OLG Düsseldorf – Az.: I-7 U 75/17 – Urteil vom 26.01.2018
Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.03.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten ihrer Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
A.
Die Beklagten wenden sich gegen ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, mit dem sie zur Zahlung aus einem Vermächtnis verurteilt worden sind.
Der Erblasser G.N. verfasste am 04.07.1988 ein handschriftliches Testament, mit dem er seine Töchter N.T., die Beklagte zu 2, und F.U. zu Erbinnen zu gleichen Teilen einsetzte. F.U. verstarb im Jahr 2012, ihre Erben wurden ihr Ehemann K.U., der Beklagte zu 3, sowie ihre zwei Töchter. Mit handschriftlicher Testamentsergänzung aus Februar 1989 verfügte der Erblasser, dass seine Lebensgefährtin H.T. aus dem Nachlass 300.000 DM (= 153.387,56 Euro) erben solle und der Beklagte zu 1 Testamentsvollstrecker werden solle. Mit handschriftlichem Testament vom 14.01.1997 setzte der Erblasser T.H. und I.T. als Erben ein, ohne auf die vorhergehenden Testamente einzugehen. Bei diesen Personen handelt es sich um damalige Mitarbeiterinnen eines Pflegedienstes, der mit der Rund-um-die-Uhr-Versorgung des Erblassers in seinem Privathaushalt beauftragt war.
Der Erblasser verstarb am 06.11.1997. Mit Abtretungsvereinbarung vom 07.11.1997 trat H.T. ihre erbrechtlichen Ansprüche gegen den Nachlass unwiderruflich, auch für den Fall des Todes, an die Kläger ab.
Der Zedentin H.T. wurde das Protokoll über die Eröffnung der Testamente mit sämtlichen Testamenten im Jahr 1998 durch das Amtsgericht E, Nachlassgericht, zugeleitet. Mit Schreiben vom 19.02.1998 schrieb der Beklagte zu 1 als Testamentsvollstrecker der Zedentin unter anderem, dass es eigenartige Dinge gebe, nämlich das „uns enterbende angebliche Testament für die Türkinnen“. Mit Schreiben vom 01.02.2005 schrieben die Prozessbevollmächtigten der mit dem früheren Testament eingesetzten Erbinnen N.T. und F.U. an den seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Klägerseite, eine Auszahlung des Vermächtnisbetrages komme derzeit nicht in Betracht. Weiter heißt es: „Selbst wenn im Erbscheinverfahren eine endgültige Entscheidung getroffen sein sollte, wird eine Auszahlung gleichwohl erst dann erfolgen können, wenn abschließend über das Erbrecht unserer Mandantinnen im Rahmen der Feststellungsklage im streitigen Verfahren entschieden wurde. Wann hier abschließend entschieden wird, lässt sich noch nicht sagen.“
Nachdem sowohl die Töchter des Erblassers als auch Frau H. die Erteilung eines Erbscheins beantragt hatten, erhob das Nachlassgericht durch die – teilweise zweimalige – Vernehmung von 21 Zeugen und die Einholung von Gutachten eines Psychiaters sowie eines Schriftsatzverständigen Beweis. Mit Beschluss vom 12.04.2000 bestellte es Rechtsanwalt N. zum Nachlasspfleger. Nachdem dieser Beschluss im Beschwerdeverfahren aufgehoben worden war, ordnete es am 13.12.2001 erneut eine Nachlasspflegschaft an, beschränkte diese aber auf die zum Nachlass gehörenden Konten bei der E. Bank. Mit Beschluss vom 01.09.2008 setzte das Nachlassgericht das Verfahren über die Erbscheinsanträge im Hinblick auf den bei dem Landgericht E anhängigen Erbprätendentenstreit 8 O 559/00 aus, in dem nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 03.12.2010 festgestellt wurde, dass die Klägerin zu 2. und F.U. Miterbinnen zu ½ geworden sind. Zur Begründung führte das Landgericht im Wesentlichen an, der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Erstellung des letzten Testaments wegen der Folgen einer Altersdemenz nicht mehr testierfähig gewesen. Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der T.H. und der I.T. beschloss der Senat am 15.06.2012, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Mit Schriftsatz vom 23.03.2012 beantragten die Klägervertreter Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 02.05.2012 teilte die Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit, dem Akteneinsichtsgesuch könne erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens entsprochen werden. Der Sachverständige, der ein schriftliches Gutachten vom 07.01.2013 und ein schriftliches Ergänzungsgutachten vom 01.08.2013 erstattet hatte, wurde durch den Senat am 12.09.2014 angehört. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts wies der Senat mit Urteil vom 24.10.2014, Az. I-7 U 225/10, zurück. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wies der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 28.10.2015, Az. IV ZR 463/14 zurück. Hiervon erlangten die Kläger Anfang Juni 2016 durch Akteneinsicht Kenntnis.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 26.07.2016 an die Beklagten forderten die Kläger diese auf, ihre grundsätzliche Zahlungsbereitschaft hinsichtlich des Vermächtnisanspruchs bis zum 09.08.2016 zu erklären. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 02.08.2016 forderte der Beklagte zu 1 die Kläger auf, die Anspruchsberechtigung durch Vorlage einer Abtretungserklärung nachzuweisen. Diese wurde sodann mit Schreiben vom 29.08.2016 übermittelt, woraufhin die Beklagten mit Schreiben vom 06.09.2016 Verjährung einwendeten. Mit Schreiben vom 14.09.2016 wurden die Beklagten über ihren Prozessbevollmächtigten zur Erklärung der grundsätzlichen Zahlungsbereitschaft auf das Vermächtnis bis zum 26.09.2016 aufgefordert. Mit Schreiben vom 16.09.2016 verweigerten diese die Zahlung erneut unter Berufung auf die Verjährung des Anspruchs. Die Klageschrift wurde ihnen am 29./30.11.2016 zugestellt.
Die Kläger sind der Ansicht gewesen, bis zum Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.10.2015 habe eine Unklarheit über die Person der rechtmäßigen Erben bestanden, weswegen zuvor die Verjährungsfrist hinsichtlich ihres durch Abtretung erlangten Vermächtnisanspruchs mangels Kenntnis von der Person des Schuldners nicht zu laufen begonnen habe, jedenfalls aber sei ihnen bis zu diesem Zeitpunkt die Erhebung einer Klage nicht zumutbar gewesen, da eine alternative Haftung der T.H. und der I.T. aus dem Vermächtnis nicht bestanden habe. Zumindest aber bewirke der Inhalt des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 01.02.2005 eine Hemmung der Verjährung.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 153.387,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2016 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 23.03.2017 die Beklagten nach dem klägerischen Antrag verurteilt. Zur Begründung hat es angeführt, der Vermächtnisanspruch der Kläger sei nicht verjährt. Eine Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei erst gegeben, wenn der vom Rechtsstaat vorgesehene Weg der Erkenntnisgewinnung hinsichtlich der Testierfähigkeit des Erblassers abgeschlossen sei. Dies erfordere entweder die Erteilung eines Erbscheins oder den rechtskräftigen erfolgreichen Abschluss des Feststellungsverfahrens gegenüber den beiden sich ebenfalls als Erben betrachtenden Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Sie greifen das Urteil des Landgerichts dahingehend an, das Recht der Verjährung sei fehlerhaft angewendet worden. Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehöre lediglich die Kenntnis von den Testamenten des Erblassers. Das Abwarten des Ausgangs des Rechtsstreits um die Erbenstellung mit den Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes reduziere zwar das Prozessrisiko; der Wunsch, dieses gering zu halten, ändere jedoch nichts am Ablauf der Verjährungsfrist.
Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 23.03.2017 die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
B.
I.
Die zulässige Berufung ist unbegründet, da der Vermächtnisanspruch der Kläger gegen die Beklagten nicht verjährt ist und in geltend gemachtem Umfang zu verzinsen ist.
1.
Zum Vermächtnisanspruch:
a)
Den Klägern steht aus abgetretenem Recht ein Vermächtnisanspruch gegen die Beklagte zu 2 als Erbin aus §§ 2174, 2147, 398 BGB zu. Die Anordnung im Ergänzungstestament aus Februar 1989, H.T. solle 300.000 DM „aus meinem Nachlass erben“ stellt die Anordnung eines Vermächtnisses dar. Eine Miterbenstellung sollte H.T. damit nicht eingeräumt werden. Auch wenn der Erblasser das Wort „erben“ verwendet, wird durch die Formulierung „aus dem Nachlass erben“ deutlich, dass eine Forderung gegen den Nachlass begründet werden soll. Hinsichtlich des Beklagten zu 3 als Rechtsnachfolger der verstorbenen Miterbin F.U. folgt der Anspruch in Verbindung mit § 1922 BGB. Die mit dem Erbfall verbundene Gesamtrechtsnachfolge erfasst auch die Verbindlichkeiten, mit denen der Erblasser seinerseits durch Verfügung von Todes wegen belastet worden ist. Bezüglich des Beklagten zu 1 als Testamentsvollstrecker folgt der Anspruch in Verbindung mit § 2213 Abs. 1 S.1 BGB.
Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung bestehen nicht.
b)
Verjährung des Vermächtnisanspruchs ist nicht eingetreten, weil die Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB jedenfalls nicht vor Abschluss der Beweisaufnahme in dem Berufungsverfahren I-7 U 225/10 vor dem Senat zu laufen begonnen hat.
Da der am 06.11.1997 entstandene Anspruch, für den sowohl gem. § 195 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung als auch gem. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der vom 01.01.2002 bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung eine 30-jährige Verjährungsfrist galt, am 01.01.2010 nicht verjährt war, war auf ihn gem. Art. 229 § 23 Abs. 1, 2 EGBGB ab 01.01.2010 die regelmäßige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB anzuwenden, die nicht vor dem 01.01.2010 und nicht vor der Erlangung der Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners begann.
aa)
Allerdings ist zweifelhaft, ob entsprechend der Annahme des Landgerichts Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst der Zeitpunkt der rechtskräftigen Beendigung des Feststellungsverfahrens zwischen den Erbprätendenten war. Es handelt sich bei dem Feststellungsrechtsstreit zwischen den Erbprätendenten nicht um einen solchen, der im Ergebnis die Erbenstellung der mit dem früheren Testament Bedachten mit Gestaltungswirkung gegenüber jedermann feststellt. Vielmehr erwuchs die Entscheidung gemäß § 322 Abs. 1 ZPO nur zwischen den Parteien in Rechtskraft (Zimmermann ZEV 2010, 457 (458)), eine rechtliche Vorgreiflichkeit besteht nicht.
bb)
Die Verjährungsfrist begann nicht vor Abschluss der Beweisaufnahme vor dem Senat zu laufen, weil den Klägern jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nicht sämtliche anspruchsbegründenden Umstände bekannt waren, ohne dass ihnen wegen dieser Unkenntnis grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen wäre.
aaa)
Für das Pflichtteilsrecht ist anerkannt, dass Kenntnis von der das Erbrecht beeinträchtigenden Verfügung gemäß § 2332 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2009 gültigen Fassung bei Zweifeln an der Wirksamkeit des Testaments nicht vorliegt. So liegt Kenntnis vor gerichtlicher Klärung der Testamentsauslegung nicht vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte nach einer vertretbaren Auslegung des Testaments davon ausgehen konnte, dass eine Beeinträchtigung nicht vorliegt (BGH ZEV 2000, 26); ebenso, wenn dies auf Grund Tatsachenirrtums der Fall ist (BGH NJW 1995, 1157). Sind Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen, fehlt beim Berechtigten dasjenige Maß an Kenntnis von der Wirksamkeit der Verfügung, auf Grund dessen ein Handeln von ihm verlangt werden kann (BGH NJW 1964, 297). Insbesondere müssen erhebliche rechtliche Zweifel eine gewisse Klärung gefunden haben, bevor Kenntnis in Betracht kommen kann (Senat ZEV 2008, 346 (347)). Wegen der vergleichbaren Sachlage kann diese Rechtsprechung auf die Situation des Vermächtnisnehmers übertragen werden, der wegen eines Streits um die Wirksamkeit eines späteren Testaments im Unklaren darüber ist, ob sein Vermächtnisanspruch noch besteht.
Ob der Auffassung zu folgen ist, eine Unklarheit hinsichtlich der Erbfolge könne dem Beginn der Verjährung von Ansprüchen, die sich gegen Erben richten, nicht entgegenstehen, weil in derartigen Fällen ein Nachlasspfleger zu bestellen sei (Staudinger-Otte, BGB, 2013, § 2174 Rn. 44; Staudinger-Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 199 Rn. 70; Damrau/Tanck-Linnarz, Erbrecht, 3. Aufl., § 2174 Rn. 45; a.A. LG Köln, Urteil vom 15.07.2014 – 2 0 534/13 – juris Rn. 102; juris PK/BGB-Lakkis, 8. Aufl., § 199 Rn. 114), kann dahinstehen. Zum Einen war die Anordnung der Nachlasspflegschaft durch Beschluss des Oberlandesgerichts E vom 09.02.2001 aufgehoben worden, woraufhin das Nachlassgericht mit Beschluss vom 13.12.2001 eine auf die Konten des Erblassers bei der E Bank beschränkte Nachlasspflegschaft angeordnet hat. Zum Anderen war nicht nur unklar, wer den Erblasser beerbt hatte, sondern auch, ob überhaupt eine wirksame Vermächtnisanordnung zugunsten der Zedentin bestand. Vorliegend sind die Kläger davon ausgegangen, dass im Fall der Wirksamkeit des Testaments von 1997 ein Vermächtnisanspruch gar nicht, also auch nicht gegen T.H. und I.T., besteht. Diese Auslegung des Testaments ist nicht nur vertretbar, sondern liegt nahe, weil diese Personen als einzige Erben bezeichnet sind, während zuvor das Vermächtnis zu Gunsten der H.T. durch eine Formulierung begründet worden ist, wonach sie aus dem Nachlass einen Teil erben solle. Dies legt nahe, dass nach dem Testament von 1997 nicht nur andere Erben eingesetzt werden sollten, sondern auch der Vermächtnisanspruch entfallen sollte.
Ob das Testament vom 14.01.1997 wirksam war, war bis in das Jahr 2014 hinein ungeklärt. Dass es von dem Erblasser stammte, hat zwar das von dem Nachlassgericht eingeholte Schriftsachverständigengutachten mit hinreichender Klarheit ergeben. Die Testierfähigkeit des Erblassers war aber Gegenstand einer außergewöhnlich umfangreichen Beweisaufnahme durch das Nachlassgericht, das Landgericht und den Senat, der sich trotz der Vernehmung von 21 Zeugen und der Einholung von zwei psychiatrischen Sachverständigengutachten nicht zu einer sofortigen Entscheidung über die Berufung in der Lage sah, sondern die Einholung eines weiteren Gutachtens für erforderlich hielt und den Sachverständigen, nachdem er ein schriftliches Ergänzungsgutachten erstattet hatte, am 12.09.2014 mündlich anhörte. Dass die Kläger weitergehende Erkenntnisse hatten oder hätten haben müssen als die mit der Angelegenheit befassten Gerichte, kann nicht angenommen werden.
bbb)
Wollte man dem nicht folgen und annehmen, die Zweifel hätten durch die Entscheidung des Landgerichts vom 23.09.2010 eine hinreichende Klärung erfahren, wäre den Klägern hinsichtlich der Unkenntnis von dieser Entscheidung jedenfalls keine grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen. Für die Kläger, die sich bei dem Nachlassgericht mehrfach nach dem Sachstand erkundigt haben, bestand vor dem Jahr 2010 keine Obliegenheit zum Handeln, insbesondere zur Abklärung des Sachstandes des Erbprätendentenstreits, weil sowohl gemäß § 195 BGB in der Fassung bis Ende 2001 als auch gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Fassung bis Ende 2009 für einen Vermächtnisanspruch eine Verjährungsfrist von 30 Jahren beginnend mit dem Erbfall, also dem 06.11.1997, galt. Der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der Fassung ab 01.01.2010 sind die Kläger in Verbindung mit Art. 229 § 23 Abs. 2 S.1 EGBGB erst ab dem 01.01.2010 ausgesetzt. Einer etwaigen Beobachtungspflicht des Rechtsstreits um die Erbenstellung sind die Kläger durch ihr Akteneinsichtsgesuch vom 23.03.2012 nachgekommen. Angesichts der Mitteilung der Präsidentin des Oberlandesgerichts, dass Akteneinsicht erst nach Abschluss des Rechtsstreits gewährt werden könne, fällt den Klägern hinsichtlich der Unkenntnis für die Dauer des Berufungsverfahrens keine grobe Fahrlässigkeit zur Last, insbesondere waren die Kläger wegen der damit verbundenen weiteren erheblichen Verzögerung des Erbprätendentenstreits nicht gehalten, den Rechtsweg nach § 23 EGGVG zu beschreiten. Als sie im Jahr 2016 schließlich die Akten einsehen konnten, haben sie unverzüglich den Vermächtnisanspruch geltend gemacht.
c)
Sähe man dies anders und ginge von Verjährung aus, so führt jedenfalls der Inhalt des Schreibens vom 01.02.2005 dazu, dass die Erhebung der Verjährungseinrede gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt. Die Erhebung der Einrede der Verjährung ist als treuwidrig zu betrachten, wenn der Schuldner zuvor deutlich gemacht hat, er werde sich bei der Verteidigung gegen die Forderung auf sachliche Einwendungen beschränken. Für die Annahme von Treuwidrigkeit bedarf es keines vorsätzlichen Handelns des Schuldners dahingehend, den Gläubiger von der Klageerhebung abbringen zu wollen. Es genügt, dass er – möglicherweise unbeabsichtigt – dem Gläubiger nach verständigem Ermessen, also nach objektiven Maßstäben, ausreichenden Anlass gegeben hat, von einer Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung abzusehen, weil dieser entsprechend dem Verhalten des Schuldners darauf vertrauen durfte, seine Ansprüche würden, wenn nicht befriedigt, so doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft (BGH, Urt. v. 01.02.1977, VI ZR 43/75 Rn. 21; www.juris.de). Hiervon kann dann ausgegangen werden, wenn der Gläubiger erläutert, zur Zahlung erst nach erfolgreichem Abschluss eines Vorprozesses mit einem Dritten bereit zu sein (OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.03.1984, 8 U 157/83, MDR 1984, 843; www.juris.de). Die Formulierungen im Schreiben vom 01.02.2005 machen deutlich, dass alleiniger Anlass der Nichtleistung auf die geltend gemachte Forderung der noch offene Erbprätendentenstreit ist. Insbesondere der letzte Absatz ist nach dem Empfängerhorizont dahingehend zu verstehen, dass eine Zahlung der Erbinnen auf das Vermächtnis zu erwarten ist, sobald der Erbprätendentenstreit rechtskräftig zu deren Gunsten entschieden ist. Eine solche Erklärung gab den Klägern nach objektiven Maßstäben hinreichenden Anlass zu einer Erwartungshaltung, dass die Beklagten sich nach Abschluss des Rechtsstreits nicht mit der Einrede der Verjährung gegen ihre Forderung verteidigen werden, soweit diese zeitnah danach geltend gemacht wird. Das dadurch von den Erbinnen geschaffene Vertrauensverhältnis ist Bestandteil des Wesensinhalts der Forderung geworden und im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB auf den neuen Schuldner, den Beklagten zu 3, übergegangen. Es wirkt – unabhängig von seiner Kenntnis von dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Erben – auch gegen den Testamentsvollstrecker, da dieser zwar als Partei kraft Amtes verklagt ist, jedoch inhaltlich gegen ihn dieselbe Nachlassforderung geltend gemacht wird. Nachdem der Bundesgerichtshof am 28.10.2015 im Erbprätendentenstreit endgültig entschieden hatte, war den Klägern eine angemessene Zeit zur Geltendmachung ihrer Forderung einzuräumen, nach deren Verstreichen die Berufung auf die Einrede der Verjährung nicht mehr als treuwidrig anzusehen ist. Diese angemessene Zeit wird man jedenfalls nicht unter einem Jahr ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ansetzen können, sodass bei erstmaliger außergerichtlicher Geltendmachung im Juli 2016 und Anhängigmachung der Klage im November 2016 die Treuwidrigkeit der Verjährungseinrede fortbestand.
2.
Hinsichtlich des Zinsanspruchs ist die zulässige Berufung ebenfalls unbegründet. Die Berufung ist auch insoweit zulässig, weil der zulässige Berufungsangriff gegen die Hauptforderung den Klagegrund insgesamt und damit die Entscheidung zu den Zinsen als Nebenforderung unabhängig davon betrifft, ob konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit erhoben werden (BGH NJW 1994, 1656 (1657)). Spätestens mit der endgültigen Verweigerung der Zahlung gemäß Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 16.09.2016 tritt gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB Verzug ein, sodass die Forderung ab diesem Zeitpunkt gemäß § 288 Abs. 1 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.
II.
Nebenentscheidungen:
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 100 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärter Grundsätze im Einzelfall.