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Zustimmung zur Freigabe einer Lebensversicherungsleistung

In einem ungewöhnlichen Rechtsstreit um eine Lebensversicherung entschied das Landgericht Kiel zugunsten der ersten Ehefrau eines Verstorbenen. Obwohl geschieden, erhält sie die Versicherungssumme von knapp 60.000 Euro, die eigentlich zur Absicherung der gemeinsamen Töchter gedacht war. Die zweite Ehefrau und Alleinerbin ging leer aus und muss nun auch die Prozesskosten tragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Kiel
  • Datum: 17.10.2024
  • Aktenzeichen: 6 O 219/23
  • Verfahrensart: Zivilverfahren
  • Rechtsbereiche: Zivilrecht, Versicherungsrecht, Schenkungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Die zweite Ehefrau des verstorbenen Erblassers und dessen Alleinerbin. Sie argumentierte, dass der Erblasser die Bezugsberechtigung der Lebensversicherung zugunsten seiner ersten Ehefrau, der Beklagten, widerrufen wollte. Sie forderte die Auszahlung der Lebensversicherung an sich selbst.
  • Beklagte: Die erste Ehefrau des verstorbenen Erblassers und widerrufliche Bezugsberechtigte der Lebensversicherung. Sie behauptete, dass der Erblasser zu Lebzeiten einen Schenkungsvertrag über die Todesfallleistung mit ihr geschlossen und somit diese anerkannt habe.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Parteien stritten über die Freigabe und Auszahlung einer Lebensversicherungsleistung in Höhe von 59.175,96 €, welche der verstorbene Erblasser hinterlassen hatte. Die Beklagte war die widerruflich Begünstigte der Lebensversicherung. Nach dem Tod des Erblassers informierte die Klägerin die Versicherung und beantragte die Auszahlung an sich. Die Versicherung hinterlegte den Betrag beim Amtsgericht, nachdem die Klägerin die Bezugsberechtigung der Beklagten widerrufen hatte.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob der Beklagten ein rechtlicher Anspruch auf die Lebensversicherungsleistung als widerrufliche Bezugsberechtigte zusteht und ob ein Schenkungsvertrag zwischen ihr und dem Erblasser bestand, der nach dessen Tod wirksam wurde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen, die Beklagte hat einen Anspruch auf die Auszahlung der Lebensversicherungsleistung.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass zwischen dem Erblasser und der Beklagten zu Lebzeiten des Erblassers ein Schenkungsvertrag bestand. Dieser wurde mit dem Erbfall durch die Todesleistung vollzogen, womit der Formmangel des Schenkungsvertrages geheilt wurde. Der Widerruf durch die Klägerin nach dem Tod des Erblassers war unwirksam.
  • Folgen: Die Versicherungsleistung in Höhe von 59.175,96 € wird an die Beklagte ausgezahlt. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheitszahlung vorläufig vollstreckbar.

Herausforderungen bei der Auszahlung von Lebensversicherungen: Zustimmungsfragen klären

Die Entscheidung, eine Lebensversicherung abzuschließen, gilt oft als wichtige Maßnahme zur Risikoabsicherung für die eigene Familie oder andere Begünstigte. Doch die Auszahlung der Versicherungssumme kann komplizierter sein als zunächst gedacht. Wenn der Versicherungsnehmer verstirbt, müssen die Erben oder benannten Begünstigten häufig deren Zustimmung zur Auszahlung der Lebensversicherungsleistung einholen. Diese Zustimmungserklärung ist entscheidend, um den Leistungsanspruch geltend zu machen und die Gelder des Versicherungsvertrages, wie sie in der Versicherungspolice festgelegt sind, zu beanspruchen.

Das Freigabeverfahren unterliegt spezifischen Vertragsbedingungen und rechtlichen Regelungen im Versicherungsrecht. In den folgenden Abschnitten wird ein konkreter Fall aufgegriffen, der die Herausforderungen und rechtlichen Aspekte der Zustimmung zur Freigabe einer Lebensversicherungsleistung beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Lebensversicherungsstreit zwischen Ehefrauen: Erste Ehefrau behält Bezugsberechtigung nach Gerichtsurteil

Gericht bestätigt Gültigkeit früherer Zusicherung

Unterzeichnung des Lebensversicherungsvertrags
(Symbolfoto: Flux gen.)

Das Landgericht Kiel hat im Oktober 2024 in einem komplexen Rechtsstreit um eine Lebensversicherung entschieden: Die erste Ehefrau behält als Bezugsberechtigte den Anspruch auf die Versicherungsleistung in Höhe von 59.175,96 Euro. Die zweite Ehefrau und Alleinerbin des im März 2023 verstorbenen Mannes unterlag mit ihrer Klage vollständig.

Ursprung und Entwicklung des Rechtsstreits

Der Fall nahm seinen Anfang im Oktober 1996, als der spätere Erblasser eine Lebensversicherung abschloss. Seine damalige erste Ehefrau wurde als widerrufliche Bezugsberechtigte für den Todesfall eingesetzt. Der Abschluss der Versicherung stand in Verbindung mit der Finanzierung eines Hauskaufs. Am Abend der Vertragsunterzeichnung teilte der Mann seiner ersten Ehefrau mit, dass die Versicherung im Todesfall zur Absicherung der gemeinsamen Töchter dienen solle.

Nach der Scheidung und der Wiederheirat des Mannes blieb die erste Ehefrau als Bezugsberechtigte eingetragen. Nach seinem Tod im März 2023 meldete die zweite Ehefrau als Alleinerbin den Todesfall bei der Versicherung und beantragte die Auszahlung der Versicherungsleistung an sich. Die erste Ehefrau meldete ebenfalls Ansprüche an. Die Versicherung hinterlegte daraufhin den strittigen Betrag beim Amtsgericht.

Rechtliche Bewertung des Gerichts

Das Landgericht Kiel stellte in seiner Entscheidung klar: Die erste Ehefrau ist rechtmäßige Empfängerin der Versicherungsleistung. Die Richter begründeten dies damit, dass bereits zu Lebzeiten des Mannes ein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen ihm und seiner ersten Ehefrau zustande gekommen war. Entscheidend war das Gespräch am Tag der Vertragsunterzeichnung im Juli 1996, bei dem der Mann seiner damaligen Ehefrau die Bezugsberechtigung mitteilte und den Verwendungszweck für die gemeinsamen Kinder festlegte.

Das Gericht wertete diese Mitteilung als Konkludentes Schenkungsangebot, das die erste Ehefrau durch schlüssiges Verhalten annahm. Mit dem Tod des Mannes wurde diese Schenkung wirksam vollzogen. Der Umstand, dass es sich nur um eine widerrufliche Bezugsberechtigung handelte, stand der Wirksamkeit des Schenkungsvertrags nicht entgegen.

Ungültige Widerrufsversuche der Erbin

Die Versuche der zweiten Ehefrau, als Alleinerbin das Schenkungsangebot nach dem Tod des Mannes zu widerrufen, blieben erfolglos. Das Gericht stellte fest, dass ein Widerruf nach dem Tod des Versicherungsnehmers rechtlich nicht mehr möglich war. Die zweite Ehefrau muss nun der Auszahlung des hinterlegten Betrags an die erste Ehefrau zustimmen und die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Der Fall verdeutlicht die bindende Wirkung von Bezugsrechten bei Lebensversicherungen, auch wenn diese formal als widerruflich eingetragen sind. Entscheidend ist nicht die formale Eintragung im Versicherungsvertrag, sondern die tatsächlichen Absprachen zwischen den Beteiligten zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Gericht stellt klar: Wenn ein Versicherungsnehmer zu Lebzeiten einem Begünstigten die Einräumung eines Bezugsrechts für eine Lebensversicherung mitteilt, kommt damit bereits ein wirksamer Schenkungsvertrag zustande – selbst wenn das Bezugsrecht nur widerruflich eingeräumt wurde. Mit dem Tod des Versicherungsnehmers wird diese Schenkung dann automatisch wirksam und kann von den Erben nicht mehr widerrufen werden. Die mündliche Information über die Bezugsberechtigung reicht aus, eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. Besonders wichtig: Die Erben können nach dem Tod des Versicherungsnehmers keinen Einfluss mehr auf die Auszahlung nehmen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung sind und der Versicherungsnehmer Sie zu Lebzeiten über diese Berechtigung informiert hat, haben Sie einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf die Versicherungsleistung – auch wenn Sie nur als „widerruflich“ eingetragen sind. Die Erben können Ihnen diesen Anspruch nach dem Tod des Versicherungsnehmers nicht mehr streitig machen. Dokumentieren Sie daher sorgfältig, wann und wie Sie von Ihrer Bezugsberechtigung erfahren haben. Im Streitfall mit den Erben können Sie die Auszahlung gerichtlich durchsetzen, auch wenn die Versicherung den Betrag zunächst hinterlegt hat. Lassen Sie sich rechtlich beraten, um Ihre Ansprüche optimal durchzusetzen.


Benötigen Sie Hilfe?

Bei Streitigkeiten um Lebensversicherungen stehen oft erhebliche Summen und persönliche Interessen auf dem Spiel. Unsere langjährige Expertise im Versicherungsrecht ermöglicht eine präzise Einschätzung Ihrer individuellen Situation. Lassen Sie uns gemeinsam prüfen, wie Sie Ihre rechtliche Position bestmöglich absichern können. ✅ Jetzt Kontakt aufnehmen!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche rechtlichen Auswirkungen hat eine Scheidung auf bestehende Lebensversicherungen?

Eine Scheidung führt nicht automatisch zum Erlöschen bestehender Bezugsrechte bei Lebensversicherungen. Die rechtlichen Auswirkungen unterscheiden sich je nach Art der Lebensversicherung und dem gewählten Güterstand.

Kapitallebensversicherungen im Zugewinnausgleich

Bei einer Kapitallebensversicherung wird der Rückkaufswert zum Zeitpunkt der Scheidung in den Zugewinnausgleich einbezogen. Der Rückkaufswert entspricht dabei der Summe, die der Versicherer bei einer Kündigung des Vertrages auszahlen würde. Haben beide Ehepartner Lebensversicherungen abgeschlossen, werden die jeweiligen Werte gegeneinander aufgerechnet.

Besonderheiten bei verschiedenen Versicherungsarten

Risikolebensversicherungen werden nicht in den Zugewinnausgleich einbezogen, da sie nur im Todesfall relevant werden. Auch Lebensversicherungen auf Rentenbasis bleiben aufgrund ihrer Fondsabhängigkeit und schweren Bewertbarkeit außen vor.

Bezugsrechte nach der Scheidung

Wurde der Ehepartner als Bezugsberechtigter eingetragen, bleibt diese Regelung auch nach der Scheidung bestehen. Dies gilt selbst dann, wenn in der Police nur „Ehegatte“ oder „Ehefrau“ vermerkt ist – in diesem Fall bleibt der zum Zeitpunkt der Einräumung des Bezugsrechts bestehende Ehepartner bezugsberechtigt.

Änderungsmöglichkeiten der Bezugsberechtigung

Eine Änderung des Bezugsrechts muss ausdrücklich und schriftlich gegenüber der Versicherungsgesellschaft erklärt werden. Bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht ist die Zustimmung des bisherigen Bezugsberechtigten erforderlich.

Güterrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Durch einen Ehevertrag mit vereinbarter Gütertrennung kann verhindert werden, dass die Lebensversicherung in den Zugewinnausgleich fällt. Bei Gütertrennung erfolgt eine vollständige Trennung der Vermögenswerte, wodurch die Lebensversicherung bei der Scheidung nicht angreifbar ist.


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Was bedeutet eine widerrufliche Bezugsberechtigung bei einer Lebensversicherung?

Eine widerrufliche Bezugsberechtigung gibt dem Versicherungsnehmer die volle Flexibilität, jederzeit den Bezugsberechtigten seiner Lebensversicherung zu ändern. Dies ist die Standardform des Bezugsrechts, die bei den meisten Versicherungsverträgen automatisch vereinbart wird.

Funktionsweise und Eigenschaften

Der Versicherungsnehmer kann die Änderung des Bezugsberechtigten formlos durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Versicherungsunternehmen vornehmen. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an veränderte Lebensumstände, etwa bei Heirat, Scheidung oder Geburt eines Kindes.

Besonderheiten im Todesfall

Verstirbt der widerruflich Bezugsberechtigte vor Eintritt des Versicherungsfalls, fällt das Bezugsrecht automatisch an den Versicherungsnehmer zurück. Dies unterscheidet sich vom unwiderruflichen Bezugsrecht, bei dem das Recht im Todesfall an die Erben des Bezugsberechtigten übergeht.

Rechtliche Konsequenzen

Bei einem widerruflichen Bezugsrecht entsteht der konkrete Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistung erst im Leistungsfall. Die bezugsberechtigte Person hat bis dahin lediglich eine Anwartschaft auf die mögliche spätere Leistung. Dies steht im Gegensatz zum unwiderruflichen Bezugsrecht, bei dem der Bezugsberechtigte sofort einen Rechtsanspruch erwirbt.

Praktische Bedeutung

Wenn Sie eine Lebensversicherung abschließen, sollten Sie die bezugsberechtigte Person mit vollständigem Namen und Geburtsdatum in der Police eintragen lassen. Bei mehreren Bezugsberechtigten empfiehlt es sich, die prozentualen Anteile der Versicherungsleistung festzulegen. Die widerrufliche Bezugsberechtigung ermöglicht es Ihnen, diese Festlegungen später bei Bedarf anzupassen.


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Wie kann ein Bezugsrecht bei einer Lebensversicherung rechtssicher übertragen werden?

Die rechtssichere Übertragung eines Bezugsrechts bei einer Lebensversicherung erfordert die Beachtung bestimmter Formvorschriften und hängt von der Art des bestehenden Bezugsrechts ab.

Formelle Anforderungen

Die Übertragung des Bezugsrechts muss in Textform gegenüber der Versicherung erklärt werden. Eine schriftliche Mitteilung oder E-Mail an die Versicherung ist erforderlich, wobei die bezugsberechtigte Person mit vollständigem Namen und Geburtsdatum anzugeben ist.

Unterscheidung nach Bezugsrecht

Bei einem widerruflichen Bezugsrecht kann der Versicherungsnehmer die Änderung jederzeit ohne Angabe von Gründen bis zum Eintritt des Versicherungsfalls vornehmen.

Bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht ist eine Änderung nur mit ausdrücklicher Einwilligung des bisherigen Bezugsberechtigten möglich.

Rechtliche Absicherung

Für eine rechtssichere Übertragung stehen vier Wege zur Verfügung:

  • Abschluss eines Schenkungsvertrags mit dem Bezugsberechtigten
  • Notarieller Schenkungsvertrag, bei dem der Versicherungsnehmer zugleich als vollmachtloser Vertreter des Bezugsberechtigten agiert
  • Einbau eines bedingten Vermächtnisses im Testament
  • Vereinbarung eines unwiderruflichen Bezugsrechts direkt bei Vertragsabschluss

Besonderheiten bei der Übertragung

Bei einer Lebensversicherung auf den Tod eines anderen ist für die Übertragung der Versicherungsnehmerstellung oder der Bezugsberechtigung im Erlebensfall keine Einwilligung der versicherten Person erforderlich. Eine Ausnahme besteht bei der Änderung des Todesfallbegünstigten – hier ist die Einwilligung der versicherten Person zwingend notwendig.

Die Bezugsberechtigung wird mit Eintritt des Versicherungsfalls unwiderruflich und kann danach nicht mehr geändert werden. Der Bezugsberechtigte erwirbt seinen konkreten Rechtsanspruch auf die Versicherungsleistung erst mit Eintritt des Versicherungsfalls.


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Welche Rechte haben Erben gegenüber Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung?

Die Rechte der Erben gegenüber Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung hängen maßgeblich von der Art der Bezugsberechtigung und dem Zeitpunkt der Geltendmachung ab.

Grundsätzliche Position der Erben

Wenn ein Bezugsberechtigter im Versicherungsvertrag benannt ist, fällt die Versicherungsleistung nicht in den Nachlass. Der Bezugsberechtigte erhält einen eigenen, direkten Anspruch auf die Versicherungsleistung, unabhängig von einer etwaigen Erbenstellung.

Widerrufsrecht der Erben

Die Erben haben ein wichtiges Recht: Sie können das Schenkungsversprechen gegenüber dem Bezugsberechtigten widerrufen, solange dieser die Schenkung noch nicht angenommen hat. Dies führt zu einem regelrechten Wettlauf zwischen Erben und Bezugsberechtigten um die Versicherungssumme.

Besonderheit bei „Erben“ als Bezugsberechtigte

Wenn der Versicherungsnehmer „die Erben“ als Bezugsberechtigte eingesetzt hat, gilt eine wichtige Sonderregelung: Die Erben erhalten die Versicherungsleistung auch dann, wenn sie die Erbschaft ausschlagen. In diesem Fall wird die Versicherungssumme nach den Erbquoten aufgeteilt, ohne dass sie Teil des Nachlasses wird.

Durchsetzung der Rechte

Die Erben können ihre Rechte auf verschiedene Weise durchsetzen:

Sie können die Übermittlung des Schenkungsversprechens an den Bezugsberechtigten durch die Versicherung verhindern. Wenn sie schneller als der Bezugsberechtigte handeln, können sie die Versicherungsleistung in den Nachlass zurückholen.

Bei einer fehlenden Bezugsberechtigung im Versicherungsvertrag fällt die Versicherungssumme automatisch in die Erbmasse. In diesem Fall teilen die Erben die Versicherungsleistung entsprechend ihrer Erbquoten unter sich auf.


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Ab welchem Zeitpunkt ist ein Widerruf der Bezugsberechtigung nicht mehr möglich?

Der Widerruf der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung ist nach der Auszahlung der Versicherungssumme an den Bezugsberechtigten rechtlich nicht mehr möglich. Durch die Auszahlung wird der Lebensversicherungsvertrag erfüllt und das Widerrufsrecht erlischt.

Zeitliche Komponenten des Widerrufsrechts

Bei einer widerruflichen Bezugsberechtigung erwirbt der Begünstigte das Recht auf die Leistung erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls. Dies führt zu einem regelrechten Wettlauf zwischen Erben und Bezugsberechtigten.

Die Erben können das Bezugsrecht nur dann widerrufen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Bezugsberechtigung muss widerruflich sein
  • Die Versicherungssumme darf noch nicht ausgezahlt worden sein

Besondere Konstellationen

Wenn Sie eine Lebensversicherung als Kreditsicherheit abgetreten haben, tritt das Bezugsrecht im Rang hinter das Recht des Darlehensgebers zurück. Nach Freigabe der Sicherheit durch die Bank lebt das ursprüngliche Bezugsrecht automatisch wieder auf, ohne dass es einer Rückabtretung bedarf.

Praktische Bedeutung

Für den Bezugsberechtigten bedeutet dies: Eine schnelle Kontaktaufnahme mit der Versicherung nach dem Todesfall des Versicherungsnehmers ist entscheidend. Die Versicherungssumme sollte umgehend zur Auszahlung beantragt werden, da nach erfolgter Auszahlung das Widerrufsrecht der Erben erlischt.

Für die Erben gilt: Die Durchsicht der Nachlassunterlagen nach eventuell abgeschlossenen Lebensversicherungen mit Dritten als Bezugsberechtigten sollte unmittelbar nach dem Versterben des Erblassers erfolgen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bezugsberechtigter

Eine Person, die vom Versicherungsnehmer bestimmt wird und im Versicherungsfall die Leistung aus der Versicherung erhält. Dies wird in §159 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) geregelt. Die Berechtigung kann „widerruflich“ oder „unwiderruflich“ sein. Bei einer widerruflichen Berechtigung kann der Versicherungsnehmer zu Lebzeiten die begünstigte Person noch ändern. Bei einer Lebensversicherung ist dies besonders relevant, da hier oft Familienangehörige als Begünstigte eingesetzt werden. Beispiel: Ein Ehemann setzt seine Frau als Bezugsberechtigte seiner Lebensversicherung ein, damit sie im Todesfall finanziell abgesichert ist.


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Schenkungsvertrag

Eine rechtsverbindliche Vereinbarung, bei der eine Person (Schenker) einer anderen Person (Beschenkter) unentgeltlich etwas aus seinem Vermögen zuwendet (§516 BGB). Der Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande und kann auch konkludent (durch schlüssiges Verhalten) geschlossen werden. Die Schenkung muss von beiden Seiten gewollt sein. Ein klassisches Beispiel ist das Geburtstagsgeschenk. Im Versicherungskontext kann die Einsetzung als Bezugsberechtigter eine Schenkung darstellen.


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Konkludentes Schenkungsangebot

Eine Form der Willenserklärung, die nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, sondern sich aus dem Verhalten einer Person ergibt (§151 BGB). Die Absicht zu schenken wird dabei durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebracht und muss vom Empfänger entsprechend verstanden werden können. Beispiel: Wenn jemand einem anderen einen Gegenstand übergibt und dabei deutlich macht, dass dieser ihn behalten soll, liegt ein konkludentes Schenkungsangebot vor.


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Erblasser

Die verstorbene Person, deren Vermögen nach dem Tod vererbt wird. Der Begriff ist im Erbrecht zentral (§1922 BGB) und bezeichnet denjenigen, dessen Rechtsnachfolge durch Tod geregelt werden muss. Der Erblasser kann zu Lebzeiten durch Testament oder Erbvertrag bestimmen, wer sein Vermögen erben soll. Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge. Bei einer Lebensversicherung ist der Erblasser der verstorbene Versicherungsnehmer, dessen Versicherungsleistung ausgezahlt werden soll.


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Leistungsanspruch

Das rechtlich durchsetzbare Recht, eine bestimmte Leistung zu fordern. Bei Versicherungen (§157 VVG) ist dies der Anspruch des Bezugsberechtigten auf Auszahlung der vereinbarten Versicherungssumme im Versicherungsfall. Der Anspruch muss meist aktiv geltend gemacht werden und kann unter bestimmten Voraussetzungen auch verfallen. Beispiel: Nach dem Tod des Versicherungsnehmers muss der Bezugsberechtigte den Todesfall melden und die Auszahlung beantragen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1922 BGB (Erbschaftsübertragung): Diese Vorschrift regelt, dass mit dem Tod einer Person das gesamte Vermögen automatisch auf die Erben übergeht. Darunter fallen auch alle Ansprüche, die der Verstorbene hatte, wie etwa Lebensversicherungen. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, inwiefern die Lebensversicherungsleistung Teil des Nachlasses ist und ob die Alleinerbin hieraus einen Anspruch gegenüber der Versicherung geltend machen kann.
  • § 3 VVG (Versicherungsvertrag): Gemäß diesem Paragraphen werden die wesentlichen Pflichten und Rechte der Parteien eines Versicherungsvertrags aufgeführt, einschließlich der Regelungen zur Bezugsberechtigung. Hier ist von Bedeutung, dass die Beklagte als widerruflich bezeichnete Bezugsberechtigte aufgeführt ist, was besagt, dass der Erblasser die Möglichkeit hatte, diese Bezugsberechtigung zu ändern und eventuell die Klägerin zu begünstigen.
  • § 159 BGB (Widerruf des Schenkungsvertrags): Diese Vorschrift behandelt den Widerruf von Schenkungen und regelt, unter welchen Bedingungen dies möglich ist. Die Klägerin argumentiert, dass die Beklagte keinen Anspruch auf die Lebensversicherungsleistung habe und verweist auf den Widerruf des Schenkungsangebotes. Der rechtliche Zusammenhang macht hier deutlich, dass die Klägerin versucht, die ursprünglich angeordnete Bezugsberechtigung zu kippen.
  • § 813 BGB (Rückforderungsanspruch): Diese Bestimmung befasst sich mit der Rückforderung von Leistungen, die ohne rechtlichen Grund erbracht wurden. Die Klägerin könnte geltend machen, dass die Auszahlung der Lebensversicherung an die Beklagte nicht rechtens sei, wenn der Erblasser den Wunsch geäußert hat, die Bezugsberechtigung zu ändern, was die Relevanz dieser Vorschrift für die Gepflogenheiten der Lebensversicherung untermauert.
  • § 1756 BGB (Verbindlichkeit von Erklärungen des Erblassers): Dieser Paragraph regelt, dass Erklärungen des Erblassers nach seinem Tod, wie beispielsweise Änderungen an der Bezugsberechtigung, nur wirksam sind, wenn sie formgerecht erfolgen. Im aktuellen Fall erlauben die vorgebrachten Ansprüche der Klägerin, auch durch den nachträglichen Widerruf der Bezugsberechtigung zu argumentieren, dass der Erblasser den Willen hatte, die Bezugsregelung an die aktuelle Lebenssituation anzupassen.

Weitere Beiträge zum Thema

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    Dieser Artikel behandelt die Frage, ob eine widerrufliche Bezugsberechtigung bei Lebensversicherungen zum Pflichtteilsergänzungsanspruch führt. Es wird erörtert, dass die Einsetzung eines Bezugsberechtigten als Schenkung gewertet werden kann, was Auswirkungen auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch hat. → → Einfluss der Bezugsberechtigung auf Pflichtteile
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    Der Artikel thematisiert die Rechte eines Nachlassverwalters, Auskunft über die Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung des Erblassers zu erhalten. Es wird erörtert, unter welchen Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch besteht und welche datenschutzrechtlichen Aspekte zu beachten sind. → → Rechte von Nachlassverwaltern bei Lebensversicherungen

Das vorliegende Urteil

LG Kiel – Az.: 6 O 219/23 – Urteil vom 17.10.2024


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