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Wechselbezügliche Verfügung in gemeinschaftlichem Testament

Das Berliner Testament wirkt für viele Paare wie eine Absicherung, entpuppt sich aber oft erst nach dem Tod eines Partners als Fessel. Der einst gemeinsame Wille erstarrt zu einem unänderbaren Gesetz. Ändern sich die Lebensumstände, etwa durch eine neue Beziehung, führt die starre Erbfolge zu erheblichen Problemen. Dieser Artikel zeigt, wie Sie diese Fesseln lösen und Ihre Gestaltungsfreiheit zurückgewinnen.

Übersicht

Zwei Eheringe auf einem Testament, wobei ein Ring in eine Kette übergeht als Symbol für die Bindungswirkung.
Symbolbild: KI

Auf einen Blick

  • Worum es geht: Viele Ehepaare setzen sich im sogenannten Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen die Kinder als abschließende Erben. Die Gefahr liegt in der „Bindungswirkung“: Der letzte Wille beider Partner ist untrennbar verknüpft. Stirbt der erste Partner, kann der Überlebende den gemeinsamen Willen meist nicht mehr ändern.
  • Das größte Risiko: Der überlebende Ehepartner verliert seine Testierfreiheit und kann die Erbfolge auch bei geänderten Lebensumständen nicht anpassen. Verschenkt der Überlebende Teile des Vermögens, um die Schlusserben zu umgehen, können diese das Geschenk nach seinem Tod vom Beschenkten zurückgefordern.
  • Die wichtigste Regel: Wenn Sie Flexibilität wünschen, müssen Sie diese von Anfang an im Testament festlegen. Fügen Sie eine klare „Öffnungsklausel“ ein, die es dem Überlebenden erlaubt, die Schlusserben später zu ändern oder neu einzusetzen. Ansonsten vermutet das Gesetz die starre Bindung.
  • Typische Situationen: Die Bindung wird zum Problem, wenn der überlebende Partner neu heiratet, den neuen Ehepartner begünstigen möchte oder sich mit den ursprünglich eingesetzten Kindern zerstritten hat. Auch Konflikte um das Vermögen für die Pflege im Alter sind häufige Auslöser.
  • Erste Schritte: Unser Fachmann für Erbrecht prüft Ihr gemeinschaftliches Testament. So stellen Sie sicher, dass Ihr Wille klar formuliert ist und Sie ungewollte Bindungen vermeiden.
  • Häufiger Irrtum: Viele glauben, der überlebende Ehepartner könne den gemeinsamen Willen nach dem Todesfall einfach anpassen. Das ist ohne eine spezielle Klausel meist nicht möglich.

Wann wird ein gemeinsames Testament zur Falle?

Ein gemeinschaftliches Testament, oft „Berliner Testament“ genannt, symbolisiert für viele Paare Sicherheit und Vertrauen. Darin setzen sie sich gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen die Schlusserben – meist die gemeinsamen Kinder. Doch dieser Akt der Vorsorge birgt eine juristische Fessel, die ihre volle Wucht oft erst nach dem ersten Todesfall entfaltet: die Wechselbezüglichkeit.

Eine Anordnung im Testament ist „wechselbezüglich“, wenn sie wie ein Handel funktioniert: „Ich setze dich nur als Erben ein, weil du im Gegenzug unsere Kinder als Schlusserben einsetzt.“ Beide Regelungen sind untrennbar verbunden. Stirbt der erste Partner, wird sein Wille zu Stein gemeißelt. Der überlebende Partner ist dann an diese Abmachung gebunden und kann die Erbfolge meist nicht mehr ändern.

Wie funktioniert ein gemeinsames Testament?

Eine Hand versucht vergeblich, einen in Stein gemeißelten Satz in einem Testament zu ändern.
Symbolbild: KI

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner genießen im Erbrecht ein besonderes Privileg: Sie dürfen ihren letzten Willen in einer einzigen Urkunde festhalten. Die formalen Anforderungen sind überraschend einfach. Nach § 2267 BGB genügt es, wenn ein Partner das Testament von Hand schreibt und beide unterschreiben. Diese Vereinfachung soll die gemeinsame Nachlassplanung fördern.

Um die Dynamik eines solchen Testaments zu verstehen, müssen Sie drei zentrale Begriffe kennen:

Welche drei Begriffe muss man kennen?

  1. Erbeinsetzung: Hier legen Sie fest, wer Ihr Vermögen als Ganzes oder zu einem bestimmten Anteil erben soll. Im Berliner Testament setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein.
  2. Vermächtnis: Damit wenden Sie einer Person einen bestimmten Gegenstand oder eine Geldsumme zu (z.B. „Meine Nichte erhält meine Uhrensammlung“), ohne sie zum Erben zu machen.
  3. Schlusserbe: Das ist die Person, die das gesamte (restliche) Vermögen erbt, nachdem auch der zweite Ehepartner verstorben ist. Meist sind dies die gemeinsamen Kinder.

Was bedeutet das für die Kinder im ersten Erbfall?

Die gegenseitige Einsetzung als Alleinerben hat eine drastische, aber oft übersehene Konsequenz: Die gemeinsamen Kinder werden im ersten Erbfall faktisch enterbt. Sie gehen zunächst leer aus, da das gesamte Vermögen an den überlebenden Ehepartner geht.

Diese Enterbung löst jedoch einen gesetzlichen Schutzmechanismus aus: den Pflichtteilsanspruch. Jedes Kind könnte nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil fordern. Dies ist ein reiner Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Er kann den Überlebenden in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen, besonders wenn das Vermögen in einer Immobilie gebunden ist. Um das zu verhindern, enthalten viele Berliner Testamente eine „Pflichtteilsstrafklausel“.

Gibt es verschiedene Stufen der Bindung?

Dabei können Ihre Anordnungen unterschiedlich stark binden. Eine einseitige Verfügung betrifft nur einen Partner (z.B. „Mein Mann vermacht seine Angelausrüstung seinem Freund Klaus.“). Eine gemeinsame Verfügung wird zwar von beiden gewollt, schafft aber keine Abhängigkeit. Die entscheidende und gefährlichste Kategorie ist die wechselbezügliche Verfügung: Sie schafft eine untrennbare Verbindung zwischen dem Willen beider Partner.

Ein Beispiel macht den Unterschied klar:

  • Gemeinsam, aber nicht bindend: „Wir vermachen unserem Tierschutzverein jeweils 1.000 €.“ Stirbt ein Partner, kann der andere diese eigene Spende trotzdem noch aus seinem Testament streichen.
  • Wechselbezüglich und bindend: „Ich setze meine Frau als Alleinerbin ein, weil sie unsere Tochter als Schlusserbin einsetzt.“ Hier besteht eine direkte Abhängigkeit, die nach dem ersten Todesfall bindet.

Was bedeutet „wechselbezüglich“ im Testament?

Lassen Sie sich von dem juristischen Begriff nicht abschrecken. Im Kern beschreibt er eine einfache menschliche Abmachung.

Das Prinzip der Wechselbezüglichkeit ist in § 2270 BGB verankert. Die Definition klingt abstrakt: Eine Verfügung ist wechselbezüglich, wenn die Anordnung des einen von der Anordnung des anderen abhängt. Im Kern geht es um die einfache Bedingung: „Ich tue dies nur, weil du jenes tust.“

Die wahre Herausforderung liegt in der Praxis, denn selten schreiben Ehepaare diesen Satz so explizit in ihr Testament. Deshalb hat das Gesetz eine mächtige Hilfestellung geschaffen, die jedoch auch eine Falle sein kann.

Wann geht das Gesetz von einer Bindung aus?

Für den häufigsten Fall – das Berliner Testament – trifft § 2270 Abs. 2 BGB eine klare Aussage. Das Gesetz vermutet eine Wechselbezüglichkeit, wenn sich Ehepartner gegenseitig als Erben einsetzen und anschließend gemeinsame Kinder oder andere nahestehende Personen als Schlusserben bestimmen.

Stellen Sie es sich wie eine Standardeinstellung vor: Wenn Sie nichts anderes festlegen, geht das Gesetz von der starren Bindung aus. Flexibilität müssen Sie aktiv im Testament verankern, sonst greift die Automatik.

Gesetzesfalle: Im Zweifel gilt Bindung!

Fehlt in einem Berliner Testament eine explizite Öffnungsklausel, greift eine gesetzliche Vermutung (§ 2270 Abs. 2 BGB): Das Gericht geht davon aus, dass die Schlusserbeneinsetzung bindend ist. Der überlebende Ehepartner verliert damit seine Testierfreiheit. Wer Flexibilität wünscht, muss sie aktiv und unmissverständlich im Testament verankern.

Wie wichtig ist die genaue Wortwahl?

Zwei typische Formulierungen zeigen die dramatisch unterschiedlichen Folgen:

  • Fall A (Unklar): „Wir, die Eheleute Max und Maria Mustermann, setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Nach dem Tod des Letztversterbenden soll unser Sohn Tim alles erben.“Hier greift die Vermutung des § 2270 Abs. 2 BGB. Ein Gericht wird annehmen, dass Maria nur deshalb Max zum Erben macht, weil er im Gegenzug sicherstellt, dass Tim am Ende alles bekommt. Die Schlusserbeneinsetzung von Tim ist damit bindend.
  • Fall B (Klarer Wille zur Bindung): „Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein, damit unser gesamtes Vermögen am Ende ungeschmälert an unsere gemeinsamen Kinder übergeht.“Das Wort „damit“ drückt den Abhängigkeitswillen unmissverständlich aus. Die Verfügungen sind zweifellos wechselbezüglich.

Die Gefahr liegt darin, dass viele Paare die Konsequenzen von Fall A nicht erkennen. Sie glauben, eine flexible Regelung getroffen zu haben, unterliegen aber der gesetzlichen Vermutung einer starren Bindung.

Was passiert nach dem Tod des ersten Partners?

Die volle Wucht der Wechselbezüglichkeit entfaltet sich in dem Moment, in dem der erste Ehepartner stirbt. Ab diesem Zeitpunkt greift § 2271 BGB und schafft Fakten, die für den Überlebenden oft schockierend sind.

Kann man zu Lebzeiten noch etwas ändern?

Solange beide Ehepartner leben, können sie eine wechselbezügliche Verfügung widerrufen. Dies geht aber nicht heimlich. Ein einfacher Brief oder ein neues, alleiniges Testament reichen nicht aus.

Was kostet der notarielle Widerruf?

Die Kosten für den notariellen Widerruf richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und hängen vom Geschäftswert ab. Dieser entspricht meist dem gemeinsamen Vermögen der Eheleute.

Für den reinen Widerruf fällt eine 0,5-fache Gebühr an (KV Nr. 21201 GNotKG). Bei einem gemeinsamen Vermögen von 100.000 € beträgt die volle Gebühr (1,0) laut Gebührentabelle 273 €. Die halbe Gebühr für den Widerruf beträgt demnach 136,50 € zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer. Bei 500.000 € liegt die volle Gebühr bei 935 €, die halbe Gebühr also bei 467,50 €.

Was ändert sich mit dem ersten Todesfall?

Mit dem Tod des ersten Partners erlischt das Recht zum Widerruf der wechselbezüglichen Verfügung. Der Wille des Verstorbenen wird unantastbar, und der überlebende Partner ist daran gebunden. Dieser „Locking Effect“ hat konkrete, weitreichende Konsequenzen:

  • Kein neues Testament möglich: Der überlebende Partner kann kein neues Testament errichten, das der bindend gewordenen Schlusserbeneinsetzung widerspricht. Setzt die überlebende Ehefrau beispielsweise ihre neue Lebensgefährtin als Erbin ein, obwohl die Kinder als Schlusserben bestimmt waren, ist diese neue Verfügung unwirksam. Nach ihrem Tod erben trotzdem die Kinder.
  • Die Schenkungs-Falle: Was aber, wenn der Überlebende das Vermögen nicht vererbt, sondern zu Lebzeiten verschenkt? Hier schützt das Gesetz die Schlusserben. Nach § 2287 BGB (der hier entsprechend angewendet wird) können die Schlusserben nach dem Tod des überlebenden Partners die Schenkung vom Beschenkten zurückfordern. Voraussetzung ist, dass die Schenkung in der Absicht erfolgte, die Erben zu beeinträchtigen. Die Gerichte prüfen hier, ob der Schenker ein anerkennenswertes „lebzeitiges Eigeninteresse“ hatte. Ein solches Interesse liegt beispielsweise vor, wenn die Schenkung als Gegenleistung für zugesagte Pflege dient. Es liegt jedoch nicht vor, wenn der Überlebende damit lediglich die ungeliebte Schwiegertochter ausbooten und stattdessen den neuen Partner begünstigen will.

Diese Regel schützt das Vertrauen des Verstorbenen, der sich auf die gemeinsame Abmachung verlassen hat. Für Sie als Überlebenden kann diese Bindung aber zur Belastung werden, wenn sich das Leben ändert.

Wie lässt sich die Bindungswirkung aufheben?

Die eiserne Bindung ist keine Zwangsläufigkeit. Vorausschauende Ehepaare können dem Überlebenden gezielt Freiräume schaffen. Und selbst für den Überlebenden, der vor einem starren Testament steht, gibt es – wenn auch begrenzte – Auswege.


InstrumentZeitpunktWirkung & Konsequenz
Öffnungsklausel / ÄnderungsvorbehaltBei Testamentserstellung (präventiv)Der überlebende Partner erhält die vertraglich zugesicherte Freiheit, die Erbfolge an neue Lebensumstände anzupassen. Die Bindung tritt gar nicht erst ein.
Anfechtung des TestamentsNach dem ersten Erbfall (reaktiv)Nur bei bestimmten Gründen möglich (z.B. neue Heirat). Führt oft zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments. Anfechtungsfrist: 1 Jahr.
Ausschlagung der ErbschaftNach dem ersten Erbfall (reaktiv)Der Überlebende erhält seine volle Testierfreiheit zurück, verliert aber den Erbanspruch und bekommt nur den (kleineren) Pflichtteil. Frist: 6 Wochen.

Wie kann man von Anfang an vorbeugen?

Ein Testament mit einer perforierten Linie, die eine Öffnungsklausel zur flexiblen Änderung symbolisiert.
Symbolbild: KI

Die mit Abstand beste Methode ist es, die Flexibilität von Anfang an im Testament zu verankern. Dafür gibt es wirksame Instrumente:

  • Die Freistellungsklausel (Änderungsvorbehalt): Dies ist das wichtigste Werkzeug. Mit einer solchen Klausel können Sie dem überlebenden Partner ausdrücklich das Recht einräumen, die Erbfolge neu zu regeln. Sie können diesen Vorbehalt abstufen: Ein partieller Änderungsvorbehalt erlaubt es beispielsweise nur, die Erbquoten unter den Kindern zu verschieben. Ein totaler Änderungsvorbehalt gibt dem Überlebenden die Freiheit, auch völlig andere Personen als Erben einzusetzen. Eine klare Formulierung ist hier entscheidend. Vage Sätze wie „Der Überlebende soll frei verfügen können“ werden von Gerichten oft nur auf Geschäfte zu Lebzeiten bezogen, nicht aber auf eine Testamentsänderung.
  • Die Wiederverheiratungsklausel: Diese Klausel regelt, was im Falle einer erneuten Heirat des Überlebenden passieren soll. Oft wird bestimmt, dass die Bindungswirkung dann entfällt. Meist ist dies aber mit einer Konsequenz für den Überlebenden verbunden, z.B. dass er den Kindern aus der ersten Ehe sofort ihren Pflichtteil auszahlen muss.

Welche Notfall-Optionen gibt es später?

Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und ein bindendes Testament ohne Öffnungsklausel liegt vor, bleiben dem Überlebenden zwei radikale Optionen:

  • Die Anfechtung: Das Gesetz erlaubt dem Überlebenden in engen Grenzen, das Testament anzufechten. Die wichtigsten Gründe sind ein Motivirrtum (§ 2078 BGB) oder die Übergehung eines neuen Pflichtteilsberechtigten (§ 2079 BGB). Letzteres ist der praktisch relevanteste Fall: Heiratet der Überlebende erneut oder bekommt ein weiteres Kind, entsteht ein neuer Pflichtteilsberechtigter, den das ursprüngliche Testament nicht kannte. Der Überlebende kann das Testament dann anfechten. Aber Vorsicht: Gemäß § 2082 BGB muss die Anfechtung binnen einer Jahresfrist erfolgen, die ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes läuft. Die Anfechtung führt zudem oft dazu, dass das gesamte Testament unwirksam wird.
  • Die Ausschlagung der Erbschaft: Dies ist der wohl drastischste, aber auch effektivste Weg, die Fesseln zu sprengen. Gemäß § 2271 Abs. 2 BGB kann der überlebende Partner die Bindung an seine eigenen Verfügungen aufheben, indem er die Erbschaft des Erstverstorbenen ausschlägt. Damit sagt er quasi: „Ich verzichte auf meinen Vorteil aus unserem Deal, dafür will ich meine eigene Testierfreiheit zurück.“ Der Preis ist hoch: Er erhält nicht das Vermögen des Partners, sondern in der Regel nur seinen gesetzlichen Pflichtteil. Dieser Weg ist daher nur dann eine Überlegung wert, wenn der Überlebende über ausreichend eigenes Vermögen verfügt.

Wie läuft die Ausschlagung konkret ab?

Frist beachten: Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen erfolgen. Die Frist beginnt, sobald Sie vom Erbfall und Ihrer Erbenstellung erfahren – bei einem Testament meist nach dessen Eröffnung durch das Nachlassgericht.

Form einhalten: Sie müssen die Ausschlagung entweder persönlich beim zuständigen Nachlassgericht zu Protokoll geben oder die Erklärung von einem Notar öffentlich beglaubigen lassen. Ein einfacher Brief, ein Fax oder eine E-Mail reichen nicht aus.

Folgen kalkulieren: Mit der Ausschlagung erhalten Sie statt des vollen Erbes den konkret berechneten Zugewinnausgleich (sofern im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt wurde) und zusätzlich den „kleinen Pflichtteil“. Dieser Pflichtteil wird aus dem nicht durch den pauschalen Zugewinnausgleich erhöhten gesetzlichen Erbteil berechnet. Bei einer Ehe mit Kindern beträgt der gesetzliche Erbteil 1/4, der kleine Pflichtteil ist also 1/8 des Nachlasswertes. Der Zugewinnausgleich ist ein separater güterrechtlicher Anspruch, der zusätzlich zum Pflichtteil geltend gemacht wird und nicht vom Nachlass abgezogen wird, bevor der Pflichtteil berechnet wird. Dieser Schritt lohnt sich daher oft nur, wenn der konkrete Zugewinnausgleich plus der kleine Pflichtteil zusammengenommen werthaltiger sind als das Erbe oder wenn die Freiheit über das eigene, größere Vermögen den Erbverlust aufwiegt.

Checkliste: Erbschaft ausschlagen & Testierfreiheit zurückgewinnen

  • 6-Wochen-Frist prüfen: Die Frist zur Ausschlagung beginnt, sobald Sie vom Erbfall und Ihrer Erbenstellung wissen. Handeln Sie schnell!
  • Form wahren: Erklären Sie die Ausschlagung persönlich beim Nachlassgericht zur Niederschrift oder lassen Sie Ihre Unterschrift von einem Notar beglaubigen. Ein einfacher Brief genügt nicht.
  • Finanzielle Folgen kalkulieren: Sie verlieren das Erbe und erhalten nur den Pflichtteil. Wägen Sie ab, ob die zurückgewonnene Freiheit über Ihr eigenes Vermögen diesen Verlust rechtfertigt.

Welche häufigen Fehler sollte man vermeiden?

Die Komplexität der Wechselbezüglichkeit führt in der Praxis immer wieder zu erbitterten Erbstreitigkeiten, die Familien entzweien und Vermögen vernichten. Die häufigsten Fehlerquellen sind leicht zu vermeiden.

Fehler 1: Unklare Formulierungen nutzen?

Viele handschriftliche Testamente strotzen vor unklaren Formulierungen. Sätze wie „Dies ist unser gemeinsamer Wille“ oder „Wir wollen dies gemeinsam“ lassen völlig offen, ob eine echte wechselbezügliche Bindung gewollt war oder nicht. Im Streitfall müssen Gerichte dann mühsam den mutmaßlichen Willen der Verstorbenen ermitteln – ein Prozess mit ungewissem Ausgang. Der beste Schutz ist Klarheit: Schreiben Sie explizit in Ihr Testament, welche Verfügungen wechselbezüglich und bindend sein sollen und welche nicht.

Fehler 2: Den Pflichtteil der Kinder vergessen?

Eine große Gefahr geht von den als Schlusserben eingesetzten Kindern aus. Obwohl sie im ersten Erbfall enterbt sind, steht ihnen ein gesetzlicher Pflichtteil zu. Fordern die Kinder diesen Pflichtteil ein, kann das den Überlebenden finanziell stark unter Druck setzen, besonders wenn das Vermögen in einer Immobilie gebunden ist.

Fehler 3: Auf fachliche Hilfe verzichten?

Obwohl ein Testament handschriftlich gültig ist, sind die Risiken unklarer Formulierungen enorm. Ein Experte sorgt dafür, dass Ihr wahrer Wille unmissverständlich formuliert ist und am Ende genau das umgesetzt wird, was Sie sich wünschen.

Checkliste: Ist Ihr Testament sicher oder eine Falle?

Gehen Sie Ihr bestehendes oder geplantes Testament anhand dieser Fragen durch, um die zentralen Risiken zu erkennen und zu vermeiden.

  • Haben wir die Bindung wirklich gewollt?Sprechen Sie offen darüber, ob der überlebende Partner nach dem ersten Todesfall gebunden sein soll. Vertrauen Sie darauf, dass er im Sinne der Familie handeln wird, oder soll die Erbfolge unumstößlich sein?
  • Haben wir die Wechselbezüglichkeit klar geregelt?Vermeiden Sie Unklarheiten. Legen Sie explizit fest, welche Verfügungen bindend sein sollen und welche nicht. Ein klarer Satz könnte lauten: „Unsere gegenseitige Erbeinsetzung und die Einsetzung unserer Kinder als Schlusserben sollen wechselbezüglich und bindend sein.“
  • Haben wir einen Änderungsvorbehalt (Öffnungsklausel) bedacht?Haben Sie dem Überlebenden gezielt Freiräume für unvorhergesehene Lebensänderungen (neuer Partner, Streit mit einem Kind) eingeräumt? Ist diese Klausel präzise genug formuliert?
  • Ist der überlebende Partner finanziell geschützt?Enthält Ihr Testament eine Pflichtteilsstrafklausel, um zu verhindern, dass die Kinder den überlebenden Elternteil durch Pflichtteilsforderungen unter Druck setzen?
  • Haben wir professionelle Hilfe in Anspruch genommen?Wenn Sie bei einer dieser Fragen zögern, ist eine fachkundige Prüfung ratsam. Unser Fachanwalt für Erbrecht stellt sicher, dass Ihr letzter Wille genau das bewirkt, was Sie sich vorstellen.

Ihr Testament: Fallstricke jetzt vermeiden

Ein unklares Testament kann zur juristischen Fessel werden. Unsere Rechtsanwälte für Erbrecht prüfen Ihr gemeinschaftliches Testament auf ungewollte Bindungen und zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Testierfreiheit für die Zukunft sichern.

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Die Grundregeln

Ein gemeinschaftliches Testament verwandelt das anfängliche Vertrauen der Partner oft in eine rechtliche Fessel. Die Folge: Der überlebende Ehegatte verliert seine Testierfreiheit.

  • Im Zweifel gilt die Bindung: Wenn nichts anderes im Testament steht, geht das Gesetz von einer starren Bindung aus. Das gilt für den Standardfall: Ehepartner setzen sich gegenseitig als Erben und die Kinder als Schlusserben ein.
  • Kein Zurück nach dem Todesfall: Stirbt der erste Partner, werden die gemeinsamen Regelungen endgültig. Der Überlebende kann die Erbfolge dann nicht mehr durch ein neues Testament ändern.
  • Schenkungen sind riskant: Der Überlebende darf das Erbe nicht einfach verschenken, um die Schlusserben zu benachteiligen. Die Erben können Geschenke später zurückfordern. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Schenkung einem wichtigen eigenen Zweck diente, z.B. als Dank für Pflege.

Nur mit einer klaren und vorausschauenden Formulierung im Testament können Sie eine solche ungewollte Fesselung verhindern.


Unser Experte: Dr. Christian Gerd Kotz (Notar und Fachanwalt für Versicherungsrecht und Verkehrsrecht)
Experten Kommentar

Die größte Gefahr bei gemeinschaftlichen Testamenten ist nicht böser Wille, sondern die unbedachte Standardformulierung, die oft zu einer starren Bindung führt. Viele Paare unterschätzen die gesetzliche Vermutung der Wechselbezüglichkeit, die dem überlebenden Partner nach dem ersten Todesfall jegliche Flexibilität nehmen kann. Das Wichtigste ist deshalb, mit klaren Öffnungsklauseln die zukünftige Gestaltungsfreiheit bewusst festzulegen – anstatt in eine ungewollte Fessel zu geraten.



Das Bild zeigt auf der linken Seite einen großen Text mit "ERBRECHT FAQ Häufig gestellte Fragen" vor einem roten Hintergrund. Auf der rechten Seite sind eine Waage, eine Schriftrolle mit dem Wort "Testament", ein Buch mit der Aufschrift "BGB", eine Taschenuhr und eine Perlenkette zu sehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann ich das Berliner Testament nach dem Tod meines Partners noch ändern?

Meistens: Nein. Sobald Ihr Partner stirbt, werden die gemeinsamen Verfügungen zur Erbfolge bindend. Das Gesetz schützt so das Vertrauen des Verstorbenen in die Vereinbarung. Sie können die Einsetzung der Schlusserben dann nicht mehr ändern.

Wechselbezügliche Verfügungen, allen voran die Bestimmung der Schlusserben, können Sie nach dem ersten Todesfall nicht mehr widerrufen. Errichten Sie ein neues, abweichendes Testament, ist diese Verfügung unwirksam. Es erben trotzdem die ursprünglichen Schlusserben. Nach § 2271 BGB erlischt Ihr Widerrufsrecht mit dem Tod des Partners.

Ausnahmen sind selten. Eine Änderung ist möglich, wenn Ihr Testament eine ausdrückliche Öffnungsklausel enthält, die Ihnen das Recht zu einer neuen Verfügung gibt. Eine andere Möglichkeit ist die Anfechtung, etwa wenn Sie neu heiraten und dadurch ein neuer Pflichtteilsberechtigter entsteht.

Suchen Sie sofort das Original-Testament heraus, um zu prüfen, ob dort explizite Formulierungen wie „Der Überlebende ist berechtigt“ zur Freistellung verwendet wurden.


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Darf ich als überlebender Partner das Vermögen noch verschenken oder neue Erben einsetzen?

Nach dem Tod des Partners sind Sie finanziell nicht mehr völlig frei, wenn das Testament bindende Regelungen enthält. Neue Erben können Sie nicht mehr wirksam einsetzen, da die Schlusserbfolge feststeht. Auch Schenkungen können zur Falle werden, wenn Sie damit die Schlusserben benachteiligen wollen.

Die Testierfreiheit bezüglich der Schlusserben erlischt, um den Willen des Verstorbenen zu schützen. Dieser hat sich auf die gemeinsame Regelung verlassen. Errichten Sie ein neues Testament, das von der bindenden Erbfolge abweicht, ist es nach Ihrem Tod unwirksam. Die ursprünglich eingesetzten Schlusserben erben trotzdem.

Das Gesetz schützt hier die Schlusserben. Sie können Geschenke nach Ihrem Tod zurückfordern, wenn diese nur gemacht wurden, um ihr Erbe zu schmälern. Eine Schenkung ist nur dann sicher, wenn Sie einen guten, eigennützigen Grund dafür hatten (ein „lebzeitiges Eigeninteresse“). Ein klares Beispiel ist die Bezahlung für zugesagte Pflege. Ein teures Geschenk an einen neuen Partner ohne Gegenleistung ist dagegen fast immer anfechtbar.

Wenn Sie eine größere Schenkung planen, dokumentieren Sie schriftlich und detailliert den genauen Grund und welche Gegenleistung Sie dafür erhalten.


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Wie kann ich die Bindungswirkung des Testaments durch Ausschlagung wieder aufheben?

Ja, die Ausschlagung der Erbschaft ist der radikalste, aber wirksamste Weg. Sie erklären damit: „Ich nehme das Erbe meines Partners nicht an und erhalte dafür meine Testierfreiheit zurück.“ Dieser Schritt ist sinnvoll, wenn Ihnen die Freiheit über Ihr eigenes Vermögen wichtiger ist als das zugewendete Erbe.

Der Grund dafür ist einfach: Die Bindung war Teil eines „Deals“ (Ich erbe alles, dafür erben später die Kinder). Wenn Sie Ihren Teil des Deals – das Erbe – ausschlagen, sind Sie auch nicht mehr an die Gegenleistung gebunden. Sie können dann ein komplett neues Testament schreiben.

Die finanzielle Konsequenz ist erheblich: Sie erhalten nicht das volle Erbe, sondern nur Ihren gesetzlichen Pflichtteil. Diesen müssen Sie von den gesetzlichen Erben (meist den Kindern) einfordern. Wichtig: Die Ausschlagung müssen Sie binnen sechs Wochen erklären, entweder notariell oder direkt beim Nachlassgericht.

Konsultieren Sie unverzüglich einen Fachanwalt für Erbrecht, um den genauen Wert des Erbes und die Höhe Ihres Pflichtteils für eine fundierte Kosten-Nutzen-Analyse zu berechnen.


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Was tun, wenn unsere Kinder sofort den Pflichtteil fordern und mich finanziell belasten?

Wenn ein Kind seinen Pflichtteil fordert, kann das Sie finanziell stark belasten. Prüfen Sie sofort Ihr Testament auf eine Pflichtteilsstrafklausel. Diese Klausel ist das wirksamste Mittel, um solche Forderungen zu verhindern und Ihr Vermögen zu schützen.

Die Strafklausel wirkt durch Abschreckung: Das Kind muss abwägen. Fordert es sofort den kleinen Pflichtteil, verliert es seinen späteren Anspruch auf das weitaus größere Erbe. Es wird dann auch im zweiten Erbfall enterbt und erhält erneut nur den Pflichtteil.

Machen Sie dem Kind die Konsequenzen schriftlich klar und legen Sie den genauen Wortlaut der Klausel aus dem Testament vor. Das genügt oft schon, um die Forderung abzuwehren. So schützt die Klausel Sie davor, das Familienheim verkaufen zu müssen, um den Pflichtteil auszuzahlen.

Nehmen Sie keine voreiligen finanziellen Schritte vor, sondern konsultieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Erbrecht, um die Gültigkeit der Klausel zu prüfen.


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Wie formuliere ich eine Öffnungsklausel, um die Bindungswirkung zu verhindern?

Eine Öffnungsklausel muss juristisch eindeutig sein. Allgemeine Sätze wie „Der Überlebende darf frei entscheiden“ sind gefährlich und reichen oft nicht aus. Die Klausel muss ausdrücklich erlauben, die Erbfolge durch ein neues Testament zu ändern. Nur so behält der überlebende Partner seine volle Entscheidungsfreiheit.

Gerichte legen unklare Klauseln oft eng aus: Sie erlauben dann zwar Schenkungen zu Lebzeiten, aber keine Änderung der Schlusserben. Wenn Sie wirklich frei sein wollen, brauchen Sie einen totalen Änderungsvorbehalt. Er muss klar sagen, dass Sie nach dem ersten Todesfall das Testament komplett ändern dürfen.

Eine sichere Formulierung lautet zum Beispiel: „Der überlebende Ehegatte ist nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten berechtigt, die Schlusserbeneinsetzung durch ein neues Testament beliebig zu ändern oder aufzuheben.“ So stellen Sie sicher, dass Sie auch bei neuen Lebensumständen handlungsfähig bleiben.

Legen Sie die gewünschte Flexibilität explizit als totalen Änderungsvorbehalt fest. Lassen Sie die Öffnungsklausel unbedingt von einem Notar oder Fachanwalt prüfen, damit sie juristisch unanfechtbar ist.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Haben Sie konkrete Fragen zu Ihrem Fall? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre persönliche Situation und die aktuelle Rechtslage.

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