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Verzicht auf Zusatzpflichtteil nach § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB – Anforderungen

Erbitterter Streit ums Erbe: Kinder ziehen gegen Stiefmutter vor Gericht und erkämpfen die Neubewertung von fünf Immobilien. Die Erben sind mit der Schätzung der Alleinerbin nicht einverstanden und wollen den wahren Wert des Nachlasses aufdecken. Ein spannender Rechtsstreit entbrennt, bei dem es um viel Geld und Gerechtigkeit geht.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Fall dreht sich um die Wertermittlung von Nachlassgrundstücken im Rahmen eines Erbfalls.
  • Die Kläger, Nachkommen des verstorbenen Erblassers, verlangen eine wertfreie Ermittlung der Erbanteile.
  • Schwierig ist die Einigung über die Höhe der Erbansprüche, da die Beklagte als Alleinerbin agiert, was zu Spannungen führt.
  • Das Gericht entschied, dass die Beklagte zur Erstellung eines Wertgutachtens für die Grundstücke verpflichtet ist.
  • Die Entscheidung basiert darauf, dass ein transparentes Verfahren zur Feststellung des Nachlasswertes notwendig ist, um die Ansprüche der Kläger zu sichern.
  • Die Bedeutung des Urteils liegt in der klaren Stellungnahme zur Verantwortung der Beklagten bei der Wertermittlung.
  • Dies ermöglicht den Klägern, ihre Erbansprüche genauer zu bewerten und potenzielle Zahlungsansprüche geltend zu machen.
  • Durch das Urteil wird eine rechtliche Klarheit geschaffen, die zukünftige Streitigkeiten zwischen den Erben minimieren könnte.
  • Die Möglichkeit zur Weiterverfolgung rechtlicher Ansprüche wird gestärkt, indem das Gericht die Einhaltung der Pflicht zur Wertermittlung durchsetzt.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Kostenverteilung der Erbangelegenheiten, da auch die Kosten des Verfahrens berücksichtigt werden müssen.

Erbrecht im Fokus: Pflichtteil und Verzicht im konkreten Fall analysiert

Die Themen Erbrecht und Pflichtteilsrecht spielen in vielen Familien eine entscheidende Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit dem Erbfall. Nach deutschem Recht haben gesetzliche Erben, die im Testament nicht bedacht wurden, einen Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser Anspruch sichert ihnen einen Mindestanteil an der Erbschaft, selbst wenn der Erblasser durch ein Testament andere Erben begünstigt. Eine besondere Regelung findet sich im § 2307 BGB, der den Verzicht auf einen Zusatzpflichtteil behandelt. Dieser Zusatzpflichtteil kann zum Tragen kommen, wenn im Erbfall bestimmte Vermögenswerte durch Schenkungen oder andere Übertragungen in der Vergangenheit vermindert wurden.

Wird von einem Erben auf den Zusatzpflichtteil verzichtet, sind wichtige rechtliche Anforderungen zu beachten. Eine klare Verzichtserklärung ist notwendig, um die Rechte aller Beteiligten zu wahren und eine spätere Pflichtteilsanspruchsnachforderung zu verhindern. Steuerliche Aspekte, wie die Erbschaftssteuer, spielen ebenfalls eine Rolle im gesamten Erbprozess und können die Entscheidung über den Verzicht auf den Pflichtteil beeinflussen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der die oben genannten rechtlichen Rahmenbedingungen verdeutlicht und analysiert.

Der Fall vor Gericht


Pflichtteilsberechtigte erwirken Nachlassbewertung durch Wertgutachten

Pflichtteilsverzicht und Zusatzpflichtteil
Das OLG Celle entschied, dass pflichtteilsberechtigte Kinder trotz Annahme eines Vermächtnisses Anspruch auf Wertermittlung des Nachlasses haben und ein Verzicht auf den Zusatzpflichtteil eindeutig erklärt werden muss. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Oberlandesgericht Celle hat in einem Erbrechtsstreit entschieden, dass die Kläger als pflichtteilsberechtigte Kinder des Erblassers von der Alleinerbin die Wertermittlung von fünf Nachlassimmobilien durch ein unparteiisches Sachverständigengutachten verlangen können.

Hintergrund des Rechtsstreits

Der im Jahr 2020 verstorbene Erblasser hatte in seinem Testament von 2017 seine zweite Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. Seine Kinder aus erster Ehe, die Kläger, wurden mit einem Vermächtnis über einen Teil des Depotvermögens bedacht. Nach dem Tod des Erblassers forderten die Kläger dieses Vermächtnis ein und erhielten jeweils 105.556,95 Euro ausgezahlt.

Streit um Zusatzpflichtteil und Wertermittlung

In der Folge verlangten die Kläger von der Erbin Auskunft über den gesamten Nachlass und die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Mit der Bewertung der Nachlassimmobilien in diesem Verzeichnis waren sie nicht einverstanden und forderten eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen. Die Erbin lehnte dies ab und argumentierte, die Kläger hätten durch die vorbehaltlose Annahme des Vermächtnisses konkludent auf ihren Pflichtteilsanspruch verzichtet.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das OLG Celle gab den Klägern Recht und entschied, dass sie einen Anspruch auf die beantragte Wertermittlung haben. Das Gericht stellte klar, dass die Kläger durch die Annahme des Vermächtnisses nicht auf ihren Zusatzpflichtteil verzichtet haben. Ein solcher Verzicht müsse eindeutig erklärt werden und sei hier nicht ersichtlich.

Die Richter betonten, dass an die Feststellung eines Verzichtswillens strenge Anforderungen zu stellen seien. Selbst bei einer scheinbar eindeutigen Erklärung des Gläubigers dürfe ein Verzicht nicht angenommen werden, ohne sämtliche Begleitumstände zu berücksichtigen.

Anspruch auf Wertermittlung bestätigt

Das OLG bestätigte den Anspruch der Kläger auf Wertermittlung der Nachlassimmobilien nach § 2314 BGB. Dieser Anspruch sei nicht durch einen konkludenten Verzicht erloschen. Die Kläger können nun die Ermittlung des Wertes der fünf Immobilien durch einen unparteiischen Sachverständigen verlangen.

Weiteres Verfahren

Das Gericht verwies den Fall zur Entscheidung über den von den Klägern gestellten Zahlungsantrag auf den Zusatzpflichtteil an das Landgericht zurück. Die genaue Höhe des möglichen Zusatzpflichtteils hängt vom Ergebnis der noch durchzuführenden Wertermittlung der Nachlassimmobilien ab.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des OLG Celle bekräftigt, dass die Annahme eines Vermächtnisses nicht automatisch zum Verzicht auf den Zusatzpflichtteil führt. Ein solcher Verzicht muss eindeutig erklärt werden und darf nicht leichtfertig angenommen werden. Pflichtteilsberechtigte behalten trotz Annahme eines Vermächtnisses ihren Anspruch auf Wertermittlung des Nachlasses nach § 2314 BGB. Dies stärkt die Position von Pflichtteilsberechtigten und unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung in Erbschaftsangelegenheiten.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Pflichtteilsberechtigten in Erbschaftsangelegenheiten erheblich. Wenn Sie als Erbe ein Vermächtnis erhalten haben, bedeutet dies nicht automatisch, dass Sie auf weitere Ansprüche verzichten. Sie haben das Recht, eine genaue Wertermittlung des gesamten Nachlasses zu verlangen, auch wenn Sie bereits ein Vermächtnis angenommen haben. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie vermuten, dass der Wert des Nachlasses höher ist als ursprünglich angenommen. Das Gericht hat klargestellt, dass ein Verzicht auf den Zusatzpflichtteil eindeutig erklärt werden muss und nicht leichtfertig angenommen werden darf. Für Sie als Erbe bedeutet dies, dass Sie Ihre Rechte aktiv wahrnehmen und bei Bedarf eine professionelle Bewertung des Nachlasses einfordern können, um sicherzustellen, dass Sie den Ihnen zustehenden Anteil erhalten.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik erhalten Sie wertvolle Informationen rund um das Thema Pflichtteilsverzicht und Zusatzpflichtteil. Hier finden Sie Antworten auf häufige Fragen, die Ihnen helfen, die rechtlichen Aspekte und möglichen Konsequenzen besser zu verstehen. Tauchen Sie ein in die wichtigen Details, die Ihnen Sicherheit und Klarheit in diesem sensiblen Bereich bieten.

Was ist ein Zusatzpflichtteil und wann habe ich Anspruch darauf?

Der Zusatzpflichtteil, auch Restpflichtteil oder Pflichtteilsrestanspruch genannt, ist ein gesetzlicher Anspruch, der Pflichtteilsberechtigte vor einer unzureichenden Erbeinsetzung schützt. Er ist in §§ 2305 und 2307 BGB geregelt.

Voraussetzungen für den Anspruch

Sie haben Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil, wenn Sie:

  1. Pflichtteilsberechtigt sind (z.B. als Kind oder Ehegatte des Erblassers).
  2. Im Testament als Erbe eingesetzt wurden.
  3. Ihr zugewiesener Erbteil weniger als die Hälfte Ihres gesetzlichen Erbteils beträgt.

Berechnung des Zusatzpflichtteils

Der Zusatzpflichtteil entspricht der Differenz zwischen dem Wert Ihres zugewiesenen Erbteils und Ihrem gesetzlichen Pflichtteilsanspruch.

Beispiel: Als einziges Kind erben Sie laut Testament 1/10 des Nachlasses. Ihr gesetzlicher Erbteil wäre 1/2, Ihr Pflichtteil somit 1/4. Der Zusatzpflichtteil beträgt in diesem Fall 3/20 (1/4 – 1/10) des Nachlasswertes.

Geltendmachung des Anspruchs

Der Zusatzpflichtteil ist ein reiner Geldanspruch, den Sie gegenüber Ihren Miterben geltend machen müssen. Er wird bei der Erbauseinandersetzung berücksichtigt.

Wichtige Hinweise

  • Der Zusatzpflichtteil steht Ihnen zusätzlich zu Ihrem Erbteil zu.
  • Wenn Sie enterbt wurden, haben Sie stattdessen Anspruch auf den vollen Pflichtteil.
  • Schlagen Sie die Erbschaft nicht aus, wenn Sie einen Zusatzpflichtteil geltend machen möchten. Bei Ausschlagung verlieren Sie sowohl den Erbteil als auch den Pflichtteilsanspruch.

Durch den Zusatzpflichtteil wird sichergestellt, dass Sie als Pflichtteilsberechtigter mindestens den Wert Ihres Pflichtteils erhalten, auch wenn Sie im Testament berücksichtigt wurden. Dies schützt Sie vor einer zu geringen Beteiligung am Nachlass.

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Wie kann ich den Wert des Nachlasses ermitteln lassen?

Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie nach § 2314 BGB einen Anspruch darauf, den Wert des Nachlasses ermitteln zu lassen. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie Ihren Pflichtteil oder einen möglichen Zusatzpflichtteil berechnen möchten.

Auskunftsanspruch und Wertermittlung

Zunächst können Sie vom Erben Auskunft über den Bestand des Nachlasses verlangen. Der Erbe muss Ihnen ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände vorlegen und den Wert der einzelnen Gegenstände angeben.

Wenn Sie mit den Angaben des Erben nicht einverstanden sind oder diese für unzureichend halten, können Sie eine Wertermittlung durch einen unabhängigen Sachverständigen fordern. Dies ist besonders bei schwer zu bewertenden Vermögensgegenständen wie Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen sinnvoll.

Durchsetzung des Anspruchs auf Wertermittlung

Um Ihr Recht auf Wertermittlung durchzusetzen, gehen Sie wie folgt vor:

  1. Stellen Sie einen schriftlichen Antrag an den Erben, in dem Sie die Wertermittlung durch einen Sachverständigen verlangen.
  2. Nennen Sie dabei konkret die Nachlassgegenstände, für die Sie eine Bewertung wünschen.
  3. Setzen Sie dem Erben eine angemessene Frist zur Erfüllung Ihres Anspruchs.

Wenn der Erbe Ihrem Antrag nicht nachkommt, können Sie Ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen.

Kosten der Wertermittlung

Die Kosten für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen trägt grundsätzlich der Nachlass. Als Pflichtteilsberechtigter müssen Sie diese Kosten nicht selbst tragen. Allerdings kann der Erbe von Ihnen einen Vorschuss für die Kosten verlangen.

Besonderheiten bei Unternehmensbeteiligungen

Gehört zum Nachlass eine Unternehmensbeteiligung, haben Sie als Pflichtteilsberechtigter zusätzlich das Recht, Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu verlangen. Dies umfasst Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie relevante Geschäftsbücher und Belege.

Wenn Sie von Ihrem Recht auf Wertermittlung Gebrauch machen, erhalten Sie eine solide Grundlage für die Berechnung Ihres Pflichtteils. Dies kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche gegenüber dem Erben oder den Miterben durchzusetzen und mögliche Streitigkeiten zu vermeiden.

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Welche Folgen hat die Annahme eines Vermächtnisses für meinen Pflichtteilsanspruch?

Die Annahme eines Vermächtnisses führt nicht automatisch zum Verlust Ihres Pflichtteilsanspruchs. Allerdings hat sie erhebliche Auswirkungen auf Ihre rechtliche Position.

Anrechnung des Vermächtnisses auf den Pflichtteil

Wenn Sie als Pflichtteilsberechtigter ein Vermächtnis annehmen, wird dessen Wert auf Ihren Pflichtteilsanspruch angerechnet. Der Pflichtteilsanspruch verringert sich um den Wert des Vermächtnisses.

Restpflichtteilsanspruch

Übersteigt der Wert des Pflichtteils den Wert des Vermächtnisses, können Sie einen sogenannten Restpflichtteil geltend machen. Dieser entspricht der Differenz zwischen dem Wert des Pflichtteils und dem Wert des Vermächtnisses.

Wahlrecht nach § 2307 BGB

Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie ein Wahlrecht: Sie können das Vermächtnis ausschlagen und stattdessen Ihren vollen Pflichtteil verlangen. Diese Entscheidung sollten Sie sorgfältig abwägen, da sie weitreichende Konsequenzen hat.

Verzicht auf den Zusatzpflichtteil

Wenn Sie das Vermächtnis annehmen, können Sie nach § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Ihren Anspruch auf den Zusatzpflichtteil verzichten. Dieser Verzicht muss ausdrücklich erklärt werden und bedarf der notariellen Beurkundung.

Verjährung des Anspruchs

Beachten Sie, dass Ihr Anspruch auf das Vermächtnis innerhalb von drei Jahren verjähren kann, wenn Sie ihn nicht geltend machen. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem Sie von dem Vermächtnis Kenntnis erlangt haben.

Wenn Sie vor der Entscheidung stehen, ein Vermächtnis anzunehmen, sollten Sie die Werte des Vermächtnisses und des Pflichtteils sorgfältig vergleichen. In manchen Fällen kann es vorteilhafter sein, das Vermächtnis auszuschlagen und den vollen Pflichtteil zu verlangen.

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Unter welchen Umständen gilt ein Verzicht auf den Pflichtteil als erklärt?

Ein Verzicht auf den Pflichtteil gilt nur unter sehr strengen formalen Voraussetzungen als wirksam erklärt. Der Gesetzgeber hat hierfür in § 2348 BGB klare Vorgaben festgelegt:

Notarielle Beurkundung erforderlich

Der Pflichtteilsverzicht muss zwingend notariell beurkundet werden. Eine formlose oder nur schriftliche Erklärung reicht nicht aus. Wenn Sie also auf Ihren Pflichtteil verzichten möchten, müssen Sie dies vor einem Notar erklären.

Vertrag zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem

Der Verzicht erfolgt durch einen Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten. Beide Parteien müssen dem Verzicht zustimmen. Eine einseitige Erklärung des Pflichtteilsberechtigten genügt nicht.

Persönliche Anwesenheit des Erblassers

Der Erblasser muss bei der notariellen Beurkundung grundsätzlich persönlich anwesend sein. Eine Vertretung ist nur in Ausnahmefällen, etwa bei Geschäftsunfähigkeit, durch einen gesetzlichen Vertreter möglich.

Kein konkludenter Verzicht

Ein stillschweigender oder konkludenter Verzicht auf den Pflichtteil ist nicht möglich. Wenn Sie beispielsweise ein Vermächtnis annehmen, bedeutet dies nicht automatisch, dass Sie auf Ihren Pflichtteil verzichten.

Widerruf und Anfechtung

Ein einmal erklärter Pflichtteilsverzicht kann grundsätzlich nicht widerrufen werden. Eine Anfechtung ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, etwa bei arglistiger Täuschung oder Irrtum über den Inhalt der Erklärung.

Wenn Sie erwägen, auf Ihren Pflichtteil zu verzichten, sollten Sie die weitreichenden Konsequenzen sorgfältig abwägen. Der Verzicht betrifft nicht nur Sie selbst, sondern unter Umständen auch Ihre Nachkommen. Stellen Sie sich vor, Sie verzichten auf Ihren Pflichtteil, ohne die finanziellen Folgen vollständig zu überblicken. In einem solchen Fall könnten Sie später vor erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehen.

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Wie kann ich meine Rechte als Pflichtteilsberechtigter durchsetzen?

Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie verschiedene Möglichkeiten, Ihre Rechte durchzusetzen:

Auskunftsanspruch geltend machen

Sie können vom Erben ein vollständiges Nachlassverzeichnis verlangen. Dieses muss alle Vermögensgegenstände, Schulden und Schenkungen des Erblassers enthalten. Wenn Sie Zweifel an der Richtigkeit haben, können Sie eine eidesstattliche Versicherung des Erben fordern.

Wertermittlung durchführen lassen

Sie haben das Recht, eine Bewertung der Nachlassgegenstände durch einen unabhängigen Sachverständigen zu verlangen. Die Kosten dafür trägt der Nachlass, was Ihren Pflichtteil indirekt verringert.

Anwesenheit bei der Verzeichniserstellung

Bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses dürfen Sie persönlich anwesend sein oder einen Vertreter entsenden. So können Sie die Vollständigkeit besser beurteilen.

Stufenklage einreichen

Wenn der Erbe Ihre Ansprüche nicht erfüllt, können Sie eine Stufenklage einreichen. Damit fordern Sie zunächst die Auskunft ein und anschließend den konkreten Pflichtteilsbetrag.

Verjährung beachten

Der Pflichtteilsanspruch verjährt nach drei Jahren. Achten Sie darauf, rechtzeitig Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung zu ergreifen, etwa durch Erhebung einer Feststellungsklage.

Zusatzpflichtteil prüfen

Wenn Sie als Erbe eingesetzt wurden, aber weniger als die Hälfte Ihres gesetzlichen Erbteils erhalten, können Sie einen Zusatzpflichtteil verlangen. Prüfen Sie, ob diese Situation auf Sie zutrifft.

Durch konsequentes Vorgehen und die Nutzung dieser rechtlichen Instrumente können Sie Ihre Rechte als Pflichtteilsberechtigter effektiv durchsetzen. Bedenken Sie, dass jeder Erbfall individuell ist und verschiedene Faktoren Ihre spezifische Situation beeinflussen können.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Pflichtteil: Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Mindestanspruch auf einen Teil des Nachlasses, den bestimmte nahe Verwandte des Erblassers haben, selbst wenn sie im Testament nicht bedacht wurden. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigt sind Abkömmlinge, Eltern und der Ehegatte des Erblassers. Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch gegen den oder die Erben. Er soll verhindern, dass nahe Angehörige völlig leer ausgehen, wenn der Erblasser sie enterbt hat.
  • Zusatzpflichtteil: Der Zusatzpflichtteil ist ein ergänzender Anspruch zum regulären Pflichtteil. Er kommt in Betracht, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen getätigt hat, die den Nachlass und damit den Pflichtteil verringern. Der Zusatzpflichtteil soll verhindern, dass der Erblasser den Pflichtteil durch Schenkungen aushöhlt. Er berechnet sich aus der Differenz zwischen dem regulären Pflichtteil und dem fiktiven Pflichtteil, der sich ergäbe, wenn man die Schenkungen dem Nachlass hinzurechnen würde.
  • Vermächtnis: Ein Vermächtnis ist eine testamentarische Verfügung, durch die der Erblasser einem Begünstigten (Vermächtnisnehmer) einen bestimmten Vermögensvorteil zuwendet, ohne ihn als Erben einzusetzen. Der Vermächtnisnehmer erhält einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstands oder Wertes. Im Gegensatz zum Erben wird der Vermächtnisnehmer nicht Teil der Erbengemeinschaft und haftet nicht für Nachlassverbindlichkeiten.
  • Konkludenter Verzicht: Ein konkludenter Verzicht ist eine Form des stillschweigenden Rechtsverzichts, der sich aus dem Verhalten einer Person ableiten lässt, ohne dass eine ausdrückliche Erklärung erfolgt. Im Erbrecht kann ein konkludenter Verzicht auf Pflichtteilsansprüche in Frage kommen, wenn das Verhalten des Berechtigten eindeutig auf einen Verzichtswillen schließen lässt. Gerichte legen jedoch strenge Maßstäbe an die Annahme eines konkludenten Verzichts an, um die Rechte der Pflichtteilsberechtigten zu schützen.
  • Wertermittlungsanspruch: Der Wertermittlungsanspruch ist das Recht eines Pflichtteilsberechtigten, vom Erben eine genaue Feststellung des Wertes des Nachlasses zu verlangen. Dies ist wichtig, da der Pflichtteil als Geldforderung vom Wert des Nachlasses abhängt. Der Anspruch umfasst das Recht auf ein Sachverständigengutachten zur Bewertung von Nachlassgegenständen, insbesondere bei Immobilien. Er dient dazu, eine faire und transparente Berechnung des Pflichtteils zu ermöglichen.
  • Nachlassverzeichnis: Das Nachlassverzeichnis ist eine detaillierte Aufstellung aller zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände und Schulden zum Zeitpunkt des Erbfalls. Es dient dazu, den Bestand und Wert des Nachlasses festzustellen und ist besonders wichtig für die Berechnung von Pflichtteilsansprüchen. Ein Pflichtteilsberechtigter kann vom Erben die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen. Dieses Verzeichnis bildet die Grundlage für die Ermittlung des Pflichtteils und kann bei Streitigkeiten über den Nachlasswert als Beweismittel dienen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2314 BGB (Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten): Dieser Paragraph gibt Pflichtteilsberechtigten das Recht, vom Erben Auskunft über den Bestand und Wert des Nachlasses zu verlangen. Im vorliegenden Fall berufen sich die Kläger auf diesen Anspruch, um die Wertermittlung der Immobilien zu fordern, da sie mit der Bewertung im Nachlassverzeichnis nicht einverstanden sind.
  • § 2303 BGB (Pflichtteil): Der Pflichtteil sichert nahen Angehörigen einen Mindestanteil am Erbe, auch wenn sie im Testament enterbt wurden. Im vorliegenden Fall sind die Kläger pflichtteilsberechtigt und haben daher grundsätzlich Anspruch auf einen Teil des Nachlasses, unabhängig vom Testament.
  • § 2306 BGB (Zusatzpflichtteil): Der Zusatzpflichtteil erhöht den Pflichtteil unter bestimmten Umständen, z.B. wenn der Erblasser Schenkungen an Dritte gemacht hat. Im vorliegenden Fall prüfen die Kläger, ob ihnen ein Zusatzpflichtteil zusteht, da sie vermuten, dass der Erblasser Schenkungen an die Beklagte gemacht hat.
  • § 2346 BGB (Verzicht auf den Pflichtteil): Ein Pflichtteilsberechtigter kann auf seinen Pflichtteil verzichten. Im vorliegenden Fall argumentiert die Beklagte, dass die Kläger durch die Annahme des Vermächtnisses auf ihren Pflichtteil verzichtet hätten. Das Gericht stellt jedoch klar, dass ein solcher Verzicht ausdrücklich erklärt werden muss.
  • § 2054 BGB (Anrechnung auf den Pflichtteil): Zuwendungen des Erblassers an den Pflichtteilsberechtigten, wie z.B. Schenkungen oder Vermächtnisse, können auf den Pflichtteil angerechnet werden. Im vorliegenden Fall wurde das bereits ausgezahlte Vermächtnis an die Kläger auf ihren Pflichtteil angerechnet.

Das vorliegende Urteil

OLG Celle – Az.: 6 U 51/23 – Urteil vom 29.07.2024


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