Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Erbbaurecht zwangsversteigert: Alte Schulden für Zinsanpassungen bleiben bestehen, urteilt OLG Nürnberg
- Streit um steigende Erbbauzinsen: Wer zahlt nach dem Verkauf des Erbbaurechts?
- Vom Landgericht zur Berufung: Der Weg der juristischen Auseinandersetzung
- OLG Nürnberg: Ursprüngliche Erbbauberechtigte haften weiter für Indexanpassungen
- Die juristische Logik: Warum die alten Vertragspflichten nicht mit dem Erbbaurecht übergehen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist ein Erbbaurecht und welche grundlegenden Pflichten entstehen daraus?
- Was bedeutet eine Erbbauzinsreallast und wie unterscheidet sie sich von einer schuldrechtlichen Vereinbarung zur Zinsanpassung (Indexierungsklausel)?
- Welche Auswirkungen hat eine Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts auf bestehende vertragliche Vereinbarungen, insbesondere auf nicht dinglich gesicherte Zinsanpassungsklauseln?
- Wer haftet für Erbbauzinsforderungen, wenn das Erbbaurecht zwangsversteigert wurde und der ursprüngliche Erbbauberechtigte verstorben ist?
- Was ist ein Zustimmungsvorbehalt und welchen Vorteil hätte er in einem Erbbaurechtsvertrag geboten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 3 U 1856/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Nürnberg
- Datum: 12.03.2024
- Aktenzeichen: 3 U 1856/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Erbbaurecht, Schuldrecht, Zwangsversteigerungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Erben der früheren Eigentümer des Grundstücks, die Zahlung der erhöhten Erbbauzinsbeträge verlangen.
- Beklagte: Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten, die die Zahlung verweigern, weil das Erbbaurecht zwangsversteigert wurde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Das Erbbaurecht an einem Grundstück wurde zwangsversteigert und einem Dritten zugeschlagen, der die schuldrechtlichen Pflichten aus dem ursprünglichen Vertrag nicht übernahm. Die früheren Eigentümer hatten mit dem ursprünglichen Erbbauberechtigten neben dem dinglich gesicherten Erbbauzins eine Indexierung der Zahlungen vereinbart.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten weiterhin persönlich für die Zahlung der indexbedingt erhöhten Erbbauzinsbeträge haften, nachdem das Erbbaurecht auf einen neuen Eigentümer übergegangen ist, der diese Pflichten nicht übernommen hat.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Nürnberg wies die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurück. Die Beklagten wurden verurteilt, die indexierten Erhöhungsbeträge vierteljährlich zu zahlen, wobei der genaue Betrag geringfügig korrigiert wurde.
- Begründung: Die schuldrechtliche Verpflichtung des ursprünglichen Erbbauberechtigten zur Zahlung des gesamten vereinbarten Erbbauzinses, einschließlich der Anpassungsbeträge, bleibt auch nach der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts bestehen und geht nicht automatisch auf den Erwerber über. Der Grundstückseigentümer ist nicht verpflichtet, durch einen Zustimmungsvorbehalt eine Übernahme dieser Pflichten durch den Erwerber zu erzwingen.
- Folgen: Die Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten haften weiterhin persönlich für die indexierten Erbbauzinsbeträge, während der neue Inhaber des Erbbaurechts nur für den dinglich gesicherten Grundbetrag haftet.
Der Fall vor Gericht
Erbbaurecht zwangsversteigert: Alte Schulden für Zinsanpassungen bleiben bestehen, urteilt OLG Nürnberg
Stellen Sie sich vor, jemand hat vor langer Zeit einen Vertrag mit weitreichenden finanziellen Verpflichtungen abgeschlossen. Jahre später wird der zentrale Gegenstand dieses Vertrags – in diesem Fall ein Erbbaurecht an einem Grundstück – zwangsversteigert und geht an einen neuen Eigentümer über. Wer muss nun für die ursprünglich vereinbarten, aber nicht dinglich gesicherten Zahlungsanpassungen aufkommen? Der neue Inhaber des Rechts oder die Erben des ursprünglichen Vertragspartners? Genau mit dieser komplexen Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg auseinandersetzen.
Streit um steigende Erbbauzinsen: Wer zahlt nach dem Verkauf des Erbbaurechts?

Im Mittelpunkt des Falles standen die Kläger, die Erben der früheren Eigentümer eines rund 10.000 Quadratmeter großen Gewerbegrundstücks in Nürnberg. Die Rechtsvorgänger dieser Kläger hatten im Jahr 1965 einem Herrn M. ein Erbbaurecht an diesem Grundstück für die Dauer von 99 Jahren eingeräumt. Ein Erbbaurecht ist, vereinfacht gesagt, das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu haben und zu nutzen, wofür ein regelmäßiger Zins, der Erbbauzins, zu zahlen ist.
Der ursprüngliche Vertrag vom 23. Dezember 1965 sah einen jährlichen Erbbauzins von 3,00 DM pro Quadratmeter vor. Zur Sicherung dieses Erbbauzinses wurde eine sogenannte Erbbauzinsreallast in Höhe von 30.000 DM (umgerechnet 15.338,76 Euro) jährlich zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers im Grundbuch eingetragen. Eine Reallast ist eine dingliche Belastung eines Grundstücks (oder Erbbaurechts), die den jeweiligen Eigentümer zur Leistung wiederkehrender Zahlungen verpflichtet.
Entscheidend für den späteren Streit war jedoch eine zusätzliche Vereinbarung im Vertrag: eine Indexierungsklausel. Diese besagte, dass sich der Erbbauzins entsprechend der Veränderung des Gesamt-Lebenshaltungsindexes erhöhen oder verringern sollte, sobald eine Veränderung von 10 % erreicht war. Diese Klausel, die also über den fest eingetragenen Betrag hinausgehende Zahlungen begründen konnte, war rein schuldrechtlicher Natur – das heißt, sie war eine persönliche Verpflichtung zwischen den Vertragsparteien, aber nicht zusätzlich im Grundbuch als Teil der Reallast abgesichert. Der Vertrag enthielt keinen sogenannten Zustimmungsvorbehalt, der den Grundstückseigentümern ein Mitspracherecht bei einem Verkauf des Erbbaurechts gegeben hätte.
Im Jahr 2022 kam es zur Zwangsversteigerung des Erbbaurechts. Anlass war eine Grundschuld, die eine Bank im Rang nach der Erbbauzinsreallast der Grundstückseigentümer eingetragen hatte. Mit Beschluss vom 24. März 2022 wurde das Erbbaurecht einer haftungsbeschränkten Gesellschaft (im Folgenden „die Ersteherin“ genannt) zugeschlagen. Die Ersteherin übernahm das Erbbaurecht, aber nicht die rein schuldrechtlichen Verpflichtungen aus dem ursprünglichen Erbbaurechtsvertrag, insbesondere nicht die Verpflichtung zur Zahlung der indexierten Erhöhungsbeträge.
Die Kläger (als Erben der Grundstückseigentümer) forderten nun von den Beklagten (den Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten Herrn M.) die Zahlung der Differenz. Diese Differenz ergab sich aus dem aufgrund der Indexklausel gestiegenen Erbbauzins und dem niedrigeren, nur dinglich durch die Reallast gesicherten Erbbauzins. Die Kläger bezifferten diesen Differenzbetrag auf 12.824,73 Euro pro Quartal ab dem 1. April 2022. Ihre Argumentation: Die Beklagten haften als Erben weiterhin für die persönlichen, vertraglichen Pflichten aus dem Ursprungsvertrag.
Die Beklagten hingegen waren der Ansicht, ihre Zahlungspflichten seien durch den Zuschlag des Erbbaurechts an die Ersteherin erloschen. Die Indexierungsklausel sei keine eigenständige Verpflichtung. Wer keinen Erbbauzins mehr schulde (weil das Erbbaurecht weg ist), schulde auch keinen erhöhten Zins. Sie warfen den Klägern bzw. deren Rechtsvorgängern vor, es versäumt zu haben, einen Zustimmungsvorbehalt zu vereinbaren. Damit hätten sie die Übernahme der Schulden durch die Ersteherin erzwingen können. Zudem sei die Berechnung der Kläger falsch und der schuldrechtliche Anspruch sei nach der Zwangsversteigerung ohnehin „wertlos“.
Vom Landgericht zur Berufung: Der Weg der juristischen Auseinandersetzung
Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab den Klägern mit Urteil vom 10. August 2023 (Az. 18 O 3484/22) im Wesentlichen Recht. Es verurteilte die Beklagten zur Zahlung der geforderten vierteljährlichen Beträge für die Zukunft. Das Landgericht argumentierte, dass die rein schuldrechtlichen Verpflichtungen des ursprünglichen Erbbauberechtigten fortbestünden und die Indexierungsklausel nicht einfach wegfalle.
Gegen dieses Urteil legten die Beklagten Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg ein. Sie wiederholten ihre bisherigen Argumente und kritisierten zusätzlich, dass das Landgericht keinen Endzeitpunkt für die Zahlungspflicht festgelegt habe. Außerdem sei die Verurteilung zu künftigen Leistungen nach § 258 der Zivilprozessordnung (ZPO) – ein Gesetz, das regelt, wie Gerichtsverfahren ablaufen – unzulässig, da die Leistung von einer Gegenleistung abhänge.
OLG Nürnberg: Ursprüngliche Erbbauberechtigte haften weiter für Indexanpassungen
Das Oberlandesgericht Nürnberg wies die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 12. März 2024 (Az.: 3 U 1856/23) weitgehend zurück. Das Urteil des Landgerichts wurde lediglich geringfügig bei der Höhe der vierteljährlichen Zahlungspflicht korrigiert. Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner – das heißt, jeder von ihnen haftet für die volle Summe, die Kläger können sich aussuchen, von wem sie das Geld fordern – zur Zahlung von jeweils etwas mehr als 12.816,41 Euro vierteljährlich verurteilt. Die geringe Differenz zum Betrag des Landgerichts wurde abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits mussten die Beklagten tragen.
Die juristische Logik: Warum die alten Vertragspflichten nicht mit dem Erbbaurecht übergehen
Das OLG Nürnberg begründete seine Entscheidung ausführlich. Um zu verstehen, warum das Gericht so entschieden hat, müssen wir uns die Kernargumente genauer ansehen.
Die entscheidende Trennung: Dingliche Sicherheit vs. persönliche Vertragspflicht
Der Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung ist die juristische Unterscheidung zwischen dinglichen Rechten und schuldrechtlichen Verpflichtungen.
Der im Grundbuch eingetragene Erbbauzins (die Reallast gemäß § 9 Erbbaurechtsgesetz, ErbbauRG) ist ein dingliches Recht. Das bedeutet, er haftet direkt am Erbbaurecht selbst, egal wer gerade Inhaber dieses Rechts ist. Die Ersteherin des Erbbaurechts muss also diesen dinglich gesicherten Teil des Erbbauzinses (die ursprünglichen 30.000 DM bzw. 15.338,76 Euro jährlich) zahlen. Dafür haftet sie persönlich und mit dem Erbbaurecht selbst (§ 1108 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Daneben stand aber die ursprüngliche vertragliche Vereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der Kläger und Herrn M. (dem ursprünglichen Erbbauberechtigten). Diese Vereinbarung, insbesondere die Indexierungsklausel, begründete eine rein persönliche, schuldrechtliche Verpflichtung gemäß § 433 Abs. 2 BGB (Kaufvertrag, hier für das Erbbaurecht). Solche persönlichen Vertragspflichten gehen, so das OLG unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), nicht automatisch auf einen neuen Erwerber des Erbbaurechts über – es sei denn, der neue Erwerber tritt ausdrücklich und mit schuldbefreiender Wirkung für den alten Schuldner in den Vertrag ein. Das war hier aber nicht geschehen.
Das OLG stellte klar: Der ursprüngliche Erbbauberechtigte (und somit seine Erben, die Beklagten) kann neben der dinglichen Sicherung auch eine fortwährende persönliche schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung des gesamten vereinbarten Erbbauzinses, einschließlich der Anpassungsbeträge aus der Indexklausel, übernommen haben. Das ist vergleichbar mit einem Bankkredit: Auch wenn Sie für einen Kredit eine Hypothek auf Ihr Haus eintragen lassen (dingliche Sicherheit), bleibt Ihre persönliche Schuld aus dem Darlehensvertrag bestehen.
Die „Aufspaltung“ in einen dinglich gesicherten Grundbetrag (den die Ersteherin zahlt) und einen darüber hinausgehenden, nur schuldrechtlich geschuldeten Anpassungsbetrag (den die Erben des ursprünglichen Bestellers zahlen müssen) ist laut OLG eine normale rechtliche Folge. Die persönlichen Vertragspflichten des Herrn M. sind also nicht durch die Zwangsversteigerung erloschen.
Kein Zwang zum Schuldnerwechsel: Das Wahlrecht des Gläubigers
Die Beklagten hatten argumentiert, die Kläger (bzw. deren Vorgänger) hätten es versäumt, einen sogenannten Zustimmungsvorbehalt (§ 5 ErbbauRG) im Vertrag zu vereinbaren. Mit einem solchen Vorbehalt hätten die Grundstückseigentümer bei einem Verkauf des Erbbaurechts mitreden und den Käufer zwingen können, auch die persönlichen Schulden zu übernehmen.
Das OLG wies dieses Argument zurück. Zwar bietet ein Zustimmungsvorbehalt diese Möglichkeit. Es gibt aber keine rechtliche Pflicht oder Obliegenheit des Grundstückseigentümers, einen solchen Vorbehalt zu vereinbaren oder ihn zu nutzen. Der Gläubiger (hier die Kläger als Grundstückseigentümer) hat das Recht zu entscheiden, ob er einen Schuldnerwechsel wünscht. Er kann auch an der Haftung des ursprünglichen Vertragspartners festhalten wollen, insbesondere wenn der neue Erwerber (hier eine haftungsbeschränkte GmbH) möglicherweise eine schlechtere Bonität hat. Die Kläger waren nicht verpflichtet, die Ersteherin zur Übernahme der vollen Schulden zu drängen. Die Zwangsversteigerung dürfe den Klägern keinen neuen Schuldner aufdrängen, den sie sich nicht ausgesucht haben.
Auch das Argument, man hätte schon 1965 einen solchen Vorbehalt vereinbaren müssen, ließ das Gericht nicht gelten. Den damaligen Vertragspartnern könne man nicht vorwerfen, eine erst viel später entwickelte Rechtsprechung des BGH nicht vorhergesehen zu haben.
Das Argument der „Wertlosigkeit“ – hier nicht zutreffend
Die Beklagten führten an, der schuldrechtliche Anspruch gegen sie sei nach der Zwangsversteigerung „wertlos“. Das OLG stellte klar, dass die tatsächliche wirtschaftliche Wertlosigkeit eines Anspruchs dessen rechtliches Bestehen nicht aufhebt.
Die in der juristischen Diskussion manchmal erwähnte „Wertlosigkeit“ schuldrechtlicher Ansprüche beziehe sich auf einen ganz anderen Fall: nämlich wenn die Erbbauzinsreallast selbst in der Zwangsversteigerung erlischt, weil ein im Rang vorgehendes Recht (z.B. eine ältere Grundschuld) vollstreckt wird (§ 91 Abs. 1 Zwangsversteigerungsgesetz, ZVG). In einem solchen Fall verlöre der Grundstückseigentümer seine dingliche Sicherheit und hätte nur noch den oft wertlosen persönlichen Anspruch gegen den (meist insolventen) ursprünglichen Erbbauberechtigten. Genau um solche Fälle zu vermeiden, gibt es die Möglichkeit des „versteigerungsfesten“ Erbbauzinses (§ 9 Abs. 3 ErbbauRG).
Im vorliegenden Fall aber war die Erbbauzinsreallast zugunsten der Kläger nicht erloschen. Sie bestand weiter, da die von der Bank betriebene Versteigerung aufgrund einer nachrangigen Grundschuld erfolgte. Die Kläger haben ihre dingliche Sicherheit für den Grundbetrag gegenüber der Ersteherin also behalten. Selbst wenn man annehmen würde, dass der ehemalige Erbbauberechtigte nach Verlust des Erbbaurechts nicht mehr für den dinglichen Teil des Erbbauzinses haften würde (eine Ansicht, die das Gericht ablehnt), bliebe davon die daneben bestehende rein schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung der Anpassungsbeträge unberührt.
Wirtschaftliche Betrachtung: Wer profitierte vom Vorgehen der Ersteherin?
Das OLG zog auch eine wirtschaftliche Überlegung heran: Die Ersteherin des Erbbaurechts musste bei ihrer Gebotsabgabe in der Zwangsversteigerung nur mit der Belastung durch den niedrigeren, dinglich gesicherten Erbbauzins rechnen, nicht aber mit den höheren, indexierten Beträgen. Dies ermöglichte ihr, ein höheres Gebot für das Erbbaurecht selbst abzugeben. Der Versteigerungserlös wiederum kam (zumindest teilweise) den Beklagten als Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten zugute, da damit Schulden ihres Rechtsvorgängers getilgt wurden, für die das Erbbaurecht haftete. Die Beklagten haben somit indirekt von der Tatsache profitiert, dass die Ersteherin die vollen indexierten Zahlungen nicht übernehmen musste. Dies stütze die Ansicht, dass die Beklagten weiterhin für die schuldrechtlichen Anpassungsbeträge haften.
Weitere rechtliche Aspekte: Zukünftige Zahlungen und Indexanpassung
Das Gericht bestätigte auch, dass das Landgericht die Beklagten zu künftigen, regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen verurteilen durfte (§ 258 ZPO), ohne einen exakten Endzeitpunkt festzulegen. Sollte die Zahlungspflicht später einmal wegfallen (z.B. durch das Ende des Erbbaurechts im Jahr 2064 oder andere Umstände), könnten die Beklagten dies gerichtlich geltend machen (z.B. mit einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO). Die Hauptleistung der Grundstückseigentümer (die Verschaffung des Erbbaurechts) sei längst erbracht, sodass die Zahlungspflicht nicht von einer aktuellen Gegenleistung abhänge.
Hinsichtlich der Berechnung des erhöhten Erbbauzinses bestätigte das OLG, dass der aktuelle Verbraucherpreisindex als Ersatz für den nicht mehr erhobenen „Gesamt-Lebenshaltungskostenindex“ herangezogen werden darf. Dies entspreche der ständigen BGH-Rechtsprechung bei solchen Altklauseln. Das OLG überprüfte die Berechnung des Landgerichts und korrigierte den vierteljährlichen Betrag aufgrund einer geringfügig anderen Anwendung des vertraglichen Schwellenwerts von 10 % auf 12.816,41 Euro.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das OLG Nürnberg die grundlegende Unterscheidung zwischen dinglicher Haftung (die mit dem Erbbaurecht auf die Ersteherin überging) und fortbestehender persönlicher, schuldrechtlicher Haftung (die bei den Erben des ursprünglichen Vertragspartners verblieb) betonte. Die Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten müssen daher weiterhin für die vertraglich vereinbarten, aber nicht dinglich abgesicherten Erhöhungsbeträge des Erbbauzinses aufkommen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass ein ursprünglicher Erbbauberechtigter (bzw. dessen Erben) auch nach Zwangsversteigerung des Erbbaurechts weiterhin für vertraglich vereinbarte Indexanpassungen des Erbbauzinses haften muss, die nicht im Grundbuch gesichert waren. Während der neue Erwerber nur den dinglich gesicherten Grundbetrag übernimmt, bleibt die persönliche Zahlungsverpflichtung für die darüber hinausgehenden Beträge beim ursprünglichen Vertragspartner. Diese Entscheidung verdeutlicht die wichtige Unterscheidung zwischen dinglichen (grundbuchgesicherten) und rein schuldrechtlichen (persönlichen) Verpflichtungen bei langfristigen Verträgen und zeigt, wie bedeutsam eine vollständige Absicherung im Grundbuch sein kann.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist ein Erbbaurecht und welche grundlegenden Pflichten entstehen daraus?
Ein Erbbaurecht ermöglicht es Ihnen, auf einem fremden Grundstück ein eigenes Gebäude zu bauen und zu besitzen. Stellen Sie sich vor, das Grundstück gehört Person A, aber das Haus darauf gehört Person B. Das wird durch das Erbbaurecht möglich. Juristisch ist das Erbbaurecht ein eigenständiges Recht, das wie ein Grundstück behandelt wird und im Grundbuch eingetragen ist. Es wird im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt.
Wenn Sie Inhaber eines Erbbaurechts sind, also der Erbbauberechtigte, erwerben Sie nicht das Grundstück selbst, sondern das Recht, es für eine lange Zeit zu nutzen und darauf zu bauen. Der Eigentümer des Grundstücks wird als Erbbaurechtsgeber bezeichnet. Das Erbbaurecht wird in der Regel für einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten vereinbart, oft 99 Jahre.
Die wichtigste grundlegende Pflicht, die für den Erbbauberechtigten aus einem Erbbaurecht entsteht, ist die Zahlung des sogenannten Erbbauzinses. Dies ist ein regelmäßiger Betrag, der an den Grundstückseigentümer (den Erbbaurechtsgeber) gezahlt wird, ähnlich einer Miete für das Grundstück. Die Höhe des Erbbauzinses und die Zahlungsweise (z. B. monatlich oder jährlich) werden im Erbbaurechtsvertrag festgelegt.
Neben der Zahlung des Erbbauzinses können weitere Pflichten im Erbbaurechtsvertrag vereinbart sein. Dazu gehören typischerweise die Pflicht, das errichtete Gebäude instand zu halten, eine Versicherung für das Gebäude abzuschließen oder bestimmte Vorgaben des Eigentümers bezüglich der Nutzung oder Bebauung des Grundstücks zu beachten. Diese Pflichten dienen dazu, die Rechte des Grundstückseigentümers während der Laufzeit des Erbbaurechts zu schützen.
Was bedeutet eine Erbbauzinsreallast und wie unterscheidet sie sich von einer schuldrechtlichen Vereinbarung zur Zinsanpassung (Indexierungsklausel)?
Wenn es um Grundstücke geht, gibt es verschiedene Arten, Rechte und Pflichten festzuhalten. Eine Erbbauzinsreallast und eine schuldrechtliche Vereinbarung sind zwei sehr unterschiedliche Wege, eine Zahlungspflicht für ein Grundstück zu regeln. Der Hauptunterschied liegt darin, ob die Pflicht direkt am Grundstück „haftet“ oder nur zwischen bestimmten Personen besteht.
Die Erbbauzinsreallast: Ein Recht, das am Grundstück selbst hängt
Eine Erbbauzinsreallast ist ein Recht, das im Grundbuch des Grundstücks eingetragen wird. Das Grundbuch ist wie das offizielle „Gedächtnis“ oder der „Ausweis“ für jedes Grundstück in Deutschland. Dort stehen wichtige Informationen über das Grundstück und die Rechte daran.
- Was bedeutet das? Wenn eine Erbbauzinsreallast im Grundbuch steht, bedeutet das, dass eine bestimmte Person oder Stelle (z.B. der Erbbaugeber) das Recht hat, vom jeweiligen Eigentümer des Grundstücks (dem Erbbauberechtigten) eine regelmäßige Zahlung zu verlangen – den Erbbauzins. Dieses Recht haftet am Grundstück selbst, nicht nur an der Person, die es ursprünglich einmal gekauft hat.
- Die Wirkung: Man spricht hier von einem dinglichen Recht. Das bedeutet, die Pflicht zur Zahlung des Erbbauzinses geht automatisch auf den neuen Eigentümer über, wenn das Grundstück verkauft wird. Der Erbbaugeber kann die Zahlung direkt vom aktuellen Eigentümer des Grundstücks verlangen und notfalls sogar die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben, um seinen Anspruch durchzusetzen. Dieses Recht ist sehr stark abgesichert, da es öffentlich im Grundbuch ersichtlich ist.
Die schuldrechtliche Vereinbarung zur Zinsanpassung (Indexierungsklausel): Eine Abmachung zwischen Personen
Eine schuldrechtliche Vereinbarung ist dagegen einfach ein Vertrag zwischen zwei oder mehr bestimmten Personen. Eine Indexierungsklausel in einem solchen Vertrag ist eine Regelung, die festlegt, wie sich eine Zahlung (z.B. ein Zins) über die Zeit automatisch anpasst, oft gekoppelt an einen Index wie den Verbraucherpreisindex (Inflation).
- Was bedeutet das? Wenn eine solche Vereinbarung rein schuldrechtlich getroffen wird, gilt sie grundsätzlich nur zwischen den Vertragspartnern, die sie abgeschlossen haben. Sie ist nicht automatisch im Grundbuch eingetragen und „haftet“ deshalb auch nicht automatisch am Grundstück selbst.
- Die Wirkung: Dies ist ein persönliches Recht. Die Pflicht aus einer solchen rein schuldrechtlichen Vereinbarung richtet sich nur gegen die Person, die den Vertrag unterschrieben hat. Wenn diese Person das Grundstück verkauft, geht diese persönliche Vertragspflicht in der Regel nicht automatisch auf den neuen Eigentümer über. Derjenige, der die Zahlung erhalten soll (z.B. der Erbbaugeber), kann seinen Anspruch nur gegenüber seinem ursprünglichen Vertragspartner durchsetzen, nicht aber direkt gegen den neuen Grundstückseigentümer, der den Vertrag nicht mit abgeschlossen hat.
Der entscheidende Unterschied für Sie
Für Sie als jemanden, der ein Grundstück mit einem Erbbaupachtrecht erwirbt oder besitzt, liegt der Kernunterschied in der Durchsetzbarkeit und der Bindungswirkung bei einem Eigentümerwechsel:
- Eine Erbbauzinsreallast im Grundbuch bedeutet, dass die Pflicht zur Zahlung des Erbbauzinses fest mit dem Grundstück verbunden ist. Sie müssen als neuer Eigentümer diesen Zins zahlen, weil Sie der aktuelle Eigentümer des im Grundbuch belasteten Grundstücks sind. Die Höhe des Zinses selbst kann sich nach den Regelungen im Erbbaurechtsvertrag (der Basis für die Reallast) ändern, aber die Zahlungspflicht als solche ist dinglich gesichert.
- Eine rein schuldrechtliche Vereinbarung über eine Zinsanpassung (oder eine andere Pflicht) betrifft dagegen nur die Personen, die diese Vereinbarung getroffen haben. Kaufen Sie ein Grundstück, bei dem es neben einer möglicherweise vorhandenen Erbbauzinsreallast noch eine separate, nur schuldrechtliche Vereinbarung zur Zinsanpassung gibt, die nicht dinglich gesichert oder Teil des dinglichen Rechts ist, sind Sie als neuer Eigentümer an diese separate Vereinbarung grundsätzlich nicht gebunden, es sei denn, Sie übernehmen diese Pflicht ausdrücklich im Kaufvertrag.
Zusammenfassend: Eine Erbbauzinsreallast ist ein starkes Recht, das am Grundstück selbst hängt und im Grundbuch steht, wodurch es gegen jeden aktuellen Eigentümer durchsetzbar ist. Eine rein schuldrechtliche Vereinbarung zur Zinsanpassung ist nur ein Vertrag zwischen bestimmten Personen, der bei einem Eigentümerwechsel des Grundstücks nicht automatisch für den neuen Eigentümer gilt.
Welche Auswirkungen hat eine Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts auf bestehende vertragliche Vereinbarungen, insbesondere auf nicht dinglich gesicherte Zinsanpassungsklauseln?
Wenn ein Erbbaurecht, also das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu haben, im Rahmen einer Zwangsversteigerung verkauft wird, wechselt der Eigentümer dieses Rechts. Für Sie als potenziellen Erwerber oder Beteiligten stellt sich die Frage, welche Verpflichtungen des früheren Inhabers des Erbbaurechts auf den neuen Erwerber übergehen.
Juristisch wird hier zwischen dinglichen Rechten und Pflichten und schuldrechtlichen Vereinbarungen unterschieden. Stellen Sie sich das Erbbaurecht wie eine eigene „Sache“ vor, die mit bestimmten Lasten belegt sein kann.
Dingliche Rechte und Pflichten sind solche, die untrennbar mit dem Erbbaurecht selbst verbunden sind und im Grundbuch (genauer: im Erbbaugrundbuch) eingetragen sind. Sie haften an der „Sache“ Erbbaurecht und gehen bei einem Verkauf, auch in der Zwangsversteigerung, automatisch auf den neuen Erwerber über. Ein typisches Beispiel ist der Erbbauzins, wenn er als Reallast im Grundbuch gesichert ist. Auch Hypotheken oder Grundschulden, die auf dem Erbbaurecht lasten, sind dingliche Rechte.
Schuldrechtliche Vereinbarungen hingegen sind persönliche Verträge zwischen dem ursprünglichen Inhaber des Erbbaurechts und dem Grundstückseigentümer. Sie sind nicht direkt an das Erbbaurecht gebunden und stehen nicht im Grundbuch. Beispiele hierfür können bestimmte, über den im Grundbuch gesicherten Zins hinausgehende Vereinbarungen zur Erbbauzinsanpassung, spezielle Instandhaltungspflichten oder Nutzungsbeschränkungen sein, sofern diese nicht dinglich im Grundbuch gesichert wurden.
Für die Zwangsversteigerung gilt der Grundsatz: Der Erwerber übernimmt grundsätzlich nur die dinglichen Belastungen, die im Zeitpunkt der Versteigerung auf dem Erbbaurecht lasten und nach den Regeln der Zwangsversteigerung bestehen bleiben.
Das bedeutet für Ihre Frage nach nicht dinglich gesicherten Zinsanpassungsklauseln: Solche Vereinbarungen sind schuldrechtlicher Natur. Da sie nicht im Grundbuch eingetragen und somit nicht dinglich gesichert sind, gehen diese Verpflichtungen grundsätzlich nicht automatisch auf den Erwerber in der Zwangsversteigerung über. Der neue Eigentümer des Erbbaurechts wird durch den Zuschlag im Versteigerungsverfahren in der Regel nicht Schuldner der rein schuldrechtlichen Verpflichtungen des früheren Erbbauberechtigten gegenüber dem Grundstückseigentümer.
Der Erwerber in der Zwangsversteigerung übernimmt das Erbbaurecht also weitgehend frei von den rein persönlichen, nicht dinglich gesicherten Vertragsabsprachen des früheren Berechtigten. Die Kernpflichten des Erbbaurechtsvertrages, insbesondere der im Grundbuch gesicherte Erbbauzins und die dinglichen Lasten, bleiben jedoch bestehen.
Wer haftet für Erbbauzinsforderungen, wenn das Erbbaurecht zwangsversteigert wurde und der ursprüngliche Erbbauberechtigte verstorben ist?
Wenn ein Erbbaurecht zwangsversteigert wird, geht das Recht selbst und damit auch die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses für die Zukunft auf den Ersteher, also den neuen Eigentümer des Erbbaurechts, über. Die Zwangsversteigerung beendet also die Zuständigkeit des ursprünglichen Erbbauberechtigten für zukünftige Erbbauzinsen.
Allerdings gab es oft bereits vor der Zwangsversteigerung offene Forderungen aus dem Erbbauzins. Hier greifen andere Regeln. Der Erbbauzins ist nämlich nicht nur eine Belastung des Erbbaurechts selbst (wie eine Hypothek), sondern stellt auch eine persönliche Verpflichtung desjenigen dar, der zu diesem Zeitpunkt Erbbauberechtigter war. Stellen Sie sich das wie eine Art Mietzahlung vor, die Sie persönlich schulden.
Wenn nun der ursprüngliche Erbbauberechtigte verstorben ist und offene Erbbauzinsforderungen aus der Zeit vor der Zwangsversteigerung bestehen, stellt dies eine Nachlassverbindlichkeit dar. Das bedeutet, es ist eine Schuld, die der Verstorbene zu Lebzeiten hatte.
Erben treten grundsätzlich in die rechtliche Stellung des Verstorbenen ein. Sie übernehmen sowohl Vermögen als auch Schulden des Erblassers. Die Haftung für solche Nachlassverbindlichkeiten geht somit auf die Erben über.
Das hat zur Folge: Auch wenn das Erbbaurecht durch die Zwangsversteigerung auf einen neuen Eigentümer übergegangen ist und dieser nun für die zukünftigen Erbbauzinsen haftet, können die Erben des ursprünglichen Erbbauberechtigten weiterhin für die Erbbauzinsforderungen haftbar sein, die entstanden und unbezahlt geblieben sind, bevor das Erbbaurecht zwangsversteigert wurde. Diese Haftung ergibt sich aus ihrer Stellung als Rechtsnachfolger des Verstorbenen, nicht mehr aus dem Erbbaurecht selbst.
Für die Erben bedeutet das, dass sie sich mit den Schulden des Erblassers auseinandersetzen müssen, zu denen auch offene Forderungen aus dem Erbbauzins zählen können, die vor dem Verlust des Erbbaurechts entstanden sind.
Was ist ein Zustimmungsvorbehalt und welchen Vorteil hätte er in einem Erbbaurechtsvertrag geboten?
Ein Zustimmungsvorbehalt in einem Erbbaurechtsvertrag ist im Wesentlichen eine vertragliche Vereinbarung. Sie besagt, dass bestimmte wichtige Vorgänge rund um das Erbbaurecht nur dann wirksam werden, wenn der Grundstückseigentümer vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Stellen Sie sich das wie eine Art eingebautes Vetorecht für den Eigentümer vor, das vertraglich festgelegt wird. Dieses Recht wird im Erbbaugrundbuch eingetragen, sodass es auch für spätere Käufer oder Gläubiger des Erbbauberechtigten sichtbar und bindend ist.
Warum ist ein Zustimmungsvorbehalt für den Eigentümer vorteilhaft?
Der größte Vorteil eines Zustimmungsvorbehalts für den Grundstückseigentümer liegt darin, dass er Einfluss darauf nehmen kann, wer zukünftig der Inhaber des Erbbaurechts wird. Das Erbbaurecht kann nämlich vom Erbbauberechtigten verkauft, vererbt oder auch zwangsversteigert werden. Ohne einen Zustimmungsvorbehalt könnte der Eigentümer im Prinzip jeden als neuen Vertragspartner bekommen, ohne dies verhindern zu können.
Mit einem Zustimmungsvorbehalt hat der Eigentümer die Möglichkeit, vor einem Wechsel des Erbbauberechtigten zu prüfen, ob der potenzielle neue Inhaber seinen Vorstellungen entspricht. Dies kann verschiedene Aspekte betreffen, zum Beispiel:
- Die finanzielle Zuverlässigkeit des potenziellen Erwerbers (kann er den Erbbauzins regelmäßig zahlen?).
- Die Eignung der Person im Hinblick auf die geplante oder bestehende Nutzung des Grundstücks.
- Die Bereitschaft des neuen Inhabers, alle bestehenden Pflichten aus dem Erbbaurechtsvertrag vollständig und uneingeschränkt zu übernehmen.
Wie hätte ein Zustimmungsvorbehalt im geschilderten Fall helfen können?
Hätte der Erbbaurechtsvertrag einen Zustimmungsvorbehalt für die Übertragung des Erbbaurechts enthalten, hätte der Grundstückseigentümer der Übertragung des Erbbaurechts an den Dritten nur zustimmen müssen, wenn dieser bereit gewesen wäre, alle Verpflichtungen aus dem Vertrag vollumfänglich zu übernehmen und der Eigentümer dies auch als angemessen erachtet hätte.
Der Eigentümer hätte in diesem Fall also nicht tatenlos zusehen müssen, wie ein Dritter in das Erbbaurecht eintritt, möglicherweise unter Bedingungen, die die Haftung für bestehende Pflichten (wie ausstehende Erbbauzinsen) unklar lassen oder einschränken. Er hätte seine Zustimmung verweigern können, solange keine klare Regelung zur Übernahme der gesamten Haftung durch den neuen Erbbauberechtigten getroffen wurde oder wenn ihm die Person des Dritten aus anderen im Vertrag geregelten Gründen nicht geeignet erschien. Ein solcher Vorbehalt dient dem Eigentümer als Schutzmechanismus, um sicherzustellen, dass der Vertrag mit einem solventen und zuverlässigen Partner fortgeführt wird, der für alle Pflichten gerade steht.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erbbaurecht
Das Erbbaurecht ist ein zeitlich begrenztes Recht, das es einer Person erlaubt, auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu errichten und zu nutzen. Juristisch gilt es als eigenständiges, grundstücksgleiches Recht und wird im Grundbuch eingetragen. Es ist im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt und wird üblicherweise für lange Zeiträume (z. B. 99 Jahre) bestellt. Der Inhaber des Erbbaurechts, der Erbbauberechtigte, zahlt regelmäßig einen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer. Ein Beispiel ist, wenn Sie ein Haus auf einem Grundstück bauen, das Ihnen nicht gehört, und dafür einen regelmäßigen Pachtzins zahlen.
Erbbauzinsreallast
Eine Erbbauzinsreallast ist ein dinglich gesichertes Zahlungsmittelrecht, das im Grundbuch auf einem Grundstück oder Erbbaurecht eingetragen ist. Sie verpflichtet den aktuellen Eigentümer, einen bestimmten Erbbauzins zu zahlen, und haftet somit direkt an der Sache – unabhängig davon, wer gerade Eigentümer ist. Diese Reallast garantiert dem Gläubiger eine durchsetzbare Zahlungsforderung gegenüber jedem Eigentümer. Beispiel: Wenn auf Ihrem Grundstück im Grundbuch eingetragen ist, dass ein bestimmter Zins zu zahlen ist, müssen Sie diesen auch bezahlen, wenn Sie das Grundstück kaufen.
Schuldrechtliche Verpflichtung (persönliche Vertragspflicht)
Eine schuldrechtliche Verpflichtung bezeichnet eine reine persönliche Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Vertragsparteien, die nicht im Grundbuch eingetragen ist und daher nicht direkt am Grundstück haftet. Pflichten aus solchen Vereinbarungen gelten nur gegenüber den ursprünglich beteiligten Personen und gehen bei einem Verkauf des Grundstücks oder Erbbaurechts grundsätzlich nicht automatisch auf den neuen Eigentümer über. Beispiel: Eine vertragliche Zinsanpassung, die nur zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart wurde und nicht eingetragen ist, bindet den neuen Eigentümer nicht automatisch.
Zustimmungsvorbehalt (§ 5 ErbbauRG)
Ein Zustimmungsvorbehalt ist eine vertragliche und oft im Grundbuch eingetragene Klausel, die vorschreibt, dass die Übertragung eines Erbbaurechts nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers gültig wird. Er schützt den Eigentümer, indem er ihm ein Vetorecht gegen ungewollte oder finanzschwache Erwerber einräumt. Dadurch kann der Eigentümer sicherstellen, dass der neue Erbbauberechtigte alle Verpflichtungen des Erbbaurechtsvertrags übernimmt. Beispiel: Ohne Zustimmung kann der Erbbaurechtsgeber den Verkauf an jemanden ablehnen, der den Erbbauzins möglicherweise nicht zahlen kann.
Zwangsversteigerung und Übernahmepflichten
Die Zwangsversteigerung ist ein gerichtliches Verfahren zur zwangsweisen Verwertung eines belasteten Rechts (z. B. Erbbaurechts) wegen Zahlungsrückständen. Dabei geht das Recht mit den dinglichen Belastungen auf den Ersteher (neuen Eigentümer) über. Persönliche, schuldrechtliche Verpflichtungen, die nicht dinglich gesichert sind, übernehmen die Ersteher in der Regel nicht automatisch. Das bedeutet, dass bei einer Zwangsversteigerung der Erwerber das strukturell dinglich gesicherte Recht (z. B. die Reallast) übernimmt, aber persönliche vertragliche Zinsanpassungspflichten meist beim ursprünglichen Schuldner oder dessen Erben verbleiben.
Beispiel: Wenn ein Erbbaurecht zwangsversteigert wird, übernimmt der Käufer die fälligen Grundschulden und die im Grundbuch eingetragene Reallast, jedoch nicht zwingend eine persönliche Zinsanpassung, die zwischen dem ursprünglichen Erbbauberechtigten und dem Eigentümer vereinbart wurde, aber nicht eingetragen ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 9 Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG): Regelt die dingliche Sicherung des Erbbauzinses durch Eintragung einer Reallast im Grundbuch, die mit dem Erbbaurecht selbst verbunden ist und auf den jeweiligen Inhaber übergeht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die dinglich gesicherte Erbbauzinsreallast verpflichtet die Ersteherin des Erbbaurechts zur Zahlung des Grundbetrags, unabhängig von der persönlichen Vertragspflicht der ursprünglichen Parteien.
- § 1108 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Bestimmt, dass dingliche Lasten am Grundstück bzw. am Erbbaurecht auf den jeweiligen Inhaber übergehen und dieser persönlich dafür haftet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Übernahme der Reallast durch die Ersteherin beruht auf dieser Vorschrift, wodurch sie zur Zahlung des im Grundbuch gesicherten Erbbauzinses verpflichtet ist.
- § 433 Abs. 2 BGB: Regelt die Leistungspflicht im Kaufvertrag, hier analog anwendbar für die schuldrechtlichen Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag. Persönliche Vertragspflichten sind vom Eigentumsübergang zu unterscheiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die schuldrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere die indexierten Erhöhungsbeträge, verbleiben bei dem ursprünglichen Schuldner und seinen Erben, da kein Schuldnerwechsel mit schuldbefreiender Wirkung erfolgte.
- § 5 ErbbauRG: Ermöglicht die Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts bei einer Übertragung des Erbbaurechts, um bei Verkauf die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu verlangen und den Schuldnerwechsel zu kontrollieren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Fehlen eines solchen Zustimmungsvorbehalts verhindert, dass die Kläger die Übernahme der schuldrechtlichen Verpflichtungen durch die Ersteherin erzwingen konnten, wodurch die Erben des Schuldners weiter haften.
- § 91 Abs. 1 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG): Regelt, wann dingliche Rechte erlöschen, insbesondere wenn eine vorrangige Grundschuld vollstreckt wird, was zur Wertlosigkeit schuldrechtlicher Ansprüche führen kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Erbbauzinsreallast war nicht erloschen, da die Zwangsversteigerung wegen einer nachrangigen Grundschuld erfolgte, sodass die dingliche Sicherheit und die persönlichen Verpflichtungen weiterhin bestehen.
- § 258 ZPO (Zivilprozessordnung): Erlaubt die Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen (z.B. regelmäßige Zahlungen) ohne Festlegung eines Endzeitpunktes, sofern die Leistungspflicht nicht von einer Gegenleistung abhängt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht und OLG durften die Beklagten zu künftigen Erbbauzinszahlungen verurteilen, da diese Zahlungen keine aktuelle Gegenleistung erfordern und sich künftig ggf. durch weitere gerichtliche Maßnahmen anpassen lassen.
Das vorliegende Urteil
OLG Nürnberg – Az.: 3 U 1856/23 – Endurteil vom 12.03.2024
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