OLG Düsseldorf – Aktenzeichen: I-7 U 151/16 – Urteil vom 01.12.2017
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 24.06.2016 – 2 O 210/15 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
Gründe
I.
Der Kläger und die Beklagten sind Halbgeschwister und die drei gesetzlichen Erben des am 05.07.2007 in N verstorbenen Dr. M (im Folgenden: Erblasser). Der Kläger macht im Wege der Stufenklage gegen seine Halbgeschwister Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche sowie Ansprüche aus § 2329 BGB geltend.
Die Mutter des Klägers war zunächst mit Herrn G und danach mit dem Erblasser verheiratet. Die Abstammung des Klägers von dem Erblasser ist durch Beschluss des Amtsgerichts Bamberg (Az.: 0211 F 445/12) vom 18.02.2015 gerichtlich festgestellt worden, nachdem der Kläger die Vaterschaft des G mit Antrag vom 29.03.2012 angefochten hatte.
Der Erblasser verschenkte in den Jahren 1995 und 2002 mehrere Grundstücke unter Nießbrauchvorbehalt an die Beklagten, seine Kinder aus erster Ehe. Nach Auskunft der Beklagten ist der Nachlasswert zum Zeitpunkt des Todesfalls negativ. Der Kläger, der zunächst Zweifel daran geäußert hatte, hat sich später vor dem Landgericht auf Ansprüche aus § 2329 BGB beschränkt. Er hat die Auffassung vertreten, dass seine Ansprüche gegen die Beklagten nicht verjährt seien, weil dem § 1600d Abs. 4 BGB entgegen stehe.
Das Landgericht, auf dessen Feststellungen auch wegen der Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage insgesamt abgewiesen. Dem von dem Kläger mit der Stufenklage letztlich nur noch verfolgten Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die den Beklagten geschenkten Grundstücke gemäß 2329 BGB stehe die Verjährungseinrede wirksam entgegen. Die Verjährung richte sich gemäß Artikel 229 § 23 Abs. 1 Satz 2 EGB nach der vor dem 01.01.2010 geltenden Fassung des BGB, da die Verjährung früher vollendet sei als nach der nunmehr geltenden Fassung des BGB. Die kurze Verjährungsfrist gelte auch gegenüber beschenkten Miterben. Der Verjährung des Anspruches stehe die Anwendbarkeit von § 1600d Abs. 4 BGB nicht entgegen. Zwar führe die „Rechtsausübungssperre“ des § 1600d Abs. 4 BGB in der Regel dazu, dass Verjährung nicht eintrete. So lange die Vaterschaft nicht bindend festgestellt sei, könnten Forderungen des Kindes gegen den Vater nicht verjähren, weil sie noch nicht im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden seien. Dies gelte jedoch nur insoweit, als es für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Entstehung des Anspruches ankomme. Dies sei bei der Verjährung im Sinne von § 2332 BGB nicht der Fall. Die Vorschrift knüpfe allein an den Erbfall an. Es sei auch nicht richtig, dass nur ein entstandener und fälliger Anspruch verjähren könne. Die Verjährungsfristen schützten nicht nur den begründet in Anspruch Genommenen, sondern auch den Nichtschuldner. Das von dem Kläger als unbillig empfundene Ergebnis sei eine vom Gesetzgeber des § 2332 BGB in Kauf genommene Härte, die angesichts der damit bezweckten schnellen Rechtsicherheit für Beschenkte des Erblassers in Kauf genommen worden sei. Auch bestehe keine besondere Benachteiligung nichtehelicher Kinder. Im Gegenteil würden Kinder, bei denen die Vaterschaft des Erblassers zunächst gesetzlich festgestellt werden müsse, gegenüber anderen Pflichtteilsberechtigten besonders bevorzugt, wenn dies anders gehandhabt würde. An der kurzen und kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 2332 BGB müssten sich auch eheliche oder anerkannte Kinder festhalten lassen.
Der mit den Klageanträgen zu 1. und 2. geltend gemachte Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch ergebe sich nicht zur Vorbereitung anderer Ansprüche. Ein Anspruch nach § 2314 BGB bestehe gegenüber Miterben nicht. Ein Anspruch gemäß § 2057 BGB zur Vorbereitung eines Anspruches aus § 2050 BGB oder aus § 242 BGB zur Vorbereitung eines Anspruches aus § 2325 BGB bestehe nicht. Beide Ansprüche setzten einen verteilbaren positiven Nachlass voraus, der vom Kläger selbst nicht mehr behauptet werde.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist der Auffassung, seine Ansprüche seien nicht verjährt. Erst mit der Rechtswirkung der Feststellung der Vaterschaft durch das Gericht stehe die volle Verwandtschaft mit bindender Wirkung für und gegen alle fest. Vor diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger gar nicht auf die Vaterschaft berufen können. Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB gelte. Da die Forderung des Klägers nicht vor dem 25.03.2015 entstanden sei, habe sie auch nicht vorher verjähren können. Das Risiko einer zeitlich unbeschränkten Inanspruchnahme stelle sich für einen beschenkten Dritten nicht. Die Anfechtungsfrist beginne mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfahre, die gegen die Vaterschaft sprächen. Deshalb sei bereits in den familienrechtlichen Vorschriften der §§ 1600 f. BGB die Rechtssicherheit bedacht. Auch das Familienrecht erkenne z.B. bei § 1613 Abs. 2 a BGB rechtliche Gründe an, die dazu führten, dass weder allgemeine Verjährungs- noch Hemmungsvorschriften griffen. Entscheidend sei, dass das Bestehen eines Verwandtschaftsverhältnisses hier ein zwingendes Statusverfahren voraus setze.
Auch der Normzweck der Verjährung, die Unsicherheit für den Beschenkten möglichst kurz zu halten, greife nicht. Nur sofern ein Beschenkter als Außenstehender nicht unmittelbar an der Nachlassabwicklung beteiligt sei, solle er geschützt werden. Es widerspreche zudem dem Schutz des Pflichtteilsrechts, dass der Kläger seinen Anspruch gegen die Beklagten nicht durchsetzen könne. Das Pflichtteilsrecht sei mit Ausnahme von § 2333 BGB nicht entziehbar und außerdem von der Verfassung durch Artikel 14 GG in Verbindung mit Artikel 6 GG geschützt. Außerdem dränge sich die Vermutung auf, dass der Erblasser, der Jurist gewesen sei, und die Beklagten Kenntnis von der Vaterschaft gegenüber dem Kläger gehabt hätten und dieses auch Grund für die Übertragung der Grundstücke geworden sei. Eine Schutzwürdigkeit der Beklagten, die Teil der „Familiengeschichte“ gewesen seien, sei zu verneinen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Landgerichts Wuppertal (Az.: 2 O 210/15) vom 24.06.2016 „aufzuheben“ und die Beklagten zu verurteilen, ergänzende Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 05.07.2007 in N verstorbenen M zum Zeitpunkt des Todes zu erteilen, und zwar durch die Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses über alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat und über alle unter Abkömmlingen ausgleichspflichtigen Zuwendungen gemäß § 2025 ff. BGB, die der Erblasser zu Lebzeiten an seine Abkömmlinge getätigt hat;
2. der Beklagte zu 1. wird verurteilt, den Wert der im Grundbuch eingetragenen Grundstücke
a) …
b) …
c) …
d) …
zum Todestag des Erblassers 05.07.2007 durch Sachverständigengutachten zu ermitteln. Die Kosten der Begutachtung trägt der Kläger.
Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, den Wert der im Grundbuch eingetragenen Grundstücke
e) …
f) …
g) …
zum Todestag des Erblassers 05.07.2007 durch Sachverständigengutachten zu ermitteln. Die Kosten der Begutachtung trägt der Kläger;
3. Die Beklagten werden verurteilt, für den Fall, dass sie das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt errichten sollten, jeweils zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand der ergänzungspflichtigen Schenkungen und ausgleichspflichtigen Zuwendungen vollständig und richtig angegeben haben;
4. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, in Höhe eines noch zu beziffernden Betrages die Zwangsvollstreckung in die im Grundbuch eingetragenen Grundstücke:
a) …
b) …
c) …
d) …
zu dulden;
die Beklagte zu 2. zu verurteilen, in Höhe eines noch zu beziffernden Betrages die Zwangsvollstreckung in die im Grundbuch eingetragenen Grundstücke:
e) …
f) …
g) …
zu dulden;
5. im Falle des Berufungserfolgs zu einer Stufe der Stufenklage den Rechtsstreit in die erste Instanz zur Verhandlung über die weiteren Stufen der Stufenklage zurückzuverweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten, die sich auf die Verjährung berufen haben, verteidigen das landgerichtliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Kläger macht mit der Berufung nur noch geltend, dass das Landgericht die Stufenklage zu Unrecht auf allen Stufen abgewiesen habe, weil sein Anspruch aus § 2329 BGB gegen die Beklagten nicht verjährt sei.
Dieser Rechtsauffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dem Kläger stehen zwar grundsätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche aus § 2329 BGB gegen die Beklagten als Beschenkte nach dem im Jahre 2007 verstorbenen Vater der Parteien zu. Diese Ansprüche sind jedoch wegen der Verjährungseinrede der Beklagten nicht mehr durchsetzbar. Die Pflichtteilsergänzungsansprüche des Klägers aus § 2329 BGB waren bereits bei Eingang der Klageschrift bei Gericht verjährt. Weil die Hauptansprüche verjährt sind, sind auch die mit der Stufenklage vorbereitend geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung aus § 242 BGB nicht begründet. Im Einzelnen:
1.
Der Eintritt der Verjährung richtet sich – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nach Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 229 § 23 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dem Wortlaut des maßgeblichen § 2332 BGB a.F. beginnt die kurze dreijährige Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruches gegen den Beschenkten mit dem Erbfall, also mit dem Tod des Erblassers. Damit war die dreijährige Verjährungsfrist bereits am 05.07.2010, mithin sowohl im Zeitpunkt des behaupteten ersten Verdachts im Dezember 2011, des Antrags auf Vaterschaftsanfechtung im Jahr 2012 als auch bei Klageerhebung im Jahre 2015 abgelaufen.
2.
Von dieser Verjährungsregelung ist auch nach Auffassung des Senats nicht aufgrund der sog. „Rechtsausübungssperre“ des § 1600 d Abs. 4 BGB abzuweichen. Die Rechtsausübungssperre führt nicht dazu, dass der Beginn der Verjährungsfrist in objektiver Hinsicht zeitlich bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erblassers hinaus zu schieben ist (Senat, Urteil vom 09.06.2017 – I-7 U 78/16; MünchKomm/Lange, BGB, 7. Aufl. (2017), § 2332, Rn. 6; jurisPK-BGB-Birkenheier, 8. Aufl. (2017), § 2332 Rn. 71; Horn ZErb 2016, 232 – 234; Ruby/Schindler, ZEV 2017, 29, 32; Große-Wilde, MDR 2017, 494, 496; anderer Ansicht OLG Hamm, Beschluss vom 04.11.1985 – 10 W 80/85; Gipp ZErb 2001, 169, 170; Staudinger/Rauscher, BGB (2011), § 1594, Rn. 16).
a.
Der Kläger kann aufgrund des § 1600 d Abs. 4 BGB grundsätzlich erst mit der rechtskräftigen Feststellung seiner Abstammung von dem Erblasser Pflichtteilsansprüche gegen seine Halbgeschwister als Miterben geltend machen. Zuvor steht seine Abstammung und damit auch sein Pflichtteilsrecht nicht fest.
b.
Welche Bedeutung diese Rechtsausübungssperre dogmatisch für die Frage der Verjährung hat, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2017 – XII ZB 56/16). So ist zwar für Unterhaltsansprüche des nichtehelichen Kindes anerkannt, dass die Verjährungsfrist für den Unterhaltsanspruch mit Blick auf die Rechtsausübungssperre vor der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft grundsätzlich nicht in Lauf gesetzt werden kann, weil dem Unterhaltsanspruch vor der Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers jede Realisierungsmöglichkeit fehlt (BGH, Beschluss vom 22.03.2017 – XII ZB 56/16 unter Hinweis auf BGH FamRZ 1981, 763 f. zu § 1600 a Satz 2 a.F. BGB). Für die dogmatische Herleitung dieses Ergebnisses kommen jedoch zwei mögliche Begründungsansätze in Betracht.
aa.
Zum einen wird aus der Rechtsausübungssperre ein Herausschieben des Verjährungsbeginns abgeleitet. Dabei wird darauf abgestellt, dass der Unterhaltsanspruch bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers noch nicht im Sinne von § 199 BGB Abs. 1 Nr. 1 BGB „entstanden“ sei, weil er noch nicht gerichtlich geltend gemacht werden könne (BGH aaO mwN).
Dieser Begründungsansatz lässt sich aber gerade nicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten übertragen. Auf das Entstehen des Anspruchs stellt § 2332 BGB nach seinem ausdrücklichen Wortlaut hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist nämlich nicht ab, sondern allein auf den objektiven Umstand des Erbfalls.
§ 2332 BGB befasst sich – anders als die primären Verjährungsvorschriften für die Pflichtteilsansprüche aus § 2325 BGB – nicht mit der Frage der Entstehung des Anspruches. Der Wortlaut der Regelung ist eindeutig. Der Beginn der Verjährungsfrist ist im Verhältnis zum Beschenkten unabhängig von der Frage, ob ein etwaiger Anspruch entstanden ist. Er ist auch unabhängig von der Frage, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen vorliegt. Auf subjektive Komponenten kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut nicht an, sondern nur auf den Erbfall, mithin den Tod des Erblassers.
Weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der Norm – auch nicht unter Bezugnahme auf die Motive – lässt sich entnehmen, dass es hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruches in Einzelfällen nicht auf den Todeszeitpunkt, sondern auf andere Umstände – wie etwa die Feststellung der Vaterschaft oder auch die Kenntnis vom Tode des Erblassers – ankommen solle. Zwar ist zutreffend, dass die Verjährung im Allgemeinen erst mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem die Befriedigung des Anspruchs rechtlich verlangt werden kann. Dieser Grundsatz wird jedoch durch § 2332 BGB als Ausnahmeregelung durchbrochen.
bb.
Als zweiter dogmatischer Begründungsansatz wird auf eine Hemmung der Verjährung bis zur Feststellung der Vaterschaft nach § 205 BGB (analog) abgestellt (BGH aaO; so auch Brandenburgisches OLG, Urteil vom 16.03.2000 – 9 UF 196/99; OLG Hamm, Beschluss vom 04.11.1985 – 10 W 80/85; Staudinger/Rauscher, BGB (2011), § 1594, Rn. 16).
§ 205 BGB regelt diesen Fall nach seinem Wortlaut nicht. Er behandelt vielmehr ein vereinbartes Leistungsverweigerungsrecht, z.B. ein Stillhalteabkommen oder pactum de non petendo. Ein solches ist hier nicht gegeben. Der Wortlaut der Vorschrift des § 205 BGB deckt nicht die Auslegung, § 1600 d Abs. 4 BGB führe zur Hemmung der Verjährung wie ein pactum de non petendo.
Einer entsprechenden Anwendung des § 205 BGB auf andere als die dort geregelten Fälle hat der BGH darüber hinaus in einer weiteren Entscheidung bereits eine Absage erteilt (BGH, Beschluss vom 25.01.2012 – XII ZB 461/11). Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegen stehen, sollen danach grundsätzlich keine Hemmung nach § 205 BGB begründen können (BGH, Beschluss vom 25.01.2012 – XII ZB 461/11). § 205 BGB ist mithin nicht analogiefähig (J. Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 14. Aufl. (2014), § 205, Rn. 8). Der Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 205 BGB vielmehr auf das zur Klarstellung erforderliche Maß beschränkt (J. Schmidt-Räntsch in Erman aaO). Eine entsprechende Anwendung des § 205 BGB auf andere als die dort geregelten Fälle des pactum de non petendo scheidet aus. Im Interesse der Rechtssicherheit ist durch § 2332 BGB eine Klärung der Verhältnisse gegenüber dem beschenkten Gläubiger in einem objektiv zu bestimmenden Zeitrahmen herbeizuführen.
Zwar ist der Zeitraum der Verjährung des § 2332 BGB von lediglich 3 Jahren anders als in der zitierten Entscheidung des Senats vom 09.06.2017 zum Az. I-7 U 78/16 – dort nach a.F. des § 2332 Abs. 1 Alt. 2 BGB 30 Jahre – verhältnismäßig kurz. Gleichwohl lassen sich die Erwägungen des Senats aus dem zitierten Urteil auch auf diesen Fall übertragen. Der Rechtssicherheit muss auch hier der Vorrang gebühren, weil bei dem Sekundäranspruch aus § 2329 BGB ansonsten auf unbestimmte Zeit ungeklärt bliebe, wie lange ein Beschenkter in Anspruch genommen werden kann, der in seiner Stellung als Beschenkter grundsätzlich außerhalb des Erbfalls steht. Stellt man nicht auf die dreijährige Frist des § 2332 BGB seit dem Erbfall ab, die der Gesetzgeber vorgesehen hat, wird die Rechtssicherheit nicht gewahrt, da der Beschenkte sich des Geschenks dann zu keinem Zeitpunkt gewiss sein kann.
Durch die Berechnung der Frist seit dem Erb- bzw. Todesfall wird der Pflichtteilsberechtigte auch nicht unbillig belastet. Denn die Verjährung des Primäranspruches nach § 2325 BGB ist kenntnisabhängig ausgestaltet und bietet in Fällen, in denen der Nachlass anders als hier positiv ist, Schutz, so dass der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich nicht rechtlos gestellt ist. Zwar führt die objektive Anknüpfung des § 2332 BGB dazu, dass der Sekundäranspruch schneller verjähren kann als der Primäranspruch. Dies ist allerdings deshalb hinzunehmen, weil der Beschenkte aus seinem Privatvermögen in Anspruch genommen wird und nicht aus dem Nachlass.
3.
Weitere Hemmungstatbestände sind ebenfalls nicht gegeben.
Es liegt insbesondere kein Fall der höheren Gewalt des § 206 BGB vor. Eine solche Hemmung der Verjährung des Anspruches aus § 2329 BGB wegen höherer Gewalt wird zwar erwogen, etwa bei noch nicht anerkannten Stiftungen (Damrau ZEV 2010, 2012). Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 09.06.2017 zu Aktenzeichen I-7 U 78/16 ausgeführt hat, soll § 206 BGB allerdings keine Korrektur von Wertentscheidungen des Gesetzgebers ermöglichen (MünchKommBGB-Grothe, 7. Aufl., § 206, Rn. 6), der eindeutig geregelt hat, dass Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Beschenkten generell sowohl für § 2332 BGB a.F. als auch n.F. in drei Jahren nach dem Erbfall aus Gründen der Rechtssicherheit verjähren (vgl. BT-Drucks. 16/8954 S. 15, 22).
4.
Das Verfahren ist auch nicht gemäß Artikel 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Auch insoweit wird die auf die Erwägungen des Senats in seinem Urteil vom 09.06.2017 zu Aktenzeichen I-7 U 78/16 Bezug genommen.
Zwar sind die Schutzbereiche der Artikel 6 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG durch die Verjährungsregelung des § 2332 BGB betroffen, da diese Regelung die Durchsetzbarkeit des Pflichtteilsrechts einschränkt. Das Pflichtteilsrecht fällt sowohl in den Schutzbereich der in Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG normierten Erbrechtsgarantie als auch in den Schutzbereich des Artikel 6 Abs. 1 GG (BVerfGE 112, 336). Der Eingriff in den Schutzbereich ist aber nicht verfassungswidrig. Die Verjährungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches sind Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstaatsprinzips und stellen vorbehaltlich der konkreten Ausgestaltung und der Verhältnismäßigkeit eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG sowie einen gerechtfertigten Eingriff in den Schutzbereich des Artikel 6 Abs. 1 GG dar.
a)
Der Gläubiger muss zwar aus dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit eine faire Chance erhalten, seinen Anspruch geltend zu machen. Er muss Gelegenheit bekommen, die Existenz seiner Forderung zu erkennen, ihre Berechtigung zu prüfen, Beweismittel zu sammeln und die gerichtliche Durchsetzung vorzubereiten (Senat aaO). Bei der Beurteilung der fairen Chance sind sowohl die Belange des Schuldners als auch die des Gläubigers zu wahren. Dies ist hier trotz der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist gegeben.
Typischerweise wird mit der erforderlichen Erkennbarkeit des Anspruchs (vgl. zu diesem Erfordernis BGH NJW-RR 2005, 1683, 1687) innerhalb der dreijährigen Frist seit dem Todesfall zu rechnen sein. Der Umstand, dass die Vaterschaft erst posthum, und dazu erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist festgestellt wird, stellt nicht die Regel dar. Eine Benachteiligung durch die fehlende Vaterschaftsfeststellung ist zudem nicht gegeben. Jede fehlende Kenntnis auch nur eines Tatbestandsmerkmales führt zur fehlenden Durchsetzbarkeit des Anspruches. Jeder Anspruchsberechtigte, der erst vier Jahre nach dem Tod des Erblassers vermutet oder feststellt, dass dieser erhebliche Schenkungen vorgenommen hat, wird seinen Anspruch aus § 2329 BGB nach einer Verjährungseinrede des Beschenkten nicht mehr durchsetzen können, da der Beginn der Verjährung gerade unabhängig von der Frage ausgestaltet ist, ob der Anspruch entstanden ist oder ob Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen gegeben ist. Wollte man dagegen den Anspruch gegen den Beschenkten bei fehlender Feststellung der Vaterschaft über die vorgegebenen 3 Jahre seit dem Erbfall hinaus ausweiten, könnte der Beschenkte je nach dem Zeitpunkt der Feststellung der Vaterschaft noch Jahrzehnte nach dem Erbfall in Anspruch genommen werden.
b)
Die Regelung des § 2332 BGB verstößt auch nicht gegen das in Artikel 6 Abs. 5 GG normierte Gebot, nichteheliche Kinder den ehelichen gleichzustellen. Auch eheliche Kinder sind gehalten, Ansprüche gegen Beschenkte binnen drei Jahren nach dem Erbfall geltend zu machen. Ein eheliches Kind, das erst vier Jahre nach dem Erbfall vom Tode des Vaters erfährt, könnte seine Ansprüche aus § 2329 BGB ebenfalls nicht mehr durchsetzen. Würde man den Verjährungsbeginn nur für das nichteheliche Kind hinausschieben, wäre dieses Kind gegenüber den ehelichen Kindern besser gestellt.
Die Regelung des § 2332 BGB ist nach allem durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die nicht an die Ehelichkeit bzw. Nichtehelichkeit anknüpfen. Sie ist Ausdruck des generellen Bedürfnis nach Rechtssicherheit, dass nach einem bestimmten Zeitraum der Schuldner, der hier als Beschenkter grundsätzlich nichts mit dem Erbfall zu tun hat, darauf vertrauen darf, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, unabhängig davon, ob es sich um Ansprüche eines ehelichen oder nichtehelichen Kindes handelt (Senat aaO).
Ob etwas anderes gelten könnte, wenn gerade die Dauer des Feststellungsverfahrens zur Verjährung führt, kann dahingestellt bleiben, weil im Streitfall die Verjährung bereits vor Beginn des Feststellungsverfahrens eingetreten war.
5.
Die genannte Verjährungsregelung ist hier auch nicht deshalb ausnahmsweise einzuschränken, weil die Beschenkten gleichzeitig Miterben nach dem Erblasser sind und dazu der Nachlasswert negativ ist.
Zwar wird für diese Fälle in der Literatur vertreten, dass schon immer dann, wenn der Beschenkte zugleich Miterbe ist, sich die Verjährung nach den für den Gläubiger günstigeren allgemeinen Regeln der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zu richten habe (Olshausen in Staudinger/Olshausen (2015) BGB, § 2332, Rn. 30; Soergel/Dieckmann, BGB, § 2332, Rn. 28). Dies solle Härten gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten vermeiden (Soergel/Dieckmann aaO). Eine solche Einschränkung der Verjährung sei dem als Miterben berufenen Beschenkten auch zumutbar (Staudinger/Olshausen aaO).
Dieser Rechtsauffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen, da höchstrichterlich entschieden ist, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch aus § 2329 BGB grundsätzlich auch dann der Verjährung nach § 2332 BGB unterliegt, wenn der Beschenkte zugleich Miterbe ist ( BGH, Urteil vom 09.10.1985 – IVa ZR 1/84).
Nach Auffassung des BGH kann der Berechtigte der Gefahr der Verjährung vorbeugen, indem er sich um Aufklärung bemüht, für Unterbrechung der Verjährung sorgt und gegebenenfalls rechtzeitig Stufenklage erhebt (BGH aaO). Diese Argumentation des BGH greift zwar nicht ohne Weiteres für die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB, die in dem zitierten BGH-Urteil nicht thematisiert worden ist. Der BGH führt jedoch zur Begründung weiter aus, dass der Erbe das Geschenk, wenn er es herauszugeben habe, gerade nicht „im Zuge der Nachlassabwicklung“, nämlich nicht aus dem Nachlass, sondern daneben herausgeben müsse, und zwar zusätzlich aus seinem Privatvermögen. Es sei zudem wenig einleuchtend, wenn der beschenkte Erbe es in der Hand habe, seine verjährungsrechtliche Stellung in Bezug auf den Anspruch aus § 2329 BGB dadurch zu verbessern, dass er die wertlose Erbschaft ausschlage (BGH, Urteil vom 09.10.1985 – IVa ZR 1/84). Diese Argumente des BGH sind auch hier stichhaltig.
6.
Die Beklagten sind ferner nicht aus § 242 BGB gehindert, sich auf die Verjährungseinrede zu berufen.
a.
Dies gilt zum Einen, soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 15.09.2017 die Auffassung vertreten hat, dass der Verjährungseinrede der Einwand der Arglist entgegen stehe. Der Kläger hat bereits nicht im Einzelnen dargelegt, dass und wie die Beklagten den Kläger durch ihr Verhalten – und sei es unabsichtlich – von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten hätten. Soweit der Kläger dazu eher pauschal ausführt, dass sowohl der Erblasser als auch die Mutter des Klägers dem Kläger gemeinschaftlich bewusst und gewollt Informationen über seine wahre Abstammung vorenthalten hätten und dieses arglistige Verhalten von den Beklagten fortgeführt worden sei, ist dieser zweitinstanzliche neue Vortrag zudem bestritten und hat gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unberücksichtigt zu bleiben.
b.
Zum anderen kann hier auch nicht von einem missbräuchlichen Ausnutzen einer formalen Rechtsstellung ausgegangen werden, das die Erhebung der Verjährungseinrede nach § 242 BGB hindern würde.
Zwar bestehen durchaus Anhaltspunkte für eine besondere Härte gegenüber dem Kläger, da der reale Nachlass negativ war und die beschenkten Miterben die erheblichen Grundstücksgeschenke wegen des Nießbrauchvorbehalts wirtschaftlich erst mit dem Erbfall erhalten haben. Diese Härte ergibt sich jedoch aus einer Wertentscheidung des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des § 2332 BGB, und nicht aus einem über die bloße Erhebung der Verjährungseinrede hinausgehenden Verhalten der Beklagten.
7.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
8.
Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen. Die Frage, ob die dreijährige Verjährungsfrist des § 2332 BGB auch dann mit dem Erbfall beginnt, wenn die Abstammung des nichtehelichen Kindes vom Erblasser zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestellt ist, sowie die Frage nach der dogmatischen Auswirkung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB auf die Verjährung haben grundsätzliche Bedeutung.
9.
Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 280.000 Euro festgesetzt. Dies entspricht den unbestrittenen Angaben des Beklagten zu 1. im Schriftsatz vom 19.10.2017.