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Widerruf früheres Testament und Neuregelung der Erbfolge in späterem Testament

Eine kinderlose Erblasserin verfasste über Jahre hinweg mehrere Testamente – doch welches gilt nun? Nach ihrem Tod entbrannte ein erbitterter Streit um das Erbe, der schließlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf landete. Die Richter mussten die komplizierten handschriftlichen Verfügungen der Verstorbenen entwirren und entscheiden, wer letztendlich den Nachlass erhält.

Das Wichtigste in Kürze

  • Es ging um die Frage, welches Testament der Erblasserin gültig ist und ob die gesetzliche Erbfolge angewendet werden muss.
  • Der Fall dreht sich um multiple Testamente und widersprüchliche Erbfolgeregelungen der Erblasserin.
  • Eine zentrale Schwierigkeit bestand darin, den tatsächlichen letzten Willen der Erblasserin zu ermitteln.
  • Das Gericht entschied, dass das letzte Testament vom 27. April 2016 das vorherige Testament vom 18. Oktober 2009 vollständig ersetzt.
  • Die Entscheidung basierte darauf, dass das neuere Testament die Erbfolge abschließend und umfassend neu regeln wollte.
  • Die Auswirkungen sind, dass die Beteiligte zu 1. nicht mehr als Ersatzerbin anerkannt wird und die gesetzliche Erbfolge greift.
  • Zweifel an der Gültigkeit eines Testaments gehen im Erbscheinerteilungsverfahren zulasten derjenigen, die einen Widerspruch geltend machen.
  • Gesamtzusammenhang und Konstanz der Verfügung über alle Testamente hinweg wurden berücksichtigt.
  • Begleitende Umstände wie das Fehlen einer Ersatzerbenberufung im letzten Testament untermauern die Entscheidung.

Widerruf eines Testaments: Rechtliche Grundlagen und Herausforderungen im Erbrecht

Die rechtlichen Grundlagen der Testamentserstellung und -änderung sind entscheidend für die Regelung des eigenen Nachlasses und die Erbfolge. Ein Widerruf eines früheren Testaments ermöglicht es, den letzten Willen neu festzulegen und gegebenenfalls eine Neuregelung der Erbfolge vorzunehmen. Dies kann vor allem dann relevant werden, wenn sich familiäre Umstände ändern oder wenn man seine Wünsche zur Verteilung des Erbes anpassen möchte.

Ein Testament kann aufgegeben oder geändert werden, solange der Erblasser dies möchte, doch sollten die gesetzlichen Vorgaben beachtet werden, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen. In diesem Kontext spielt auch die Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen eine wichtige Rolle, da sie die Erbenstellung beeinflussen kann. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die verschiedenen Aspekte des Widerrufs eines Testaments und die damit verbundenen Herausforderungen näher beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Streit um Auslegung mehrerer Testamente vor Oberlandesgericht Düsseldorf

Die Frage, ob ein späteres Testament frühere testamentarische Verfügungen aufhebt, beschäftigte das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Erbrechtsfall.

Widerruf und Neuregelung von Testamenten
Streit um Erbfolge: Das Oberlandesgericht Düsseldorf klärt, ob spätere Testamente frühere Erbregelungen aufheben. Erbschein-Antrag der Großnichte abgelehnt. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Im Zentrum stand der Nachlass einer kinderlos und ledig verstorbenen Erblasserin, die insgesamt vier handschriftliche Testamente hinterlassen hatte.

Komplexe testamentarische Verfügungen über mehrere Jahre

Die Erblasserin hatte zwischen 2007 und 2016 mehrfach testamentarisch über ihren Nachlass verfügt. In allen Testamenten setzte sie zunächst ihre Schwester Christel als Alleinerbin ein. Im Testament vom 18. Oktober 2009 bestimmte sie zusätzlich ihre Großnichte als Nacherbin für den Fall, dass ihre Schwester vor ihr versterben sollte. Das letzte Testament vom 27. April 2016 enthielt hingegen nur noch die Erbeinsetzung der Schwester als Alleinerbin, ohne weitere Regelungen für den Fall deren Vorversterbens zu treffen.

Rechtlicher Streit nach Tod der eingesetzten Erbin

Nach dem Tod der Erblasserin entstand ein Rechtsstreit zwischen ihrer Großnichte und den Kindern ihres vorverstorbenen Bruders. Die Großnichte beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Sie berief sich dabei auf ihre Einsetzung als Nacherbin im Testament von 2009. Die Kinder des vorverstorbenen Bruders argumentierten dagegen, das letzte Testament von 2016 habe die früheren testamentarischen Verfügungen vollständig aufgehoben, weshalb nun die gesetzliche Erbfolge gelte.

Gerichtliche Entscheidung zur Testamentsauslegung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Krefeld, wonach der Erbscheinsantrag der Großnichte zurückzuweisen war. Das Gericht stellte fest, dass ein Widerspruch im Sinne des § 2258 Abs. 1 BGB auch dann vorliegt, wenn der Erblasser mit einem späteren Testament seine Erbfolge insgesamt neu regelt. Bei der Beurteilung, ob ein späteres Testament die Erbfolge vollständig und abschließend neu ordnet, seien alle Umstände des Falls zu berücksichtigen. Dazu gehören neben dem Wortlaut der zu beurteilenden Verfügung auch der Inhalt früherer Testamente sowie die erkennbare Übung des Erblassers, vollständige Testamente zu errichten. Verbleibende Zweifel gehen dabei zu Lasten desjenigen, der einen Widerspruch zwischen dem früheren und einem späteren Testament geltend macht.

Beurteilung der Testamente im konkreten Fall

Das Gericht sah im letzten Testament von 2016 eine vollständige Neuregelung der Erbfolge. Die Erblasserin hatte darin ihre Schwester als Alleinerbin eingesetzt und den Umfang des Erbes detailliert beschrieben, ohne eine Nacherbeneinsetzung zu erwähnen. Diese umfassende Regelung wurde als bewusste Abkehr von früheren testamentarischen Verfügungen gewertet. Die Beschwerde der Großnichte gegen diese Entscheidung wurde zurückgewiesen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stellt klar, dass ein späteres Testament ein früheres vollständig aufhebt, wenn der Erblasser damit seine Erbfolge komplett neu regeln wollte – auch wenn das neue Testament weniger Regelungen enthält als das alte. Entscheidend ist der erkennbare Wille zur Neuregelung, der sich aus der Gesamtschau aller Umstände ergibt. Im Zweifelsfall muss derjenige das Fortbestehen früherer Regelungen beweisen, der sich darauf beruft.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie ein neues Testament errichten, sollten Sie alle gewünschten Regelungen vollständig aufnehmen – auch wenn Sie bestimmte Verfügungen aus früheren Testamenten beibehalten möchten. Ein bloßes Aufbewahren alter Testamente reicht dafür nicht aus. Als potentieller Erbe können Sie sich nicht darauf verlassen, dass Regelungen aus älteren Testamenten automatisch weitergelten, wenn sie im neuesten Testament fehlen. Lassen Sie sich im Zweifel rechtlich beraten, um Ihre Erbansprüche zu sichern oder ein wasserdichtes Testament zu erstellen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

In welchem Verhältnis stehen verschiedene Testamente zueinander, wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstellt wurden?

Grundsätzlich gilt das zeitlich jüngere Testament, da es den aktuelleren Willen des Erblassers zum Ausdruck bringt. Wenn Sie also mehrere formwirksame Testamente hinterlassen, setzt sich das Testament mit dem jüngsten Datum durch.

Wechselwirkung zwischen Testamenten

Spätere Testamente können frühere Testamente entweder vollständig aufheben oder nur teilweise ergänzen. Ein neues Testament muss nicht automatisch alle früheren Verfügungen ungültig machen. Wenn beispielsweise in einem ersten Testament der Sohn als Alleinerbe eingesetzt wird und in einem späteren Testament lediglich ein Vermächtnis zugunsten der Tochter angeordnet wird, können beide Testamente nebeneinander bestehen.

Bedeutung der Datierung

Die Datierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Gültigkeit. Auch wenn ein älteres Testament notariell beurkundet und ein jüngeres nur handschriftlich verfasst wurde, gilt das zeitlich spätere Testament. Bei fehlender Datierung muss das Gericht andere Anhaltspunkte heranziehen, wie etwa vermerkte Adressen des Erblassers, um die zeitliche Reihenfolge festzustellen.

Widersprüchliche Verfügungen

Bei sich widersprechenden Anordnungen in verschiedenen Testamenten gilt die jüngere Verfügung. Wenn Sie beispielsweise in einem älteren Testament Ihren Sohn als Alleinerben einsetzen und in einem späteren Testament Ihre Tochter zur Alleinerbin bestimmen, wird die ältere Verfügung durch die neuere ersetzt.


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Wann hebt ein späteres Testament frühere Verfügungen automatisch auf?

Ein späteres Testament hebt nach § 2258 BGB frühere Verfügungen automatisch dann auf, wenn es inhaltlich im Widerspruch zu den früheren Verfügungen steht. Dabei ist es nicht erforderlich, dass Sie einen ausdrücklichen Widerruf erklären.

Sachlicher Widerspruch

Ein Widerspruch liegt vor, wenn die testamentarischen Anordnungen nicht nebeneinander bestehen können und sich gegenseitig ausschließen. Wenn Sie beispielsweise in einem ersten Testament Ihre Tochter als Alleinerbin einsetzen und in einem späteren Testament Ihren Sohn als Alleinerben bestimmen, hebt die spätere Verfügung die frühere automatisch auf.

Teilweise Aufhebung

Die Aufhebung erfolgt nur in dem Umfang, in dem tatsächlich ein Widerspruch besteht. Wenn Sie in einem späteren Testament nur ein einzelnes Vermächtnis ändern, bleibt die ursprüngliche Erbeinsetzung aus dem früheren Testament bestehen. Entscheidend ist der Umfang des Widerspruchs.

Bedeutung des Datums

Für die Bestimmung des späteren Testaments ist das Datum von entscheidender Bedeutung. Bei undatierten Testamenten gilt im Zweifel das undatierte Testament als das ältere. Haben zwei Testamente das gleiche Datum oder fehlt bei beiden ein Datum, heben sich widersprechende Verfügungen gegenseitig auf.

Widerruf des späteren Testaments

Besondere Beachtung verdient die Regelung des § 2258 Abs. 2 BGB: Wenn Sie das spätere Testament widerrufen, wird das frühere Testament im Zweifel wieder wirksam. Dies gilt so, als wäre es nie aufgehoben worden. Diese Regelung greift allerdings nur dann, wenn keine anderen Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Erblasserwillen vorliegen.


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Welche Rolle spielt der erkennbare Wille des Erblassers bei der Auslegung mehrerer Testamente?

Bei der Auslegung mehrerer Testamente steht der tatsächliche Wille des Erblassers im absoluten Mittelpunkt. Das Gericht muss dabei ermitteln, was der Erblasser zum Zeitpunkt der jeweiligen Testamentserrichtung ausdrücken und regeln wollte.

Grundsätze der Willensermittlung

Der erkennbare Wille wird nicht allein nach dem Wortlaut bestimmt. Entscheidend ist vielmehr, was der Erblasser mit seinen geschriebenen Worten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung tatsächlich ausdrücken wollte. Dabei werden auch die persönlichen Verhältnisse, familiäre Beziehungen und frühere Äußerungen zu seinen Nachlasswünschen berücksichtigt.

Auslegungsmethoden

Die Ermittlung des Erblasserwillens erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird eine erläuternde Auslegung anhand des Wortlauts vorgenommen. Wenn der Wille dadurch nicht eindeutig feststellbar ist, folgt eine ergänzende Auslegung, bei der der mutmaßliche Wille des Erblassers erforscht wird.

Bedeutung für mehrere Testamente

Bei der Existenz mehrerer Testamente ist der jeweilige Zeitpunkt der Errichtung maßgebend. Eine Willensänderung nach der Testamentserrichtung ist grundsätzlich unbeachtlich. Stattdessen muss für jedes Testament separat der Wille zum Zeitpunkt seiner Errichtung ermittelt werden.

Wenn der Erblasser beispielsweise in einem späteren Testament neue Regelungen trifft, die im Widerspruch zu früheren Verfügungen stehen, wird der zum späteren Zeitpunkt erkennbare Wille als maßgeblich angesehen. Dies gilt allerdings nur, wenn sich dieser spätere Wille zumindest andeutungsweise im Testament wiederfinden lässt.


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Wie kann ein Testament eindeutig widerrufen werden?

Ein Testament kann nach § 2253 BGB jederzeit widerrufen werden. Dafür stehen vier rechtlich anerkannte Möglichkeiten zur Verfügung:

Widerruf durch neues Testament

Sie können ein Widerrufstestament errichten, das den Widerruf ausdrücklich erklärt. Dieses muss die üblichen Formvorschriften erfüllen – also entweder handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet sein.

Widerruf durch Vernichtung

Die physische Vernichtung des Testaments, wie Zerreißen oder Verbrennen, stellt einen wirksamen Widerruf dar. Dabei muss die Absicht zur Aufhebung des Testaments vorliegen – ein versehentlich zerstörtes Testament bleibt wirksam.

Widerruf durch Veränderung

Eine eindeutige Veränderung der Testamentsurkunde, die den Aufhebungswillen zum Ausdruck bringt, ist ebenfalls möglich. Ein einfacher Vermerk wie „ungültig“ reicht dafür allerdings nicht aus.

Widerruf durch Rücknahme aus amtlicher Verwahrung

Bei einem notariellen Testament genügt die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung beim Nachlassgericht. Diese Widerrufsmöglichkeit gilt jedoch nicht für privatschriftliche Testamente.

Besonderheiten beim gemeinschaftlichen Testament

Bei einem Ehegattentestament gelten besondere Regeln. Ein einseitiger Widerruf ist nur durch notarielle Beurkundung möglich und muss dem anderen Ehegatten zugestellt werden. Nach dem Tod eines Ehegatten ist ein Widerruf grundsätzlich nicht mehr möglich.

Bei der Errichtung eines neuen Testaments, das einem früheren widerspricht, wird das frühere Testament nur insoweit aufgehoben, wie ein Widerspruch besteht. Für die Eindeutigkeit ist eine Datumsangabe auf beiden Testamenten wichtig.


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Was passiert mit älteren testamentarischen Verfügungen, wenn das letzte Testament lückenhaft ist?

Ein späteres Testament hebt ein früheres Testament grundsätzlich nur insoweit auf, wie es ihm inhaltlich widerspricht. Wenn das neuere Testament Regelungslücken aufweist, können die Regelungen aus älteren Testamenten weiterhin gültig bleiben.

Prüfung der Regelungslücken

Bei der Feststellung von Regelungslücken wird zunächst durch ergänzende Testamentsauslegung der mutmaßliche Wille des Erblassers ermittelt. Hierbei wird untersucht, was der Erblasser gewollt hätte, wenn er die Lücke erkannt hätte. Die Auslegung richtet sich dabei ausschließlich nach dem wirklichen Willen des Erblassers, nicht nach dem Empfängerhorizont.

Fortgeltung älterer Verfügungen

Wenn sich durch die Auslegung keine eindeutige Lösung ergibt, können Regelungen aus älteren Testamenten fortgelten, sofern sie:

  • mit dem neuen Testament inhaltlich vereinbar sind
  • nicht durch einen ausdrücklichen Widerruf aufgehoben wurden
  • dem im späteren Testament zum Ausdruck kommenden Willen des Erblassers nicht zuwiderlaufen

Wirksamkeit der Regelungen

Die Wirksamkeit der älteren Verfügungen hängt davon ab, ob der Erblasser eine abschließende Regelung treffen wollte. Wenn das spätere Testament erkennbar als vollständige und abschließende Regelung gedacht war, sind ältere Verfügungen auch dann unwirksam, wenn sie sich inhaltlich nicht widersprechen.

Bei der Beurteilung ist stets der erkennbare Wille des Erblassers maßgeblich. Wenn Sie beispielsweise in einem späteren Testament nur einzelne Vermächtnisse ändern, bleiben die übrigen Regelungen des früheren Testaments grundsätzlich bestehen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Testamentswiderruf

Ein Testamentswiderruf bedeutet die formelle Rücknahme oder Aufhebung eines zuvor errichteten Testaments. Dies kann durch ein neues Testament oder eine entsprechende Widerrufserklärung erfolgen (§ 2253 BGB). Der Widerruf wird meist genutzt, wenn der Erblasser seine Vermögensverteilung ändern möchte.

Beispiel: Marie ändert ihre Lebensumstände und erstellt ein neues Testament, das alle älteren Testamente widerruft.

Ein Widerruf ist nur wirksam, wenn er den gesetzlichen Formvorschriften entspricht, um unklare oder ungültige Bedingungen zu vermeiden.

Eine Abgrenzung erfolgt zum Ergänzungs- oder Änderungstestament, welches lediglich bestehende Regelungen modifiziert, aber nicht vollständig aufhebt.


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Nacherbe

Der Nacherbe ist eine Person, die nach dem Tod des ursprünglich eingesetzten Erben (Vorerben) erbt (§ 2100 BGB). Die Einsetzung eines Nacherben wird oft verwendet, um sicherzustellen, dass das Vermögen über mehrere Generationen hinweg in der gewünschten Weise weitergegeben wird.

Beispiel: Paul setzt seine Tochter als Vorerbin ein und bestimmt, dass sein Enkel das Erbe erhält, falls die Tochter vor ihm verstirbt.

Die Rolle des Nacherben muss klar und unzweideutig im Testament formuliert sein, um späteren Konflikten vorzubeugen.

Der Nacherbe ist abzugrenzen vom „Ersatzerben“, der nur zum Zuge kommt, wenn ein testamentarisch eingesetzter Erbe völlig wegfällt.


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Erbschein

Ein Erbschein ist ein offizieller Nachweis, der die Erbfolge und die Anteile der Erben an einem Nachlass belegt (§ 2353 BGB). Er dient dazu, Angehörigen und Institutionen die rechtmäßige Verfügungsberechtigung über den Nachlass zu bestätigen.

Beispiel: Nach dem Tod ihres Vaters benötigen Julia und ihr Bruder einen Erbschein, um dessen Konten auflösen zu können.

Im vorliegenden Fall wurde ein Erbscheinantrag gestellt, um die Testamentsauslegung zu klären.

Im Vergleich dazu dokumentiert der sogenannte „Teilerbschein“ nur den Anteil eines Miterben im Falle einer Erbengemeinschaft.


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Erbfolge

Die Erbfolge beschreibt die gesetzlich oder testamentarisch festgelegte Reihenfolge, in der die Erben Anteile eines Nachlasses erhalten. Im Wesentlichen steuert sie, wer in welcher Reihenfolge erbt, wenn kein Testament besteht oder dieses unwirksam ist (§ 1924 BGB).

Beispiel: Sterben beide Elternteile ohne Testament, greifen die gesetzlichen Erbregeln, die beispielsweise Kinder als prioritär erbberechtigt festlegen.

Im Text wird die Erbfolge durch die verschiedenen Testamente der Erblasserin bestimmt und angepasst.

Anders als bei der gesetzlichen Erbfolge kann die „testamentarische Erbfolge“ den Verteilungsprozess persönlich prägen – sie ist jedoch an bestimmte Formvorschriften gebunden.


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Pflichtteilsanspruch

Ein Pflichtteilsanspruch ist das gesetzlich garantierte Mindestrecht von nahen Angehörigen, einen Teil des Erbes zu erhalten – selbst dann, wenn sie im Testament ausgeschlossen wurden (§ 2303 BGB). Dies soll den völligen Entzug des Erbes verhindern.

Beispiel: Ein Vater kann seinen Sohn nicht vollständig enterben; der Sohn hat unabhängig vom Testament Anspruch auf seinen Pflichtteil.

Im geschilderten Fall könnten Pflichtteilsansprüche zu zusätzlichen Erbansprüchen führen, falls testierte Regelungen fehlerhaft sind.

Im Unterschied dazu gibt es „freie Verfügungen“ im Testament, die solchen gesetzlichen Beschränkungen nicht unterliegen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2258 BGB (Widerspruch gegen ein Testament): Diese Vorschrift regelt, dass ein Widerspruch vorliegt, wenn ein späteres Testament die gesamte Erbfolge eines früheren Testaments neu und umfassend gestaltet. Der § 2258 Abs. 1 BGB verdeutlicht somit den rechtlichen Rahmen für die Beurteilung von testamentarischen Veränderungen. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, dass die Beteiligten zu 2. und 3. argumen-tieren, das spätere Testament lasse keine weiteren Erbeinsetzungen zu, wodurch ein Widerspruch zur Erbfolge geltend gemacht wird.
  • § 2110 BGB (Erben und Erbquote): Dieser Paragraph beschäftigt sich mit der Erbenstellung und der Verteilung des Erbes unter den Erben. Er legt fest, wie der Nachlass zu verteilen ist, wenn mehrere Erben vorhanden sind. In diesem Fall ist er relevant, um zu klären, wie das Erbe der verstorbenen Erblasserin unter den Geschwistern und deren Nachkommen zu verteilen ist, insbesondere im Kontext der umstrittenen testamentarischen Verfügungen.
  • § 2240 BGB (Formvorschriften für Testamente): Nach dieser Vorschrift müssen Testamente bestimmte formale Anforderungen erfüllen, um rechtsgültig zu sein. Die Regelung schützt den Willen des Erblassers und gewährleistet die Rechtssicherheit. Im vorliegenden Fall müssen die verschiedenen Testamente der Erblasserin auf ihre formale Gültigkeit und den klaren Willen der Erblasserin geprüft werden, vor allem da es mehrere testamentarische Dokumente mit unterschiedlichen Erbeinsetzungen gibt.
  • § 1896 BGB (Vorsorgevollmacht): Dieser Paragraph beschreibt die Grundlagen für eine vollmächtige Vertretung im Hinblick auf persönliche Angelegenheiten des Vollmachtgebers. Die Erteilung der Vorsorgevollmacht spielt im vorliegenden Fall eine Rolle, da sie für die Beteiligte zu 1. zeigt, dass die Erblasserin Vertrauen in deren Vertretung und möglicherweise in dessen Erbansprüche hatte, was zur Beurteilung des Testierwillens beiträgt.
  • § 2087 BGB (Ersatz- und Nacherben): Diese Vorschrift regelt die Einsetzung von Nacherben und sieht vor, dass im Falle des Todes des Erben eine andere Person als Nacherbe eingesetzt werden kann. Der Zusammenhang zu diesem Fall ergibt sich insofern, als die späteren Testamente der Erblasserin eine Nacherbenregelung für die Beteiligte zu 1. enthalten, was auf eine geplante und bewusste Regelung der Erbfolge hinweist. Die rechtliche Auseinandersetzung dreht sich darum, ob diese Bestimmungen auch gültig und wirksam sind angesichts der vorherigen Testamente.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Düsseldorf – Az.: 3 Wx 189/23 – Beschluss vom 19.12.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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