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Verjährungsbeginn Pflichtteilsanspruch – Kenntnis von Testament

OLG München – Az.: 33 U 2768/21 – Urteil vom 22.11.2021

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts München II vom 15.04.2021, Az. 12 O 3403/20, wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagten werden verurteilt, den Klägerinnen Auskunft über den Bestand des Nachlasses der am 11.01.2014 in H. verstorbenen Erblasserin A. F. zu erteilen durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, welches folgenden Punkt umfasst:

Ziff. 1.3.: Alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten getätigt hat.

Im Übrigen wird die Klage in der Auskunftsstufe abgewiesen.

2. Auf die Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten wird festgestellt, dass die Beklagten berechtigt sind, die Leistung auf Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen zu verweigern.

Im Übrigen bleibt die Zwischenfeststellungswiderklage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen je zur Hälfte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche im Wege der Stufenklage und mit einer Zwischenfeststellungswiderklage.

Die Klägerinnen sind Töchter der am 11.01.2014 verstorbenen Erblasserin A. F. Die Beklagten sind Töchter von A. L., einer weiteren Tochter der Erblasserin, somit Enkelinnen der Erblasserin.

Inzwischen ist unstreitig, dass die Beklagten zu je 1/2 Erbinnen der Erblasserin sind aufgrund eines Testaments der Erblasserin mit der Datumsbezeichnung „16-9,90“. Vorausgegangen war ein Rechtsstreit über die Erbenstellung vor dem Amtsgericht Dachau – Nachlassgericht – (Az. VI 93/14) unter Beteiligung der Parteien, in dem das Amtsgericht Dachau nach einer umfangreichen Beweisaufnahme mit Beschluss vom 28.11.2016 feststellte, dass die verfahrens- und materiell-rechtlichen Voraussetzungen zur Erteilung eines Erbscheins gegeben sind mit dem Inhalt, dass die Erblasserin von den hiesigen Beklagten zu je 1/2 beerbt worden ist. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Klägerinnen vom 21.12.2016 wurden mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 17.12.2019 (Az. 31 Wx 18/17, 31 Wx 447/19) ohne weitere Beweisaufnahme zurückgewiesen.

Zum Nachlass gehört insbesondere ein bebautes Grundstück in H. , …-str. … .

Die Klägerinnen machen mit einer Stufenklage vom 03.09.2020 in erster Stufe Auskunftsansprüche geltend. Die Beklagten wenden Erfüllung ein, erheben die Einrede der Verjährung und wollen durch eine Zwischenfeststellungswiderklage festgestellt haben, dass die Klägerinnen aufgrund eingetretener Verjährung keinen Pflichtteilsanspruch haben.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 15.04.2021 verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Änderungen haben sich in der Berufungsinstanz nicht ergeben.

Das Erstgericht hat durch Teilurteil die Beklagten zur Erteilung von Auskunft verurteilt und die Zwischenfeststellungswiderklage abgewiesen. Das Erstgericht hat Verjährung verneint. Die Verjährung habe erst mit der Beschwerdeentscheidung des OLG München im Nachlassverfahren zu laufen begonnen, da die Klägerinnen erst dann Kenntnis von der Wirksamkeit der beeinträchtigenden Verfügung erhalten hätten. Erfüllung liege nicht vor, da die Beklagten nur bruchstückhaft Auskunft erteilt hätten. Die Zwischenfeststellungswiderklage sei unzulässig, da diese sich nicht auf ein Rechtsverhältnis beziehe. Sie wäre im Übrigen auch unbegründet.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufungsbegründung vom 14.06.2021 (Bl. 100/106). Aufgrund des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im Nachlassverfahren hätten die Klägerinnen Kenntnis aller Umstände im Sinne des § 199 BGB bereits mit Erlass des Beschlusses des Nachlassgerichts vom 28.11.2016 erlangt. Die Verjährung habe daher bereits mit dem Schluss des Jahres 2016 begonnen und sei zum 31.12.2019 abgelaufen, so dass die Klage erst nach Ablauf der Verjährung erhoben worden sei. Die Zwischenfeststellungswiderklage sei zulässig und begründet, insbesondere beziehe sich diese auf Tatsachen, die einer Feststellung zugänglich seien.

Die Beklagten beantragen im Berufungsverfahren (Bl. 101):

I. Unter Abänderung des am 15.04.2021 ohne mündliche Verhandlung verkündeten Teilurteils des Landgerichts München II, Az. 12 O 3403/20, wird die Klage vollumfänglich abgewiesen.

II. Unter Abänderung des am 15.04.2021 ohne mündliche Verhandlung verkündeten Teilurteils des Landgerichts München II, Az. 12 O 3403/20, wird der Zwischenfeststellungsklage stattgegeben.

Die Klägerinnen beantragen (Bl. 99), die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts München II vom 15.04.2021 zurückzuweisen.

Die Klägerinnen verteidigen das Ersturteil.

Der Senat hat am 25.10.2021 mündlich verhandelt. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 25.10.2021 (Bl. 131/133) Bezug genommen.

Ergänzend nimmt der Senat Bezug auf die weiteren von den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg. Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen sind verjährt, so dass die diesbezügliche Klage auf Erteilung von Auskunft abzuweisen war. Auf die zulässige Zwischenfeststellungswiderklage war festzustellen, dass die Beklagten berechtigt sind, die Leistung auf Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen zu verweigern. Nicht verjährt sind jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche, so dass die Klägerinnen insoweit über einen – bisher nicht erfüllten – Auskunftsanspruch verfügen.

1. Allgemeine Rechtsgrundsätze

a) Die Verjährung der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 194 ff. BGB.

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Bezüglich des Pflichtteilsanspruchs liegt dies vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte kumulativ Kenntnis vom Erbfall, von der ihn beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung und von dem Schuldner, also dem Erben, erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können (Horn in: Scherer, MAH Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 29 Rn. 74; Krätzschel in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, § 17 Rn. 121).

Dies gilt auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Zusätzlich muss der Pflichtteilsberechtigte aber Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der ihn beeinträchtigenden Verfügung unter Lebenden haben. Aus der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs folgt deshalb nicht notwendig, dass auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann. Beide Ansprüche stehen vielmehr selbständig nebeneinander; sie entstehen unabhängig voneinander (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – IV ZR 134/94, juris Rn. 25; Horn in: Scherer, MAH Erbrecht, aaO, § 29 Rn. 305; Krätzschel in: Firsching/Graf, aaO).

b) Kenntnis von der beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung setzt voraus, dass der Pflichtteilsberechtigte den wesentlichen Inhalt der beeinträchtigenden Verfügung erkannt hat. Dazu ist eine in die Einzelheiten gehende Prüfung der Verfügung und eine fehlerfreie Bestimmung ihrer rechtlichen Natur nicht erforderlich. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vorstellungen des Pflichtteilsberechtigten über den beim Erbfall vorhandenen Nachlass und seinen Wert zutreffen. Die erforderliche Kenntnis kann jedoch fehlen, wenn der Berechtigte infolge Tatsachen- oder Rechtsirrtums davon ausgeht, die ihm bekannte Verfügung sei unwirksam und entfalte daher für ihn keine beeinträchtigende Wirkung. Das gilt jedenfalls dann, wenn Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind (BGH, aaO, juris Rn. 14, 15; Urteil vom 06. Oktober 1999 – IV ZR 262/98, juris Rn. 7; OLG Schleswig, Urteil vom 05. Mai 2015 – 3 U 98/14, juris Rn. 41; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2008 – I – 7 U 2/07, juris Rn. 5; Horn in: Scherer, MAH Erbrecht, aaO, § 29 Rn. 77; Krätzschel in: Firsching/Graf, aaO, § 17 Rn. 122).

Hieraus folgt, dass stets eine Betrachtung im Einzelfall geboten ist. Allein das Fortdauern eines Erbscheinverfahrens führt daher nicht dazu, dass von Unkenntnis auszugehen ist (OLG Düsseldorf, aaO, juris Rn. 4; Horn in: Scherer, MAH Erbrecht, aaO; Herzog in: Hk-PflichtteilsR, 2. Aufl. 2016, § 2332 BGB Rn. 23), zumal die Beschwerdeentscheidung im Erbscheinsverfahren ohnehin nicht zu einer materiellen Rechtskraft führt (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl., § 2353 Rn. 49).

2. Pflichtteilsansprüche

Nach diesem Maßstab sind die Pflichtteilsansprüche der nach § 2303 Abs. 1 BGB pflichtteilsberechtigten Klägerinnen verjährt.

Denn die Klägerinnen hatten Kenntnis vom Erbfall, von der sie beeinträchtigenden letztwilligen Verfügung und von den Erbinnen spätestens durch den Beschluss des Nachlassgerichts vom 28.11.2016 erlangt. Dass die Klägerinnen auch tatsächlich im Jahr 2016 vom Beschluss Kenntnis nahmen, ergibt sich aus ihren Beschwerden hiergegen, die ihr damaliger anwaltlicher Vertreter im Namen und im Auftrag der Klägerinnen am 21.12.2016 erhob. Damit begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres 2016 und endete am 31.12.2019.

a) Die Klägerinnen können sich nicht auf einen Irrtum über die Wirksamkeit des Testaments der Erblasserin berufen. Sämtliche nach dem Beschluss des Nachlassgerichts vorgebrachten Wirksamkeitsbedenken waren von vornherein von der Hand zu weisen und damit für die Kenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 BGB ohne Bedeutung.

Denn dem Beschluss des Nachlassgerichts vom 28.11.2016 ging eine umfangreiche Beweisaufnahme voraus durch Einholung eines Gutachtens zur Echtheit des Testaments, durch Anhörung der Sachverständigen und durch Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens. Zudem hat das Nachlassgericht zur Frage der Testierfähigkeit mehrere ärztliche Stellungnahmen eingeholt. Seinen Beschluss hat das Nachlassgericht umfassend und gut nachvollziehbar begründet unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerinnen. Aufgrund der Gutachten stand fest, dass es keine Anhaltspunkte für eine Manipulation/Fälschung des Testaments gab und der Text des Testaments (Zeilen 2/13) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und die Unterschrift und die Orts- und Datumsangabe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von der Erblasserin geschrieben wurden. Aus den eingeholten ärztlichen Stellungnahmen ergab sich, dass keinerlei Hinweise darauf vorhanden waren, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments am 16.09.2009 testierunfähig war. Damit lagen Ergebnisse der Beweisaufnahme vor, die keinen vernünftigen Zweifel mehr an der Wirksamkeit des Testaments ließen.

Die Einwendungen in den Beschwerden vom 21.12.2016 hiergegen, die sich auf eine unterschiedliche Kugelschreiberpaste innerhalb des Testaments, auf eine möglicherweise parallel errichtete General- und Vorsorgevollmacht, deren Errichtungsumstände nicht näher aufgeklärt wurden, auf Auffälligkeiten im Testament (Korrekturflüssigkeit, Durchschreibespuren) und auf die Betreuungsanordnung trotz bestehender General- und Vorsorgevollmacht beziehen (vgl. Berufungserwiderung vom 09.08.2021, S. 8/9), waren von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg und damit von vornherein von der Hand zu weisen, da maßgeblich ist, ob das Testament von der Erblasserin eigenhändig errichtet wurde, was angesichts der Gutachten eindeutig war.

b) Die Hinweise des OLG München im Beschwerdeverfahren, etwa dass das anhängige Verfahren schwierige Rechtsfragen bzw. umfangreiche Sachverhalte betreffe, ändern nicht den Lauf der Verjährung. Denn zum Einen war das damals vierbändige, inzwischen fünfbändige Nachlassverfahren unzweifelhaft umfangreich, so dass über die Schwierigkeit der Rechtsfragen keine Aussage getroffen wurde. Zum Anderen wird selbst dann der Beginn der Verjährungsfrist nicht (nachträglich) hinausgeschoben, wenn die Rechtslage unsicher wird, nachdem die Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20, juris Rn. 15).

c) Aufgrund der Verjährung der Pflichtteilsansprüche war die Klage in der Auskunftsstufe abzuweisen, soweit die begehrte Auskunft die Pflichtteilsansprüche betrifft (Anträge Ziff. 1.1, 1.2, 1.4). Die von den Beklagten beantragte vollumfängliche Klageabweisung kam – auch in Bezug auf die Pflichtteilsansprüche – aufgrund der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht in Betracht, da rechtlich nicht auszuschließen ist, dass über die gleiche Verjährungsproblematik nochmals im Rahmen der Entscheidung über die Pflichtteilsergänzungsansprüche zu befinden sein wird.

3. Pflichtteilsergänzungsansprüche

Nicht verjährt sind hingegen etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB.

Wie die Klägerinnen in der Berufungserwiderung vom 09.08.2021 (S. 11/12) zutreffend ausführen, haben die Beklagten Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerinnen von Schenkungen i.S.d. § 2325 BGB nicht behauptet, so dass die Verjährung insoweit noch nicht begonnen hat, § 199 Abs. 1 BGB.

Damit beantragen die Klägerinnen zu Recht mit ihrem Antrag Ziff. 1.3, der sich auf die Pflichtteilsergänzungsansprüche bezieht, die Erteilung von Auskunft.

Dieser Auskunftsanspruch wurde bisher nicht erfüllt. Zwar haben die Beklagten mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 10.11.2020 (Bl. 33/34) darauf verwiesen, dass sie bereits mitgeteilt hätten, dass keinerlei Schenkungen, die in den fiktiven Nachlass fallen könnten, erfolgt seien. Die Beklagten verweisen im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30.12.2020 (Bl. 51/54) allerdings auch auf ein Anlagenkonvolut (Anlage B4) zu Einnahmen und Ausgaben der Erblasserin, wobei eingeräumt wird, dass es sich nicht um eine substantiierte Darstellung handelt, zudem erfolgen Ausführungen zu Schenkungen an die drei Töchter in Höhe von jeweils 10.000,00 €. Vor diesem Hintergrund ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Beklagten ihrer Auskunftsverpflichtung bereits vollumfänglich nachgekommen sind.

Das Teilurteil des Erstgerichts wurde daher bezüglich des Antrags Ziff. 1.3 aufrechterhalten.

4. Feststellungsantrag

Die zulässige Zwischenfeststellungswiderklage der Beklagten ist überwiegend begründet. Das Ersturteil war daher insoweit abzuändern.

a) Die Zwischenfeststellungswiderklage ist zulässig.

Diese bezieht sich auf ein Rechtsverhältnis gemäß § 256 Abs. 2 ZPO. Die Feststellung der Berechtigung, eine Leistung wegen Verjährung zu verweigern, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und nicht nur ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses dar (BGH, Urteil vom 26. September 2012 – VIII ZR 249/11, juris Rn. 37).

Für die Zwischenfeststellungswiderklage besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Da bisher lediglich eine Entscheidung über die Auskunftsstufe der Stufenklage ergeht, sind die Rechtsbeziehungen der Parteien noch nicht erschöpfend geregelt (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1998 – V ZR 180/97, juris Rn. 8).

b) Die Zwischenfeststellungswiderklage ist überwiegend begründet.

Nach ihrem Wortlaut bezieht sich der Feststellungsantrag lediglich auf die Pflichtteilsansprüche und nicht auf die Pflichtteilsergänzungsansprüche. Die Pflichtteilsansprüche sind verjährt, s.o. Ziff. II. 2.

Allerdings führt die Verjährung nicht zu einem Erlöschen der Ansprüche der Klägerinnen, sie gibt aber den Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 Abs. 1 BGB).

Die Verjährung rechtfertigt daher nur die Feststellung, der Schuldner sei berechtigt, die Leistung zu verweigern (BGH, Urteil vom 10. November 1982 – VIII ZR 156/81, juris Rn. 20). Dies ist ein Weniger gegenüber der von den Beklagten begehrten Feststellung, die Klägerinnen hätten keinen Pflichtteilsanspruch. Da in der Feststellung, die Beklagten seien berechtigt, die Leistung zu verweigern, weder eine Veränderung des Streitgegenstandes noch eine Änderung der Art der beantragten Entscheidung (Feststellung) liegt, kann sie der Senat in Einklang mit § 308 ZPO treffen, ohne dass es einer Auslegung des Klageantrages bedürfte (vgl. BGH, aaO). Da nur ein Weniger zugesprochen wurde, war im Übrigen die Abweisung der Zwischenfeststellungswiderklage aufrecht zu erhalten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Beklagten obsiegen im Hinblick auf die Pflichtteilsansprüche, wobei die teilweise Abweisung der Zwischenfeststellungswiderklage nicht ins Gewicht fällt.

Das Unterliegen der Beklagten bezüglich der Pflichtteilsergänzungsansprüche ist für die Kostenquote ohne Bedeutung, denn die Klägerinnen haben den Streitwert ihrer Klage maßgeblich am Wert des in den Nachlass fallenden bebauten Grundstücks bemessen, das lediglich für den Pflichtteilsanspruch von Relevanz ist (vgl. Klage S. 6, Beschluss des Nachlassgerichts vom 28.11.2016, S. 7). Ob ein Anteil des Streitwerts sich auch auf die Pflichtteilsergänzungsansprüche bezieht, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerinnen nicht.

Den Beklagten entsteht auch kein Kostennachteil dadurch, dass entgegen ihrem Antrag auf vollumfängliche Klageabweisung bisher lediglich über die Auskunftsstufe der Stufenklage (und über die Zwischenfeststellungswiderklage) entschieden wurde. Denn der Senat dürfte die Klage unabhängig davon abweisen, ob das angefochtene Urteil (und damit der Berufungsantrag) nur eine Stufe oder das gesamte Klagebegehren betrifft (vgl. BeckOK ZPO/Bacher, 42. Ed. 1.9.2021, § 254 Rn. 19, 28; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 254 Rn. 31), so dass der gestellte Berufungsantrag insoweit keinen erweiterten Entscheidungsspielraum im Berufungsverfahren ermöglicht und daher auch für die Kostenquote nicht von Bedeutung ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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