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Voraussetzung der Erbunwürdigkeit wegen Urkundenunterdrückung

In einem erbitterten Streit um das Erbe ihrer Mutter scheiterte eine Frau vor dem Landgericht Traunstein mit dem Versuch, ihre Schwester als Erbin zu entsetzen. Die Klägerin warf der Alleinerbin vor, die Mutter getäuscht und Mieteinnahmen in Höhe von 700.000 Euro veruntreut zu haben, doch das Gericht wies die Klage ab. Die Richter sahen keine ausreichenden Beweise für die Vorwürfe der Testierunfähigkeit und Urkundenunterdrückung.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Traunstein
  • Datum: 26.11.2021
  • Aktenzeichen: 5 O 793/21
  • Verfahrensart: Feststellungsklage auf Erbunwürdigkeit
  • Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Schwester der Beklagten; argumentiert, dass die Beklagte erbunwürdig sei, da sie die Erblasserin arglistig getäuscht habe, um ihr Vermögen zu veruntreuen. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe überraschtes Geld ihrem Bruder unterschlagen und falsche Angaben in Nachlassverzeichnissen gemacht.
  • Beklagte: Schwester der Klägerin; sie bestreitet die Vorwürfe der arglistigen Täuschung und Veruntreuung. Sie behauptet, die Vermögensentscheidungen seien dem Willen der Erblasserin entsprechend und verweist auf die Verjährung der Ansprüche der Klägerin.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin wollte feststellen lassen, dass die Beklagte erbunwürdig sei, nach dem Tod der Mutter der Parteien. Es gab mehrere Testamente, und die Klägerin warf der Beklagten vor, durch Täuschung und Veruntreuung einen ungerechtfertigten Vorteil erlangt zu haben.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage war, ob die Beklagte durch arglistige Täuschung oder sonstiges rechtswidriges Verhalten gegenüber der Erblasserin erbunwürdig wurde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass weder eine arglistige Täuschung noch eine Ursache für die Erbunwürdigkeit der Beklagten vorliegt. Die gesetzlichen Ansprüche der Klägerin auf Feststellung der Erbunwürdigkeit seien zudem verjährt.
  • Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil stärkt die Stellung der Beklagten als rechtmäßige Erbin und gibt ihr Rechtssicherheit hinsichtlich der erhobenen Vorwürfe.

Erbunwürdigkeit im Erbrecht: Konsequenzen schwerwiegenden Fehlverhaltens analysiert

Die Erbunwürdigkeit ist ein zentrales Konzept im Erbschaftsrecht und beschreibt die rechtlichen Folgen, wenn ein Erbe durch schwerwiegendes Fehlverhalten, wie beispielsweise Urkundenunterdrückung, seinen Anspruch auf einen Erbteil verliert. Ein solches Verhalten kann nicht nur die Erbfolge beeinflussen, sondern auch zu Testamentsanfechtungen führen, bei denen die Gültigkeit von Testamentsurkunden überprüft wird. In diesen Fällen ist die Beweislast entscheidend, um die Erbunwürdigkeit nachzuweisen.

Die Konsequenzen für die betreffende Person sind erheblich: Sie verliert nicht nur den Anspruch auf das Erbe, sondern auch auf einen möglichen Pflichtteil und könnte sogar zur Übernahme der Prozesskosten im Zivilprozess verpflichtet werden. In diesem Kontext ist die Rolle eines Nachlassverwalters wichtig, um die Erbansprüche korrekt zu prüfen und gegebenenfalls juristische Beratung durch einen Rechtsanwalt für Erbrecht in Anspruch zu nehmen. Anschließend wird ein konkreter Fall betrachtet, der diese Thematik näher beleuchtet und analysiert.

Der Fall vor Gericht


Testierunfähigkeit und Erbunwürdigkeit – Landgericht weist Klage gegen Alleinerbin ab

Modest eingerichtetes Büro mit Holzschreibtisch, Aktenordnern zu Mietangelegenheiten und einer leicht zerknickten Datei.
Erbunwürdigkeit und Testamentsanfechtung. | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landgericht Traunstein hat eine Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit zwischen zwei Geschwistern abgewiesen. Die Klägerin hatte ihrer Schwester vorgeworfen, die gemeinsame Mutter bei der Errichtung mehrerer Testamente getäuscht zu haben. Die 2016 verstorbene Erblasserin hatte ihre Tochter, die Beklagte, als Alleinerbin eingesetzt.

Streit um Mieteinnahmen und Vermögenswerte

Im Zentrum des Falls standen verschiedene Immobilien und deren Mieteinnahmen. Die Klägerin warf ihrer Schwester vor, Mieteinnahmen von rund 700.000 Euro veruntreut zu haben. Diese stammten aus der Vermietung von Objekten in der H1.straße und in Untertürken mit jährlichen Einnahmen von 42.000 Euro bzw. 6.000 Euro. Die Gelder seien auf Konten der Raiffeisenbank eingezahlt worden, über die die Beklagte verfügt habe. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Mutter die Beklagte nicht als Alleinerbin eingesetzt, wenn sie von der angeblichen Veruntreuung gewusst hätte.

Gründe für die Klageabweisung

Das Landgericht sah die Voraussetzungen für eine Erbunwürdigkeit nicht als gegeben an. Die Verfügung vom 20.11.2005 stelle keine letztwillige Verfügung dar, sondern nur eine Übertragung zu Lebzeiten. Das Testament vom 09.12.2009 sei durch das spätere Testament vom 11.12.2012 widerrufen worden. Für das letzte Testament vom 11.12.2012 seien keine Anhaltspunkte für eine arglistige Täuschung erkennbar.

Die von der Klägerin pauschal behauptete Demenz der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung reichte dem Gericht nicht aus, um eine Beweisaufnahme zur Testierunfähigkeit durchzuführen. Auch der Vorwurf der Urkundenunterdrückung griff nicht. Eine solche liege nur vor, wenn ein gültiges Testament vernichtet oder dem Nachlassgericht nicht vorgelegt werde. Die Nichtvorlage anderer Schriftstücke genüge dafür nicht.

Situation der Erblasserin und der Familie

Die Erblasserin lebte bis zu ihrem Tod im Haushalt der Beklagten. Sie war zwar körperlich beeinträchtigt, nach Angaben der Beklagten aber geistig rege. Sie verfügte über monatliche Einkünfte von 1.800 Euro aus einem Nießbrauch und wohnte mietfrei bei der Beklagten. Die Immobilien der Familie waren nach dem Tod des geschiedenen Ehemanns 1992 in schlechtem Zustand und mussten mit hohen Darlehen saniert werden. Die Beklagte hatte ihren Beruf vorzeitig aufgegeben, um sich um ihre Mutter und die Immobilien zu kümmern.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stellt klar, dass eine pauschale Behauptung einer Demenz nicht ausreicht, um die Testierunfähigkeit eines Erblassers zu beweisen – konkrete Nachweise sind erforderlich. Außerdem wird präzisiert, dass eine Erbunwürdigkeit wegen Urkundenunterdrückung nur vorliegt, wenn ein gültiges Testament vernichtet oder dem
Nachlassgericht vorenthalten wird. Die Nichtvorlage anderer Dokumente ist dafür nicht ausreichend.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie die Testierunfähigkeit eines Erblassers anfechten möchten, müssen Sie konkrete Beweise für dessen fehlende Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorlegen – eine bloße Vermutung oder Behauptung einer Demenz genügt nicht. Bei Verdacht auf Unterschlagung von Dokumenten durch einen Erben ist für eine Erbunwürdigkeit nur relevant, ob ein Testament selbst vernichtet oder zurückgehalten wurde. Die Vernichtung anderer Unterlagen, wie etwa Kontoauszüge oder Verträge, führt hingegen nicht zur Erbunwürdigkeit. Dies kann aber gegebenenfalls auf anderen rechtlichen Wegen verfolgt werden.


Gerechtigkeit im Erbrecht: Sichern Sie Ihr Recht

Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Beweisführung im Erbrecht. Gerade bei komplexen Familienverhältnissen und dem Verdacht der Testierunfähigkeit oder Urkundenunterdrückung ist eine fundierte rechtliche Beratung unerlässlich, um Ihre Interessen zu wahren. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und Klarheit im Erbfall zu schaffen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Handlungen führen rechtlich zur Erbunwürdigkeit?

Die Erbunwürdigkeit ist ein rechtlicher Mechanismus, der es ermöglicht, eine Person vom Erbe auszuschließen, wenn sie sich schwerwiegend gegen den Erblasser oder dessen letzten Willen vergangen hat. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in § 2339 BGB. Folgende Handlungen können zur Erbunwürdigkeit führen:

Vorsätzliche und widerrechtliche Tötung oder Tötungsversuch

  • Wer den Erblasser vorsätzlich und rechtswidrig tötet oder dies versucht, ist erbunwürdig (§ 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
  • Auch das Versetzen des Erblassers in einen Zustand, der ihn bis zu seinem Tod daran hindert, ein Testament zu errichten oder zu ändern, fällt darunter.
  • Beispiel: Ein potenzieller Erbe vergiftet den Erblasser, um schneller an das Erbe zu gelangen.

Verhinderung einer Verfügung von Todes wegen

  • Wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich daran hindert, ein Testament zu errichten, aufzuheben oder zu ändern (§ 2339 Abs. 1 Nr. 2 BGB), ist erbunwürdig.
  • Beispiel: Ein Erbe zerstört ein Testament, das ihn enterbt hätte.

Täuschung oder Drohung bei der Testamentserrichtung

  • Wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder Drohung dazu bringt, ein Testament zu errichten, aufzuheben oder zu ändern (§ 2339 Abs. 1 Nr. 3 BGB), wird erbunwürdig.
  • Beispiel: Ein potenzieller Erbe droht dem Erblasser mit Gewalt, falls dieser ihn nicht im Testament berücksichtigt.

Straftaten im Zusammenhang mit einer Verfügung von Todes wegen

  • Wer sich in Bezug auf eine Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat wie Urkundenfälschung (§ 267 StGB) oder Unterdrückung von Urkunden (§ 274 StGB) schuldig macht (§ 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB), ist erbunwürdig.
  • Beispiel: Ein potenzieller Erbe fälscht ein Testament zu seinen Gunsten.

Beweislast und rechtliche Anforderungen

  • Die Erbunwürdigkeit tritt nicht automatisch ein, sondern muss durch eine Anfechtungsklage geltend gemacht werden (§ 2340 BGB).
  • Die Beweislast liegt bei der Person, die die Erbunwürdigkeit geltend machen möchte (z. B. ein anderer Erbe). Sie muss die Tatbestände glaubhaft nachweisen.
  • Der potenziell erbunwürdige Erbe kann sich entlasten, indem er beweist, dass ihm der Erblasser verziehen hat (§ 2343 BGB).

Abgrenzung zu moralisch verwerflichem Verhalten

Nicht jedes moralisch fragwürdige Verhalten führt zur Erbunwürdigkeit. Es müssen die oben genannten Tatbestände vorliegen. Beispielsweise reicht eine schlechte Beziehung zum Erblasser oder familiäre Konflikte nicht aus.

Die gesetzliche Regelung der Erbunwürdigkeit dient dem Schutz des letzten Willens des Erblassers und der Rechtsordnung vor schwerwiegenden Verfehlungen eines potenziellen Erben.


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Wer kann eine Erbunwürdigkeitsklage erheben und welche Fristen sind zu beachten?

Eine Erbunwürdigkeitsklage kann von allen Personen erhoben werden, die durch den Wegfall des erbunwürdigen Erben einen Vorteil erlangen würden. Dies betrifft in der Regel die nachrangigen Erben, die bei Ausschluss des Erbunwürdigen nachrücken würden.

Klageberechtigung

Anfechtungsberechtigt sind:

  • Gesetzliche Erben, die bei Wegfall des Erbunwürdigen erben würden
  • Testamentarische Erben, die durch den Ausschluss des Erbunwürdigen begünstigt wären
  • Der Fiskus, wenn er als gesetzlicher Erbe in Betracht käme

Wenn Sie beispielsweise als Geschwister des Erblassers erben würden, falls der erbunwürdige Sohn des Erblassers ausgeschlossen wird, sind Sie zur Erhebung der Erbunwürdigkeitsklage berechtigt.

Fristen für die Klageerhebung

Bei der Erhebung einer Erbunwürdigkeitsklage müssen Sie zwei wichtige Fristen beachten:

  1. Einjahresfrist: Die Klage muss innerhalb eines Jahres erhoben werden, nachdem Sie von den Gründen für die Erbunwürdigkeit Kenntnis erlangt haben. Diese Frist beginnt zu laufen, sobald Sie zuverlässige Kenntnis von den Tatsachen haben, die eine hinreichend aussichtsreiche Klageerhebung ermöglichen.
  2. Absolute Frist von 30 Jahren: Unabhängig von Ihrer Kenntnis können Sie die Klage nur innerhalb von 30 Jahren nach dem Erbfall erheben. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Anfechtung ausgeschlossen.

Besonderheiten bei der Fristberechnung

Beachten Sie, dass für den Fristbeginn Ihre tatsächliche Kenntnis der Erbunwürdigkeitsgründe entscheidend ist. Eine bloße Vermutung oder vage Anhaltspunkte reichen nicht aus. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn Sie über ausreichende Informationen verfügen, um eine fundierte Klage einreichen zu können.

Folgen der Fristversäumnis

Versäumen Sie die genannten Fristen, verlieren Sie Ihr Recht auf Anfechtung. Der möglicherweise erbunwürdige Erbe behält dann seine Erbenstellung, auch wenn Gründe für eine Erbunwürdigkeit vorgelegen haben.

Wenn Sie also von Umständen erfahren, die auf eine Erbunwürdigkeit hindeuten, sollten Sie zügig handeln und die notwendigen Informationen sammeln, um innerhalb der Jahresfrist entscheiden zu können, ob Sie eine Erbunwürdigkeitsklage erheben möchten.


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Was gilt als Urkundenunterdrückung im Erbrecht?

Eine Urkundenunterdrückung im Erbrecht liegt vor, wenn jemand ein Testament nach dem Tod des Erblassers vorsätzlich nicht beim Nachlassgericht abliefert, es vernichtet oder beschädigt. Diese Handlung stellt einen Straftatbestand nach § 274 StGB dar und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Strafbare Handlungen am Testament

Die Urkundenunterdrückung kann auf drei Wegen erfolgen:

  • Vernichten: Wenn Sie ein Testament verbrennen oder so zerstören, dass seine Beweiswirkung vollständig aufgehoben ist.
  • Beschädigen: Wenn Sie Teile des Testaments ausradieren, übermalen oder einzelne Passagen unleserlich machen.
  • Unterdrücken: Wenn Sie das Testament verstecken oder dessen Herausgabe verweigern.

Rechtliche Konsequenzen

Wer ein Testament unterdrückt, muss mit mehrfachen rechtlichen Folgen rechnen:

Strafrechtlich: Der Täter wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bereits der Versuch ist strafbar.

Zivilrechtlich: Der Täter wird schadensersatzpflichtig und muss alle Personen so stellen, als ob das Testament ordnungsgemäß abgeliefert worden wäre. Dies umfasst auch die Erstattung von Anwaltskosten und Zinsen.

Erbrechtlich: Die Urkundenunterdrückung führt zur Erbunwürdigkeit. Der Täter verliert dadurch seinen gesamten Erbanspruch.

Praktische Beispiele

Strafbare Urkundenunterdrückung liegt in folgenden Situationen vor:

Ein Erbe findet nach dem Tod des Erblassers ein Testament, das einen anderen als Alleinerben einsetzt. Wenn er dieses Testament zerreißt oder versteckt, um selbst als gesetzlicher Erbe zum Zuge zu kommen.

Ein Miterbe radiert im Testament die Namen der anderen Erben aus oder übermalt wichtige Passagen, um seinen Erbteil zu vergrößern.

Ein Hausgenosse findet das Testament und verweigert dessen Herausgabe an das Nachlassgericht.


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Welche Folgen hat eine festgestellte Erbunwürdigkeit für die Erbfolge?

Erbunwürdigkeit bedeutet, dass eine Person aufgrund schwerer Verfehlungen gegen den Erblasser oder dessen letzten Willen vom Erbrecht ausgeschlossen wird. Die rechtlichen Konsequenzen einer festgestellten Erbunwürdigkeit sind weitreichend und betreffen sowohl die Erbfolge als auch die Rückabwicklung bereits erfolgter Vermögensübertragungen:

Verlust des Erbrechts

  • Rückwirkende Kraft: Ein als erbunwürdig erklärter Erbe wird so behandelt, als wäre er zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben. Dies bedeutet, dass er keinen Anspruch auf den Nachlass hat, weder auf den Erbteil noch auf den Pflichtteil.
  • Erbfolge: Die Erbschaft fällt demjenigen an, der berufen wäre, wenn der Erbunwürdige zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt hätte. Dies können gesetzliche Erben oder Ersatzerben sein.

Rückabwicklung von Zuwendungen

  • Rückforderung von Schenkungen: Bereits erhaltene Schenkungen oder Zuwendungen können zurückgefordert werden. Dies betrifft jedoch nicht lebzeitige Schenkungen, die vor dem Erbfall erfolgt sind, es sei denn, sie wurden auf den Todesfall gemacht.

Auswirkungen auf Vermächtnisse und Pflichtteile

  • Vermächtnisunwürdigkeit: Eine erbunwürdige Person hat auch keinen Anspruch auf testamentarische Vermächtnisse oder Pflichtteile.
  • Pflichtteilsunwürdigkeit: Wenn ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger enterbt wurde, aber die Entziehung des Pflichtteils nicht erfolgt ist, kann die Erbunwürdigkeit auch den Pflichtteilsanspruch betreffen.

Verfahren zur Feststellung der Erbunwürdigkeit

  • Anfechtungsklage: Die Erbunwürdigkeit muss durch eine Anfechtungsklage innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Erbfalls gerichtlich geltend gemacht werden.
  • Beweislast: Der Kläger muss die Gründe für die Erbunwürdigkeit nachweisen.

Ausnahmen und Verzeihung

  • Verzeihung: Wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat, kann die Erbunwürdigkeit aufgehoben werden. Diese Verzeihung muss ausdrücklich oder durch konkludentes Handeln zum Ausdruck gebracht werden.

Beispiel

Stellen Sie sich vor, Herr Müller hat in seinem Testament seinen Sohn als Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod von Herrn Müller stellt sich heraus, dass der Sohn seinen Vater durch Drohungen dazu gebracht hat, das Testament zu seinen Gunsten zu ändern. Ein anderer Erbe oder Pflichtteilsberechtigter könnte eine Erbunwürdigkeitsklage erheben. Wird die Erbunwürdigkeit festgestellt, verliert der Sohn sein Erbrecht und wird so behandelt, als wäre er zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits verstorben. Die Erbschaft würde dann an die gesetzlichen Erben oder Ersatzerben übergehen.

Diese Konsequenzen zeigen, wie ernst die rechtlichen Auswirkungen der Erbunwürdigkeit sind und wie wichtig es ist, die rechtlichen Grundlagen und Verfahren zu verstehen, um die Erbfolge zu schützen.


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Wie kann man sich gegen eine Erbunwürdigkeitsklage verteidigen?

Eine Verteidigung gegen eine Erbunwürdigkeitsklage erfordert eine sorgfältige Strategie und fundierte Beweise. Hier sind die wichtigsten Möglichkeiten, wie Sie sich als zu Unrecht beschuldigter Erbe verteidigen können:

Bestreiten der Vorwürfe

Der erste Schritt ist das Bestreiten der vorgeworfenen Handlungen. Sammeln Sie alle verfügbaren Beweise, die Ihre Unschuld belegen können. Dazu gehören Zeugenaussagen, Dokumente, Alibi-Nachweise oder andere relevante Unterlagen. Wenn Sie beispielsweise beschuldigt werden, den Erblasser an der Errichtung eines Testaments gehindert zu haben, könnten Zeugen bestätigen, dass Sie zu diesem Zeitpunkt an einem anderen Ort waren.

Nachweis der Verzeihung

Eine starke Verteidigungsstrategie ist der Nachweis einer Verzeihung durch den Erblasser. Wenn der Erblasser Ihnen die vorgeworfene Tat verziehen hat, ist eine Erbunwürdigkeitsklage nach § 2343 BGB ausgeschlossen. Suchen Sie nach Beweisen für eine Verzeihung, wie etwa Briefe, E-Mails oder Zeugenaussagen, die belegen, dass der Erblasser Ihnen vergeben hat und Sie weiterhin als Erben einsetzen wollte.

Fehlen der Voraussetzungen

Prüfen Sie genau, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erbunwürdigkeit erfüllt sind. Bei einem vorgeworfenen Tötungsversuch müssen Sie beispielsweise vorsätzlich und widerrechtlich gehandelt haben. Können Sie nachweisen, dass eines dieser Elemente fehlt, ist die Klage unbegründet. Stellen Sie sich vor, Sie haben in einer Notwehrsituation gehandelt – dies würde die Widerrechtlichkeit ausschließen.

Prozessuale Strategien

Nutzen Sie prozessuale Möglichkeiten zu Ihrer Verteidigung:

  • Verjährungseinrede: Die Klage muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erhoben werden.
  • Beweislastumkehr: Der Kläger muss die Erbunwürdigkeit beweisen. Gelingt ihm dies nicht, bleibt Ihr Erbrecht bestehen.
  • Sachverständigengutachten: Bei Zweifeln an Ihrer Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt kann ein psychiatrisches Gutachten hilfreich sein.

Außergerichtliche Einigung

Erwägen Sie eine gütliche Einigung mit den anderen Erben. Manchmal kann ein Teilverzicht auf das Erbe oder ein finanzieller Ausgleich eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden.

Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell ist. Die Verteidigung gegen eine Erbunwürdigkeitsklage erfordert eine sorgfältige Prüfung aller Umstände und oft auch juristischen Beistand. Mit einer gut vorbereiteten Verteidigung und stichhaltigen Beweisen stehen Ihre Chancen gut, Ihr Erbrecht zu bewahren.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbunwürdigkeit

Ein rechtliches Konzept im Erbrecht, das zum Verlust des Erbrechts führt, wenn sich ein Erbe schwerwiegend fehlverhält. Nach § 2339 BGB gibt es verschiedene Gründe wie die vorsätzliche Tötung des Erblassers, Testamentsfälschung oder Nötigung zur Errichtung einer Verfügung. Die Erbunwürdigkeit muss durch eine Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Beispiel: Ein Erbe vernichtet absichtlich das Testament, um seine Erbenstellung zu verbessern. Die Folge ist der vollständige Verlust aller erbrechtlichen Ansprüche, einschließlich des Pflichtteils.


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Testierunfähigkeit

Beschreibt die fehlende Fähigkeit, ein rechtlich wirksames Testament zu errichten. Nach § 2229 BGB liegt sie vor, wenn jemand wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer Testamentserrichtung zu verstehen. Beispiel: Eine Person mit fortgeschrittener Demenz kann die Tragweite ihrer testamentarischen Verfügungen nicht mehr erfassen. Die Testierunfähigkeit macht ein Testament von Anfang an unwirksam.


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Urkundenunterdrückung

Bezeichnet im Erbrecht das vorsätzliche Verstecken, Vernichten oder Nichtvorlegen einer letztwilligen Verfügung beim Nachlassgericht (§ 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Dies ist ein Grund für Erbunwürdigkeit. Das bloße Zurückhalten anderer Dokumente reicht nicht aus. Beispiel: Ein Erbe findet das Testament des Verstorbenen und vernichtet es, weil es ihn enterbt. Die Urkundenunterdrückung muss durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden.


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Alleinerbe

Eine Person, die vom Erblasser als einziger Erbe eingesetzt wurde und damit das gesamte Vermögen erhält. Der Alleinerbe ist nach § 1922 BGB Gesamtrechtsnachfolger und tritt in alle vererblichen Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Er haftet auch für dessen Schulden. Beispiel: Eine Mutter setzt in ihrem Testament ihre Tochter als Alleinerbin ein, wodurch diese den gesamten Nachlass erhält und andere potenzielle Erben leer ausgehen.


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Erblasser

Person, die verstorben ist und ihr Vermögen vererbt. Der Erblasser kann zu Lebzeiten durch Testament oder Erbvertrag (§§ 1937, 2274 BGB) bestimmen, wer sein Vermögen erhalten soll. Ohne eine solche Verfügung tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung muss der Erblasser testierfähig sein. Beispiel: Eine Mutter bestimmt in ihrem Testament, wie ihr Vermögen nach ihrem Tod unter den Kindern aufgeteilt werden soll.


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Nachlassverwalter

Ein vom Nachlassgericht bestellter neutraler Verwalter des Nachlasses (§ 1975 BGB). Er sichert und verwaltet den Nachlass, ermittelt und befriedigt Gläubiger und verteilt den verbleibenden Nachlass an die Erben. Die Bestellung erfolgt auf Antrag der Erben oder Nachlassgläubiger. Beispiel: Bei komplexen Erbfällen mit vielen Gläubigern wird ein Nachlassverwalter eingesetzt, um die geordnete Abwicklung zu gewährleisten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2229 Abs. 4 BGB (Testierfähigkeit):
    Testierfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, ein Testament wirksam zu errichten. Nach § 2229 Abs. 4 BGB ist jemand testierunfähig, wenn er wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer testamentarischen Verfügung einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Dies muss zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung gegeben sein.
    Im vorliegenden Fall wird von der Klägerin bestritten, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments am 11.12.2012 testierfähig war. Die Klägerin argumentiert, die Erblasserin habe bereits zu diesem Zeitpunkt unter fortschreitender Demenz gelitten und sei nicht mehr in der Lage gewesen, die Tragweite ihrer Entscheidungen zu erkennen.
  • § 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB (Erbunwürdigkeit wegen Urkundenunterdrückung):
    Eine Person ist erbunwürdig, wenn sie ein Testament oder eine andere Verfügung von Todes wegen unterdrückt, vernichtet, verfälscht oder gefälscht hat, um sich oder einem Dritten Vorteile zu verschaffen. Die Urkundenunterdrückung muss sich dabei auf eine gültige Verfügung von Todes wegen beziehen.
    Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte wesentliche Bankverbindungen und Nachlassbestandteile unterdrückt hat, indem diese nicht in den Nachlassverzeichnissen aufgeführt wurden. Die Klägerin sieht dies als gezielte Urkundenunterdrückung und unrechtmäßiges Vorgehen zur eigenen Begünstigung.
  • § 2082 BGB (Verjährung der Anfechtung):
    Eine Anfechtung einer letztwilligen Verfügung wegen arglistiger Täuschung oder Drohung verjährt innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes, spätestens jedoch nach 30 Jahren seit dem Erbfall. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte Kenntnis von den Umständen erlangt, die zur Anfechtung berechtigen.
    Die Beklagte macht geltend, dass die Klägerin von sämtlichen Umständen, die zur Anfechtung berechtigen könnten, seit mehreren Jahren Kenntnis hatte. Da die Klage erst im Jahr 2021 eingereicht wurde, argumentiert die Beklagte, dass die Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist.
  • § 2340 Abs. 3 BGB (Frist zur Geltendmachung der Erbunwürdigkeit):
    Die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit ist nur innerhalb eines Jahres zulässig, nachdem der Antragssteller von dem Erbunwürdigkeitsgrund Kenntnis erlangt hat. Diese Frist ist zwingend und soll verhindern, dass Erbstreitigkeiten unbefristet offenbleiben.
    Im vorliegenden Fall bestreitet die Beklagte, dass die Klägerin die Frist eingehalten habe, da ihr bereits seit 2017 bis 2020 alle maßgeblichen Umstände bekannt gewesen seien. Zudem sei die Klage erst mehrere Monate nach ihrer Einreichung zugestellt worden, was die Beklagte als verspätet wertet.
  • § 138 Abs. 2 BGB (Sittenwidrigkeit bei Täuschung oder Ausnutzung):
    Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn eine Partei eine Zwangslage, Unerfahrenheit oder den Zustand der Hilflosigkeit des anderen ausnutzt, um sich einen unverhältnismäßigen Vorteil zu verschaffen. Diese Norm kann auch auf Schenkungen und Verfügungen von Todes wegen angewendet werden, die unter unlauteren Umständen zustande kommen.
    Die Klägerin trägt vor, die Erblasserin sei durch Täuschung und Ausnutzung ihrer gesundheitlichen Schwäche dazu gebracht worden, Bankguthaben und Mieteinnahmen zugunsten der Beklagten zu übertragen. Sie sieht hierin eine sittenwidrige Einflussnahme, die die Testamente und Übertragungen unwirksam mache.

Das vorliegende Urteil


LG Traunstein – Az.: 5 O 793/21 – Endurteil vom 26.11.2021


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