dem Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 8693 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. April 2015 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt er, dem Beklagten lediglich Zug um Zug gegen Übertragung der im Grundbuch von Wormbach Blatt #### A des Amtsgerichts Schmallenberg eingetragenen Grundstücke der G ## Nr. ### und G # Nr. ###, nebst Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs zugunsten des Beklagten, zu verurteilen.
Äußerst hilfsweise beantragt er, im Falle der Verurteilung des Beklagten einen Haftungsbeschränkungsvorbehalt auf den Nachlass der Erblasserin E2 geb. T. gemäß § 780 ZPO im Urteil vorzubehalten.
Widerklagend beantragt er,
I. die Klägerin zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über
a. alle von ihr im Rahmen der Vorsorgevollmacht des Notars Ulrich Bange vom 13. September 2011 (UR 327/11) ab diesem Tag getätigten Geschäfte (Ein-und Auszahlungen) und über die Verwendung der abgehobenen und überwiesenen Geldbeträge des Girokontos der Erblasserin, Nummer ###### bei der Stadtsparkasse Schmallenberg
b. das von der Klägerin errichtete Konto für den Kaufpreis aus dem notariellen Kaufvertrag vom 23. November 2011 (UR 216/2011 des Notars Eickhoff in Schmallenberg) unter Mitteilung der Kontonummer und die von diesem Konto getätigten Geschäfte (Ein-und Auszahlungen);
II. die Klägerin weiter zu verurteilen, Rechenschaft abzugeben über die Verwendung
a. alle von der Beklagten im Rahmen der Vorsorgevollmacht getätigten Geschäfte betreffend die unter Ziffer Ia und Ib genannten Konten, beginnend ab dem 13. September 2011,
b. des Guthabens auf den Sparkonten Nummer #####/#### in Höhe von 2211,42 EUR sowie Kto.-Nr. #####/#### in Höhe von 488,18 EUR und Kto.-Nr. #####/#### in Höhe von 61,92 EUR, jeweils bei der Stadtsparkasse Schmallenberg.
III. Gegebenenfalls die Richtigkeit der von der Klägerin zu den Anträgen I und II erteilten Auskünfte und abgelegte Rechenschaft an Eides statt zu versichern
IV. Die Kontoauszüge der unter Ziffern I A und II B genannten Konten beginnend ab dem 13.9.2011 an dem Beklagten herauszugeben
V. Nach Erteilung der Auskünfte dient der Höhe nach noch zu beziffernden Betrag nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage an den Beklagten zu zahlen.
Der Beklagte ist der Auffassung, er sei zur Erstattung der Bestattungskosten nicht verpflichtet, weil die Klägerin ihn über den Tod der Erblasserin nicht informiert und die gesamte Bestattung eigenmächtig durchgeführt habe. Sie habe ihn in der Todesanzeige auch nicht erwähnt. Im übrigen habe die folgende Bestattung nicht dem Willen der Erblasserin entsprochen.
Hilfsweise erklärt er die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 20.000 EUR, der sich daraus ergeben soll, dass der Kaufpreis von 20.000 EUR aus dem Verkauf des Grundstückes nicht auf ein Konto der Erblasserin geflossen sei. Im übrigen sei der Anspruch durch Aufrechnung erloschen, da dem Beklagten gegen Ansprüche wegen unberechtigter Abhebungen in Höhe von 29.173,48 EUR zustünden.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die Zuständigkeit des Landgerichts Kleve ist durch rügeloses Verhandeln (§ 39 ZPO) begründet worden. Die Widerklage ist hinsichtlich der Ziffern I, II, III und IV unbegründet.
I. Der Beklagte ist gemäß § 1968 BGB verpflichtet, der Klägerin die von ihr verauslagten Bestattungskosten zu ersetzen.
Unstreitig sind die Bestattungskosten in der geltend gemachten Höhe angefallen. Sie sind auch grundsätzlich erstattungsfähig. Zu den Bestattungskosten gehören außer den Kosten der eigentlichen Bestattung, einschließlich der für den Transport des Leichnams zum Bestattungsort, diejenigen für Blumenschmuck, Traueranzeigen und Danksagungen, für die üblichen kirchlichen und weltlichen Trauerfeierlichkeiten einschließlich des sog. Leichenmahles und für die Herrichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte, wozu auch die Aufstellung eines Grabdenkmals gehört. (MüKoBGB/Küpper BGB § 1968 Rn. 4-5, beck-online).
Für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten ist es unerheblich, dass in der Beklagte vom Tode der Erblasserin nicht informiert worden ist und dass sein Name auch in der Todesanzeige nicht auftaucht. All diese Umstände ändern nichts daran, dass nach der Wertung des Gesetzgebers die Bestattungskosten grundsätzlich den Nachlass und damit den Erben treffen. Das moralisch sicher fragwürdige Fehlverhalten der Beklagten wiegt auch nicht so schwer, als dass es die Geltendmachung der Bestattungskosten treuwidrig erscheinen lassen würde.
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht durch die vom Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung erloschen. Sowohl hinsichtlich der Auszahlung des Kaufpreises für das Waldgrundstück auf ein Konto der Klägerin als auch hinsichtlich behaupteter unberechtigter Abhebungen vom Girokonto der Erblasserin ist bislang nicht dargelegt, woraus sich ein Ersatzanspruch des Beklagten ergeben soll. Die mit der Widerklage geltend gemachten Auskunfts- und Rechenschaftsbelegungsansprüche haben ja gerade den Zweck, die Darlegung eines solchen Anspruches vorzubereiten.
Die Pflicht zur Begleichung der Bestattungskosten ist auch nicht abhängig davon, dass Zug um Zug die im Antrag des Beklagten bezeichneten Grundstücke an den übertragen werden, denn ein solcher Übertragungsanspruch besteht nicht, wie das erkennende Gericht in seinem Teilurteil vom 18.1.2017 im Verfahren1 O 199/49 entschieden hat. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe der dortigen Entscheidung verwiesen.
Auf Antrag des Beklagten war jedoch der Vorbehalt des § 780 ZPO in den Tenor aufzunehmen.
II.
Der Anspruch auf Auskunfts-und Rechenschaftslegung besteht im vorliegenden Fall nicht.
Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen der Erblasserin und der Beklagten ein Auftragsverhältnis bestand, aus dem der Beklagte als Erbe einen Anspruch auf Rechenschaftslegung ableiten könnte. Entscheidend für die Annahme eines Auftragsverhältnisses ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten. Dabei ist davon auszugehen, dass im Rahmen besonderer Vertrauensverhältnisse in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt wird, um nicht einer Seite im Nachhinein dem Risiko auszusetzen, schon allein infolge des Zeitablaufes keine genauen Angaben mehr machen zu können. Dementsprechend hat die Rechtsprechung sowohl bei der Bevollmächtigung eines Ehepartners oder nichtehelichen Lebensgefährten als auch im Verhältnis zwischen Großmutter und Enkel ein Auftragsverhältnis verneint. OLG Köln, Urteil vom 19. 9. 2012, (ZEV 2013, 339, beck-online m.w.N.)
Der vorliegende Fall ist den bereits entschiedenen Fällen vergleichbar, wie sich insbesondere aus der Vernehmung der Zeugin S ergibt. Die Klägerin hat die Erblasserin nach ihrem Schlaganfall aufgenommen und sie gepflegt. Die Erblasserin wollte, wie sich aus der Vernehmung der Zeugen S ergibt, mit finanziellen Dingen nichts mehr zu tun haben und hat der Beklagten völlige Handlungsfreiheit überlassen. Die Zeugin hat auch bekundet, die Erblasserin habe von sich aus die Entscheidung getroffen, der Klägerin und der Zeugin Y erteilen, es habe sich nicht um eine Anregung der Beklagten gehandelt.
Im Übrigen hat die Erblasserin von der Klägerin in der Folge keine Rechnungslegung gefordert. Die Klägerin musste also nicht damit rechnen, in der Zukunft der Erblasserin Rechenschaft geben zu müssen. Die Klägerin hat vielmehr der Erblasserin, wie sich ebenfalls aus der Vernehmung der Zeugin S ergibt, die Kontoauszüge in ihr Zimmer gelegt und durfte deshalb davon ausgehen, dass sie damit ihre Verpflichtungen erfüllt hat.
Der Beklagte hat aber auch kein Anspruch auf Überlassung der Kontoauszüge für die in seinen Anträgen genannten Konten. Hinsichtlich des Kontos 597393 Stadtsparkasse Schmallenberg fehlt ihm für diesen Antrag bereits deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm die Kontoauszüge vorliegen, denn er hat seinem Schriftsatz vom 5. Oktober 2015 als Anlage beigefügt. Hinsichtlich des von der Beklagten eingerichteten Kontos handelt es sich um ein Konto, dessen Inhaberin die Beklagte ist. Es ist deshalb nicht ersichtlich, warum dem Kläger ein Anspruch auf Herausgabe dieser Kontoauszüge zustehen sollte.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO
Streitwert: 8.693,00 Euro.