Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 61/19 – Beschluss vom 15.10.2019
Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Saarbrücken – Grundbuchamt – vom 17. Juli 2019 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Mit notarieller Urkunde vom 27. Juni 2019 (UR Nr. …/… des Notars … pp., Bl. 154 ff. d.A.), bewilligte die als Eigentümerin des im Grundbuch von St. Johann, Blatt … verzeichneten Grundbesitzes eingetragene Stiftung als Sicherungsgeberin zugunsten der Antragstellerin die Eintragung einer Buchgrundschuld in Höhe von 74.000,- Euro nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 18 v. H. Mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 2. Juli 2019 an das Grundbuchamt beantragte dieser namens der Gläubigerin (im Folgenden: Antragstellerin) die Eintragung der Grundschuld (Bl. 153 d.A.). Die Eigentümerin hat den vorstehenden Grundbesitz im Wege der gewillkürten Erbfolge nach der am 6. August 2007 verstorbenen Frau H. R. (im Folgenden: Erblasserin) erworben. Die Erblasserin hatte sie mit notariellem Testament vom 16. Juli 2007 (Bl. 142 ff. d.A.) zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt. In dem Testament hatte die Erblasserin außerdem ihrer Tochter, Frau U. R., geb. am …, das Recht vermacht, sämtliche Räume des Anwesens lebenslänglich, unentgeltlich und unter Ausschluss des jeweiligen Eigentümers als Wohnung zu benutzen sowie alle zum Gebrauch bestimmten Anlagen und Einrichtungen des Anwesens mitzubenutzen; dieses Recht durfte Dritten nicht überlassen werden, es ist in Abteilung 2 des Grundbuches eingetragen (Bl. 150, 160 Rs. d.A.). Außerdem hatte die Erblasserin „(Abwicklungs-)Testamentsvollstreckung“ angeordnet und Herrn G. S., geb. am …, zum Testamentsvollstrecker bestimmt mit der Aufgabe, „den Nachlass abzuwickeln (§§ 2203, 2204 BGB), insbesondere das vorbezeichnete Vermächtnis zu erfüllen“ (Bl. 142 ff. d.A.). Dieser hatte das Amt am 3. Januar 2008 angenommen, ihm war unter dem 14. Mai 2008 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden (Bl. 146, 147 d.A.), ein entsprechender Vermerk ist im Grundbuch eingetragen (Bl. 150, 160 Rs. d.A.). Der Testamentsvollstrecker ist am 29. Oktober 2010 verstorben (Sterbeurkunde Bl. 181 d.A.), die Tochter der Erblasserin am 18. August 2018 (Sterbeurkunde, Bl. 182 d.A.).
Das Amtsgericht – Grundbuchamt – hat in der angefochtenen Zwischenverfügung (Bl. 183 d.A.) darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung die fortbestehende Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers entgegenstehe. Dessen Tod führe nicht zwangsläufig zur Beendigung der Testamentsvollstreckung, sondern nur, wenn – woran es hier fehle – der erklärte oder durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Erblassers dahin gehe, dass die Testamentsvollstreckung nicht weitergeführt werden solle. Außerdem sei ein Vertretungsnachweis für die Verkäuferin erforderlich.
Hiergegen richtet sich die – nach Einreichung eines Vertretungsnachweises, Bl. 186 ff. d.A. – mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 2. September 2019 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin (Bl. 192 d.A.), mit der diese wegen Versterbens des Testamentsvollstreckers, der nicht erfolgten Benennung einer Ersatzperson durch die Erblasserin sowie mit dem Hinweis, die Testamentsvollstreckung habe sich auch durch die Erfüllung aller Aufgaben erledigt, um Vollziehung ihres Eintragungsantrages bittet. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt.
II.
Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes ist begründet. Die von der Antragstellerin begehrte Eintragung durfte nicht unter Hinweis auf die fortbestehende Testamentsvollstreckung und eine deshalb fehlende Bewilligungsbefugnis der Eigentümerin abgelehnt werden.
1.
Mit Recht geht das Amtsgericht allerdings davon aus, dass eine Eintragung nur erfolgen darf, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird (§ 19 GBO). Dabei korrespondiert die Befugnis zur Abgabe der Eintragungsbewilligung mit der materiellen Verfügungsbefugnis. Ist – wie hier – ein Testamentsvollstrecker ernannt und dies bei der Eintragung des Erben mit eingetragen worden (vgl. § 52 GBO), so hat dies zur Folge, dass die materiell-rechtlichen Verfügungsbeschränkungen der Erben, die mit der Testamentsvollstreckung verbunden sind, gem. § 891 BGB auch für das Grundbuchverfahrensrecht vermutet werden und das Grundbuchamt Eintragungsanträge, die nur auf eine Bewilligung des Erben gestützt sind, mangels seiner Bewilligungsbefugnis zurückzuweisen hat (Munzig in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht 8. Aufl., § 52 Rn. 25; OLG Düsseldorf, NJW 1963, 162).
2.
Im vorliegenden Fall ist von diesem Grundsatz allerdings eine Ausnahme zu machen, weil – was nach Maßgabe der §§ 22, 29 GBO nachgewiesen ist – die Testamentsvollstreckung beendet ist und der Testamentsvollstreckervermerk daher wegen offenkundiger Unrichtigkeit zu löschen wäre.
a)
Eine Unrichtigkeit des Grundbuches im Sinne des § 22 GBO liegt vor, wenn die Testamentsvollstreckung insgesamt materiell-rechtlich beendet, also nicht nur ein bestimmter Testamentsvollstrecker weggefallen ist (Munzig in: Keller/Munzig, a.a.O., § 52 Rn. 32). Die Unrichtigkeit kann auch nachträglich aufgrund sich außerhalb des Grundbuches vollziehender Rechtsänderungen eintreten (Demharter, GBO 30. Aufl., § 22 Rn. 14). Wie das Amtsgericht im Ausgangspunkt zutreffend annimmt, führt allein der Tod des Testamentsvollstreckers gemäß § 2225 BGB nicht zwingend auch zur Beendigung der Testamentsvollstreckung, sondern nur, wenn der erklärte oder durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Erblassers dahin geht, dass sie nach dessen Ausscheiden nicht weitergeführt werden soll (Senat, Beschluss vom 22. April 2015 – 5 W 29/15; OLG Hamm, Rpfleger 1958, 15; OLG München, ZEV 2006, 173; Weidlich, in: Palandt, BGB 78. Aufl., § 2225 Rn. 1). Darüber hinaus endigt die Testamentsvollstreckung mit der Erledigung aller dem Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben (OLG München, NJW 2015, 2271; Böhringer, in: Meikel, GBO 11. Aufl., § 52 Rn. 73; Zeiser, in: BeckOK GBO 36. Ed. 1.6.2019, § 52 Rn. 51; vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1964 – V ZR 37/62, BGHZ 41, 23, 29; Senat, Beschluss vom 16. Januar 2019 – 5 W 97/18, FGPrax 2019, 126). Die Beendigung der Testamentsvollstreckung ist – jedenfalls in einfach gelagerten Fällen – vom Grundbuchamt selbst festzustellen (OLG München, ZEV 2006, 173; OLG Düsseldorf, FGPrax 2017, 35). Nachgewiesen werden kann sie gegenüber dem Grundbuchamt entweder durch einen neuen Erbschein oder durch Offenkundigkeit (§ 29 GBO; vgl. Senat, Beschluss vom 22. April 2015 – 5 W 29/15; OLG München, NJW 2015, 2271; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 15. Aufl., 4. Teil, Rn. 3474).
b)
Danach ist vorliegend im Anschluss an das durch öffentliche Urkunde nachgewiesene Versterben des von der Erblasserin eingesetzten Testamentsvollstreckers (§ 2225 BGB) die Testamentsvollstreckung wegen Erfüllung aller dem Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben erloschen.
aa)
Welche Befugnisse dem Testamentsvollstecker im Einzelnen eingeräumt sind, ergibt sich regelmäßig aus der letztwilligen Verfügung, in der die Einsetzung erfolgte, wobei der Umfang ggf. durch Auslegung (§ 133 BGB) ermittelt werden muss (Senat, Beschluss vom 16. Januar 2019 – 5 W 97/18, FGPrax 2019, 126). Ausweislich des bei den Grundakten befindlichen notariellen Testaments vom 16. Juli 2007 (vgl. § 29 GBO) hatte die Erblasserin Testamentsvollstreckung hier ausdrücklich – nur – zur „Abwicklung“ des Nachlasses angeordnet; dem Testamentsvollstrecker waren als Aufgaben ausdrücklich – nur – die Geschäfte nach den §§ 2203, 2204 BGB und hierbei insbesondere die Erfüllung des zugunsten der Tochter der Erblasserin verfügten Vermächtnisses zugewiesen (Bl. 142 ff. d.A.). Eine weitergehende Beschränkung der Rechte des Erben, etwa in Gestalt einer Dauervollstreckung (§ 2209 BGB), hat sie nicht vorgesehen. Schon daraus erhellt ihr Wille, die Testamentsvollstreckung nach Erledigung dieser Aufgaben, d.h. insbesondere nach Ausführung der letztwilligen Verfügung, für beendet anzusehen und jedenfalls für diesen Fall auch bei einem vorzeitigen Ableben der von ihr eingesetzten Person keinen anderen als neuen Testamentsvollstrecker zu berufen.
bb)
Die vollständige Erledigung aller Aufgaben des Testamentsvollstreckers kann hier unschwer – und auch mit den nach § 29 GBO zulässigen Mitteln – festgestellt werden. Die in den §§ 2203, 2204 BGB bezeichneten Geschäfte, und insoweit hier mangels Mehrheit von Erben und daraus folgender Notwendigkeit einer Auseinandersetzung nur die Ausführung der letztwilligen Verfügung der Erblasserin, sind offenkundig erledigt. Die durch das Testament begünstigte Grundstückseigentümerin ist Alleinerbin geworden, sie hat das Erbe angetreten, die damit verbundenen dinglichen Rechtsakte sind vollzogen. Auch das der Tochter der Erblasserin zugewandte Vermächtnis ist noch zu Lebzeiten des Testamentsvollstreckers durch Eintragung in das Grundbuch erfüllt worden. Weiterer Abwicklungsbedarf ergibt sich auch insoweit nicht mehr, nachdem das Wohnrecht lebenslang eingeräumt war, nicht übertragbar ist und nach dem Tode der Begünstigten, der hier ebenfalls durch Sterbeurkunde nachgewiesen ist, keine Rechtswirkungen mehr zeitigen kann (vgl. § 1092 Abs. 1 Satz 1, § 1093 BGB; vgl. Herrler, in: Palandt, a.a.O., § 1090 Rn. 8 und § 1093 Rn. 19). Bei vernünftiger Betrachtung sind deshalb keine weiteren Aufgaben ersichtlich, die hier noch von einem Testamentsvollstrecker vorgenommen werden müssten. Da in Ansehung des Vermerks nach § 52 GBO die Voraussetzungen des § 22 GBO für eine – ggf. auch von Amts wegen vorzunehmende – Berichtigung des Grundbuches vorliegen, kann der von der eingetragenen Erbin bewilligte Eintragungsantrag nicht wegen deren fehlender Verfügungsbefugnis beanstandet werden.
3.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§§ 22 und 25 GNotKG).