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Wirksamkeit eines komplett durchgestrichenen handschriftlichen Testaments

Ein durchgestrichenes Testament sorgt für Wirbel in einem Erbstreit vor dem Oberlandesgericht München. Die Richter entschieden, dass die Durchstreichungen der Erblasserin selbst zuzuschreiben sind und damit ihr letzter Wille galt. Ihr Lebensgefährte, ursprünglich als Alleinerbe eingesetzt, geht nun leer aus, während ihre Brüder in die Erbfolge nachrücken.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass ein handschriftliches Testament aufgrund von Durchstreichungen als widerrufen gilt, wenn es in der Wohnung des Erblassers gefunden wurde und keine Anhaltspunkte für Zugriffe Dritter existieren.
  • Änderungen am Testament, die vom Erblasser vorgenommen wurden, führen zur Vermutung, dass er das Testament in Widerrufsabsicht geändert hat, sofern keine weiteren Umstände bekannt sind.
  • Eine Aussage der Erblasserin kurz vor ihrem Tod, dass ihre Brüder nichts erhalten sollen, widerlegt nicht automatisch die Annahme, dass die Streichungen im Testament von ihr stammen.
  • Die ursprüngliche Entscheidung des Nachlassgerichts, das Testament trotz der Streichungen nicht als widerrufen anzusehen, wurde aufgehoben. Der Antrag auf einen Erbschein für den ursprünglichen Alleinerben wurde zurückgewiesen.
  • Das Gericht entschied, dass die Erblasserin, die nur wenige soziale Kontakte hatte, wahrscheinlich die einzige Person war, die Änderungen am Testament vorgenommen hat.
  • Der Widerrufsabsicht wird mehr Glauben geschenkt, da keine Hinweise darauf vorliegen, dass das Testament im Nachhinein von Dritten verändert wurde.
  • Die Entscheidung hat zur Folge, dass die ursprünglichen Enterbungsregelungen durch die Vermutung der Streichungen in Widerrufsabsicht außer Kraft gesetzt wurden.
  • Der Beteiligte, der einen Erbschein beantragte, muss die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens an die Beschwerdeführer erstatten.

Gerichtsurteil: Rechtsgültigkeit von durchgestrichenen Testamenten unter der Lupe

Die Wirksamkeit eines handschriftlichen Testaments kann oft zu rechtlichen Streitfällen führen, insbesondere wenn es Unklarheiten in der Form gibt.

Ein Testament, das nicht den erforderlichen Formvorschriften entspricht, könnte als ungültig angesehen werden, was für die Erbfolge erhebliche Konsequenzen haben kann. Insbesondere bei durchgestrichenen Testamenten ist es von zentraler Bedeutung zu klären, ob diese als noch rechtsgültig gelten oder ob sie nicht etwa die testamentarische Verfügung des Erblassers ungültig machen.

Die Prüfungen und Anforderungen an die Rechtsgültigkeit von Testamenten sind entscheidend für die erfolgreiche Durchsetzung individueller Testamentsgestaltungen. Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet die komplexe Thematik der durchgestrichenen Testamente und gibt Aufschluss über die möglichen rechtlichen Rahmenbedingungen und Schwierigkeiten, die sich bei der Anfechtung eines Testaments ergeben können.

Der Fall vor Gericht


Durchgestrichenes Testament führt zur gesetzlichen Erbfolge – OLG München verneint Gültigkeit eines widerrufenen Testaments

Das Oberlandesgericht München hat in einem Erbrechtsstreit die Wirksamkeit eines durchgestrichenen Testaments verneint.

Durchgestrichenes Testament und Erbfolge.
Das OLG München verneint die Gültigkeit eines durchgestrichenen Testaments, wodurch die gesetzliche Erbfolge für die Brüder der Erblasserin gilt. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Die kinderlose und geschiedene Erblasserin hatte in einem handschriftlichen Testament vom 7. März 2020 ursprünglich ihren Lebensgefährten als Alleinerben eingesetzt und ihre beiden Brüder ausdrücklich enterbt. Das dreiseitige Testament wies jedoch über alle Seiten großflächige Durchstreichungen auf.

Streit um die Herkunft der Durchstreichungen im Testament

Der als Alleinerbe eingesetzte Lebensgefährte fand das Testament in einem Stapel mit alten Zeitungen und Kontoauszügen in der Wohnung der Erblasserin. Er beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte. Das Nachlassgericht Kempten gab seinem Antrag zunächst statt, da Zweifel an der Urheberschaft der Durchstreichungen zu seinen Gunsten gehen müssten. Die beiden Brüder der Erblasserin legten gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.

Beweisführung zur Widerrufsabsicht der Erblasserin

Das OLG München führte eine umfassende Beweisaufnahme durch und kam zu dem Schluss, dass die Durchstreichungen von der Erblasserin selbst stammen mussten. Entscheidend war dabei, dass sich das Testament bis zu ihrem Tod in ihrem alleinigen Besitz befand. Die Erblasserin hielt sich in der letzten Phase ihres Lebens überwiegend im Wohnzimmer auf und hatte nur wenige soziale Kontakte. Zu ihren Brüdern bestand seit Jahren kein Kontakt mehr, sodass diese keinen Zugang zur Wohnung hatten.

Gerichtliche Bewertung der Testamentsänderung

Das Gericht stellte fest, dass keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Erblasserin die Durchstreichungen ohne Widerrufsabsicht vorgenommen hatte. Zwar hatte sie noch etwa zwei Wochen vor ihrem Tod gegenüber einer Zeugin geäußert, ihre Brüder sollten nichts bekommen. Das OLG München bewertete diese Aussage jedoch als nicht ausreichend, um die gesetzliche Vermutung des § 2255 Satz 2 BGB zu widerlegen, wonach Durchstreichungen in einem Testament als Widerruf gelten.

Sinneswandel in den letzten Lebenstagen

In den letzten zwei Wochen vor ihrem Tod, als sich ihr Gesundheitszustand deutlich verschlechterte und eine geplante Reise mit dem Lebensgefährten abgesagt werden musste, könnte es nach Ansicht des Gerichts zu einem Sinneswandel gekommen sein. Der Lebensgefährte trat diese Reise allein an. Das OLG hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies den Erbscheinsantrag des Lebensgefährten zurück. Über den Erbscheinsantrag der beiden Brüder muss nun das Nachlassgericht entscheiden.


Die Schlüsselerkenntnisse


Wenn ein handschriftliches Testament im Besitz des Erblassers gefunden wird und Durchstreichungen aufweist, wird davon ausgegangen, dass diese Änderungen vom Erblasser selbst stammen – besonders wenn Dritte keinen ungehinderten Zugriff hatten. Großflächige Durchstreichungen über ein gesamtes Testament werden als Widerruf gewertet, auch wenn der Erblasser kurz vor seinem Tod noch andere Absichten geäußert haben mag. Ein durchgestrichenes Testament verliert seine Gültigkeit und führt zur gesetzlichen Erbfolge.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie ein Testament ändern oder aufheben möchten, reicht es aus, das gesamte Dokument durchzustreichen – vorausgesetzt, Sie bewahren es sicher in Ihrer Wohnung auf. Mündliche Äußerungen über Ihre Erbabsichten haben weniger Gewicht als die Durchstreichungen im Testament selbst. Sollten Sie als Erbe ein durchgestrichenes Testament finden, können Sie sich nicht mehr darauf berufen – auch wenn der Erblasser Ihnen gegenüber andere Absichten geäußert hatte. In diesem Fall greift die Gesetzliche Erbfolge.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die rechtlichen Folgen, wenn ein handschriftliches Testament durchgestrichen wurde?

Ein durchgestrichenes handschriftliches Testament führt nach § 2255 BGB grundsätzlich zu einem Widerruf der letztwilligen Verfügung. Dabei gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Streichungen vom Erblasser selbst in Widerrufsabsicht vorgenommen wurden.

Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf

Die Streichungen müssen vom Erblasser selbst stammen. Wenn das Testament bis zum Tod im Gewahrsam des Erblassers war und keine Anhaltspunkte für einen Zugriff Dritter vorliegen, wird vermutet, dass die Durchstreichungen vom Erblasser selbst vorgenommen wurden.

Rechtliche Konsequenzen

Wird ein Testament wirksam durch Streichungen widerrufen, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, sofern kein anderes gültiges Testament existiert. Die Beweislast für die Wirksamkeit des Testaments trotz Streichungen trägt derjenige, der sich auf das Testament beruft.

Besondere Fallkonstellationen

Bei nur teilweisen Streichungen bleiben die nicht durchgestrichenen Passagen des Testaments wirksam. Bestehen Zweifel daran, ob die Streichungen tatsächlich einen Widerruf darstellen sollten, muss dies im Einzelfall durch Auslegung ermittelt werden. Wenn beispielsweise nachgewiesen werden kann, dass die Streichungen nur vorläufig bis zur Errichtung eines neuen Testaments gelten sollten, kann das durchgestrichene Testament weiterhin Bestand haben.


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Wie kann man die gesetzliche Vermutung widerlegen, dass Durchstreichungen einen Widerruf des Testaments bedeuten?

Die gesetzliche Vermutung des Widerrufs durch Durchstreichungen lässt sich durch konkrete Beweise für einen fehlenden Widerrufswillen entkräften.

Nachweis der vorbereitenden Handlung

Wenn Sie nachweisen können, dass die Durchstreichungen lediglich der Vorbereitung einer neuen letztwilligen Verfügung dienten, bleibt das Testament bis zur Errichtung der neuen Verfügung wirksam. Ein solcher Nachweis kann etwa durch einen beigefügten Notizzettel mit Planungen für ein neues Testament erfolgen.

Dokumentierte Absichtserklärungen

Der fehlende Widerrufswille kann sich aus schriftlichen Erklärungen des Erblassers ergeben, die belegen, dass die Streichungen nur vorläufiger Natur waren. Wenn beispielsweise Zeugenaussagen bestätigen, dass der Erblasser die Durchstreichungen nur vornahm, um eine neue Person als Erben einzusetzen, spricht dies gegen einen sofortigen Widerrufswillen.

Zeitlicher Zusammenhang

Ein wichtiges Indiz gegen einen Widerrufswillen ist der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Durchstreichungen und Vorbereitungen für ein neues Testament. Wenn kurz nach den Streichungen bereits Schritte zur Errichtung eines neuen Testaments unternommen wurden, kann dies die Widerrufsvermutung entkräften.

Die Beweislast für die Widerlegung der Vermutung trägt derjenige, der sich auf die fortdauernde Wirksamkeit des Testaments beruft. Die Nachweise müssen dabei eindeutig und überzeugend sein, bloße Vermutungen oder vage Hinweise reichen nicht aus.


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Welche Rolle spielt der Aufbewahrungsort eines Testaments für dessen rechtliche Bewertung?

Der Aufbewahrungsort eines Testaments hat erhebliche Bedeutung für dessen rechtliche Bewertung und spätere Durchsetzbarkeit. Für den Wirksamkeitsnachweis ist die Vorlage der Originalurkunde von entscheidender Bedeutung. Wenn nur Kopien oder mündliche Mitteilungen über den Inhalt vorliegen, ist es in Erbscheinsverfahren oder Erbrechtsstreitigkeiten oft nicht möglich, die formgültige Errichtung nachzuweisen.

Amtliche Verwahrung

Bei notariellen Testamenten erfolgt automatisch eine besondere amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht. Das Testament wird im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer registriert und nach dem Tod des Erblassers automatisch an das zuständige Nachlassgericht übersandt. Die Kosten für die Hinterlegung betragen 75 Euro zuzüglich 18 Euro für die Registrierung.

Private Aufbewahrung

Bei einem privatschriftlichen Testament steht es dem Erblasser frei, wo er es aufbewahrt. Die Wahl des Aufbewahrungsorts kann jedoch erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Wird das Testament zu Hause aufbewahrt, besteht die Gefahr der Vernichtung oder des Verlusts. Ein Bankschließfach ist meist ungeeignet, da Erben ohne Testament keinen Zugang erhalten können.

Rechtliche Folgen der Aufbewahrung

Die Art der Aufbewahrung kann Auswirkungen auf die Beweiskraft des Testaments haben. Bei amtlicher Verwahrung ist die Echtheit des Testaments praktisch unbestreitbar. Bei privater Aufbewahrung können hingegen Zweifel an der Echtheit oder Vollständigkeit entstehen, insbesondere wenn das Original nicht auffindbar ist.


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Wie werden mündliche Äußerungen des Erblassers bei der Bewertung eines durchgestrichenen Testaments berücksichtigt?

Mündliche Äußerungen des Erblassers über seine Testamentsabsichten haben bei der rechtlichen Bewertung eines durchgestrichenen Testaments keine rechtliche Bindungswirkung. Selbst wenn der Erblasser mehrfach und bis zu seinem Tod, etwa auf Familienfeiern, erklärt hat, dass er ein bestimmtes Testament errichtet habe oder beibehalten wolle, sind diese Aussagen für die rechtliche Beurteilung nicht maßgeblich.

Gesetzliche Vermutungsregel

Wenn sich ein durchgestrichenes Testament bis zum Tod im Besitz des Erblassers befand, gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Streichungen vom Erblasser selbst in Widerrufsabsicht vorgenommen wurden. Diese Vermutung kann nicht durch bloße mündliche Äußerungen des Erblassers widerlegt werden.

Strenge Formvorschriften

Das Gesetz stellt an die Errichtung und den Widerruf von Testamenten strenge formelle Anforderungen. Mündliche Erklärungen können diese Formvorschriften nicht ersetzen. Erfahrungsgemäß entsprechen Äußerungen von Erblassern über angeblich errichtete Testamente oft nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.

Beweisanforderungen

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Zeugen das Testament persönlich gesehen haben. Bloße Bekundungen des Erblassers über die Existenz oder den Inhalt eines Testaments reichen hingegen nicht aus. Auch bei der Frage, ob Streichungen in Widerrufsabsicht erfolgten, können mündliche Äußerungen des Erblassers die gesetzliche Vermutung nicht entkräften.


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Was passiert mit dem Erbe, wenn ein Testament durch Durchstreichen widerrufen wurde?

Wenn ein Testament durch Durchstreichen widerrufen wurde, tritt grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge in Kraft, sofern kein anderes gültiges Testament existiert.

Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf

Ein Testament gilt als wirksam widerrufen, wenn sich das durchgestrichene Testament bis zum Tod im Gewahrsam des Erblassers befand und Manipulationen durch Dritte ausgeschlossen werden können. Großflächige Durchstreichungen, die sich über die gesamte Urkunde erstrecken, werden dabei als Widerrufsabsicht gewertet.

Sonderfall: Existenz eines älteren Testaments

Wurde durch das widerrufene Testament ein davor errichtetes Testament abgeändert oder widerrufen, führt der Widerruf des späteren Testaments dazu, dass das zuerst errichtete Testament wieder in Kraft tritt. Dies gilt allerdings nur, wenn der Erblasser nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt hat.

Wirkung des Widerrufs

Der wirksame Widerruf durch Durchstreichen hebt das Testament mit dem Zeitpunkt der Durchstreichung auf. Die endgültige Wirksamkeit des Widerrufs tritt jedoch erst mit dem Tod des Erblassers ein. Zu diesem Zeitpunkt greift dann entweder die gesetzliche Erbfolge oder ein früher errichtetes Testament.

Die Beweislast für die Wirksamkeit des Widerrufs trägt derjenige, der sich auf die Ungültigkeit des Testaments beruft. Allerdings sind die Anforderungen an diesen Beweis nicht zu hoch, wenn das Testament im alleinigen Zugriff des Erblassers war.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erblasser

Ein Erblasser ist eine Person, die ein Testament erstellt hat, um festzulegen, wie ihr Vermögen nach ihrem Tod aufgeteilt werden soll. Im vorliegenden Fall ist die Erblasserin die Person, deren handschriftliches Testament Gegenstand des Rechtsstreits ist. Die Bedeutung des Begriffs liegt darin, dass er die Person beschreibt, auf die sich die testamentarischen Verfügungen direkt beziehen.


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Testament

Ein Testament ist ein Dokument, in dem eine Person ihren letzten Willen bezüglich der Verteilung ihres Vermögens nach dem Tod festhält. Es muss in der Regel bestimmte Formvorschriften erfüllen, um als gültig angesehen zu werden, wie zum Beispiel handschriftlich und eigenhändig verfasst zu sein (§ 2247 BGB). Wenn ein Testament ungültig ist, weil es diesen Vorschriften nicht entspricht, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft, was zu ungewollten Erben führen kann.


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Erbschein

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und die Erben einer verstorbenen Person sowie deren Erbanteile ausweist. Er dient dazu, die Erbberechtigung gegenüber Dritten, wie Banken oder Behörden, nachzuweisen. Im aktuellen Fall beantragte der Lebensgefährte der Erblasserin einen Erbschein, um als Alleinerbe anerkannt zu werden.


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Nachlassgericht

Das Nachlassgericht ist eine spezielle Abteilung des Amtsgerichts, die für die Abwicklung von Erbfällen zuständig ist. Es entscheidet über Anträge auf Erbscheine und befasst sich mit Fragen zur Gültigkeit von Testamenten. Im beschriebenen Fall war das Nachlassgericht Kempten für die erste Entscheidung über den Erbscheinsantrag des Lebensgefährten zuständig.


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Widerruf eines Testaments

Der Widerruf eines Testaments bedeutet, dass der Erblasser die getroffenen Verfügungen ungültig machen möchte. Der Widerruf kann durch ein neues Testament oder durch Änderungen wie Durchstreichungen erfolgen, die deutlich machen, dass der alte Wille nicht mehr gelten soll. § 2255 BGB sieht vor, dass solche Änderungen als Widerruf anzusehen sind, was im Fall der Erblasserin relevant ist, da das OLG München die Durchstreichungen als Widerruf der ursprünglichen Bestimmungen interpretiert.


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Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge tritt dann ein, wenn kein gültiges Testament vorhanden ist oder dessen Verfügungen widerrufen wurden. Nach dieser Regelung erben die nächsten Verwandten des Verstorbenen gemäß den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Im diskutierten Fall treten die Brüder der Erblasserin gemäß der gesetzlichen Erbfolge anstelle des Lebensgefährten als Erben ein, da ihr Testament für ungültig befunden wurde.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2253 BGB (Testament und Verfügung von Todes wegen): Dieser Paragraph regelt, dass eine letztwillige Verfügung jederzeit widerrufen werden kann und dabei die Formvorschriften eingehalten werden müssen. Ein Testament kann durch einen klaren Widerrufsakt, wie etwa die Zerstörung oder Streichung des Textes, ungültig werden. Im vorliegenden Fall sind die großflächigen Durchstreichungen im Testament der Erblasserin entscheidend, da sie eine mutmaßliche Widerrufsabsicht indizieren und somit die Gültigkeit des Testaments in Frage stellen.
  • § 2084 BGB (Beweis für den Widerruf): Hier wird festgelegt, dass der Widerruf einer Verfügung von Todes wegen bewiesen werden muss, wenn Zweifel an der Urheberschaft der vorgenommenen Änderungen bestehen. Im konkreten Fall hat das Nachlassgericht auf die Unklarheit hingewiesen, ob die Erblasserin selbst die Durchstreichungen vorgenommen hat oder ob diese von Dritten stammten, was die Beweisführung bezüglich des Widerrufs beeinflusst.
  • § 2247 BGB (Erbenordnung): Dieser Paragraph regelt die Verfügungsbefugnis des Erblassers über seinen Nachlass und legt fest, wer als Erbe berücksichtigt wird. Die Entscheidung, dass der Freund der Erblasserin als Alleinerbe eingesetzt wurde, muss in Relation zur Enterbung ihrer Brüder betrachtet werden, insbesondere im Hinblick auf die Wirksamkeit der Streichungen im Testament.
  • § 2231 BGB (Form des Testaments): Nach diesem Paragraphen kann ein Testament in notarieller Form oder als eigenhändiges Testament errichtet werden, wobei die Formvorschriften für die Rechtsgültigkeit essenziell sind. Da das Testament handschriftlich verfasst wurde und formwirksam ist, stellt sich die Frage, ob die Streichungen die Form und damit die Gültigkeit des Dokumentes beeinträchtigen oder ob sie tatsächlich vom Erblasser in einem bestimmten Willen vorgenommen wurden.
  • § 344 BGB (Erlöschen von Ansprüchen): Dieser Paragraph beschreibt, dass eine Erklärung, die sich auf einen bestimmten Inhalt stützt, erlöschen kann, wenn sich herausstellt, dass die Grundlage entfallen ist. Im Kontext des angefochtenen Testaments könnte dieser Paragraph relevant werden, wenn die Durchstreichungen als Änderung oder Aufhebung der ursprünglichen Erbregelungen interpretiert werden, was die Ansprüche der genannten Erben beeinflussen würde.

Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 33 Wx 73/23 e – Beschluss vom 13.10.2023


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