Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Testamentserstellung bei Demenz: Rechtliche Unsicherheiten und Lösungen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab wann gilt ein Mensch als testierunfähig?
- Welche Beweismittel werden bei der Prüfung der Testierfähigkeit anerkannt?
- Was sind die Vor- und Nachteile eines notariellen Testaments bei Zweifeln an der Testierfähigkeit?
- Welche Kosten entstehen bei einer Anfechtung des Testaments?
- Wie können Erben vorbeugen, dass ein Testament später angefochten wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Frankenthal (Pfalz)
- Datum: 18.07.2024
- Aktenzeichen: 8 O 97/24
- Verfahrensart: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Verfügungskläger: Rechtsanwalt N.N., als neuer Testamentsvollstrecker eingesetzt. Er argumentiert, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig war und beantragt deshalb ein Erwerbsverbot für den Verfügungsbeklagten hinsichtlich des streitigen Anwesens.
- Verfügungsbeklagter: Mieter im Obergeschoss des Anwesens der Erblasserin, der durch ein notarielles Testament das Anwesen vermacht bekommen hat. Er argumentiert, dass keine Testierunfähigkeit der Erblasserin vorlag und betont die jahrzehntelange vertrauensvolle Beziehung zur Erblasserin.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Erblasserin, die keine pflichtteilsberechtigten Angehörigen hatte, vermachte ihr Anwesen mittels eines notariellen Testaments vom 03.02.2023 dem Verfügungsbeklagten. Der Verfügungskläger, als neuer Testamentsvollstrecker, stellt die Testierfähigkeit der Erblasserin in Frage und beantragt eine Einstweilige Verfügung, um den Erwerb der Immobilie durch den Verfügungsbeklagten zu blockieren.
- Kern des Rechtsstreits: Es handelt sich um die Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und ob der Verfügungsbeklagte berechtigt ist, das Vermächtnis anzunehmen und im Grundbuch als Eigentümer eingetragen zu werden.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Die Kammer sah die Testierunfähigkeit der Erblasserin nicht als ausreichend glaubhaft gemacht an. Die vorgelegten Beweise und Gutachten waren nicht überzeugend genug, um eine Testierunfähigkeit festzustellen, und die Aussage des Notars, der das Testament beurkundete, sprach für die Testierfähigkeit der Erblasserin.
- Folgen: Der Verfügungsbeklagte kann weiterhin die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch betreiben. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar, und Sicherheitsleistungen können die Vollstreckung aufschieben.
Testamentserstellung bei Demenz: Rechtliche Unsicherheiten und Lösungen
Die Erstellung eines Testaments ist ein wesentlicher Schritt zur Regelung der Erbfolge und zur Sicherstellung, dass die eigenen Wünsche nach dem Tod respektiert werden. Insbesondere bei Menschen mit Demenz können jedoch rechtliche Unsicherheiten auftreten, da die Fähigkeit, eigenständig Entscheidungen zu treffen, beeinträchtigt sein kann. Ein rechtlich wirksames Testament erfordert neben der Formgültigkeit auch die geistige Gesundheit des Erblassers zum Zeitpunkt der Erstellung. Hier kommen wichtige Dokumente wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ins Spiel, die dabei helfen können, die eigenen Wünsche zu dokumentieren und für den Fall der Fälle zu sorgen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Testamentserrichtung bei Demenz sind komplex und erfordern eine präzise rechtliche Begleitung. Fragen wie die Beurkundung des Testaments, die Testamentsvollstreckung und die Möglichkeit, ein Testament anzufechten, nehmen hierbei eine zentrale Rolle ein. Im Folgenden wird ein konkreter Fall behandelt, der diese Thematik eindrucksvoll beleuchtet und die Herausforderungen aufzeigt, die bei der Nachlassregelung im Kontext von Demenz entstehen können.
Der Fall vor Gericht
Erbenstreit um Vermächtnis: Gericht bestätigt Testierfähigkeit der Erblasserin
Das Landgericht Frankenthal hat die Testierunfähigkeit einer 91-jährigen Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verneint. Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein notarielles Testament vom 3. Februar 2023, in dem die Erblasserin ihr Haus in L. an einen langjährigen Mieter vermachte.
Hintergrund des Testamentsstreits
Die im Januar 2023 verstorbene Erblasserin hatte bereits 2018 ein Testament verfasst, in dem sie einen Cousin und dessen Ehefrau als Erben einsetzte. Nach einem Ellenbogenbruch und anschließendem Klinikaufenthalt errichtete sie am 3. Februar 2023 ein weiteres notarielles Testament. Darin vermachte sie ihr Haus an den Verfügungsbeklagten, der seit rund 30 Jahren als Mieter in dem Anwesen lebte. Der vom Nachlassgericht bestellte Testamentsvollstrecker zweifelte die Wirksamkeit dieses Vermächtnisses an und beantragte eine einstweilige Verfügung, um die Eigentumsübertragung zu verhindern.
Medizinische Befunde und Zeugenaussagen
Im Januar 2023 wurde bei der Erblasserin in der BG-Unfallklinik eine „beginnende demenzielle Entwicklung“ diagnostiziert. Der Hausarzt der Erblasserin, ein Internist, attestierte ihr rückwirkend eine Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Das Gericht bewertete diese Einschätzung jedoch kritisch, da keine spezifischen Tests wie der „Uhrentest“ durchgeführt wurden und der Arzt nicht über eine psychiatrische Fachqualifikation verfügte.
Notarielle Beurkundung und Zeugenvernehmung
Der beurkundende Notar hatte sich von der Geschäfts- und Testierfähigkeit der Erblasserin überzeugt. Die als Zeugin vernommene Steuerberaterin F. bestätigte, dass die Erblasserin beim Notartermin orientiert war und gezielt nachfragte, ob das Testament ausschließlich das Haus in L. betreffe. Die Erblasserin habe bewusst entschieden, das Haus dem langjährigen Mieter zu vermachen, da sie es bei ihm „in guten Händen“ sah.
Gerichtliche Bewertung
Das Landgericht Frankenthal wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Nach Auffassung des Gerichts wurde die Testierunfähigkeit nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ein vom Verfügungsbeklagten beauftragter Facharzt für Neurogeriatrie kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vermutlich nur im Vor- oder Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankung war. Das Gericht betonte, dass selbst eine beginnende Demenz nicht automatisch zur Testierunfähigkeit führe.
Bedeutung für die Erben
Trotz des Hausvermächtnisses bleibt den eingesetzten Erben der Großteil des Nachlasses erhalten, darunter wertvolle Immobilienanteile an der „T.-Passage“ in A. Das Gericht stellte klar, dass auch nicht nachvollziehbare Verfügungen eines Erblassers wirksam sein können, solange keine Testierunfähigkeit vorliegt. Die Kostenentscheidung ging zu Lasten des Testamentsvollstreckers.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Eine beginnende Demenz oder leichte kognitive Einschränkungen führen nicht automatisch zur Testierunfähigkeit – entscheidend ist der konkrete Nachweis der fehlenden Einsichtsfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Das Gericht stellt klar, dass für die Feststellung der Testierunfähigkeit strenge Anforderungen gelten und spezifische medizinische Tests sowie Langzeitbeobachtungen erforderlich sind. Die Tatsache, dass ein Testament für Angehörige überraschend oder unverständlich erscheint, lässt keine Rückschlüsse auf die Testierfähigkeit zu.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie die Testierfähigkeit eines Erblassers anzweifeln, müssen Sie handfeste medizinische Beweise vorlegen – bloße Vermutungen oder vereinzelte Verhaltensauffälligkeiten reichen nicht aus. Lassen Sie die geistige Verfassung des Erblassers durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie mit speziellen Tests (wie dem „Uhrentest“) dokumentieren. Bedenken Sie, dass ein Rechtsstreit über die Testierfähigkeit ohne eindeutige medizinische Befunde kostspielig werden und wenig Aussicht auf Erfolg haben kann. Die persönliche Einschätzung des Hausarztes oder von Angehörigen genügt den gerichtlichen Anforderungen meist nicht.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann gilt ein Mensch als testierunfähig?
Nach § 2229 BGB gilt ein Mensch als testierunfähig, wenn einer der folgenden Zustände vorliegt:
Gesetzlich definierte Testierunfähigkeit
Eine Person ist testierunfähig bei:
- Krankhafter Störung der Geistestätigkeit
- Geistesschwäche
- Bewusstseinsstörung
Diese Zustände müssen so ausgeprägt sein, dass die Person nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung und Tragweite ihrer Entscheidungen zu verstehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Beurteilung bei Demenz und anderen Erkrankungen
Bei Demenzerkrankungen hängt die Testierunfähigkeit vom Schweregrad ab. Bei leichter Demenz bleibt die Testierfähigkeit in der Regel bestehen. Bei mittelschwerer Demenz muss der Einzelfall geprüft werden. Bei schwerer Demenz liegt fast immer Testierunfähigkeit vor.
Feststellung der Testierunfähigkeit
Die Testierunfähigkeit muss zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestehen. Ein psychiatrisches Gutachten ist für die Beurteilung erforderlich. Der Gutachter prüft dabei zwei zentrale Aspekte:
- Die Einsichtsfähigkeit: Versteht die Person die Bedeutung eines Testaments?
- Die Urteilsfähigkeit: Kann die Person die wirtschaftlichen und familiären Auswirkungen ihrer Entscheidungen einschätzen?
Die bloße Diagnose einer psychischen Erkrankung oder die Einrichtung einer Betreuung führen nicht automatisch zur Testierunfähigkeit. Entscheidend ist die tatsächliche geistige Verfassung zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
Welche Beweismittel werden bei der Prüfung der Testierfähigkeit anerkannt?
Bei der gerichtlichen Prüfung der Testierfähigkeit sind medizinische Gutachten das wichtigste Beweismittel. Ein psychiatrischer Sachverständiger untersucht dabei retrospektiv den Gesundheitszustand des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
Die Beweisführung stützt sich auf mehrere Säulen:
- Ärztliche Dokumentation: Krankenakten, Arztbriefe und Befunde geben Aufschluss über den Gesundheitszustand und mögliche Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
- Notarielle Einschätzungen: Die Beurteilung des beurkundenden Notars zur Geschäfts- und Testierfähigkeit wird als Indiz gewertet, ist aber nicht allein ausschlaggebend.
- Zeugenaussagen: Aussagen von Ärzten, Familienangehörigen und anderen Personen aus dem Umfeld des Erblassers können das Gesamtbild ergänzen.
Bedeutung der Beweislast
Die Beweislast trägt derjenige, der die Testierfähigkeit anzweifelt. Er muss substantiiert darlegen und beweisen, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig war.
Bewertung bei Demenzerkrankungen
Bei Demenzerkrankungen erfolgt eine besonders differenzierte Betrachtung. Das Gericht unterscheidet zwischen leichtgradiger, mittelschwerer und schwerer Demenz. Eine leichtgradige Demenz schließt die Testierfähigkeit nicht automatisch aus. Die medizinischen Gutachten müssen daher den konkreten Schweregrad der Erkrankung zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung belegen.
Was sind die Vor- und Nachteile eines notariellen Testaments bei Zweifeln an der Testierfähigkeit?
Vorteile
Ein notarielles Testament bietet bei Zweifeln an der Testierfähigkeit besondere Beweiskraft. Der Notar ist gesetzlich verpflichtet, die Testierfähigkeit des Erblassers zu prüfen und zu dokumentieren. Diese Prüfung hat eine starke Indizwirkung für spätere Verfahren.
Bei einer beginnenden Demenz oder anderen gesundheitlichen Einschränkungen kann der Notar mit Einwilligung des Testators einen Facharzt hinzuziehen, der die Testierfähigkeit zusätzlich bewertet. Dies stärkt die Beweiskraft des Testaments erheblich.
Die notarielle Beurkundung verhindert zudem häufig spätere Rechtsstreitigkeiten, da der Notar durch eindeutige Formulierungen und rechtliche Beratung Unklarheiten vermeidet. Das Testament wird beim Amtsgericht hinterlegt und im Zentralen Testamentsregister erfasst, wodurch eine Manipulation oder ein Verlust ausgeschlossen sind.
Nachteile
Die Erstellung eines notariellen Testaments ist mit Kosten verbunden, die sich nach dem Vermögenswert richten. Bei einem Nachlasswert von 500.000 Euro fallen etwa 1.157 Euro für ein Einzeltestament an.
Die notarielle Feststellung der Testierfähigkeit hat trotz ihrer Bedeutung keine absolute Bindungswirkung für spätere gerichtliche Verfahren. Bei ernsthaften Zweifeln an der Testierfähigkeit kann das Testament dennoch angefochten werden.
Praktische Bedeutung
Wenn Sie an einer beginnenden Demenz leiden oder andere gesundheitliche Einschränkungen haben, ist ein notarielles Testament besonders sinnvoll. Die Kosten werden durch die ersparten Erbscheinskosten aufgewogen. An „guten Tagen“ mit „lichten Momenten“ kann auch bei einer Demenzerkrankung noch ein wirksames Testament errichtet werden. Der Notar dokumentiert dann den Gesundheitszustand und seine Einschätzung der Testierfähigkeit nach § 28 BeurkG.
Welche Kosten entstehen bei einer Anfechtung des Testaments?
Bei einer Testamentsanfechtung fallen verschiedene Kostenarten an, die sich nach dem Nachlasswert richten.
Gerichtskosten
Die Grundgebühr für die Entgegennahme der Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht beträgt pauschal 15 Euro. Für das sich anschließende Erbscheinverfahren fallen weitere Gerichtsgebühren an, die sich nach dem Wert der Erbschaft bemessen.
Anwaltskosten
Die Anwaltsgebühren orientieren sich am Nachlasswert und werden mit einem Faktor zwischen 0,1 und 2,5 multipliziert. Bei gerichtlichen Verfahren müssen Anwälte mindestens die gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnen.
Zusätzliche Kosten
Wenn der Erblasser ein notarielles Testament oder ein gemeinschaftliches Testament widerrufen möchte, fallen zusätzlich Notarkosten für die Beglaubigung der Erklärung an.
Fristen und Kostenrisiko
Die Anfechtungserklärung muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes beim zuständigen Nachlassgericht eingereicht werden. Nach 30 Jahren verjähren sämtliche erbrechtlichen Ansprüche. Bei der Kostenkalkulation sollten auch mögliche Folgekosten für ein sich anschließendes Erbscheinsverfahren oder einen Zivilprozess berücksichtigt werden.
Wie können Erben vorbeugen, dass ein Testament später angefochten wird?
Notarielle Beurkundung
Ein notariell beurkundetes Testament bietet den höchsten Schutz vor späteren Anfechtungen. Der Notar prüft die Testierfähigkeit und dokumentiert den geistigen Zustand zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit, etwa bei beginnender Demenz, ist die notarielle Form besonders wichtig.
Medizinische Dokumentation
Bei gesundheitlichen Einschränkungen empfiehlt sich ein fachärztliches Gutachten zur Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Ein neurologisches Gutachten kann die geistige Verfassung dokumentieren und dient als wichtiger Beweis für die Testierfähigkeit.
Formelle Anforderungen
Die strikte Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften ist entscheidend. Das Testament muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein oder notariell beurkundet werden. Der Testamentstext sollte klar und eindeutig formuliert sein, um spätere Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden.
Dokumentation der Beweggründe
Eine ausführliche Begründung der Testamentsentscheidungen im Testament selbst kann späteren Anfechtungen vorbeugen. Erläutern Sie sachlich die Motive für die gewählte Verteilung des Nachlasses. Dies ist besonders wichtig bei Abweichungen von der gesetzlichen Erbfolge oder bei der Begünstigung familienfremder Personen.
Zeugen und Begleitumstände
Die Anwesenheit unabhängiger Zeugen bei der Testamentserrichtung kann hilfreich sein. Diese können später bestätigen, dass der Erblasser aus freiem Willen und bei klarem Verstand gehandelt hat. Besonders bei fortgeschrittenem Alter oder gesundheitlichen Einschränkungen ist dies ratsam.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Testierunfähigkeit
Ein Zustand, in dem eine Person aufgrund mangelnder geistiger Fähigkeiten kein rechtlich wirksames Testament mehr erstellen kann. Dies ist insbesondere bei schweren psychischen Erkrankungen oder fortgeschrittener Demenz der Fall. Gemäß § 2229 BGB muss der Erblasser volljährig und in der Lage sein, die Bedeutung und Folgen seiner testamentarischen Verfügungen zu verstehen. Eine leichte Demenz oder Verwirrtheitszustände führen nicht automatisch zur Testierunfähigkeit. Ein Arzt oder Notar sollte die Testierfähigkeit im Zweifelsfall prüfen und dokumentieren.
Vermächtnis
Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser jemandem einen bestimmten Vermögensvorteil zuwendet, ohne ihn als Erben einzusetzen (§ 1939 BGB). Der Vermächtnisnehmer erhält nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben auf Übertragung des vermachten Gegenstands. Beispiel: Eine Erblasserin vermacht einer Person ihr Haus, während der Rest des Vermögens an die Erben geht. Anders als der Erbe haftet der Vermächtnisnehmer nicht für Nachlassverbindlichkeiten.
Testamentsvollstrecker
Eine vom Erblasser eingesetzte oder vom Nachlassgericht bestellte Person, die den letzten Willen des Verstorbenen ausführt (§§ 2197 ff. BGB). Der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass, erfüllt Vermächtnisse und regelt die Erbauseinandersetzung. Er hat umfangreiche Befugnisse und kann über den Nachlass verfügen. Die Erben können während der Testamentsvollstreckung nicht selbst über den Nachlass verfügen. Der Testamentsvollstrecker muss unparteiisch im Interesse aller Beteiligten handeln.
Einstweilige Verfügung
Ein vorläufiger Rechtsschutz durch das Gericht in dringenden Fällen (§§ 935 ff. ZPO). Sie dient der schnellen Sicherung von Rechten oder zur Regelung eines vorläufigen Zustands. Im Erbrecht kann sie beispielsweise verhindern, dass Nachlassgegenstände vorschnell übertragen werden. Die Verfügung ergeht meist ohne mündliche Verhandlung und muss später im Hauptsacheverfahren bestätigt werden. Der Antragsteller muss die Dringlichkeit und seinen Anspruch glaubhaft machen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 104 BGB – Testierfähigkeit: Dieser Paragraph regelt die Testierfähigkeit von Personen und besagt, dass eine Person testierfähig ist, wenn sie das 16. Lebensjahr vollendet hat und im Zeitpunkt der Testamentserstellung in der Lage ist, die Bedeutung und die Folgen ihrer Handlungen zu verstehen. Im vorliegenden Fall wird die Testierfähigkeit der Erblasserin in Frage gestellt, da sie gesundheitliche Probleme und eine beginnende demenzielle Entwicklung hatte.
- § 25 BeurkG – Schriftlichkeit und Beurkundung: Dieser Paragraph erfordert die Beurkundung eines Testaments durch einen Notar und ermöglicht den Einsatz von Schreibzeugen, wenn der Erblasser nicht selbst unterschreiben kann. Die an der Testamentserstellung beteiligte Steuerberaterin F. wurde als Schreibzeugin hinzugezogen, was in diesem Fall eine entscheidende Rolle spielt, um die Wirksamkeit des notariellen Testaments zu prüfen.
- § 181 BGB – Insichgeschäft: Nach diesem Paragraphen darf eine Person (z.B. der Testamentsvollstrecker) nicht gleichzeitig im eigenen und im fremden Namen handeln, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Erlaubnis vor. Im vorliegenden Fall hat der Verfügungsbeklagte sich selbst zum Testamentsvollstrecker ernannt und könnte damit im Rahmen der Testamentvollstreckung in einen Interessenkonflikt geraten, was die Wirksamkeit des Vermächtnisses in Frage stellen könnte.
- § 123 BGB – Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung: Dieser Paragraph erlaubt es, einen Vertrag oder ein Testament anzufechten, wenn die Willenserklärung durch Täuschung oder Drohung zustande gekommen ist. Der Verfügungskläger könnte argumentieren, dass die Testamentserstellung aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen der Erblasserin nicht im Einklang mit ihrem tatsächlichen Willen stand.
- § 2206 BGB – Erbrechtlicher Vermächtnisanspruch: Dieser Paragraph beschreibt das Recht des Vermächtnisnehmers auf die Bewirkung eines Vermächtnisses, welches von einem Erblasser im Testament angeordnet wurde. Der vorliegende Fall dreht sich um die Frage, ob der Verfügungsbeklagte aus dem Testament der Erblasserin ein rechtmäßiges Vermächtnis erhalten hat, welches aufgrund der angezweifelten Testierfähigkeit der Erblasserin und der Umstände der Testamentserstellung gefährdet sein könnte.
Das vorliegende Urteil
LG Frankenthal (Pfalz) – Az.: 8 O 97/24 – Urteil vom 18.07.2024
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