Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Nachlasspflegschaft im Erbrecht: Ein Fall zur Sicherung des Erbes erläutert
- Der Fall vor Gericht
- Nachlasspflegschaft aufgehoben: Kein Sicherungsbedürfnis bei geordneter Vermögensverwaltung
- Streit um Erbenstellung und Vermögensverwaltung
- Gericht sieht kein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass
- Keine Zweifel an Zuverlässigkeit der Beteiligten
- Aufhebung der Nachlasspflegschaft trotz erheblichen Vermögens
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie kann eine Nachlasspflegschaft aufgehoben werden?
- Was bedeutet „kein Sicherungsbedürfnis“ im Kontext einer Nachlasspflegschaft?
- Welche Rolle spielt eine geordnete Vermögensverwaltung bei der Nachlasspflegschaft?
- Wie wirken sich ungeklärte Erbansprüche auf die Nachlasspflegschaft aus?
- Wann wird eine Nachlasspflegschaft angeordnet?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Das Gericht entschied über die Notwendigkeit einer Nachlasspflegschaft, welche ursprünglich vom Amtsgericht Charlottenburg angeordnet worden war.
- Die Kernfrage betraf die Unsicherheit bezüglich der Erbfolge und ob dies ein Sicherungsbedürfnis nach sich zieht.
- Da die tatsächliche Erbfolge noch unklar ist, gibt es Herausforderungen bei der Feststellung, ob ein Erbe rechtskräftig ist.
- Es wurde festgestellt, dass allein die Unklarheit über die Erbverhältnisse nicht automatisch ein Bedürfnis für eine Nachlasspflegschaft begründet.
- Eine Nachlasspflegschaft ist laut Gesetz nur erforderlich, wenn der Nachlass durch Nichteingreifen des Gerichts gefährdet wäre.
- Im vorliegenden Fall mangelte es an konkreten Anhaltspunkten, die auf eine Gefährdung hindeuten, beispielsweise durch Diebstahl oder mangelnde Verwaltung.
- Die bloße Behauptung von Beteiligten, dass andere Parteien Eigeninteressen verfolgen könnten, reicht nicht aus, um die Zuverlässigkeit zu bezweifeln.
- Die eingeleitete Nachlasspflegschaft wurde daher vom Gericht aufgehoben, da die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt waren.
- Das Urteil hebt hervor, dass bei bestehender Handlungsfähigkeit und Abwesenheit von Missbrauch keine gerichtliche Fürsorgemaßnahme nötig ist.
- Die Entscheidung unterstreicht, dass ein rationaler und zurückhaltender Ansatz im Hinblick auf die Einsetzung einer Nachlasspflegschaft geboten ist.
Nachlasspflegschaft im Erbrecht: Ein Fall zur Sicherung des Erbes erläutert
Die Nachlasspflegschaft ist ein wichtiger Bestandteil des Erbrechts, der den Schutz von Vermögenswerten im Nachlass gewährleistet, wenn eine Erbengemeinschaft nicht klar ermittelt werden kann oder die Erben selbst nicht handlungsfähig sind. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft sind vielfältig und erfordern in der Regel einen Antrag beim Nachlassgericht. Hierbei spielen der Aufgabenkreis der Nachlasspflegschaft und die Rolle des Nachlasspflegers, der als Vermittler zwischen den Interessen der Erben agiert, eine entscheidende Rolle. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der die Umsetzung dieser rechtlichen Bestimmungen exemplarisch veranschaulicht.
Der Fall vor Gericht
Nachlasspflegschaft aufgehoben: Kein Sicherungsbedürfnis bei geordneter Vermögensverwaltung
Das Kammergericht Berlin hat in einem Beschluss vom 9. Januar 2023 die Anordnung einer Nachlasspflegschaft aufgehoben. Der Fall drehte sich um den Nachlass eines verstorbenen Erblassers, dessen genaue Erbfolge noch ungeklärt war.
Streit um Erbenstellung und Vermögensverwaltung
Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob eine Nachlasspflegschaft notwendig sei, um den Nachlass zu sichern. Eine Beteiligte, die sich als gesetzliche Alleinerbin sah, beschwerte sich gegen die vom Amtsgericht angeordnete Nachlasspflegschaft. Ein weiterer Beteiligter berief sich auf ein Testament, das ihn zum Alleinerben machen würde.
Der Nachlass umfasste erhebliche Vermögenswerte, darunter Immobilien und Geschäftsanteile an einer GmbH im Wert von rund 10 Millionen Euro. Die beschwerdeführende Beteiligte war bereits Miteigentümerin der Immobilien und Mitinhaberin von GmbH-Anteilen. Zudem fungierte sie als Geschäftsführerin der GmbH.
Gericht sieht kein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass
Das Kammergericht kam zu dem Schluss, dass kein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass bestand. Ausschlaggebend war, dass die Vermögenswerte bereits in den Händen von Personen lagen, die rechtlich und tatsächlich in der Lage waren, diese zu betreuen. Die Immobilien wurden seit Jahrzehnten von zwei bevollmächtigten Hausverwaltungen verwaltet. Auch das Bankvermögen wurde professionell und ohne wesentliche Änderungen von der Deutschen Bank gemanagt.
Das Gericht betonte, dass durch den Tod des Erblassers kein Handlungsvakuum und damit auch keine Gefährdung des Nachlasses durch fehlende Vermögensbetreuung entstanden sei. Es gab keine Anzeichen dafür, dass dringende Entscheidungen anstünden, die über die vorhandenen Handlungsbefugnisse hinausgingen.
Keine Zweifel an Zuverlässigkeit der Beteiligten
Entgegen der Bedenken anderer Beteiligter sah das Gericht keine durchgreifenden Zweifel an der Zuverlässigkeit oder Neutralität der beschwerdeführenden Beteiligten. Allein die Tatsache, dass sie sich als Alleinerbin betrachtete, reichte dafür nicht aus. Das Gericht stellte fest: „Allein die Vermutung bzw. Behauptung eines Beteiligten, ein anderer Beteiligter sei nicht neutral und verfolge offensichtlich Eigeninteressen, genügt nicht für Zweifel an der Zuverlässigkeit und damit verbundener Annahme einer Nachlassgefährdung.“
Aufhebung der Nachlasspflegschaft trotz erheblichen Vermögens
Trotz des beträchtlichen Nachlassvermögens entschied das Kammergericht, die Nachlasspflegschaft aufzuheben. Es betonte, dass die eingeschränkte Handlungsfähigkeit für den Nachlass aufgrund einer widerrufenen Generalvollmacht sich nicht erkennbar auswirke und keine hinreichende Nachlassgefährdung begründe.
Mit diesem Beschluss unterstreicht das Gericht, dass für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Nachlasses vorliegen müssen. Eine geordnete und professionelle Verwaltung der Vermögenswerte kann ein Sicherungsbedürfnis entfallen lassen, selbst wenn die endgültige Erbfolge noch ungeklärt ist.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Kammergericht Berlin hat klargestellt, dass für eine Nachlasspflegschaft ein konkretes Sicherungsbedürfnis bestehen muss. Bei geordneter Vermögensverwaltung und fehlender Nachlassgefährdung ist eine Pflegschaft nicht erforderlich, selbst wenn die Erbfolge noch ungeklärt ist. Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände der Nachlassverwaltung, nicht bloße Behauptungen oder Vermutungen über mögliche Interessenkonflikte. Diese Entscheidung stärkt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Anordnung von Nachlasspflegschaften.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für alle, die sich in einer Erbsituation wiederfinden, klärt dieses Urteil eine wichtige Frage: Nicht immer ist eine Nachlasspflegschaft nötig, wenn die Frage der Erbfolge unklar ist. In diesem speziellen Fall entschied das Gericht, dass der Nachlass auch ohne einen Nachlasspfleger sicher war, weil die Vermögenswerte bereits von einer kompetenten und vertrauenswürdigen Person verwaltet wurden – in diesem Fall durch die Erbin selbst und professionelle Hausverwaltungen. Das bedeutet, dass Erben, die bereits in der Lage sind, den Nachlass des Verstorbenen zu verwalten, oft nicht mit zusätzlichen, möglicherweise unnötigen Kosten und bürokratischen Hürden durch eine Nachlasspflegschaft rechnen müssen. Solange keine konkrete Gefährdung des Nachlasses besteht, wie etwa die Möglichkeit einer unrechtmäßigen Nutzung oder eines Diebstahls, verzichten Gerichte möglicherweise auf die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Für Sie als potentieller Erbe heißt das: Solange alles ordnungsgemäß und sicher verwaltet wird, können unnötige rechtliche Schritte oft vermieden werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie kann eine Nachlasspflegschaft aufgehoben werden?
Eine Nachlasspflegschaft wird durch Beschluss des Nachlassgerichts aufgehoben, wenn sich die der Anordnung zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat.
Hauptgründe für die Aufhebung
Die Aufhebung erfolgt insbesondere dann, wenn die Erben ermittelt wurden und die Erbschaft angenommen haben. In diesem Fall besteht kein Sicherungsbedürfnis mehr für den Nachlass.
Eine Aufhebung ist auch möglich bei Erschöpfung des Nachlasses oder wenn der Grund für die Anordnung weggefallen ist. Stellen Sie sich vor, der Nachlass ist vollständig aufgebraucht – in diesem Fall gibt es keine Vermögenswerte mehr, die gesichert werden müssten.
Verfahren der Aufhebung
Wenn Sie als Erbe die Aufhebung der Nachlasspflegschaft erreichen möchten, können Sie beim Nachlassgericht einen entsprechenden Antrag stellen. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für die Nachlasspflegschaft weiterhin bestehen.
Pflichten nach der Aufhebung
Nach der Aufhebung muss der Nachlasspfleger:
- Das verwaltete Vermögen an die Erben herausgeben
- Eine vollständige Rechenschaft über seine Verwaltung ablegen
- Seine Bestallungsurkunde an das Gericht zurückgeben
Bei mehreren Erben kann der Nachlass an ein von der Erbengemeinschaft bestimmtes Mitglied übergeben werden. Können sich die Erben nicht einigen, darf der Nachlasspfleger die Nachlassgegenstände hinterlegen.
Was bedeutet „kein Sicherungsbedürfnis“ im Kontext einer Nachlasspflegschaft?
Ein Sicherungsbedürfnis entfällt, wenn der Nachlass bereits ausreichend geschützt ist und keine konkrete Gefährdung des Nachlassbestandes vorliegt.
Standardsituationen ohne Sicherungsbedürfnis
Kein Sicherungsbedürfnis besteht, wenn ein Testamentsvollstrecker zur Verwaltung des Nachlasses befugt ist und das Amt bereits angenommen hat. Gleiches gilt, wenn die Erben bereits ermittelt wurden und die Erbschaft angenommen haben.
Weitere Konstellationen
Ein Sicherungsbedürfnis fehlt auch dann, wenn dringliche Nachlassangelegenheiten von einer bevollmächtigten, handlungsfähigen Person erledigt werden können und missbräuchliche Verfügungen vor Erbscheinerteilung ausgeschlossen sind. Allerdings reicht das bloße Vorliegen einer Generalvollmacht dafür nicht aus.
Beurteilungskriterien
Die Beurteilung des Sicherungsbedürfnisses orientiert sich ausschließlich an den Interessen der endgültigen Erben. Ein konkretes Sicherungsbedürfnis ist zu verneinen, wenn keine Anzeichen für:
- drohenden Wertverlust
- Diebstahlgefahr
- fehlende ordnungsgemäße Verwaltung vorliegen.
Besondere Fallkonstellationen
Selbst bei einem erheblichen Nachlassvermögen kann ein Sicherungsbedürfnis fehlen. Die bloße Existenz von Nachlassimmobilien rechtfertigt nicht automatisch die Annahme eines Sicherungsbedürfnisses. Wenn eine handlungsfähige Person als Mitinhaber agiert und keine durchgreifenden Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit und Neutralität bestehen, kann das Sicherungsbedürfnis ebenfalls entfallen.
Welche Rolle spielt eine geordnete Vermögensverwaltung bei der Nachlasspflegschaft?
Eine bereits bestehende geordnete Vermögensverwaltung kann die Notwendigkeit einer Nachlasspflegschaft erheblich beeinflussen. Das Nachlassgericht prüft bei der Entscheidung über die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, ob ein konkretes Sicherungsbedürfnis für den Nachlass besteht.
Einfluss einer bestehenden Verwaltung
Wenn dringliche Nachlassangelegenheiten bereits von einer bevollmächtigten handlungsfähigen Person erledigt werden, kann das Sicherungsbedürfnis für eine Nachlasspflegschaft entfallen. Dies gilt insbesondere, wenn ein Generalbevollmächtigter oder professioneller Verwalter den Nachlass betreut und keine Gefährdung des Nachlasses zu befürchten ist.
Voraussetzungen für das Entfallen des Sicherungsbedürfnisses
Eine geordnete Vermögensverwaltung muss bestimmte Kriterien erfüllen, um das Sicherungsbedürfnis entfallen zu lassen:
- Die verwaltende Person muss handlungsfähig sein
- Missbräuchliche Verfügungen müssen ausgeschlossen sein
- Die Verwaltung muss die Interessen aller potenziellen Erben wahren
Rechtliche Bewertung
Ein Sicherungsbedürfnis besteht trotz vorhandener Vermögensverwaltung, wenn der Bestand des Nachlasses konkret gefährdet wird. Dies kann der Fall sein bei:
- Drohendem Wertverlust
- Gefahr von Diebstahl
- Fehlender ordnungsgemäßer Verwaltung
- Unklaren Befugnissen der verwaltenden Person
Die bloße Existenz von Nachlassvermögen, wie etwa Immobilien, reicht dabei nicht aus, um ein Sicherungsbedürfnis zu begründen.
Wie wirken sich ungeklärte Erbansprüche auf die Nachlasspflegschaft aus?
Ungeklärte Erbansprüche führen häufig zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft durch das Nachlassgericht. Diese wird notwendig, wenn die Erbenverhältnisse nicht ohne weitreichende Ermittlungen festgestellt werden können.
Rechtliche Voraussetzungen
Das Nachlassgericht ordnet eine Nachlasspflegschaft an, wenn die Erben unbekannt sind oder Ungewissheit über ihre Erbenstellung besteht. Ein typischer Fall liegt vor, wenn mehrere sich widersprechende Testamente existieren oder die Vaterschaft des Erblassers noch gerichtlich festgestellt werden muss.
Aufgaben des Nachlasspflegers
Der vom Gericht bestellte Nachlasspfleger verwaltet den Nachlass und sichert das Vermögen, bis die Erbansprüche eindeutig geklärt sind. Er ist berechtigt, Nachlassverbindlichkeiten zu begleichen und notwendige Maßnahmen zur Erhaltung des Nachlasswertes zu ergreifen.
Besonderheiten bei mehreren Erbanwärtern
Bei mehreren möglichen Erben kann eine Teilnachlasspflegschaft angeordnet werden. Diese bezieht sich nur auf die Erbteile, bei denen Unklarheit besteht. Wenn beispielsweise ein Erbe die Erbschaft ausschlägt, muss geprüft werden, ob dessen Kinder als Ersatzerben in Frage kommen.
Praktische Auswirkungen
Die ungeklärten Erbansprüche führen zu einer vorübergehenden Verwaltung durch den Nachlasspfleger. Dieser bleibt im Amt, bis die Erben zweifelsfrei feststehen. Dabei müssen keine absolut sicheren Beweise vorliegen – es reicht aus, wenn keine nennenswerten Zweifel an der Erbenstellung mehr bestehen.
Der Nachlasspfleger kann auch ein Aufgebotsverfahren einleiten, um alle Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen aufzufordern. Dies dient der Feststellung der Nachlassverbindlichkeiten und ermöglicht eine geordnete Abwicklung des Nachlasses.
Wann wird eine Nachlasspflegschaft angeordnet?
Diese Frage ist entscheidend, da sie die grundlegenden Voraussetzungen für eine Nachlasspflegschaft klärt. Die Antwort sollte die gesetzlichen Bedingungen erläutern und typische Situationen beschreiben, in denen eine Nachlasspflegschaft notwendig wird. Dies hilft der Zielgruppe zu verstehen, ob ihre eigene Situation eine Nachlasspflegschaft erfordern könnte.
Beachte den Zusammenhang: Voraussetzungen für Anordnung einer Nachlasspflegschaft
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Nachlasspflegschaft
Die Nachlasspflegschaft ist eine Maßnahme im Erbrecht, mit der das Nachlassgericht den Nachlass eines Verstorbenen verwaltet, bis die Erbfolge geklärt ist oder die Erben handlungsfähig sind (§ 1960 BGB). Sie wird angeordnet, um den Nachlass zu sichern, wenn keine Erben ermittelt werden können oder die Erben ungeeignet sind, den Nachlass zu verwalten.
Beispiel: Nach dem Tod eines Erblassers sind die Erben unbekannt. Das Nachlassgericht bestellt einen Nachlasspfleger, um mögliche Nachlassschäden zu verhindern.
Relevanz im Fall: Das Gericht hob die Nachlasspflegschaft auf, da keine Gefahr für den Nachlass bestand.
Die Nachlasspflegschaft unterscheidet sich von einer Nachlassverwaltung, die dazu dient, die Schulden des Erblassers zu regulieren.
Erbfolge
Die Erbfolge bestimmt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erbt, d.h., wer Rechtsnachfolger des Erblassers wird. Sie kann gesetzlich geregelt sein oder durch ein Testament bestimmt werden.
Beispiel: Wenn der Erblasser kein Testament hinterlässt, greift die gesetzliche Erbfolge, nach der etwa Ehepartner und Kinder primär erben.
Relevanz im Fall: Die Erbfolge war ungeklärt, da mehrere Beteiligte Anspruch auf das Erbe erhoben – eine wesentliche Frage für das Gericht.
Die Erbfolge beeinflusst direkt die Notwendigkeit einer Nachlasspflegschaft, da ungeklärte Erbansprüche Unsicherheiten schaffen können.
Sicherungsbedürfnis
Ein Sicherungsbedürfnis beschreibt die Notwendigkeit staatlichen Eingreifens zum Schutz des Nachlasses. Fehlt dieses Bedürfnis, wird keine Nachlasspflegschaft angeordnet (§ 1960 BGB).
Beispiel: Ein Sicherungsbedürfnis liegt vor, wenn der Nachlass unbetreut bleibt und die Gefahr besteht, dass Vermögenswerte verfallen.
Relevanz im Fall: Das Kammergericht sah kein Sicherungsbedürfnis, da das Vermögen professionell verwaltet wurde.
Das Sicherungsbedürfnis entfällt, wenn handlungsfähige Personen bereits mit der Nachlassverwaltung betraut sind.
Generalvollmacht
Eine Generalvollmacht ist eine umfassende Vollmacht, die einer Person ermöglicht, im Namen des Vollmachtgebers rechtlich bindend zu handeln, ohne für jede einzelne Handlung erneut befugt werden zu müssen.
Beispiel: Eine Person erhält eine Generalvollmacht, um alle finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten eines anderen zu regeln, insbesondere bei Krankheit oder im Alter.
Relevanz im Fall: Eine widerrufene Generalvollmacht führte nicht zu einer Nachlassgefährdung, die eine Pflegschaft notwendig machen würde.
Die Generalvollmacht unterscheidet sich von einer Spezialvollmacht, die nur für bestimmte Aufgaben gilt.
Handlungsvakuum
Ein Handlungsvakuum tritt auf, wenn nach dem Tod des Erblassers niemand berechtigt oder in der Lage ist, den Nachlass zu verwalten. Dies kann ein Grund für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft sein.
Beispiel: Nach dem plötzlichen Tod eines Erblassers ohne benannte Erben können keine Entscheidungen über den Nachlass getroffen werden, was ein Handlungsvakuum schafft.
Relevanz im Fall: Das Gericht stellte fest, dass trotz ungeklärter Erbfolge kein Handlungsvakuum bestand, da die Vermögensverwaltung geordnet war.
Das Konzept ist verwandt mit der Nachlassgefährdung, bei der konkrete Risiken für den Nachlass bestehen.
Verhältnismäßigkeit
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Recht besagt, dass behördliche Maßnahmen angemessen, erforderlich und geeignet sein müssen, um ein legitimes Ziel zu erreichen. Im Erbrecht betrifft das insbesondere die Frage, ob eine Nachlasspflegschaft gerechtfertigt ist.
Beispiel: Eine drastische Maßnahme, wie die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, wäre unangemessen, wenn schon eine professionelle Verwaltung des Nachlasses ohne Probleme existiert.
Relevanz im Fall: Das Gericht betonte, dass Nachlasspflegschaften nur bei nachweisbarer Gefährdung des Nachlasses verhältnismäßig sind.
Die Verhältnismäßigkeit unterscheidet sich von der Willkürfreiheit, die jede Form von ungerechtfertigtem staatlichen Handeln vermeiden soll.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1960 BGB: Dieser Paragraph regelt die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Die Nachlasspflegschaft wird dann eingerichtet, wenn ein Bedürfnis zur Sicherung des Nachlasses besteht, insbesondere in Fällen, in denen die Erben unbekannt sind oder unklar ist, ob die Erbschaft angenommen wurde. Es wird festgehalten, dass das Nachlassgericht bis zur Erbschaftsannahme für den Nachlass Sorge tragen muss. Im vorliegenden Fall wurde die Anordnung einer Nachlasspflegschaft aufgehoben, da kein Sicherungsbedürfnis festgestellt werden konnte.
- § 59 Abs. 1 FamFG: Hier wird die Beschwerdeberechtigung in Familiensachen geregelt. Demnach ist eine Person beschwerdeberechtigt, wenn sie in ihren Rechten beeinträchtigt wird. Im angesprochenen Fall wurde die Beschwerde der Beteiligten zu 1 als zulässig angesehen, da sie als mögliche Erbin in ihren Rechten betroffen sein könnte.
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Dezember 1997 – 3 Wx 278/97: Dieser Beschluss stellt klar, dass die bloße Behauptung eines Beteiligten, ein anderer Beteiligter verfolge eigene Interessen und sei nicht neutral, nicht ausreichend ist, um eine Nachlassgefährdung zu begründen. Dies bedeutet, dass substanzielle Beweise für eine Gefährdung des Nachlasses vorliegen müssen. Der Fall verdeutlicht, dass alleinige Vermutungen nicht zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft führen können.
- OLG Köln, Beschluss vom 8. Mai 2019: Dieser Beschluss behandelt die Voraussetzungen, unter denen ein Sicherungsbedürfnis angenommen werden kann. Ein solches Bedürfnis liegt vor, wenn der Bestand des Nachlasses ohne staatliches Eingreifen gefährdet wäre. Die Tatsache, dass im vorliegenden Fall keine konkreten Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Nachlasses vorlagen, spielte eine entscheidende Rolle für die Aufhebung der Nachlasspflegschaft.
- BGH, Beschluss vom 17. Juli 2012, IV ZB 23/11: In diesem Beschluss wird festgestellt, dass das Sicherungsbedürfnis entfallen kann, wenn bereits handlungsfähige Personen mit der Verwaltung des Nachlasses betraut sind und missbräuchliche Verfügungen ausgeschlossen werden können. Im konkreten Fall war dies relevant, da die Beteiligte zu 1 keine konkreten Risiken nachweisen konnte, die eine Nachlasspflegschaft rechtfertigen würden.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 19 W 146/22 – Beschluss vom 09.01.2023
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